Nach Todescrash mit Tesla Autopilot untersagt Verkehrsminister den Begriff für Tesla-Werbung

Amerikaner sind nicht gerade dafür bekannt, dass sie gute Autos bauen. Mit Tesla kommt erstmals ein Autobauer auf den Markt, der sich anschickt, dieses Image zu ändern. Doch jetzt das: Ein Autofahrer starb in Florida, da er sich auf den Tesla Autopiloten verlassen hatte.

pixabay.com / CC0 Public Domain
Ist der Tesla-Autopilot gar kein Autopilot?

Der Todes-Tesla war im Autopilot-Modus frontal in einen LKW gefahren, der Fahrer verstarb. Er soll sich während der Autopilotenfahrt des Ami-Schlittens eine DVD angeschaut haben. Auch in China soll es einen Crash mit einem Tesla-Autopiloten gegeben haben.

Das Problem packt nun der deutsche Bundesverkehrsminister an der Wurzel: Laut einem Bericht in der Bild am Sonntag habe Alexander Dobrindt in einem Brief an Tesla gefordert, der US-Elektroautobauer solle es ab sofort unterlassen, zu werben, sein Auto verfüge über einen Autopiloten. Fakt sei, dass dieses nicht richtig sei. Richtig sei vielmehr, dass Tesla lediglich über einen Fahr-Assistenten verfüge. Mehr nicht. Deshalb sei "Autopilot" eine nicht zulässige irreführende und gefährliche Werbung.

Dobrindt soll in seinem Brief an Tesla gefordert haben, dass, "um Missverständnisse zu verhindern", Tesla "die irreführende Bezeichnung" Autopilot in der Werbung nicht mehr verwende und statt dessen lediglich von einem Fahrerassistenzprogramm spreche, das aber stets die volle Aufmerksamkeit des Fahrers verlange.

Die Reaktion von Tesla ließ nicht lange auf sich warten. So wird eine Tesla-Sprecherin mit den Worten zitiert: Der Autopilot von Tesla sei nichts anderes als ein Autopilot, wie er auch in Flugzeugen seit Jahrzenten benutzt werde. Jedem sei klar, dass es sich dabei lediglich um ein Support-System handele und nicht um mehr.

Versteht wirklich jeder Fahrer, dass ein Autopilot kein Autopilot ist?

Jedem? Dem US-Fahrer, der mit dem Tesla-Autopiloten umkam, scheinbar nicht. Und einigen anderen, die mit dem Autopiloten in Crashs verwickelt gewesen sein sollen, offenbar auch nicht.

Netz-trends.de schaute nach, was eigentlich die Definition von Autopilot ist. Wikipedia schreibt beispielsweise zum Begriff "Autopilot":

"Als Autopilot wird eine automatische, üblicherweise programmierbare Steuerungsanlage bezeichnet, welche Fortbewegungsmittel auf Wunsch automatisch lenkt, ohne dass Menschen, während der Autopilot aktiv ist, in die Steuerung eingreifen müssen. In der Regel handelt es sich um einen Computer, der Umgebungsinformationen von den Instrumenten des Fortbewegungsmittels verarbeitet, um zu ermitteln, wie das Fortbewegungsmittel gesteuert werden soll. Falls es zu Schwierigkeiten kommen sollte, werden optische oder akustische Warnsignale abgegeben."

Die amerikanische Flugaufsichtsbehörde Federal Aviation Administration (FAA) weist in einem umfangreichen Dokument aus dem Jahr 1994 darauf hin, dass Autopiloten in Flugzeugen in der Regel nicht unter einer Höhe von 500 Metern benutzt werden dürfen:

"Es gibt jetzt Ausnahmen von den generellen Verbots-Vorschriften, den Autopiloten in Höhen von weniger als 500 Meter über dem Bodenniveau während der Start- und Steigflugphase des Fluges zu verwenden" (Federal Aviation Administration Aviation Rulemaking Advisory Committee Air Carrier Operations Issue Area, Autopilot Engagement Requirements Working Group, Task 1 – Criteria for Autopilot Engagement“, 1991, 1994, Seiten 15 ff und 37 ff).

Erlaubt sei der Autopilot bei Höhen von unter 500 Metern im amerikanischen Luftraum nur, wenn vorab eine schriftliche Genehmigung dazu eingeholt worden sei, aus der hervorgehe, dass der Autopilot auch unterhalb der 500 Meter genutzt werden darf, um zur Verbesserung des Autopiloten beizutragen.

Das heißt nichts anderes, als dass Flug-Autopiloten im amerikanischen Luftraum lediglich zu Testzwecken unterhalb der Flughöhe von 500 Meter Anwendung finden dürfen. Ansonsten gelte die Regel des Airplane Flight Manual (AFM), also des manuell gesteuerten Fluges über einen menschlichen Piloten.

