Die Bedeutung des Islam in den Vereinigten Arabischen Emiraten: 100.000 Mal betete ein 70-Jähriger in der Moschee

Dazu gehört die erste und wichtigste Erkenntnis: Emiratis aus Abu Dhabi oder Dubai sind keine Leisetreter. Es dreht sich alles ums Geschäft und um die männliche Inszenierung des Erhabenen. Das Band ist dabei in der Regel die islamische Religion. Immerhin gehen gläubige Emiratis - nach örtlichen Schätzungen über 80 Prozent - jeden Tag fünf Mal in die Moschee zum Beten. Vorher waschen sie sich ritualmäßig die Füße, aber auch die Hände und das Gesicht. Der erste Betgang startet stets mit Sonnenaufgang. In Abu Dhabi ist das derzeit 5 Uhr morgens.

Vor dem Gebet in der Moschee müssen die Füße gewaschen werden. Fünf Mal am Tag. Foto: netz-trends.de.netz-trends.de

Wie dümmlich der Westen arabische Gesellschaften teils einschätzt, lässt sich daran ablesen, dass eine Trennung von Religion und Staat in islamischen Ländern alleine auf Grund der hohen Dominanz des Gebet-Rhythmus gar nicht umfangreich möglich ist. Das gilt für Abu Dhabi und das gilt auch für das neue Ägypten unter Präsident Dr. Mohammed Mursi Isa al-Ayyat. Es gibt bei Muslimen, die ihre Religion als zwanghafte Gesetze interpretieren, keinen durchgehenden 8-Stunden-Tag im Büro. Alle drei Stunden müssen die Muslime in die Moschee. Nur die Frauen dürfen zu Hause oder im Büro ihren Teppich zum Beten gen Mekka auspacken.

Die Milliarden-Euro-Moschee in Abu Dhabi. Ein Haus für die Gläubigen bestehend aus purem Luxus. netz-trends.de

netz-trends.de hat einmal ausgerechnet: In einem Jahr wäscht sich ein Muslim durchschnittlich 1.825 Mal die Füße und betet in seiner Moschee gut 1.825 Mal. So kommt ein 70-Jähriger Anhänger des Islam leicht auf über 100.000 Mal Fußwaschen und 100.000 Gebete in der Moschee im Laufe seines gesamten Lebens. Ein Politiker aus dem Westen, der hier glaubt, mit westlichen Gutmenschen-Thesen auch nur ein Blatt Papier in die Türe bekommen zu können, ist naiv und unterschätzt die Macht des Islam - nicht nur als Hort gemeinsamer Überzeugungen, sondern auch von Handlungen. Nicht umsonst gibt es Islamische Banken mit eigenen Gesetzen. Wer mit den Emiraten ins Geschäft kommen möchte, muss sich hier auskennen.

Wasser spiegelt die gold bemalten Säulen der Großen Moschee von Abu Dhabi.netz-trends.de
Wasser spiegelt die gold bemalten Säulen der Großen Moschee von Abu Dhabi. Foto: netz-trends.de

Emirates Palace in Abu Dhabi: Ein Luxusklotz der zeigt, wo der Hammer hängt - bei den Emiratis

Während die westliche Wirtschaftspresse, wie die arabische Presse, die Zwangsunion der Araber und Australier zwischen Emirates und Qantas in diplomatischen Verkünstelungen loben, feiern arabische Emiratis am gleichen Tag in einem Restaurant des in die Jahre gekommenen einstigen Luxushotels Sheraton in Abu Dhabi. Sie schauen kaum jemanden der anwesenden primär westlichen Touristen und Geschäftsreisenden an. Doch alle sehen sie an. Kommt ein neuer Emirati hinzu, stehen alle anderen Emirati auf und begrüßen ihn lächelnd mit Handschlag oder einer Umarmung. Auch das Bedienungspersonal wird kaum zur Kenntnis genommen.

