Die Mittelmeerinsel Malta ist das kleinste Mitgliedsland der Europäischen Union (EU). Als klassisches Urlaubsland spielt Malta eine eher unbedeutende Rolle. Dennoch finden sich jährlich einige hunderttausende Touristen ein. Die einen kommen um Alkohol in Unmengen zu konsumieren und Party zu machen. Dazu gehören nicht wenige Briten. Britannien war jahrhunderte lange Kolonialbesatzungsmacht. Die anderen fliegen ein, um einen eher kulturellen abwechslungsreichen Kurzurlaub zu genießen und ab April Sonne zu tanken. Das kann - trotz des launischen Inselwetters - funktionieren, vorausgesetzt man ist vom allgegenwärtigen Verkehrschaos, der nicht vorhandenen Traumstände und der allgegenwärtigen schrecklichen Plattenbauten nicht abgeschreckt. Malta ist nichts für Romantiker, aber etwas für Entdecker oder eben Partygänger. Gut erhaltene Zeugnisse der 7.000 Jahre alten menschlichen Zivilisation - wie Tempel - faszinieren selbst Touristen, die schon viel gesehen haben. Der netz-trends.de-Reisebericht nennt wichtigste Tops und Flops einer Maltareise.
Der auf Malta geborene Stephen, 33, kommt mit einer Zeitung in die Sauna unseres Hotels, des Westin Dragonara Resort St. Julian's Bay. Das schöne 5-Sterne-Resort liegt direkt am Meer an der St. Julian's Bay nördlich der berühmten Altstadt Valletta. Grund für sein ungewöhnliches Zeitungslesen: Er habe nur zehn Minuten am Tag Zeit sich aus der Malta Times, einer englischsprachigen Tageszeitung, zu informieren. Sie ist ein in Lettern gehauenes Überbleibsel der britischen Zwangsherrschaft.
Bis 1964 war Malta eines von unzähligen von den Briten während der Kolonialzeit unterjochten Länder. Doch über die Jahrhunderte hatten sich, wie so viele Völker weltweit, auch die Malteser an die Steuerzahlungen nach London gewöhnt. Es geht das Gerücht rum, dass selbst arme Insel-Bewohner, die bis 1964 - dem Jahr der Unabhängigkeit - keine Knechtsteuer an Britannien abführen wollten, von den Briten aus ihren Häusern vertrieben wurden oder gleich ins Gefängnis transportiert wurden.
Selbst arme Bürger, die noch bis spät im 19. Jahrhundert in den beliebten Höhlenwohnungen lebten, wurden vertrieben, wenn sie keine Steuern nach London abdrückten. Der britische Hofstaat forderte seinen Tribut. Der Reichtum Englands musste schließlich angehäuft werden. Wobei man sich heute im Angesichts verfallender britischer Städte fragt, was von dem gestohlenen Reichtum eigentlich übrig geblieben ist und wer das ganze Geld bunkert?
Vom Geldbunkern kann der Jung-Unternehmer Stephen auf Malta nur träumen. Dafür erfährt man bereits in den ersten drei Minuten des Sauna-Gesprächs, dass er auf Malta als "Orphan", also ohne Eltern, aufgewachsen sei. Dennoch habe er es geschafft, in der Schweiz drei Jahre zu studieren, deutsch zu lernen und anschließend mit dem Gelernten eine kleine Firma mit fünf Mitarbeitern aufzubauen. Vom Englischen ins Deutsche wechselnd erzählt er, dass er in der Firma für andere Unternehmen Kosmetik, genauer Parfüms, herstelle. Täglich fahre er 45 Minuten mit dem Auto in den Westin-Fitnesscenter um sein Workout machen zu können. Immerhin wird das Center vom Runners Magazine empfohlen. "Seit acht Jahren mache ich das hier täglich", sagt er.
Wer so viel Turbuprogramm hat, der urlaubt eher selten. Zuletzt sei es bei ihm im Januar gewesen. Wobei Urlaub für den Malteser Jung-Unternehmer auch Samstag und Sonntag umschließe. Das heißt: Es gäbe für ihn fast nie ein freies Wochenende. Auch das erfahren wir: Er kaufe sich gerade auf Malta für 120.000 Euro eine 90-Quadratmeterwohnung und wolle diese für rund 70 Euro die Nacht an Touristen, gerne aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz, vermieten. Ob wir dieses nicht in diesen Ländern etwas bekannt machen könnten?
Eines jedenfalls ist klar: Stephen gehört zu jenen Maltesern, die auf der kleinen Insel das Maximum für ihr Leben herausholen möchten. Das ist auf dem kargen Flecken Erde, wo es kaum Industrie gibt, nicht einfach. Zudem haben nicht alle den notwendigen Ehrgeiz um aus der Masse der Menschen etwas hervorzutreten und dem Leben etwas mehr Farbe zu geben.
