CSU: Mindestlohn von 1.500 Euro im Monat zu hoch für alle Unternehmen

Denn was vergessen wird: Ein Mindestlohn für alle in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde entspricht einem monatlichen Mindestlohn von 1.500 Euro brutto (zur Erinnerung: Das sind 3.000 Deutsche Mark!) oder einem jährlichen Mindestgehalt von rund 18.000 Euro (36.000 Deutsche Mark!). Doch viele Betriebe in strukturschwachen Regionen oder in Branchen mit einem hohen Wettbewerb können sich das - gerade für einfachere Tätigkeiten - nicht leisten. Denn auch 1.500 Euro (3.000 Deutsche Mark) im Monat müssen erst einmal eingespielt werden können.

Foto: BVDA, Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter
Der Mindestlohn wird auch das Kulturgut Zeitung weiter in Bedrängnis bringen. Noch gibt es in Deutschland neben rund 136 Tageszeitungs-Einheiten rund 1.200 regionale kostenlose Wochenzeitungen, bekannt auch als Anzeigenzeitungen oder Anzeigenblätter.

Hohe Vertreter der CSU erklären, wonach ein Mindestlohn von 8,50 Euro für alle Bürger - egal ob Praktikant oder 20-Jährige unerfahrene Studentische Hilfskraft, ob Zeitungsausträger oder Friseur im abgelegenen Provinznest - falsch sei. Damit hat sie Recht.

Auch in der Internetbranche können viele Unternehmen, wozu Netz-Trends.de gehört, einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde nicht bezahlen, da die meisten Mitarbeiter bewusst zu deutlich niedrigeren Konditionen arbeiten, um ein Internetunternehmen überhaupt aufbauen zu können. Netz-Trends macht beispielsweise nur 200 bis 400 Euro Umsatz im Monat.

Ein weiteres Beispiel: Die Gründer eines der größten Arbeitgebers in Ostdeutschland haben in den ersten zwei Jahren sich nur einen Lohn von 500 Euro im Monat gegönnt und alles andere Geld in das Unternehmen reinvestiert, damit es wachsen konnte.

Mit Ihrem "Nein zum Mindestlohn für alle" hat die CSU Recht und die Partei zeigt einmal mehr, warum es so wichtig ist, dass es die CSU auf Bundesebene noch gibt. Gleichzeitig zeigt die SPD mit ihrem sturen sozialistischen "Ja" zum "Mindestlohn für alle", dass sie sich nicht bewusst ist, wie schwierig es für tausende Betriebe in Deutschland ist, sich überhaupt noch über Wasser halten zu können und wie wichtig es ist, dass auch die Einführung eines Mindestlohnes nicht per Gießkannenprinzip beschlossen wird, sondern unter Involvierung der Vertreter unterschiedlichster Branchen - sowohl der Arbeitgeber-Vertreter wie der Arbeitnehmer-Vertreter.

Dabei wird gerne vergessen: Arbeitnehmer sind auch Abteilungsleiter oder Bereichsleiter. Sie können zwar Personal einstellen oder entlassen, können aber in ihrer Funktion als angestellte Arbeitnehmer entsprechend differenziert beurteilen, ob ein Betrieb einen recht hohen Mindestlohn von 8,50 Euro sich leisten kann oder nicht.

Ein weiteres Beispiel, warum ein Mindestlohn für alle Unsinn ist: In Leipzig zum Beispiel müssen für zahlreiche Studiengänge Zwangs-Praktika absolviert werden. Diese dauern in der Regel zwischen 2 und 6 Monaten. In Leipzig gibt es aber längst nicht so viele qualifizierte Praktikantenstellen, wie es Nachfrage gibt.

Ein Praktikant ist ein Praktikant ist ein Praktikant - und kein fester normaler Mitarbeiter

Das ostdeutsche Internetunternehmen Unister zahlt beispielsweise im Schnitt 400 Euro im Monat für einen Praktikantenplatz, die Axel Springer AG hatte aber jahrelang - beispielsweise für Redaktionspraktikas - gar nichts bezahlt. Ein Grundlohn von rund 450 Euro wurde hingegen Ende der 1990er Jahre immerhin von der Süddeutschen Zeitung für Praktikanten in den Redaktionen bezahlt. Doch viele Unternehmen können schlicht einen höheren Lohn als 400 Euro für Personen, die nur mal eben für wenige Wochen den Berufsalltag erschnuppern, gar nicht bezahlen.

So werden bereits heute Praktikantenstellen häufig, wie andere Stellen in Unternehmen, offiziell als "Stelle" oder "Arbeitsplatz" von den Geschäftsführungen oder Bereichsleitungen genehmigt oder abgelehnt.

Dabei ist nicht nur der reine Lohn zu sehen, sondern auch die Kosten für die Einrichtung und Erhaltung eines Arbeitsplatzes - also Kosten für den Computer, Strom, Schreibtisch, Miete oder die Eigengebäude-Nutzung.