Szenenwechsel: Zur Krönung des neuen arabischen Seins hatte der Herrscher von Abu Dhabi das 7-Sterne-Luxushotel "Emirates Palace" bauen lassen. Die Rede ist von "His Highness Sheikh Zayed Bin Sultan Al Nahyan". Er ist letztlich ein absolutistisch regierender König, Regierungschef von Abu Dhabi und Präsident des Staatenbundes der "Vereinten Arabischen Emirate" (UAE President). Die angebliche "Konstitutionelle Monarchie" in Abu Dhabi, von der Wikipedia schreibt, steht wohl, wenn überhaupt, eher auf dem Papier, als dass sie Realität wäre. His Highness Sheikh Zayed Bin Sultan Al Nahyan wird nicht vom Volk gewählt, er ist, was er ist und wird durchaus auch von vielen im Volk verehrt. Sein Antlitz erstrahlt in Abu Dhabi auf vielen mannshohen Plakaten an Autobahnen, Straßenkreuzungen oder auf Bildern in Hoteleingängen. Gerne erwähnt wird der Bruder des Staats-Beherrschers, "His Highness Sheikh Mohammed Bin Zayed Al Nahyan, Crown Prince of Abu Dhabi and Deputy Supreme Commander of the Armed Forces". Der Kronprinz von Abu Dhabi ist auch der Kommandochef der Sicherheitskräfte - also der Polizei sowie der Armee.

Der Herrscher His Highness Khalifa bin Zayed Al Nahyan von Abu Dhabi ist auf Plakaten und Bildern allgegegenwärtig. netz-trends.de

Deutlicher kann man Macht nicht demonstrieren. Doch untermalen kann man es mit Bauten. Ein solcher Macht-Dokumentations-Bau ist das erst im Jahr 2010 eröffnete Emirates Palace Hotel in Abu Dhabi. Von Anfang an war klar: Dieses Luxushotel wird nicht primär für die Touristen und Geschäftsreisenden des europäischen oder amerikanischen Geldadels gebaut, sondern für die Scheichs der Vereinigten Arabischen Emirate - für die Milliardäre und Multimillionäre unter den Emiratis also. Das Hotel ist, was es vorgibt: Ein Palast. Ein Buckingham-Palace in Abu Dhabi. Ein Schloss Neuschwanstein in der Wüste. Ein Hearst Castle am Wasser. Ein Elysee Palast gefüllt mit Daddeln - der Standesfrucht von Arabern - und Gold.

Das ist nur das Zentralgebäude des Emirates Palace. netz-trends.de

Alles hier ist kein Zufall: In die obersten Etagen kommen nur die sieben nicht vom Volk gewählten "Königshäuser" der Vereinigten Arabischen Emirate herein. Selbst ein Barack Obama aus den USA oder eine Angela Merkel aus Deutschland (Titelgeschichte über Merkel in den Gulfnews am 1. April 2013: "The most powerful woman in the world") müssen zwei oder drei Stockwerke unter den Gemächern der Scheichs vorlieb nehmen.

Der Eingangsbereich des Emirates Palace.netz-trends.de

Dabei sind die arabischen Scheichs und Emiratis noch nicht einmal verklemmt. Sie leben ihre maskulin-dominante Sicht auf die Welt und die Menschen in allen Fassetten aus. Sie zelebrieren nicht nur ihr Geld, sondern auch ihr Mann-Sein in einer Art und Weise, die man es im Westen einfach nicht mehr kennt. Das Emirates Palace führt das in jedem Winkel, in jedem Kronleuchter, drastisch vor. Auch die Hochhäuser in Dubai oder Abu Dhabi (wenngleich nicht ganz so ausgefallen) können als himmelsprengende Symbolik des Männlichkeits-Kultes verstanden werden. Die Häuser ragen nicht zufällig steil in die Höhe und hören nicht mehr auf. Das kann man spektakulär auch vom Emirates Palace Hotel sehen. Direkt gegenüber liegen die beiden imposanten neuen Jumeirah At Etihad Towers der gleichnamigen Airline.