Malteser sind eine Mischung aus Italienern und Arabern. Das spiegelt sich in ihrer Sprache nieder, die ein Sammelsurium aus italienischen, arabischen und ein paar Brocken englischen Wörtern ist. Den typischen Malteser gibt es nicht. Dazu ist das Land zu multikulturell ausgerichtet, zu sehr zwischen Südeuropa und Nordafrika geografisch angesiedelt. Einige Malteser sehen aus wie Araber, andere wie kleine Italiener. Wieder andere Insel-Bewohner sehen aus wie Ureinwohner, deren Gene im Laufe der Jahrtausende nicht groß mit anderen gemischt wurden. Noch heute dürfte es hunderttausende Malteser geben, die noch niemals von der Insel runter gekommen sind, ebenso ihre Vorfahren.
Es heißt, wonach in grauer Vorzeit, irgendwann zur Eiszeit, Malta und Italien einmal eins gewesen sein könnten. Damals, vor 10.000 Jahren, seien viele Tiere - seltene Wolf-Arten und anderes Getier - aus dem immer kälter werdenden Norden hinunter in den Süden Europas geflüchtet und wohl auch auf Malta gestrandet. In einer Höhle (Ghar Dalam in der Nähe von Birzebbuga) findet man noch hunderte von Knochen zahlreicher Tiere, die die Eiszeit vor vielen Jahrtausenden nicht überlebt haben. Auch auf Malta nicht. Auch in einer Höhle nicht, in der sie vor dem Eis Zuflucht gesucht hatten (kann heute noch besichtigt werden). Zudem finden sich hier Zeugnisse von Menschen, die vor 7.000 Jahren ebenfalls in der Höhle lebten und selbst ums Überleben kämpften.
Der Überlebenskampf war für die Malteser schon immer schwierig. Heute sieht man an allen Ecken und Enden Projekte, die von der Europäischen Union finanziell gefördert werden: Stadtteilsanierungen mittelalterlicher Bauten (von denen es nur noch wenige auf Malta gibt, dafür aber umso beeindruckendere), Uferstraßen oder Bildungs-Einrichtungen - wie Sprachschulen. Doch Achtung: Einige Sprachschulen sind in Häusern untergebracht, die arg baufällig wirken und billig erscheinen.
Trotz der schwierigen Ausgangslage haben es die Malteser in den vergangenen Jahren irgendwie geschafft, zwischen Steinzeit-Relikten des Menschen und der Moderne sich hindurch zu manövrieren. Die Wirtschaftskrise hat zwar Malta getroffen, aber längst nicht mit solcher Härte wie die südlichen Nachbarstaaten Griechenland, Zypern, Spanien, Portugal oder Italien.
Bei einem abendlichen Restaurantbesuch erfahren wir, dass es zwar viele Arbeitslose auf der Insel gebe, aber auch viele Gastarbeiter. Während der eine Kellner aus der Ukraine kommt, erzählt uns ein anderer, er sei aus Frankreich und der dritte ist aus Bulgarien eingewandert. Bulgarien und Malta. Wie hoch muss die Not vieler junger Menschen sein, um eine solche Distanz auf sich zu nehmen, um dann in einem Touristenrestaurant auf einer kleinen Insel wie Malta für nicht gerade viel Geld zu jobben?
Doch nicht jeder kommt aus Not hierher um zu arbeiten. Einige suchen einfach ein berufliches Abenteuer oder den heute so notwendigen Touch internationaler Bildung im Lebenslauf - und sei es nur der Job in einem Restaurant in einem anderen Land. Die Grenzen der EU sind offen, arbeiten darf man faktisch in allen 27 EU-Ländern. Malta gehört zum Schengener Raum, was bedeutet, es gibt für EU-Bürger nicht einmal Passkontrollen am Flughafen. Der direkte Durchmarsch vom Flugzeug auf die Insel ist möglich.
Malta ist ein Moloch aus Autos, schrecklichen Plattenbau-Häusern (oder wie immer man das nennen möchte), schroffen Steilklippen, vielen Horror-Einbahnstraßen und unzähligen Schmalspur-Straßen, die von Steinmauern eingerahmt sind und von Autofahrern großes Können erfordern. Wer statt mit einem der 200 modernen öffentlichen Bussen sich im eigenen Auto über die Insel fortbewegen möchte, muss den Linksverkehr beherrschen. Doch auch das ist nicht einfach, da Malteser häufig sehr rücksichtslos fahren. Den Fuß sollte man deshalb immer auf der Bremse halten. Selbst im Kreisverkehr kann es passieren, dass ein Auto von rechts kommend quer über die Kreisel-Fahrbahn schießt und einem den Weg abschneidet, um den Kreisel in Sekunden zu verlassen.
