Versicherungsberater: Helfen Gütesiegel oder Signets wie "Serviceversprechen" Verbrauchern?

Zu keinem Zeitpunkt der Industrialisierung der Weltwirtschaft konnte nach der Gründung eines Unternehmens mit relativ überschaubarem Budget eine nicht nur örtliche, sondern globale Marketing-Kampagne angeschoben werden. Möglich machen dies Werbekampagnen im Internet:

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Nicht alles Gold was glänzt: Ein Gütesiegel oder Signet auf einer Webseite ist nur ein Indiz für eine mögliche Qualität, aber keine Garantie.

Die Digitalisierung der Welt führt auch im Finanzbereich zu einer noch nie dagewesenen Vielfalt der Protagonisten, Kundenfang wird damit so einfach wie nie. Der Grund liegt auf der Hand:

Zum einen gibt es klassische Online-Werbeformen wie Google AdWords, Bing Ads, oder Display-Schaltungen auf den großen Web-Portalen über Werbevermarkter. Hinzu kommen Werbung auf Social Media Kanälen wie Facebook oder StudiVZ und ergänzend zunehmend Online-Werbung, welche über Adserver der großen Online-Anbieter ausgeliefert wird. Doch egal, für welche Art der Online-Werbung sich ein Unternehmen oder einzelner Dienstleister entscheidet - die Stoßrichtung für Werbungtreibende ist immer die gleiche:

Mit Textteil-Anzeigen, Video-Ads oder Display-Werbung sollen neue Kunden gefunden werden. Diese Werbeformen werden beispielsweise in den Internet-Suchmaschinen über, neben oder unter den sogenannten natürlichen, also nicht werblichen Treffern, eingeblendet. Eine weitere Möglichkeit ist die Einblendung von Onlinewerbung direkt auf den Webseiten. Eines haben alle diese Werbeformen mittlerweile gemeinsam: in der Regel werden sie dank des Einsatzes von sogenannten Cookies personalisiert auf den jeweiligen Computer ausgespielt.

Ein Qualitätskriterium ist eine Online-Anzeige nicht zwangsläufig

Dabei spielen zwei Gedanken eine zentrale Rolle: Der Werbungtreibende möchte möglichst zielgerichtet beim Verbraucher mit seiner werblichen Information eintreffen und teure Streuverluste vermeiden. Gleichzeitig möchten die technischen Anbieter von Online-Werbung möglichst vermeiden, dass ein Verbraucher Online-Werbung erhält, die ihn überhaupt nicht interessiert. In über 95% aller Online-Werbung gilt bislang:

Der Webseiten-Betreiber erhält nur dann Geld, wenn auf solch eine Anzeige auch geklickt wird. Deshalb spricht man von Cost per Click für den Werbungtreibenden. Gerade kostenlose Webseiten – wie redaktionelle Publisher – können sich deshalb letztlich nur refinanzieren, wenn der Leser einmal auf eine online einblendete Anzeige klickt.

Doch da faktisch jeder heute solche Online-Anzeigen relativ günstig schalten kann, wird eine Beurteilung der Qualität von Angeboten gerade im Finanzdienstleistungs-Segment für die Verbraucher immer schwieriger. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere deutschsprachige Länder, wie Österreich oder die Schweiz.

Eine Möglichkeit, der online werblich angebotenen Dienstleistung (beispielsweise Vermittlung von Finanzdienstleistungen wie Versicherungen, Anlagefonds oder Immobilien) einen scheinbar dokumentierten seriösen Anstrich zu geben, sind Awards, welche ein Unternehmen gewonnen hat. Häufig werden hierfür in der Regel gegen Entgelt Gütesiegel, Empfehlungsstempel oder Signets (wie: "Serviceversprechen") zur Verfügung gestellt.

Gütesiegel, Signets, Awards - Finanzdienstleister nutzen das ganze Spektrum

Dabei ist die Palette der Anbieter ebenso groß, wie die Vielfalt im Netz: Es gibt öffentliche Einrichtungen, wie die Stiftung Warentest, welche Gütesiegel vergibt und verkauft. Zudem gibt es aber auch Gütesiegel, Signets oder Empfehlungsstempel, welche durch privatwirtschaftliche Organisationen zeitlich limitiert vergeben oder verkauft werden. In diesem Segment sind zum Beispiel aktiv: das Deutsche Institut für Qualitätsmanagement, websitedesjahres.de, trustedshops.de, verbraucherschutz.de, oder PCI mit der PCI-Zertifizierung, was für den "Payment Card Industry Data Security Standard" steht.

All diese Anbieter sagen, sie würden dem Verbraucher helfen, die richtige Produktauswahl im Wirtschaftsleben zu treffen. Doch ist das so?