Die Federal Aviation Administration sagte 1994, Flug-Autopiloten dürfen nur über 500 Meter über dem Boden genutzt werden

Einen Autopiloten umschrieb die Federal Aviation Administration 1994 zudem mit den Worten:

"Der Autopilot ist ein Flugzeugsystem mit zugehörigen Sensoren, der so konstruiert ist, dass dieses eine automatische Steuerung der Teilung, des Rollwinkels und bestimmter Distanzen in einer bestimmten Achse eines Flugzeugs ermöglicht. Zu den Automatischen Flugleitsystemen (AFGS) gehören beispielsweise (Flug)-Autopiloten, Autothrottles, Displays und Steuerungen, die so miteinander verbunden sind, dass die Besatzung automatisch die seitliche und vertikale Flugbahn des Flugzeugs steuert."

In einer aktuelleren Definition aus dem Jahr 2009 weist die Federal Aviation Administration zudem darauf hin, dass unter Autopilot für ein Flugzeug das folgende zu verstehen sei:

"Ein Autopilot ist in der Lage, automatisch das Flugzeug zu steuern und zwar entlang der Route, welche in den Systemen eingegeben wurde. Fortschrittliche avionics bieten zahlreiche Funktionen und ersetzen den Navigator und Piloten in fast allen Vorgängen" (Verweis: "Advanced Avionics Handbook", Herausgeber U.S. Department of Transportation / Federal Aviation Administration, Flights Standards Service, 2009, S. 13).

Jedoch weist die amerikanische Flugaufsichtsbehörde 2009 auch darauf hin, dass gerade auf Grund der großen Verantwortung von Piloten in Verkehrsflugzeugen, diese stets in den Prozess des Autopiloten eingreifen können müssten. Dies sei vor allem deshalb zwingend notwendig, da Fehler des Flug-Autopiloten nie ausgeschlossen werden könnten.

Gelten dürfte aber auch dies: Autopilot-Systeme in Flugzeuge sind immer auf zwei Flugzeugführer ausgerichtet – auf den Piloten und seinen Copiloten. Zudem, auch darauf weist die Federal Aviation Administration in ihrem umfangreichen Flugleitfaden hin, dürften Autopiloten nur nach ausführlicher Schulung durch Piloten überhaupt genutzt werden:

"Piloten, die moderne fortschrittliche Flugzeug-Autopiloten nutzen, müssen in der Praxis lernen mit Backup-Übungen ihre Kenntnisse und Flugführer-Eigenschaften zu behalten." Die modernen Autopiloten würden zwar einen Großteil der täglichen Flüge abnehmen, würden aber "eine anfängliche und wiederkehrende Ausbildung" verlangen, "um die Fähigkeiten und Kenntnisse zu erlangen, die erforderlich sind, um angemessen bei Ausfällen und Notfällen reagieren zu können" (Verweis: "Advanced Avionics Handbook", Herausgeber U.S. Department of Transportation / Federal Aviation Administration, Flights Standards Service, 2009, S. 13).

Macht sich Tesla über die deutsche Kritik lustig?

Das scheint Tesla nicht verstanden zu haben. So zitiert der US-Blog arstechnica.com eine Tesla-Sprecherin mit den Worten, wonach Tesla wisse, dass Tesla-Fahrer wüssten, wie ein Autopilot anzuwenden sei – also scheinbar auch ohne extra Fahrtraining und wiederkehrende Übung und.

So sagte die Tesla-Sprecherin gegenüber Ars: "Teslas Autopilot funktioniert in Verbindung mit dem menschlichen Fahrer, um das Fahren sicherer und weniger belastend zu machen. Auf dieser Basis wird der Begriff (Autopilot) seit Jahrzehnten in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt: Um ein unterstützendes System anzubieten, das unter der direkten Aufsicht eines menschlichen Piloten operiert. Wir sind mit unseren Kunden immer überein, dass Autopilot ein Fahrerassistenzsystem ist, das die Aufmerksamkeit des Fahrers zu allen Zeiten benötigt, ähnlich wie Fahrerassistenzsysteme von anderen Herstellern. "

Übersetzt heißt dies, dass Tesla keine Irreführung im Begriff Autopilot sieht und scheinbar keine extra Schulung für notwendig erachtet – trotz des tödlichen Unfalls in Floridas und einiger anderer Tesla-Unfälle.

Tesla erhält Unterstützung durch die in Washington ansässige Verkehrssicherheitsbehörde, die "U.S. Department of Transportation National Highway Traffic Safety Administration" (NHTSA).

So teilte diese mit, es sei verständlich, wenn die Autoindustrie bereits Fahrassistenzsysteme einsetze und dafür werbe, da diese nicht warten könne, bis die Systeme perfekt seien. Vielmehr könne man darauf verweisen, dass Fahrassistenzsysteme bereits Menschen das Leben gerettet hätten.

Dass Tesla die Kritik des deutschen Bundesverkehrsministers nicht gerade hoch gewichtet, zeigt ein weiteres Statement, welches arstechnica.com am Montag veröffentlichte. So sagte Tesla gegenüber dem Blog angesichts der Kritik aus Deutschland:

"Wir haben großes Vertrauen in unsere deutschen Kunden und haben noch nie gehört, dass jemand den Begriff (Autopilot) missverstanden hat. Wir würden aber gerne eine Umfrage durchführen, um das beurteilen zu können. Der Vorwurf vom Kraftfahrzeugbundesamt KBA scheint besonders ironisch zu sein angesichts der Tatsache der deutschen Autobahnen. Glauben sie, dass das deutsche Volk das auch falsch versteht?"

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