Nicht leicht ist für Nicht-Malteser das Labyrinth an Einbahnstraßen zu verstehen und danach zu fahren. Jede zweite Straße scheint eine solche zu sein. Doch: Straßenschilder weisen meist nicht darauf hin. Es scheint eine Verkehrsführung zu geben, die Malteser dem Hörensagen nach von Generation zu Generation überliefern. Nach dem Motto: Auf dieser Straße sind Autos stets in die eine Richtung gefahren, deshalb bis heute... Wehe dem, der nicht auf der Hut ist - ein Frontalcrash kann die Folge sein (kleines Foto links, Malta).
Einen solchen erleben wir als Augenzeugen zwischen zwei Autos auf einer Landstraße. Ein junger Malteser ist - wie so oft - mit unglaublich überhöhtem Tempo an einer engen Kurve in das Auto einer jungen Frau hingeingerast. Diese steht unter Schock vor den Trümmern ihres Autos und hält sich ein Tuch an die blutenden Stirn. Sie weint und schluchzt, kann nicht verstehen, was passiert ist. Wir werden uns bewusst: Das hätte auch uns passieren können.
Im auffälligen Widerspruch zu dem allgegenwärtigen Insel-Chaos steht das oftmals gute bis exquisite Essen auf Malta. Selbst in klassischen Touristen-Restaurants mit viel Laufkundschaft kann zwischen 30 und 55 Euro für zwei Personen sehr gut inklusive einer Flasche Wein gegessen werden.
Hüten sollte man sich jedoch vor angeblichen Sternen, die einige Hotels ausweisen. Eine wenig schöne Erfahrung machten wir beispielsweise im angeblichen Viersterne-Haus, dem Corinthia Hotel St. Georgs Bay im Stadtteil Paceville. Die Bettenburg liegt nördlich von der schönen weltberühmten Altstadt von Valletta. Doch nach den Sternen versuchen wir in dem Massenhotel vergebens zu greifen.
Es fängt an mit einem üblen Empfangstresen. Er ist sowohl für die Gäste wie das Hotelpersonal nahe daran, dass man sagt: Es ist eine Zumutung. Selbst die Hotelgäste sehen hinter Tresen herumliegenden Papierkram, Schmutzflecken, irgendwelche aufeinandergestapelten Gegenstände, auf denen wiederum Technik des Computers liegt. Unordnung wohin das Auge schaut.
Die mangelnde Professionalität beim Thema Hotel-Empfang scheint sich auf das Personal niederzuschlagen. Eine junge Hotel-Angestellte steht hier mit einem so schlecht gelaunten Gesicht, dass man am liebsten wieder gehen möchte. Man fühlt sich nicht willkommen. Dieser Eindruck besteht bereits, wenn man mit dem Auto die schmale Hotelrampe heraufschrubbert. Empfangspersonal suchten wir zumindest im Außen-Eingangsbereich des Hotels vergebens. Parkmöglichkeiten werden nicht groß ausgeschildert. Abends ist der Hoteleingang beleuchtet wie bei Aldi die Pappkartons. Etwas schickeres hatten wir uns bei 150 Euro die Nacht während Pfingsten erhofft.
Zwar sind die Hotelzimmer außergewöhnlich großzügig geschnitten, doch die Probleme liegen im Detail. Zu den Problemen, die uns schon aufgefallen waren, kommen weitere hinzu: Der Blick wandert über den Hotelzimmer-Balkon auf unzählige Pool-Liegen. Sie sind dicht an dicht über mehrere Etagen aufgebaut. Die Sonnenliegewiesen erinnern an Eierlegebattarie eines Hühnerstalls. Wir wollen unser Hotelzimmer am liebsten gar nicht verlassen, so unwohl fühlen wir uns beim Blick da runter.
Deshalb: Erst einmal einen Stecker für den Computer gesucht, um etwas Ablenkung zu finden. Doch weit gefehlt. Es gibt neben dem Bett nur eine Steckdose - und die ist von der Nachttischlampe belegt. Das sind typische Probleme von Hotels, die in die Jahre gekommen sind und keiner Grundrenovierung unterzogen wurden. Doch von einem angeblichen Viersterne-Hotel erwartet der Urlauber zu Recht ein intelligentes Steckdosen-System für die Stromversorgung das heutigen Gewohnheiten der Urlauber gerecht wird.
