Chaos Share Now Führerschein-Validierung mit Ungereimtheiten

Drive Now ist ein führender Anbieter von Autos, die man sich kurzfristig an der Straßenecke mieten kann. (Foto: Share Now Presse)

Am 2. September 2022 trudelte bei mir eine E-Mail ein. Absender: Sharenow, beziehungsweise "Share Now". Du weißt schon, der bekannte Autovermieter, der vor allem in Metropolen ansässig ist.

Man kann sich bei Share Now unkompliziert für eine kurze oder längere Strecke tolle Autos mieten. Nach Ende der Fahrt kann man das Auto in einem bestimmten Radius wieder abstellen, der auch in einem ganz anderen Stadtteil sein kann. Die nächste "Share Now"-Kundschaft findet das Auto dann über GPS-Tracking in der Share Now App. Alles megageschickt und easy. Das System ist also ähnlich wie bei Taxi-Apps oder Uber.

Doch zurück zur E-Mail, die bei mir eintrudelte. Im E-Mail-Text von "Share Now" heißt es:

"Wie alle Anbieter von Carsharing und Mietwagen sind auch wir verpflichtet, ab und zu die Gültigkeit deines Führerscheins zu überprüfen. Wir wissen, dass das nicht gerade viel Spaß macht, deshalb haben wir die erneute Validierung für dich kostenlos und einfach gemacht. Damit du ohne Unterbrechungen weiterfahren kannst, validiere bitte deinen Führerschein in der App bis zum … Oktober 2022."

Das Dilemma mit der Validierung

Ok, klar, sowas muss mal sein. Die Überprüfung meines Führerscheins dauere, schreibt "Share Now", nur wenige Sekunden. Hierfür solle ich die App öffnen und auf mein Profil gehen. Dann solle man ein Bild von seinem Führerschein hochladen und das ergänzen durch ein Selfie. Der Car-Sharing-Anbieter verabschiedet sich mit den Worten "Vielen Dank und bis bald! Dein 'SHARE NOW' Team".

Nette Mail. Also nahm ich mir vor, die Schritte zur Führerschein-Überprüfung nun anzugehen, ehe ich die Frist verpasse.

Zwar stand in der Mail, ich solle auf die App gehen. Doch üblich ist, dass es zusätzlich einen Account auf einer solchen Unternehmens-Webseite gibt. Also gehe ich auf https://www.share-now.com und suche dort vergebens nach meinem Account oder einer Login-Möglichkeit. Doch niente. Nichts. Dabei sehe ich oben rechts fett einen hellblau gehaltenen Button "GRATIS REGISTRIEREN". Wo man sich registrieren kann, gibt es normalerweise auch einen Account-Bereich.

Ich bin verwundert und suche im Internet nach den Keywords "Share Now" "Login". Doch statt eines Verweises auf einen Login-Bereich lande ich auf einem Eintrag. Dieser teilt mir mit, dass auf dem Desktop von "Share Now", also der normalen Homepage-Version, es keinen Login-Bereich gebe. Dafür müsse man direkt auf die Smartphone-App gehen.

Hochladen? Absurdistan

Das ist absurd: Hatte ich doch extra meinen Führerschein abfotografiert, dann über Android auf meinen PC heruntergeladen und wollte den Führerschein mit Selfie schnell bei "Share Now" hochladen.

Da Corona uns noch in den Knochen steckt, bin ich die vergangenen zwei Jahre nicht viel auf Tour in Berlin oder anderen Metropolen gewesen. Deshalb ist auf meinem zweijährigen Smartphone von Samsung noch keine "Share Now"-App. Also lade ich sie mir herunter.

Dann möchte ich mich schnell dort einloggen, um die Führerschein-Validierung endlich hinter mich zu bringen. Ich habe die "Share Now"-Daten, also Nutzername und das Passwort in meinem Passwort-Safe "Last Pass" gut verwahrt und finde es entsprechend schnell.

