Abzocke Schweiz: Gewerkschaft Travailsuisse wirft Schweizer Versicherungen vor Renten und Altersvorsorge Treibende abzuzocken

Eigentlich gibt es in der Schweiz, im Gegensatz zu Deutschland, bereits sehr gute Regeln für die private Altersvorsorge, die privaten Altersversicherungen. So dürfen die Versicherer für die private Rentenvorsorge, auch Altersvorsorge genannt, nicht mehr als 5 bis 10 Prozent Kosten abziehen. Dennoch stößt sich Travail.Suisse (auch geschrieben als "TravailSuisse") zunehmend daran, dass die Versicherungen in der Schweiz immer noch zu viel aus den einbezahlten Altersvorsorge-Beträgen für eigene Gewinne entnähmen. TravailSuisse ist ein unabhängiger Dachverband von 170.000 Arbeitnehmenden in der Schweiz, also eine Gewerkschaft. Jedoch: In Deutschland kann es derzeit immer noch sein - beispielsweise bei Altersvorsorge-Versicherungen die der Finanzdienstleister MLP vermittelt - dass in den ersten zehn bis 15 Jahren über 20 Prozent für Kosten abgezogen werden.

Travail.Suisse
Attackiert die Versicherungskonzerne wegen zu hoher Entnahmen auf Kosten der Versicherten: Martin Flügel, Präsident von Travail.Suisse.

Das heißt: Die ersten zehn Jahre - die wichtigsten in der Altersvorsorge - sind letztlich für den Vorsorgenden in Deutschland häufig ein Minusgeschäft. Zumindest liegen netz-trends.de alleine den Finanzdienstleister MLP betreffend drei Versicherungsfälle der privaten Altersvorsorge vor, in denen in zehn Jahren über 20 Prozent Kosten abgezogen wurden. In einem besonders krassen Fall wurden nach 12 Jahren Altersvorsorge aus 107.000 Euro Anlagesumme bei von MLP vermittelten Altersvorsorge-Versicherungen - nur noch rund 85.000 Euro. Der einzige Gewinner lautet: MLP. Abzocke lässt grüßen. Diese Debatte gibt es nun auch zunehmend in der Schweiz.

Ein aktueller Vorwurf gegen die Versicherungen in der Schweiz geht derzeit beispielsweise von der Gewerkschaft Travailsuisse aus. Es heißt, die Versicherungen schöpften zu viel Geld in den Lebensversicherungen ab. Dabei gibt es in der Schweiz bereits die Regel, dass nicht mehr als zehn Prozent an Kosten von der von Verbrauchern einbezahlten Summe für die Altersvorsorge abgezogen werden dürfen. Travailsuisse geht davon aus, dass dennoch die Schweizer Versicherungen rund 600 Mio. Franken an Gewinnen den Versicherern entzogen hätten um sich selbst zu bereichern, statt in die Altersvorsorge der Schweizer zu investieren - das sei aber immer noch zu viel (in der sogenannten 2. Säule).

Entsprechend deutlich wird auch zunehmend die Kritik der Schweizer gegen eine solche Versicherungs-Abzocke auf Kosten der Altersvorsorge der Schweizer. In einer Online-Umfrage sprachen sich aktuell 75 Prozent der befragten Schweizer dafür aus, dass die Versicherungen noch stärker als bislang daran gehindert werden sollten, Geld der Sparer für eigene Gewinnmaximierungen zu entnehmen.

Deshalb forderte nun der Arbeitnehmerdachverband Travailsuisse den Schweizer Bundesrat auf, Gewinn-Entnahmen der Lebensversicherungen im Geschäft mit der Altersvorsorge deutlich zu begrenzen.

Derzeitf gilt in der Schweiz die Regel, dass die Versicherungsgesellschaften künftig sogar statt 90 Prozent ganze 95 Prozent von einbezahlten Beträgen wieder an die Versicherten ausbezahlen müssen. Das sind im Vergleich zu Deutschland, in dem manche Versicherungskonzerne die privat Vorsorgenden um bis zu 30 Prozent ihrer Anlagesumme in den ersten 15 Jahren berauben, geradezu paradiesische Zustände.

Gleichzeitig hat der Schweizer Bundesrat sogar eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestverzinsung für die private Altersvorsorge den Versicherungskonzernen generell vorgeschrieben. Bislang lag die gesetzlich vorgeschriebene Mindestverzinsung für die private Altersvorsorge-Versicherungen (wie Fondsgebundene Lebensversicherungen, Rentenversicherungen etc.) in der Schweiz generell bei 2 Prozent. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise senkte nun der Schweizer Bundesrat diesen Zinssatz auf 1,5 Prozent ab. In Deutschland gibt es hier bislang leider noch überhaupt keine Regelung, Abzocke ist also Tür und Tor geöffnet. Und das in einem Land, in dem schon jetzt die gesetzlichen Pflicht-Rentenversicherungen der Deutschen nicht mehr sicher sind.

Im Falle des deutschen Finanzdienstleisters MLP, der gerne wohlhabende Akademiker "berät", manche sagen auch, "abschöpft", liegt netz-trends.de ein Fall vor, in dem ein Informatiker bei der "Heidelberger Lebensversicherung AG" in zwölf Jahren jedes Jahr circa vier Prozent eine Negativ-Verzinsung hinnehmen musste.

MLP hatte die Heidelberger Lebensversicherung dem Anleger empfohlen. Entsprechend sauer ist der Anleger heute: "MLP und die Heidelberger Leben griffen in vollen Zügen in mein Altersvorsorge-Kapital und bereicherten sich selbst", so der Vorwurf des betroffenen Kunden. MLP und die Heidelberger Lebensversicherung AG hätten ihn deshalb erheblich um seine private Altersvorsorge gebracht.