Ausgerechnet, denken nun viele: Denn schon heute dominieren die USA das Internet, das Handygeschäft, das Betriebssystem-Geschäft und bespitzeln mit Hilfe der Stasibehörde NSA (National Security Agency) unter Zuarbeit der Digital-Giganten hunderte Millionen Bürger - oftmals illegal. Jetzt geht also auch noch das Smartphone-Geschäft des mit Nokia einzigen europäischen Weltkonzerns im Mobile Markt in amerikanische Hände.
Die Gründe für den Verkauf der Smartphone-Sparte von Nokia an Microsoft sind undurchsichtig und auch unverständlich. Denn: Mit was möchte denn Nokia dann künftig Umsatz und Gewinn generieren? Nokia steckt seit gut drei Jahren in einer erheblichen Krise und niemand weiß, ob diese Krise das Unternehmen nicht letztlich doch noch vom Markt wegfegt. Der markante Beginn der Nokia-Krise war vor wenigen Jahren die Aufgabe eines wichtigen Nokia-Produktionszentrums in Deutschland und die Verlagerung von einigen hundert Arbeitsplätzen in das Billiglohn-Land der EU, nach Rumänien. Im Nachhinein muss dieser Schritt als klassischer dummer und kurzfristiger Management-Fehler bezeichnet werden.
Denn die Aufgabe der Produktionsstätte in Deutschland hat Nokia nachhaltig massiv im Image in Deutschland beschädigt - Millionen Kunden wendeten sich von Nokia ab. Doch Deutschland gilt weltweit als Kernabsatzmarkt für Mobile Phones. Obendrein konnten die rumänischen Arbeiter nicht belegen, dass sie es besser als die deutschen machten - das rumänische Billigwerk ist mittlerweile geschlossen. Das Management von Nokia, das die Standortverlagerung mit brachialer Gewalt gegen Deutschland durchgesetzt hat, hat sich zwar die Taschen mit Subventionen vollgestopft, aber nur Scherben hinterlassen. Gleichzeitig war es der erste Sargnagel für den einst so stolzen europäischen Weltkonzern. Ob die Verantwortlichen dieser erheblichen Managerfehler noch immer bei Nokia arbeiten - man weiß es nicht.
Noch im Jahr 2011 verfügte Nokia über einen weltweiten Handymarktanteil von 34 Prozent. Dabei wurden mehr als vier Mal so viele Handys von Nokia gekauft, wie iPhones von Apple. Heute gilt Nokia als altbacken und an der Marke klebt immer noch das widerliche Subventions-Abzock-Image. Der Konsument hat durchaus Prinzipien. Den Geruch, dass ein Management EU- oder deutsche Subventionen nutzt, um kurzfristig sich die Taschen vollzustopfen und innerhalb der EU herum zu tricksen ist Gift beim europäischen Käufer.
Während Nokia immer mehr abstürzte, gelang es Microsoft mit zäher Arbeit und Kontinuität langsam im Mobile Phone Markt an Boden zu gewinnen. Mittlerweile konnte Windows Phone nach Angaben des amerikanischen Marktforschungsunternehmen Gartner im zweiten Quartal 2013 zumindest die Verkäufe von Blackberry OS übertrumpfen. Der Marktanteil liegt nun bei - allerdings bei bescheidenen - 3,3 Prozent. Dennoch entspricht dies immerhin dem dritten Platz weltweit nach Android (Marktanteil 79 Prozent) und iOS von Apple (14,2 Prozent).
Für Europa ist das Scheitern im Handymarkt eine Katastrophe. Immer mehr Schlüsseltechnologien sind nicht mehr hier beheimatet. Dass Nokia nicht mehr lange atmen würde, war vielen Technik-Kennern klar. Die vage Hoffnung lautete nur: Vielleicht würde es Nokia doch noch schaffen, sein extrem schlechtes Image als Subventions-Abzocker und Handy-Knochen-Hersteller loszuwerden und an den Jugendkult früherer Tage anzuschließen.
Doch am Niedergang von Nokia ist nicht nur das Management selber schuld. Auch die Massenmedien spielen eine nicht unwichtige Rolle: Während große Tageszeitungen oder Zeitschriften häufig fast schon hysterisch reagieren, wenn es um das Thema "Schleichwerbung" geht, werden Apple-Produkte sogar von der Süddeutschen Zeitung teils prominents auf den ersten Zeitungsseiten bejubelt. Dabei ist Apple obendrein undankbar: Denn es ist nicht gerade bekannt, als dass Apple in den vergangenen Jahren sonderlich viel Marketing-Gelder an ihre Hype-Schreiber - die Massenmedien - zurückgegeben hätte. Apple gilt als ungewöhnlich geizig im Umgang mit Werbeausgaben. Kein anderes vergleichbares reiches Unternehmen bekommt kostenlos eine solche redaktionelle Jubel-Präsenz für neue Produkte wie Apple.
