Detroit im Konkurs: Niedergang im Powerhaus USA

Jetzt hat die erste Großstadt der USA offiziell Konkurs angemeldet: Die Autostadt Detroit. Zahlreiche weitere Städte - beispielsweise in Kalifornien - stehen ebenfalls kurz vor dem Bankrott. Schuld hat die ausufernde Kriegspolitik von Barack Obama (Demokraten) sowie seinem Vorgänger George Bush (Republikaner): Die beiden haben in den vergangenen zehn Jahren nach Schätzungen weit über 200 Mrd. US-Dollar für aktive Kriegsführungen ausgegeben. Gleichzeitig gelang es den beiden modernen Cäsars nicht, für eine nachhaltige Stabilisierung wichtiger Industriezweige zu sorgen.

Quelle Screenshot Webseite Detroit: ci.detroit.mi.us/CityCouncil/tabid/2509/Default.aspx
Mitglieder des City Councils von Detroit: Sie haben nach dem Konkurs viel zu tun.

Besonders hart hat es die Automobilbranche getroffen: Der technologische und qualitative Abstand zwischen amerikanischen Autos und deutschen oder japanischen wird von Jahr zu Jahr größer. Die Wettbewerbsfähigkeit bleibt auf der Strecke. Auf Detroit lastet eine Schuld von mindestens 20 Mrd. US-Dollar. Das ist für eine mittelgroße Stadt wie Detroit einfach viel zu viel.

Mit dem Bankrott von Detroit trauert Amerika über ein Stück wichtige Wirtschaftsgeschichte. Die Stadt stand für ein unbändiges Amerika, ein wirtschaftlich und technologisch fortschrittliches Amerika, für industrielle Power. Detroit war über Jahrzehnte das, was der Ruhrpott für Deutschland war: Ein Krafthaus, ein Powerhaus. Generationen von Familien haben hier Lohn und Brot, Glück und Heimat gefunden.

Doch der Konkurs der einst so stolzen Stadt Detroit kommt nicht überraschend. Die Stadt siecht seit Jahren vor sich hin. Die Einwohnerzahl ist in den vergangenen Jahren von einst 1,8 Mio. - in den 1950er Jahren - auf nun rund 700.000 gesunken. Das ist mit der ostdeutschen Stadt Leipzig vergleichbar.

Was konkret der Konkurs von Detroit jetzt für die Region bedeutet, ist nicht ganz klar, da man keinen vergleichbaren Fall hatte, in dem die öffentliche Verwaltung einer Kommune so grandios fehl geleitet wurde, dass der Konkurs nicht mehr abwendbar ist.

In der Privatwirtschaft, also bei privaten Unternehmen, würde ein Konkurs bedeuten: Die Verwaltung liegt ab sofort beim Konkursverwalter. Dieser schaut, welche Werte übrig geblieben sind und gegenüber den Gläubigern beispielsweise verkauft oder überschrieben werden können.

Bereits im März 2013 schickte der Staat den Stadtvätern und Stadtmüttern von Detroit Kevyn Orr. Der Bankrott-Fachmann sollte ihnen helfen, das nun eingetretene worst case Szenario abzuwenden. Trotz der dramatischen Staatskrise zeigt sich Kevyn Orr derzeit optimistisch, wonach man weiterhin die rund 10.000 städtischen Mitarbeiter bezahlen könne. Denn: Polizei und Feuerwehr, die Finanzverwaltungen, die Meldebehörden, die Strom- und Wasserwerke - all das muss auch nach dem Bankrott weiter laufen.

Konkursverwalter hat es schwer

Doch nicht alle teilen den Optimismus von Kevyn Orr. So wird in amerikanischen Medien ein Rechtsanwalt mit den Worten zitiert, wonach die Stadt nach der Konkurs-Anmeldung keinesfalls ihre Angestellten mehr bezahlen müsse. Keiner könne die Stadt für solche Zahlungen verklagen. Das heißt: Es gibt keine zwingende Rechtsbasis für die Stadt Detroit weiterhin Gehälter an die städtischen Mitarbeiter zu überweisen.

Sollte sie also tatsächlich weder an Polizeibeamte, die Feuerwehr oder städtischen Krankenhäuser Gehälter überweisen, steht die Stadt vor chaotischen Zuständen, ja regelrecht in einem rechtsfreien Raum. Denn ein Rechtsstaat ist nur so lange ein Rechtsstaat, wie die Judikative und Exekutive auch bezahlt werden und damit bereit sind, Amt und Würden auszuüben. Mit einem Zahnpasta-Lächeln alla Barack Obama wird keine Familie satt, wird kein Polizist ohne Bezahlung Straftaten in Detroit verfolgen.

Geradezu haarspalterisch versuchen nun viele Analysten den Niedergang von Detroit zu kommentieren und zu verstehen: Wer hat Schuld, warum konnte die Katastrophe nicht abgewendet werden? Die einen sehen die in den 1960er Jahren entstanden Vororte von Detroit als Schuldige. Hierher seien zahlreiche kleinere Zulieferfirmen und Arbeiter von Detroit abgewandert und hätten dort Steuern bezahlt, nicht aber mehr in Detroit.

Andere wiederum werfen den Managern der großen Autogiganten von Detroit vor, sie selbst hätten immer mehr Sargnägel in die einst so stolze Wunderstadt geschlagen indem sie in immer mehr US-Bundesstaaten sowie weltweit Dependancen gegründet hätten, statt zentral die amerikanische Automobilindustrie, die U.S. auto industry, zu stärken.