So wirbt beispielsweise die MLP Finanzdienstleistungen AG damit, sie sei mit dem "European Foundation for Management Development (EFMD)" ausgezeichnet worden. Dabei handele es sich um "eine internationale Mitgliederorganisation von Hochschulen, Unternehmen und Weiterbildungsorganisationen, die sich seit mehr als 40 Jahren mit dem Thema Innovation und 'Best Practice' in Management-Ausbildungssystemen" befasse.

Auch wenn dieses nach Seriosität in der Anlageberatung klingt, so stand MLP doch immer wieder auch wegen Vorwürfen der erheblichen Kundenabzocke negativ in den Schlagzeilen - so auch bei netz-trends.de ("Wie dubios sind die Versicherer? Kritik: 'Abzocke bei MLP und Heidelberger Lebensversicherung AG' / 'Von 103.000 Euro Altersvorsorge nur 84.000 übrig'").

In Deutschland sind BaFin oder IHK nicht für Provisionen zuständig

Ein Trugschluss in Deutschland ist, dass viele Verbraucher meinen, der Finanzdienstleistungs-Sektor sei hier so stark überwacht und reglementiert, dass eine unseriöse Beratungsleistung für Versicherungen, Immobilien oder sonstige Finanzprodukte nicht möglich sei. Doch Fakt ist:

Zwar hat die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) durchaus einen erheblichen Machtbereich, aber auch die BaFin hat keine Befugnis beispielsweise die Höhe einbehaltener Provisionen oder angeblicher "Verwaltungskosten" für eine Immobilie, eine Versicherung oder einen Aktienfonds zu bestimmen.

Hier sollte man wissen: Die BaFin ist einstmals aus den ehemaligen Bundesaufsichtsämtern für das Kreditwesen (Bankenaufsicht) sowie das Versicherungswesen entstanden. Deshalb ist sie traditionell eher für die Bandbreiten in welchen Finanzinstitute agieren zuständig, nicht aber für die Regelungen aller Details.

Im Nachbarland Schweiz geht die Finanzaufsicht einen etwas anderen Weg. Dort unterziehen sich viele Finanzdienstleister einer Prüfung durch die Eidgenössische Bankenkommission (EBK), welche sich unter anderem um den Vertrieb von Anlagefonds kümmert.

Ebenso stellt in der Schweiz eine Mitgliedschaft im "Verein zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen" (VQF) eine Option dar, um gegenüber Verbrauchern zu signalisieren, dass man um seriöses Geschäftsgebaren bemüht ist. Die VQF ist eine "Selbstregulierungsorganisation zur Bekämpfung der Geldwäscherei in der Schweiz".

Auf Mitgliedschaften und Prüfungen durch diese Organisationen setzte in der Schweiz beispielsweise das BZ Berater Zentrum AG. Ihr Fokus liegt "in der Vermögensverwaltung und Finanzberatung mit Spezialisierung auf der Beratung von Privatkunden". Das Unternehmen bietet seine Dienste beispielsweise mit folgenden Worten an: "Die BZ Berater Zentrum AG ist ein Schweizer Vermögensverwalter. Sie handelt unabhängig und ist als Unternehmen der Finanzberatung neutral positioniert. Als Mitglied des VQF (Verein zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen) hat sich die BZ Berater Zentrum AG den Qualitätsansprüchen der Organisation verpflichtet."

Fazit für Verbraucher

Das bedeutet: Eine auf einer Homepage angegebene Mitgliedschaft in der IHK ist nicht unbedingt ein Qualitätssiegel für ein Unternehmen, deshalb für die Beurteilung der Qualität einer Finanzberatungs-Gesellschaft eher abträglich:

Fazit: netz-trends.de ist nach wie vor der Meinung, dass Awards, Signets, Empfehlungsstempel oder Verbands- und Vereinsmitgliedschaften durchaus ein wichtiges Qualitätskriterium zur Beurteilung von Unternehmen auch im Finanzdienstleistungssektor darstellen. Doch sollte man sich keinesfalls auf Gütesiegel, Signets oder Empfehlungsstempel naiv verlassen. Sie sind lediglich ein Indiz dafür, dass ein Unternehmen versucht sich in einen größeren möglichen Qualitäts-Kontext zu stellen.

Das wichtigste Qualitätskriterium für einen Verbraucher ist aber nach wie vor: Eigene angelesene Kompetenz in dem Bereich, in welchem man eine Beratung wünscht. Dabei gilt, dass diese Eigenverantwortung nie aufhört. Deshalb müssen Finanzdienstleistungsprodukte während der kompletten Phase der Ansparung von Verbrauchern selber jährlich überprüft werden. Im Fokus sollte dabei die kritische Hinterfragung stehen: Hält das Produkt nach wie vor, was der Anlageberater oder die Webseite einem inhaltlich versprochen hat?