Hierzu gehört selbstverständlich auch die Möglichkeit Licht neben dem Bett anzumachen und parallel auch ohne Akku (im Urlaub ein wertvolles Gut) am Computer arbeiten zu können. Im Werbeprospekt des Hotels las sich das alles anders: "Set within the stunning Corinthia Hotel St. George's Bay... From Family swimming pools to al fesco eateries, and restful rooms to flexible meeting spaces, we'are proud to bring you a wide selection of amenities to meet your every need....". Das Hotel verfüge über 185 "Deluxe Rooms". Doch von Deluxe können wir soweit das Auge reicht, nicht viel erkennen. Dafür zu viel der Marke De-Murx.
Weiteres Beispiel: Der Gang ins Bad. Hier ist der häufig in Hotels prominent installierte Spiegel für die Gesichts-Nah-Inspektion. Doch statt das Reisegesicht näher zu inspizieren, fällt der Spiegel selber auf. Alterserscheinungen scheinen dem Billig-Chrome oder versilberten Billigplastik den Garaus zu machen. Eklig: Auf dem Duschkopf sind Wasserflecken der Vorgänger-Nutzung. Wenig schön zudem: Der ebenfalls ältliche cremefarbene Hartplastik-Toilettendeckel hat eine fette beschädigte Stelle, an der der Lack ab ist.
Doch damit nicht genug: Der Kühlschrank-Verschlag aus billigem Holz franzt unten bereits aus. Am meisten stört uns aber die Zwangsbeleuchtung auf dem Balkon mit grellem weißem Aquarium-Licht der Marke Neonröhre. Der Traum vom abendlichen Wein oder Bier mit Kerzenschein - geplatzt. Ernüchterung dann wieder unten am Hoteltresen. Auf unsere Bitte, die Zwangsbeleuchtung zumindest auf unserem Balkon beenden zu mögen, erfährt von einer älteren Bediensteten eine rüde Abweisung. Das störe die Gesamtbeleuchtung des Hotels. Außerdem seien wir die ersten, die sich darüber beschwerten. Gut, solche Ausreden gehören leider zum Standard-Repertoire einiger Gastro-Mitarbeiter. Am Morgen nach der ersten Nacht sage ich nur noch eins: Ich will hier raus.
Das gelingt dann schneller, als wir dachten. Gegenüber ist das Westin Dragonara Resort St. Julian's Bay. Etwas sehnsüchtig hatten wir immer wieder hinübergeschaut, auf den schöneren Strand, die elitärere Anlage, das schönere Ambiente. Tatsächlich bekommen wir spontan dort ein wunderschönes Hotelzimmer mit direktem Blick aufs Meer. Obendrein dürfen wir sogar umgehend - ohne die übliche 24-Stunden-Frist und ohne Stornokosten - das Corinthia Hotel noch am gleichen Tag verlassen. So viel Entgegenkommen - und damit letztlich Service - hatten wir dann zu guter Letzt doch nicht erwartet.
Das Westin Hotel an der George`s Bay glänzt mit mehreren Dingen. Die Zimmer sind ausladend groß, ebenso die Balkone. Das Hotel lässt das Getümmel von Malta hinter uns. Wir erleben zum ersten Mal seit unserer Ankunft das, wonach wir uns sehen: Erholung. Das Essen ist topp. Das Frühstück gibt es sowohl im stilvoll und nobel eingerichteten Frühstücksraum als auch auf einer wunderbaren großzügigen angrenzenden Terrasse mit Meerblick.
Einzig der Spa-Bereich im Hotel-Innern ist etwas dürftig. Das Wasser im Whirlpool wirkt schmutzig und ist lauwarm. Das gilt leider verschärft für die beiden Whirlpools neben dem Outdoor-Swimmingpool. Sie sind sogar kalt. Auch auf unsere Frage hin werden sie nicht wärmer gemacht. Dabei wäre das gerade an kühleren Malta-Tagen, die es noch im Mai geben kann, eine wunderbare Möglichkeit, den Urlaub außerhalb des Meeres oder Swimmingpools genießen zu können.
Zufrieden sind wir jedoch mit den Saunen (Dampf und Trocken). Sie sind zwar klein, aber ausreichen. Unangenehm fällt auf, dass, sobald ein paar Wolken am Himmel sind oder es etwas windet, die Frühstücks-Terrasse selbst bei 25 Grad für die Hotelgäste geschlossen bleibt. Hier hat man den Eindruck: Das Personal ist zu faul sich um tadellosen Service parallel sowohl Indoor wie Outdoor zu kümmern.
Jedoch könnte das der Kostenfrage geschuldet sein. Hotelmargen sind in der Regel gering und das Haus wirkt zumindest im Mai nicht gänzlich ausverkauft. Allerdings hat der positive Gesamteindruck des 5-Sterne-Hotels seinen Preis: Im Schnitt bezahlen die Gäste hier für ein Doppelzimmer 260 Euro pro Nacht. Das ist für ein Urlaubsressort ungewöhnlich hoch.