Vor allem treibt die Kinoindustrie die Sorge um, dass sie jährlich Milliarden Euro aufwende, um neueste Blockbuster zu produzieren, und dieses durch heimliches Abfilmen von Blockbustern beispielsweise durch Google Glass in Kinos untergraben werde. Durch heimliche Kinofilm-Aufzeichnungen würde die Refinanzierung von Kinoprojekten massiv geschädigt:
Neben den Einnahmeverlusten aus dem Verkauf von Kinotickets kämen noch erhebliche geschäftsschädigende Auswirkungen auf den Verkauf von Videos oder den Anbietern von offiziellen paid-content-Webseiten im Internet.
Diese Argumente sind zwar seit bald 20 Jahren Dauerbrenner in der Auseinandersetzung zwischen Filmschaffenden und der Internetszene, doch bekommt sie durch die weitere Ausbreitung kleinster Videokameras, wie sie in Google Glass, also der Google Brille, aber auch teils in Autoschlüsseln eingebaut sind, eine neue Qualität.
Denn, so die Angst der Kinoindustrie und des gesamten sonstigen Hollywood-Apparats, könnten Dank Produkten wie Google Glass Urheberrechtsverletzungen ein Massenphänomen werden. Man sagt einfach "Google Glass filme" und schon beginnt die heimliche Kinofilm-Aufzeichnung.
Jedenfalls teilten nun gleich zwei mächtige und einflussreiche US-Organisationen mit, sie lehnten grundsätzlich Google Glass in Kinos ab. Zum einen wäre da die berühmte "The Motion Picture Association of America" (MPAA; Künstler-Gewerkschaft) und zum anderen die "National Association of Theatre Owners" (Organisation der Kinobesitzer).
Beide erklärten am Mittwoch in den USA, wonach sie das Tragen von Google Glass in Kinos nicht nur ablehnen würden, sondern konkret verbieten würden. Man sehe eine erhebliche Verletzung von Urheberrechten durch heimliche Google Glass-Aufnahmen, erklärten die beiden Kino-Lobbyisten.
Dabei zeichnen auf Wunsch Google Brillen nicht nur heimlich Videos auf: Durch eine ständige Connection mit WiFi-Punkten (wireless-lan) können diese parallel ins Internet gestellt werden. Verführerisch dürfte für viele Nutzer sein, im Kino gesehene und heimlich mitgeschnittene Filme gleich mal auf seinem Facebook-Profil, auf Lokalisten.de, Twitter oder StudiVZ zu posten. Vor allem junge Nutzer, die hier möglicherweise mit einer gewissen Naivität darangehen, dürften solche Dinge teuer zu stehen kommen: Schnell können dafür bis zu 1000 Euro oder mehr fällig werden.
Auch wer nicht wusste, was bei 14- bis 21-Jährigen durchaus vorkommen kann, dass die Verbreitung von heimlich in Kinosälen mitgeschnittenen Filmen auch auf dem eigenen Profil auf Facebook, StudiVZ oder Lokalisten.de illegal ist, darf keinesfalls auf Kulanz der mächtigen Kinoindustrie hoffen:
Sie beschäftigt Heerscharen von knallharten Rechtsanwaltskanzleien. Diese wiederum verdienen mit dem Auffinden von heimlich irgendwo geposteten Kinofilmen durch das Versendungen von kostenpflichtigen Abmahnungen an die Urheber alleine in Deutschland nach Schätzungen jährlich um die 500 Millionen Euro.
Möglich ist das Auffinden von Nutzern durch die IP-Nummern, welche jeder Computer hat. Bei Profilen auf Facebook, StudiVZ oder Lokalisten.de ist es noch einfacher, wobei auch ein Nickname nicht schützt. Denn Gerichte verhelfen den Anwaltskanzleien, zur jeweiligen IP-Nummer den Namen und die Adresse der Anschlussinhaber des jeweiligen Computers ausfindig zu machen.
Für das digitale Auffinden von illegal geposteten Inhalten setzen die von der Kinoindustrie beauftragten Rechtsanwaltskanzleien modernste Scanner ein, welche stündlich das Netz nach Content, der digital und heimlich irgendwo eingestellt wurde, durchsuchen.
Medienclipping-Dienste wie Landau, Cision, Bluereport, Mitschnitt, Meltwater, Observer (Österreich, Schweiz) oder Businesswire sind auf solche Dinge spezialisiert. Sie liefern täglich ein oder mehrmals automatisch abfotografierte Belege, in der Regel per PDF-Zusammenfassung, an die Kanzleien oder sonstige Auftraggeber. Dabei werden längst auch sämtliche Social Media Einträge durch solche Dienst mit überwacht.
Rechtsanwaltskanzleien oder Unternehmen lassen sich Medienclippingdienste alleine für den Beobachtungsraum Deutschland teils bis zu 70.000 Euro und mehr im Jahr kosten. Die Preise variieren dabei, abhängig von der Anzahl der zu suchenden Keywords, also Stichworte.
Der neuerliche Versuch der "The Motion Picture Association of America" (MPAA) und der "National Association of Theatre Owners" läuft in den USA wie bislang unter dem Schlagwort, verhindert "Diebstahl" ("anti-theft policy").
Erst kürzlich erklärte die MPAA, wonach die Kinoindustrie nach wie vor viele Milliarden Dollar dadurch verliere, dass heimlich Filme im Kino mitgeschnitten würden und dann ins Internet gestellt würden oder anderweitig vertrieben würden. Die Rede ist von "piracy", also Piratentum.
Deshalb, erklärte die MPAA, bleibe man dabei, wonach man eine Null-Toleranz-Schwelle in Bezug auf Diebstahl von Filmen aus Kinosälen habe. Unter Strafe - und zwar unter gesetzlicher - steht in den USA, auch in Deutschland, jegliches Mitschneiden von fremdem Filmeigentum in Kinosälen und die anschließende digitale Verbreitung beispielsweise im Internet. Lediglich TV-Filme dürfen auch in den USA per Videorekorder mitgeschnitten werden, sofern sie anschließend privat angeschaut werden und sie privat nicht außerhalb des privatesten Umfeldes verbreitet werden:
In den USA ist auch die filmische Nutzung von Handys, vor allem Smartphones, in Kinosälen verboten. Bislang hat sich die Google Inc. zu dem Verbot von Google Glass in Kinosälen noch nicht geäußert.
Doch es drohen weitere Verbote des Tragens von Produkten wie Google Glass: In Gerichtssälen, in Saunas oder sonstigen Wellness-Einrichtungen, in Sporteinrichtungen, Restaurants, Bars, den Schulen, Fachhochschulen oder Universitäten.