Da ich ein Fan von sicheren oder einigermaßen sicheren Passwörtern bin, hat mein Passwort 16 Platzhalter.

Das Passwort muss man eintippen, kann es aber sich nicht anzeigen lassen

Nun gehe ich auf die "Share Now"-App und möchte mein kompliziertes Passwort, bestehend aus Zahlen, Buchstaben, Sonderzeichen eingeben. Ich hatte mir das einst über einen Passwort-Generator gezogen, wie es im Internet mittlerweile viele gibt. Allerdings bietet "Last Pass" für jeden neuen Eintrag die gleiche automatische Passwort-Erstellungs-Funktion.

Nun also endlich die Eingabe meines komplizierten Passwortes auf der "Share Now"-App. Üblicherweise kann man bei ähnlichen Apps oder Homepages unterscheiden, ob man sich sicher fühlt, dass man keinen Fehler beim Eintippen eines Passwortes macht, sprich: dass ich ohne das berühmte "Auge" zu aktivieren, nicht sehe, was ich eingebe. Stattdessen sehen die Nutzer lediglich Punkte.

Da aber ein Passwort mit 16 Platzhaltern doch etwas kompliziert ist in der Eingabe und fehleranfällig, suche ich auf der "Share Now"-App das Passwort-"Auge". Üblicherweise kann der Nutzer daraufklicken und sieht somit, was er eingibt.

Was weltweit üblich ist, gibt es nicht bei "Share Now". Nervig! Also gehe ich auf meinen Smartphone-Notizblock, tippe von meinem Passwort Safe auf dem MacBook Air mühevoll das Passwort ab und speichere es hier zwischen. Vorteil: Hier kann ich wenigstens sehen, was ich tippe.

Einfach geht anders, Zeit-Diebstahl beim Passwort

Nachdem ich mehrmals Korrektur gelesen habe, ob das Passwort stimmt, kopiere ich das Ungetüm aus Buchstaben, Sonderzeichen und Zahlen und füge es bei "Share Now" ein. Immerhin funktioniert das. Trotzdem: Einfach geht anders und das hat mir wertvolle Zeit völlig unnötig gestohlen.

Manche IT-Hirnies bieten auch Passwort-Felder an, in die man nichts Kopiertes einfügen kann. Das ist dann die Steigerung von nachlässiger Arbeit.

Nachdem mein von meinem Notizblock im Smartphone kopiertes Passwort von der "Share Now"-App geschluckt, also akzeptiert wird, bin ich endlich im Backend, in meinem Account-Bereich.

Dort finde ich den Eintrag zur Führerschein-Validierung. Ich klicke drauf und suche die üblichen Alternativen, die es auf so einer App geben sollte, nämlich:
Entweder Scanne ich meinen Führerschein ab oder ich habe ihn fotografiert und lade ihn schnell hoch.

Abfotografieren oder Scannen oder Chaos?

Denn genau das hat die Marketing- und Vertriebsabteilung des Auto-Vermieters mir großspurig versprochen in der E-Mail:

"Es dauert nur wenige Sekunden" behauptet der Autovermieter.
"1. Öffne die App und gehe auf dein Profil
2. Lade ein Bild von deinem Führerschein hoch
3. Lade ein Selfie hoch."

Hochladen ist hochladen und nicht abscannen. Das lässt sich leicht im Internet nachlesen, wenn man die Abgrenzung der beiden Wörter verstehen möchte. Das mit dem "Hochladen" schreibt nach meiner Meinung nach irreführender Weise nicht nur die Marketing- und Vertriebsabteilung in der E-Mail an mich. Nein: Das steht auch direkt in der App.

Führerschein-Validierungs-Odyssey

Da ich zu Beginn meiner Führerschein-Validierungs-Odyssey völlig unnötig das Foto von meinem Handy über Android auf den PC geladen hatte, muss ich jetzt erneut ins Schlafzimmer. Dort hole ich zum zweiten Mal meinen Führerschein aus dem Portemonnaie und will ihn nun mit Hilfe der Super-Duper-App von "Share Now" abscannen.

