Artikel 13: Netzaktivisten sehen Meinungsfreiheit in Gefahr

mp - Das Europaparlament möchte allen Online-Plattformen einen „Upload-Filter“ vorschreiben. Damit sollen Inhalte vor Veröffentlichung auf urheberechtliche Verstöße überprüft werden. Kritiker befürchten hingegen eine Zensurmaschine für das Internet.

Lefloid regt sich über die EU auf. (Bild: Screenshot YouTube)

Blogger, Youtuber und Netzaktivisten schlagen Alarm. Die EU plane, so der Vorwurf, durch die Hintertür eine Art Internet-Zensurgesetz einzuführen. Hauptkritikpunkt, den die Netzgemeinde anbringt, ist der sogenannte Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsreform. Am 20. Juni hat der Rechtsausschuss der EU bereits für die Reform votiert. Im Juli erfolgt eine weitere Abstimmung im Plenum darüber, ob das Parlament mit den EU-Staaten in Verhandlung tritt. [1]

Paradigmenwechsel im Google-Versum

Der umstrittene Artikel 13 hat für Plattformbetreiber wie Twitter, Facebook, Google oder Youtube weitreichende Folgen. Man kann hier sogar von einem Paradigmenwechsel sprechen. Waren bei Urheberrechtsverstößen bislang die Nutzer selbst rechtlich zu belangen, will die EU nun die Verantwortung auf die Plattformbetreiber abwälzen.

Bei der Masse an Uploads ist eine individuelle Überprüfung der Inhalte hinsichtlich Urheberrechtsverletzungen allerdings kaum möglich. Aus diesem Grund sollen sogenannte Upload-Filter zum Einsatz kommen. Diese vorgeschalteten Algorithmen könnten angeblich jede hochgeladene Datei auf urheberrechtlich geschütztes Material überprüfen. Das Programm greife hierzu auf eine Datenbank zurück, die neben Bildern, Sound-Clips und Videos auch Zitate und Code-Material enthalten würde. [2]

EU stellt Nutzer unter Generalverdacht

Nach den Vorstellungen der Brüsseler Bürokraten soll die Erkennung urheberrechtlich relevanter Inhalte vollkommen automatisch erfolgen. Würde ein eventueller Verstoß festgestellt werden, sollen die Plattformbetreiber die Veröffentlichung verhindern. Inwieweit das mit dem Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit vereinbar ist, bleibt offen.

Zahlreiche Internet-Kenner merken jedoch an, dass die aktuelle Technik gar nicht in der Lage sei, zwischen Graubereichen wie Satire und tatsächlicher Urheberrechtsverletzung zu unterscheiden. Demnach könnten auch von der Meinungsfreiheit gedeckte Inhalte von der Zensurmaschine für unzulässig erklärt werden. [3]

Der Gesetzesentwurf bedeutet gleichzeitig das Ende der Unschuldsvermutung für Plattformbetreiber und Internetnutzer. Schließlich sollen nach den Vorstellungen der EU alle hochgeladenen Inhalte auf Verstöße überprüft werden. Damit stellen die Brüsseler Behörden jeden Internetnutzer unter Generalverdacht.

#fckart13: Petition gegen „Zensurgesetz“ gestartet

Sind entsprechende Vorab-Filter einmal installiert, lassen sich diese um bestimmte Inhalte beliebig erweitern und politisch missbrauchen. Netzaktivisten befürchten sogar ein „Orwell’sches Szenario à la ‚1984‘“, wenn der Gesetzesentwurf umgesetzt würde. Die Organisation „Save the Internet“ startete aus diesem Grund bereits eine Petition. Darin fordern sie die EU-Politiker auf, „gegen die Urheberechtsreform im digitalen Binnenmarkt“ zu stimmen. [4];[5]

Unterstützt wird die Initiative von zahlreichen Bloggern und YouTube-Stars. LeFloid, einer der bekanntesten deutschen Influencer auf der Videoplattform mit mehr als 3,1 Millionen Abonnenten, nutzt beispielsweise seine riesige Fangemeinde, um gegen die EU-Reform mobil zu machen [6]. Er selbst spricht in seinem Video von einer „Öffnung der Internetzensur“ durch Artikel 13. Die geplante Reform würde das Internet in einer Art und Weise einschränken, „wie wir es in unseren schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen könnten“. Unter dem Hashtag #fckart13 gehen außerdem zahlreiche Twitter-Nutzer in den Protest.

Die Petition von „Save The Internet“ scheint immerhin großen Anklang in der Community zu finden. Innerhalb von drei Tagen haben bereits rund 340.000 Personen an der Aktion teilgenommen (Stand: 21. Juni 2018, 14:30 Uhr). Wer sich ebenfalls an der Petition beteiligen möchte, kann dies unter folgendem Link tun: https://www.change.org/p/stoppt-die-zensurmaschine-rettet-das-internet-uploadfilter

Quellen:

[1] “EU takes first step in passing controversial copyright law that could ‘censor the internet’” von James Vincent, in: theverge.com vom 20. Juni 2018, Abruf am 21. Juni 2018.

[2] “EU Committee Approves New Rules That Could Destroy ‘The Internet As We Know it’” von Andrew Griffin, in: Independent.co.uk vom 20. Juni 2018, Abruf am 21. Juni 2018.

[3] “Diese Upload-Filter wären regelrechte Zensurmaschine“ von Simon Hurz, in: sueddeutsche.de vom 20. Juni 2018, Abruf am 21. Juni 2018.

[4] “Stop the censorship-machinery! Save the Internet!” Von savetheinternet.info, in: change.org vom 15. Juni 2018, Abruf am 21. Juni 2018.

[5] “Save The Internet”, in: savetheinternet.info, Abruf am 21. Juni 2018.

[6] „Wehrt euch! Stoppt Artikel 13! Heute!“ von LeFloid, in: youtube.com vom 18. Juni 2018, Abruf am 21. Juni 2018.

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