Schon deutet sich an, dass der Ende der Woche erwartete Bericht zur wirtschaftlichen Situation in der EU, deutlich machen könnte, dass das wirtschaftliche Wachstum Deutschlands im zweiten Quartal 2014 ins Stocken geraten sein könnte. Doch meist gilt: Wenn das Powerhouse Deutschland niest, bekommen andere EU-Staaten Fieber:
So schreibt die New York Times, wonach die Einschätzung "vieler Analysten" bislang zeige, "dass eine nachhaltige Erholung außerhalb der Reichweite" für die EU derzeit liege.
So rechneten Ökonomen damit, wonach der Euro-Block der 18-Nationen im zweiten Quartal 2014 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts lediglich um 0,1 Prozent erreichen könne. Dies entspreche bislang einer jährlichen Gesamt-Wachstumsrate von nur 0,4 Prozent. Bereits in den ersten drei Monaten habe die "Eurozone ein Quartalswachstum von 0,2 Prozent gefristet".
Schon jetzt ist zudem bekannt, wonach das BIP der Eurozone, welches die Statistikbehörde der Europäischen Union, Eurostat, am Donnerstag veröffentlicht, auf Zahlen basiert, welche in die Zeit vor der Ukraine/Russland-Krise reichen. Entsprechend wenig aussagelos sind die Zahlen.
Denn nun hat die EU unter Führung der deutschen Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD einen Wirtschaftskrieg mit Russland angezettelt, welcher darin mündete, dass die Wirtschafts-Sanktionsspirale zwischen der seit 2008 labilen EU-Wirtschaftszone und Russland sich immer schneller zu drehen beginnt. Die einzige, die damit bislang zufrieden ist, ist die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Doch die deutsche Wirtschaft, auch die Gewerkschaften, machen sich Sorgen. Im politischen Spektrum haben sich bislang lediglich Die Linken sowie die AfD (Alternative für Deutschland) gegen einen Wirtschaftskrieg mit Russland ausgesprochen. Ende August ist Landtagswahl in Sachsen. Entsprechen wird mit Spannung diese Testwahl erwartet.
Jedenfalls bestehen nun seit dem 7. August Einfuhrverbote für Obst und Gemüse aus der EU und den USA nach Russland.
Kurz zuvor hatte die deutsche Bundesregierung stolz verkündet, sie heiße die EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland für gut. Darunter sind Konten-Sperrungen von russischen Bürgern, aber auch das Verbot von Finanztransaktionen für russische Banken. Schon sind deshalb mehrere russische Unternehmen - derzeit vor allem aus der Reisebranche - in Konkurs gegangen.
Doch Fakt ist: Eigentlich kann sich die EU eine Wirtschaftssanktions-Spirale gegen Russland gar nicht leisten: Griechenland steht trotz Rettungspakets nach wie vor auf der Kippe. Italien befindet sich seit einem Jahr in der wirtschaftlichen Stagnation und ist sogar dabei, in die Rezession zu fallen.
Doch die meisten Sorgen der internationalen Finanzmärkte gelten Deutschland. Seit Dienstag ist bekannt, dass die Wirtschaftsstimmung in Deutschland massiv zum negativen gekippt ist. So hatte das Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW in Mannheim mitgeteilt, wonach die Stimmung der deutschen Wirtschaft auf dem niedrigsten Stand seit Dezember 2012 sei. Der ZEW-Bericht zog das Fazit, wonach man davon ausgehe, dass die schlechte Wirtschaftsstimmung in Deutschland wohl darauf beruhen könne, dass "die laufenden geopolitischen Spannungen" und die damit verbunden negativen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft der Grund sein könne.
Immerhin macht Deutschland mehr als ein Viertel der Wirtschaftskraft des Euro-Raumes aus. Außerdem finanziert Deutschland jeden fünften Euro des EU-Haushalts - stemmt also netto 20 Prozent des EU-Haushaltes. Dabei verfügt Deutschland aber nur über 13 Prozent der Stimmen im Europaparlament der EU in Straßburg.
Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung teilte bereits am Montag mit, dass der Euroraum an "Wachstumsdynamik verliere". Erschüttert sind Analysten, dass die Prognose für Deutschland vom Juni, welche damals noch relativ positiv klang, nun abermals verschlechtert wurde. Dabei sei "die düstere Stimmung in Deutschland ein Signal, dass die Wachstumsleistung im zweiten Quartal sich plötzlich zu einem unerwünschten Trend" verkehren könne. Dies sagte zumindest Carsten Brzeski, Ökonom bei der ING Group in Brüssel.
Doch ist die EU nicht vom amerikanischen Wirtschaftsraum losgelöst. Vielmehr teilte beispielsweise Stanley Fischer, Vice Chairman der US-Federal Reserve mit, wonach die Europäische Verlangsamung auch negative Auswirkungen auf das Wachstum in den Vereinigten Staaten von Amerika habe. Neben psychologischen Gründen macht Fischer aber auch das ungewöhnlich milde Klima für das Stocken der deutschen Wirtschaft verantwortlich. Gleichzeitig appelliert er daran, dass die Inlandsnachfrage gestärkt werden müsse, da offensichtlich die Wirtschaftssanktionen negative Auswirkungen auf die Exporte nach Russland hätten.
Zwar sei, sagte Fischer, der Anteil der russischen Wirtschaft an der Weltwirtschaft mit nur 3 Prozent relativ klein, dennoch sei es Fakt, dass Russland zu den 10 größten Handelspartnern von Deutschland gehöre, wobei fast 300.000 deutsche Arbeitsplätze vom Export nach Russland abhingen.
Welche Auswirkungen ein Rückgang der Exporte nach Russland haben, das berechnete nun zudem die französische Bank Natixis. Sie sagte, dass ein Export-Rückgang nach Russland von 30 Prozent eine Negativ-Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum von Deutschland von "bescheidenen 0,3 Prozentpunkten" habe.
Dennoch bestätigte mittlerweile auch Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank, wonach die politischen und wirtschaftlichen Spannungen mit der Ukraine und Russland einen "größeren Einfluss auf den Euroraum" habe, als auf andere Teile der Welt:
Erst im zweiten Quartal 2013 hatte die Eurozone voller Stolz berichtet, sie habe die Rezession wieder verlassen. Doch nun holt die von der EU und der deutschen Bundesregierung beschleunigte Wirtschaftskrise mit Russland den Euroraum wieder ein.
Denn nach wie vor sind Länder wie Spanien, Italien, Zypern, Griechenland, Irland oder Portugal nach Beginn der Finanzkrise nicht über den Berg. Sie drücken hohe Zinszahlungen und mangelnde staatliche Interventions-Möglichkeiten in die stockende Wirtschaft. Insgesamt 18 Millionen Menschen sind alleine im Wirtschaftsraum der Euro-Währung bislang arbeitslos.
So sagte denn auch Draghi wonach der Zustand der Eurozone "schwach, zerbrechlich und uneben" sei. Entsprechend korrigierte er die Wachstumsprognosen für die Eurozone auf gerade einmal nur 1 Prozent.