Es ist etwas dämmrig am frühen Abend. Kein ideales Licht also. Aber meine Smartphone-Kamera verfügt über Aufheller. Dies ermöglicht es mir, dass der Führerschein klar durch das Smartphone-Foto-Display zu lesen ist.

Also, denke ich, kann es nun kein Hexenwerk sein, wenn ich schon meinen Führerschein nicht, wie von "Share Now" versprochen, "hochladen" kann, nun einen ordinären Scan durchzuführen. "Share Now" wirbt irritierenderweise auf der eigenen Führerschein-Validierungs-Seite damit, wonach der Scan-Funktion "powered bei Jumio" sei. Was mich als Nutzer das interessiert, müssen die Entwickler von "Share Now" mir noch erklären.

Werbung für Ami-Unternehmen statt gute Scan-Funktion

Ich mache nun alles, um endlich meinen Scan des Führerscheins zu bekommen. Ich schiebe den Führerschein auf dem Tisch exakt in das dafür vorgesehene Scan-Feld. Doch es funktioniert nicht. Also gehe ich vom Balkon in die Küche und lege ihn auf die Granit-Arbeitsfläche. Doch auch hier klappt das Einscannen nicht, ebenso nicht, wenn ich es mit diversen unterschiedlichsten Lampen versuche.

Nach rund 15 Minuten Kampf scant die miserable "Share Now" Scan-Funktion ENDLICH die Vorderseite meines Führerscheins ab.

Dann geht es an die Rückseite. Gleiches nerviges Spiel. Ich lege den Führerschein in der Wohnung an bestimmt fünf unterschiedliche Plätze. Ich achte darauf, dass das abendliche Licht der Wohnung den Führerschein nicht verschwommen oder verspiegelt werden lässt. Doch egal, wie sehr ich mich bemühe: Das Scannen funktioniert NICHT.

Aus den groß Mundig behaupteten wenigen Sekunden, was die Führerschein-Validierung angeblich koste, ist nun schon ein Zeitfenster von 30 bis 45 Minuten geworden.

Statt dass "Share Now" seine Nutzerschaft (wir sind ab und an political correct und schreiben deshalb hier jetzt nicht wieder nur "Nutzer") mit einem Werbebanner für das US-Unternehmen Jumio nervt, sollte sich "Share Now" lieber mit Jumio mal in Verbindung setzen, warum das alles so kompliziert ist. Jumio bietet unter anderem "End-to-End ID & Identity Verification". Meinen Führerschein konnte ich jetzt "Share Now" immer noch nicht übermitteln. Da Hochladen nicht funktioniert, wird es ideotisch und für mich sehr ärgerlich. WAS TUN? Keine Ahnung!

Gibt es keine deutschen, österreichischen oder Schweizer Anbieter?

Zudem stelle ich mir die Frage: Warum muss "Share Now" hier einen amerikanischen Scan-Dienstleister und ID-Überprüfungs-Dienstleister integrieren? Gibt es keine deutschen, österreichischen oder Schweizer Anbieter? Aber Hauptsache wir machen auf Ami. Ganz abgesehen davon frage ich mich: Was geschieht mit meinem Führerschein, meinen Daten? Wird der dann in den USA gleich mitgelesen?

Doch damit nicht genug des "Share Now"-Chaos. Jeder Journalist kennt das: Die Angst, Namen oder Marken falsch zu schreiben. Also schaue ich mir das Logo von "Share Now" für diesen Artikel an.

Das sieht nach meiner Lesart so aus, als sei es ein Wort, wobei das "Share" und das "Now" farblich unterschiedlich akzentuiert werden. Gemäß der CI, Corporate Identity, müsste also in Textform das "ShareNow" zusammengeschrieben werden. Doch in der Mail des Autovermieters ist das ganz anders: Hier sehe ich jetzt plötzlich zwei Wörter.