Dass sich der Mobilfunkmarkt massiv verändert, zeigte schon das Jahr 2012 als Google für 12 Milliarden US-Dollar im Handstreich die Mobilfunksparte von Motorola übernahm. Mit Moto x ist nun die erste Gemeinschaftsproduktion von Google und Motorola vorgelegt worden.
Immerhin kann sich bislang als einziges nicht-amerikanisches Unternehmen Samsung im Mobile Phone Markt sehr gut schlagen. Die Galaxy Handys schneiden in Tests oft sogar besser ab als Apples iPhones. Betrieben wird das Samsung Galaxy allerdings von Googles Betriebssystem Android. Was für Auswirkungen das hat, zeigt sich daran, dass die Apps und vieles mehr in der Regel erst dann über den Appstore Google Play heruntergeladen werden können, wenn der Nutzer das Smartphone mit dem Email-Service von Google, Gmail, verbindet. Nicht selten tauscht Gmail automatisch und oft auch unerwünscht sämtliche Email-Kontakte und teils sogar Fotos vom PC auf das Handy und umgekehrt.
Für Microsoft ist es jedenfalls ein überfälliger Schritt, sich nun einen Mobile Phone Hersteller einzuverleiben. Unlängst hatte sogar Steve Ballmer, der langjährige und legendäre Microsoft-Chef, seinen Rücktritt bekannt gegeben. Ihm sagen viele zu wenig unternehmerisches Talent und Gespür nach.
Mangelnde Visionen sind oftmals der Untergang unternehmerischer Weltreiche. Davon ist zwar Microsoft noch sehr weit entfernt, aber als undenkbar wird das auch nicht mehr angesehen, wenn es nicht gelingt, das Unternehmen viel stärker als bislang auf neue Technologien und Nutzergewohnheiten einzuschwören. Denn die Absätze der Personal PCs geht weiter weltweit zurück und im Industriebereich hat der deutsche Konkurrent SAP die Nase vorne.
Ob nun die Tablet-PC-Sparte von Microsoft, Surface Pro, um eine Handymarke ähnlichen Namens erweitern wird, ist noch nicht klar, dürfte aber wahrscheinlich sein. Allerdings läuft das Geschäft mit Tablet-PCs bislang bei Microsoft auch eher schleppend. So mussten im abgelaufenen Geschäftsjahr 2012 / 2013 insgesamt 900 Millionen US-Dollar abgeschrieben werden.
Bislang ist die Smartphone-Sparte von Nokia als Lumia bekannt. Dabei heißt es, wonach Nokia pro verkauften Lumia circa 40 US-Dollar Bruttogewinn verdient habe. Davon gingen schon bislang 10 US-Dollar Lizenzgebühren an Microsoft, da das Unternehmen das Nokia Lumia mit dem Betriebssystem Windows Phones ausgestattet. Das kürzlich in den Handel gelangte neue Nokia Lumia 1020 gilt derzeit als Flaggschaff der Finnen. Dank innovativer Kameratechnologie sowie einer kostenloser Offline-Navigation soll es zu einer deutlichen Konkurrenz für Apples iPhone und Samsungs Galaxy-Sparte weltweit werden. Gut möglich, dass dieses nun mit Microsofts Finanzmacht und Marketing-Knowhow gelingt.
Mit dem Kaufpreis von 7,2 Milliarden US-Dollar für die Smartphone-Sparte von Nokia überweist der Gigant im Bereich der Computer-Betriebssystem gleichzeitig 2,18 Milliarden US-Dollar für 40.000 wichtige Nokia-Patente. Patente gelten als wichtige langfristige Einnahmemöglichkeit.
Schon bislang gab es auch auf Managementebene intensive Berührungskontakte zwischen Microsoft und Nokia. So war der seit 2010 amtierende Nokia-CEO Stephen Elop noch im Januar 2008 Präsident von Microsofts Geschäftskunden-Abteilung. Ob Elop der mögliche Nachfolger von Steve Ballmer wird, ist bislang nicht bekannt. Doch Marktbeobachter schließen dieses eher aus, da Elop es bislang nicht einmal gelang, Nokia in die neuen Zeiten zu führen.