Dieses Luxustor des Emirates Palace steht nicht Normal-Gästen zur Verfügung. Hier fahren wohl später - noch wird gebaut - nur Members of the Ruling Families durch.netz-trends.de

Ein Motor surrt. Die Einflugschneise - manche sagen auch Zufahrtstraße - des Emirates Palace ist an diesem letzten Abend im späten März 2013 um 22.30 Uhr faktisch leer. Der riesengroße durch und durch begrünte Luxus-Schlosspark, ist es auch. Von Wüste ist hier nichts zu ahnen. Der Mensch hat sich das raue Land untertan gemacht mit einer atemraubenden Machtdemonstration architektonischen und finanziellen Könnens. Nur hier und da stehen im Park Wachleute herum. Das Surren wird lauter und zwei schneeweiße getunte Bentleys rauschen heran. Während die sonstigen betuchteren Bewohner des Emirates Palace die linke Straße zum Haupteingang des Emirates Palace nehmen, zeigt der Sicherheitsmann auf der großen Straße mit seinem Arm gestisch nur ein kurzes "hier einbiegen". Das "hier einbiegen" bedeutet - die erste rechte Einfahrtstraße im Park des Emirates Palace ist vor allem der Super-Oberschicht der Vereinigten Arabischen Emirate vorbehalten. Also jenen weißen Super-Engeln, die auch im Haupthaus in den obersten Etagen wohnen.

Sie stehen auf keiner Forbes-Richest-List

Müßig ist, zu betonen, das "betucht" aus Sicht der Scheichs und Emiratis stets relativ zu sehen ist. Immerhin gehen nicht wenige Beobachter davon aus, dass die Herrscher von Dubai und Abu Dhabi jeweils über ein privates Vermögen verfügen, das leicht die 50 bis 80 Mrd. Euro sprengen könnte. Beträge, die sie zu den reichsten Menschen auf dem Erdball erheben würden. Nur: In einer Forbes-Richest-List tauchen sie nicht auf. Schon gar nicht ganz vorne. Wie möchte man auch Besitz einschätzen, der sich nicht in Aktien oder Goldbarren zählen lässt, auch nicht im Kurs-Gewinn-Verhältnissen von Unternehmensbeteiligungen. Der Reichtum der Herrscher von Dubai oder Abu Dhabi ist statistisch nicht zu bemessen. Besitzer von Staaten mit enormen Natural-Vorkommen passen nicht in sonstige mikro- oder makroökonomische Berechnungen der Betriebswirtschaftsleere oder Volkswirtschaftsleere. Deshalb dürfte auch die Erwähnung auf der Forbes-Richest-List (Jahr: 2010) von Sheikh Mansour bin Zayed Al Nahyan, Sohn des aktuellen Herrschers von Abu Dhabi, als einer der 10 reichsten jungen Menschen auf dem Planete mit einem angeblichen Vermögen von 1,5 Mrd. US-Dollar eher deutlich zu niedrig angesetzt sein.

Beeindruckender Blick vom Emirates Palace auf die neuen Jumeirah At Etihad Towers der gleichnamigen Airline.netz-trends.de

Ein Europäer, der meint, wenn er über Ostern für vier Übernachtungen und zwei Personen 3.000 Euro auf den Tisch des "Emirates Palace Hotels" legt, würde "dazu gehören", irrt. Solche Gäste müssen in der Regel im Nebentrakt mit einem Zimmer Vorlieb nehmen - also mit jenen Zimmern, die keinen Blick direkt auf den wunderbar angelegten Empfangs-Repräsentations-Park des Emirates Palace versprechen. Das zumindest deutet uns ein Hotel-Mitarbeiter an. Aus Sicht der arabischen Scheichs kommen diese Zimmer dem gleich, was in Berliner Altbau-Wohnungen Anfang des 20. Jahrhunderts den Kammern des Dienstpersonals entsprach. Dabei möchten wir nun wirklich niemandem, der dazu gehören möchte, den Aufenthalt im Emirates Palace madig machen.

Doch man muss sich einfach deutlich machen: Das Emirates Palace Hotel nennt sich nicht umsonst das luxuriöseste Hotel der Welt und hat sich folglich gleich auch sieben Sterne verliehen. Eine Kategorie, die es eigentlich gar nicht gibt in internationalen Hotel-Fachblättern. Dabei verstehen die Scheichs und Emiratis das Schwanzmessen besser als alle anderen Männer auf der Welt. Denn sie sind es, die sagen, wer mittendrin ist oder nur als Zaungast dabei.