Das ist paradox und wirkt unprofessionell. Grund: Wer im Internet die einzelnen Worte Share Now eingibt, bekommt Tausende Treffer, die nichts mit dem Autovermieter zu tun haben. Hätte die Firma ihr "Share Now" zusammengeschrieben, wäre das im digitalen Zeitalter sinnvoll. Obendrein würde man sich damit an das eigene Logo annähern. Man hätte zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Schon mal was von SEO gehört?

Englisch oder Deutsch-Wirrwarr

Dazu passt dann das Chaos beim Blick ins Internet, in dem Fall in die Suchmaschine Google. Ich gebe dort "Share Now" ein und finde folgenden Eintrag:

  • "Your Future Car Rental | SHARE NOW International". "It's the best way to drive. With car-sharing, you don't have to buy or lease a car. Our cars are available around every street corner."
  • Während der in Google ausgespielte Teaser auf Englisch ist, stolpere ich plötzlich direkt drunter über deutschsprachige Einträge. Klar, sind wir doch in Deutschland, Österreich, Schweiz. Beispielsweise lese ich einen deutschsprachigen Hinweis zu den Preisen von "Share Now" (Preise: SHARE NOW Preise – Kostenlos parken im Geschäftsgebiet ...).

Dass in Marketing-Texten das "Share Now" in Versalien geschrieben wird, ist eine Penetranz, mit der Marken immer wieder versuchen Journalisten dazu zu bringen, das dann auch so zu schreiben. Aber wir sehen hier keinen Grund auf diesen billigen Marketing-Trick hereinzufallen.

Und die Moral von der Geschichte? "Share Now" hat noch einige Baustellen zu bearbeiten.

Netz-trends.de hatte bereits vor gut zwei Jahren schon einmal sich "Share Now" gewidmet. Damals lautete unsere Schlagzeile "Technik, Marketing Chaos beim DRIVE NOW Login wegen neuem SHARE NOW".

Netz-trends.de ist seit 2010 in Google News Deutschland, Österreich, Schweiz als Publisher gelistet. Im Schnitt haben wir bis zu 450.000 Leser und Leserinnen pro Jahr.

Hintergrund

"Share Now" wird getragen von der SHARE NOW GmbH aus Berlin. Geschäftsführer sind Olivier Reppert und Stefan Glebke.

"Share Now" ist 2019 aus der Fusion der beiden Carsharing-Firmen Car2go und DriveNow von Daimler und BMW entstanden. Vor allem Drive Now brillierte mit Top-Autos der Marken BMW und Mini. Mercedes stellte wiederum unter anderem sein Smart-Auto zur Verfügung, das aber nicht gerade ein Hingucker war.

Im Frühjahr 2022 wurde nun bekannt, dass sich BMW und Daimler bei ihrem Autovermietungs-Baby "Drive Now" zurückgezogen haben. Die Autozeitung schreibt, Stellantis habe "Share Now" gekauft. Mercedes und BMW seien damit "raus".

Wer nun, wie ich, nicht weiß, was Stellantis ist, den klärt Wikipedia* Deutschland, Österreich, Schweiz auf:

"Stellantis N.V. mit Sitz im niederländischen Hoofddorp ist ein europäischer Automobilhersteller. Das Unternehmen ist im Januar 2021 als Holding aus der Fusion der Automobilkonzerne Fiat Chrysler Automobiles und Groupe PSA hervorgegangen." Aha.

Warum sich BMW und Mercedes da jetzt zurückgezogen haben, ist für mich unverständlich. War doch besonders "Drive Now" für BMW ein phantastisches Schaufenster, um neue Autos im Stadtbild prominent und markant zu präsentieren. Zudem konnten viele Menschen so BMW oder Mini fahren und auch testen, was sie sonst vielleicht nicht getan hätten.

*Hinweis: Wir überprüfen Aussagen auf Wikipedia stets sehr kritisch, zumal es dort immer wieder erhebliche Fehler gibt. In diesem Fall sehen wir aber kein Problem Wikipedia an dieser Stelle als Quelle anzuführen.

Kommentare

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