Doch auch das geben die Amerikaner zu: Die Millionen guten importierten Autos aus Japan oder Deutschland (VW, Porsche, Audi, Mercedes) hätten die Manager der amerikanischen Autogiganten nicht wirklich etwas entgegenzusetzen gehabt außer großer Worte.

Mercedes-Benz machte rechtzeitig mit Chrysler den Absprung

Dass mit der Automobilindustrie in den USA immer weniger stimmt, war spätestens mit dem lautstarken Ende der Hochzweit zwischen Mercedes-Benz und dem Detroiter Unternehmen Chrysler klar. Denn nicht einmal den Deutschen war es in jahrelanger harter Arbeit gelungen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Es war einfach zu wenig Substanz vorhanden in der amerikanischen Automobilbranche, als dass man hier nachhaltig hätte etwas retten können. Am Ende blieb außer Milliarden-Abschreibungen nicht viel mehr übrig aus der einst so glanzvoll imitierten Hochzeit zwischen den Amerikanern und den Deutschen.

Wie dunkel die Wolken in Detroit waren, zeigte sich schon im Jahr 2009. Damals kündigte sich der Bankrott von GM, General Motors an in dessen Zuge dann die deutsche Tochter Opel verkauft werden sollte. Doch mit imperialer Geste holte man zuerst die deutsche Bundesregierung ins Boot, um sie dann auf typisch amerikanische arrogante Art und Weise über Nacht als Rettungsanker für die wichtigen Opelwerke in Bochum & Co wieder fallen zu lassen. Zurück blieben Scherben und Wut - sowohl in der Politik wie bei den Opel-Beschäftigten.

Heute befinden sich in Detroit nur noch wenige wichtige Produktionsstätten von GM oder Chrysler, wobei GM der einzige verbliebene US-Autogigant ist, der immer noch sein Headquarter in Detroit hat. Vor allem die Forschungsabteilungen und Test-Abteilungen machen in der Stadt ihren Job und sichern bislang einigen tausend Menschen ihre berufliche Existenz. Doch wie lange diese Jobmöglichkeit noch vorhanden ist, weiß niemand.

Alleine zwischen 2000 und 2010 wanderten 25 Prozent der Einwohner von Detroit ab. Klarer kann ein Absturz einer Stadt nicht dokumentiert werden, als wenn die Menschen fliehen. Ähnlich zahlreichen ostdeutschen Kommunen - wie Hoyerswerda oder auch in Stadtteilen von Leipzig - gibt es ganze Straßenzeilen und Viertel in Detroit, die mittlerweile menschenleer sind. Die Häuser stehen dort wie Skelette einer vergangenen Zeit. Auf den Dächern wachsen Bäume, die Fenster eingeschlagen, die Straßen sind nachts Zappen duster. Gespenstische Ruhe liegt in solchen Vierteln. Ein Abbruch der Häuser käme teurer als das Verharren im Niedergang. So ist es, wenn Metropolen sterben.

Den Niedergang jetzt verwalten

So langfristig der Niedergang von Detroit ist, so zäh dürfte sich nun die Verwaltung des angemeldeten Konkurses hinziehen. Experten gehen davon aus, dass alleine die juristische Aufarbeitung des Bankrotts im Minimum ein Jahr bedarf - also bis in den Sommer 2014.

Jetzt machen aber erst einmal die gewohnten amerikanischen Kraftbegriffe die Runde. Man sei dabei, lässt die Stadt mitteilen, wonach Detroit radikal neu strukturiert werde, alles mache man nun besser, man erwäge einen schöpferisch-kraftvollen Neuanfang wie Phönix aus der Asche. Auch heißt es, man müsse Altlasten abschütteln, wie es Berlin in den 1990er Jahren gemacht habe.

Die letzte große Stadt, welche in den USA Konkurs anmelden musste, war Jefferson County in Alabama. Die Kommune konnte zuletzt ihre Schuldenlast von 4 Mrd. US-Dollar nicht mehr bedienen. Ähnlich sah es in San Bernardino in Kalifornien aus. Hier lag das Defizit allerdings deutlich niedriger - bei 46 Mio. US-Dollar. Doch auch dieses genügte, um eine Zahlungsunfähigkeit der Gemeinde gegenüber den Gläubigern geltend zu machen. Eines ist schon jetzt sicher: Es werden unter der Regierung Barack Obama weitere Städte in den nächsten Monaten Konkurs anmelden müssen.

Denn bislang hat Obama (Partei: Demokraten) – wie schon sein präsidialer Vorgänger Georg Bush (Republikaner) – keinen Handstreich unternommen, um die Staatsfinanzen sowohl auf Bundesebene wie auf kommunaler Ebene in den Griff zu bekommen. Ganz im Gegenteil: Nach den Milliarden-teuren Kriegen im Irak, Afghanistan, Libyen möchte der erste farbige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika in den nächsten Milliarden Dollar teuren Krieg ziehen: Nach Syrien.

Kaum vorstellbar, dass der syrische Partner Russland das einfach so akzeptieren wird. Deshalb deutet sich schon heute an. Es wird für den Westen mal wieder ein sehr teurer Krieg. Doch Obamas Amtszeit endet ja in drei Jahren. An seinen gigantischen Schuldenhaufen werden Generationen von Amerikanern sich abarbeiten müssen. Da sagen wir doch einfach nur ähnlich der Schlagzeile in der BILD-Zeitung vor wenigen Wochen, als Obama Berlin besuchte: Kiss me Angie und goodbye Mr. President.

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