Emirati auf der zunehmend luxuriös ausgebauten Formel-1-Insel \"Yas Island\" in einem Wohnpark für Reiche. netz-trends.de

Wir sind Zaungäste. Wir schleichen uns durch die riesige Hotel-Halle des Emirates Palace. Nehmen Platz auf den sündhaft teuren maßgefertigten Sofas, fragen uns bei jedem, der hier herumläuft - ist er oder sie mitten drin oder auch nur ein Spatz auf der Häuserrinne? Die meisten Personen im Emirates Palace dürften nicht-zahlende Besucher sein, die einmal einen scheuen Blick auf arabischen Reichtum, auf die arabische Welt des Mannseins, werfen möchten - was nicht heißt, dass es nicht auch hier die typischen deutschen Pauschaltouristen gibt, die ein Reise-Schnäppchen für das Emirates Palace gebucht haben. Denn die gibt es natürlich auch dort. Den Wohlstand und Reichtum mit Statussymbolen zu zeigen, ist den Emirati wichtig und sie haben allen Grund und alles Recht dazu.

Neben dem Emirates Palace gehört zu den Statussymbolen beispielsweise die neue Formel 1 Rennstrecke auf der derzeit teils luxuriös ausgebauten Abu Dhabi Insel "Yas". Dazu gehört auch direkt neben der Rennstrecke der Familien-Indoor-Vergnügungsparkt, die Ferrari World. Sie ist architektonisch von außen und innen auch dann sehenswert, wenn man nicht Eintritt zum Zuckerwatte-Essen und Achterbahnfahren bezahlt. Tipp: Für 3 1/2 Stunden ein Taxi nehmen und eine Rundfahrt nach Yas-Island machen. Die Kosten: circa 45 Euro. Aber: Bitte gutes Trinkgeld geben - sprich mindestens 10 bis 20 Euro, da die Taxifahrer häufig billige Angestellte aus Nepal, Pakistan oder Indien sind und in Abu Dhabi nur verdienen, wenn sie fahren, nicht wenn sie für Touristen Sightseeing-Pausen machen.

Das neue 5-Sterne \\"Yas Hotel\\" in Abu Dhabi direkt an der Formel-1-Rennstrecke auf \\"Yas Island\\". Das Hotel ist für Touristen auch dann besuchbar, wenn man kein Gast ist. Von der Terrasse kann man gut Fotos auf die Rennstrecke machen. Mit dem sogenannten \\"Blauen Aufzug\\" können auch Nicht-Hotelgäste in den 9. Stock hinauffahren zur Poolbar und sehen von dort die Ferrari-World einmal von oben. Es gebietet aber der gute Ton, dass man dann dort oben auch etwas zu Trinken bestellen sollte.netz-trends.de Die Ferrari World aus dem 9. Stock des 5-Sterne-Yas-Hotel fotografiert. Über den Blauen Aufzug gelangt man dort in die Poolbar. Nur: Wer das macht, sollte dort auch einen Drink zu sich nehmen. Das fordert die Höflichkeit.netz-trends.de Verschleierte Emirati-Frauen zwischen Touristen im Eingang des Vergnügungsparks Ferrari World auf Yas Island in Abu Dhabi.netz-trends.de

Dass Surren der beiden weißen Bentleys ist längst verklungen, da vernehmen wir erst leise, dann immer lauter und immer näher, die Rotoren eines Hubschraubers. Eines weißen Hubschraubers. Er landet im nächtlich-dunklen Hotelpark - aber in einem Winkel, der den sonstigen Hotelgästen und Zaungästen verborgen bleibt. Spätestens dann ist klar: Dieses Hotel will niemals profitabel sein. Es will auch kein Hotel für den Westen sein. Es will nur eins: Sich selbst und den Vereinigten Arabischen Emiraten zeigen, wer man ist. Doch immer wieder fragen wir uns: Was ist denn mit der Frau in der Gesellschaft der Emiratis?

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