Im Schnitt schlägt betriebswirtschaftlich ein Arbeitsplatz mit rund 450 Euro pro Person und im Monat zu Buche - mindestens. Das heißt für das Rechenbeispiel: Auch ein Praktikant oder eine Aushilfe kostet den Betrieb schon heute ohne einen Mindestlohn von 8,50 Euro fast 1.000 Euro im Monat. Doch die wenigsten Praktikanten, ja selbst die wenigsten Aushilfskräfte, spielen dieses Geld dem Betrieb auch wieder ein - 1.000 Euro im Monat sind immerhin 12.000 Euro im Jahr.

"Wir geben gerne Praktikanten die Chance erste Arbeitserfahrungen zu sammeln und nehmen dabei in Kauf, dass sie nur zwei oder drei Monate bei uns sind und wir damit nicht wirklich langfristig etwas als Unternehmen davon haben", sagt beispielsweise ein Bereichsleiter eines großen Arbeitgebers aus Berlin.

Jahrelang behaupteten Medien, es würde nun die "Generation Praktikum" heranwachsen - also gewissermaßen ein Praktikant aus der Uni in Dauerschleife. Doch das ist seit Jahren Geschichte: Rechtlich gesehen geht ein Dauerpraktikum nach dem Studium längst nicht mehr, da spätestens nach dem zweiten Jahr das Unternehmen Gefahr laufen würde, dass sich der Praktikant einklagt.

Zudem: Die wenigsten Unternehmen würden länger als über sechs Monate einen Praktikanten beschäftigen, denn den meisten geht es darum mit qualifiziertem Personal ein Maximum an Output zu generieren. Ein Dauerpraktikant gehört aber in der Regel nicht zu den Top-Überfliegern...

Zeitungsausträger sind Bestandteil eines Kulturguts - nämlich der Zeitung

Ein weiteres Beispiel, warum ein Mindestlohn für Alle betriebswirtschaftlich für viele Unternehmen nicht tragbar ist. "Würden in Dresden alle Friseure einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde bezahlen - was einem Bruttolohn von 1.500 Euro im Monat oder 18.000 Euro im Jahr entspräche - würde das für viele Betriebe das Aus bedeuten", erklärt eine Inhaberin eines Friseursalons.

Ihre Rechnung: Um einen jährlichen Mindestlohn von 18.000 wieder hereinzubekommen, müsste ein Friseurbetrieb, der beispielsweise eine Frisur zu 12 Euro pro Person anbietet, was in Ostdeutschland keine Seltenheit sei, pro angestelltem Friseur im Jahr mindestens 1.500 Kunden akquirieren können. "Doch das ist völlig illusorisch", meint die Inhaberin eines Friseur-Salons in Dresden.

Auch die Zeitungsbranche steht mit dem Rücken zur Wand: Eine große Zeitungsgruppe aus Nordrhein-Westfalen beschäftigt beispielsweise täglich 6.500 Zeitungsausträger. Jeder Zeitungsausträger ist im Schnitt 4 Stunden unterwegs. Bislang bezahlt die Zeitungsgruppe einen Mindestlohn pro Stunde zwischen 5,50 Euro und 6,50 Euro für das morgendliche Zeitungsaustragen. Müsste sie nun auch nur einen Euro mehr pro Stunde bezahlen, würde das gesamte betriebswirtschaftliche Modell der Zeitungsgruppe im Vertrieb mit Zeitungen ins Schwanken geraten.

Bei durchschnittlich 4 Stunden pro Zeitungsträger wäre das am Tag ein Mehrlohn von 4 Euro, in der Woche wäre es aber schon ein Mehrlohn (6 Tage Zeitungsaustragen) von 24 Euro, im Monat von 96 Euro, im Jahr von 1. 296Euro - pro Zeitungsausträger. Da die Zeitungsgruppe aber 6.500 Zeitungsausträger beschäftigt, würde die SPD dem Unternehmen so eine Mehrbelastung (ohne Lohnnebenkosten - die entsprechen rund 24% on top) von 8,4 Millionen Euro im Jahr aufbürden. Wären es aber 2 Euro mehr pro Stunde, würde dieser Kostenblock schon auf rund 17 Millionen Euro im Jahr für den Zeitungsverlag anwachsen.

"Wer Mindestlohn für alle sagt, muss auch Mindestrente sagen und Mindest-Arbeitslosenhilfe, die über dem HartzIV-Satz liegt

"Da wir überwiegend Rentner oder andere Aushilfen beschäftigen, die im Nebenjob Zeitungen austragen, und wir seit Jahren zurückgehende Auflagenzahlen im Zeitungsverkauf haben, geht das rein betriebswirtschaftlich schlicht nicht", beklagt ein Zeitungsverleger gegenüber Netz-Trends. Und weiter: "Ein Kulturgut wie eine Tageszeitung, ja selbst eine kostenlose Anzeigenzeitung oder regionale kostenlose Wochenzeitung, kann im digitalen Zeitalter mit so einem hohen Mindestlohn von generell 8,50 Euro nicht bestehen".

Geht das Zeitungssterben weiter, freut sich vor allem einer: Google. Schon heute nimmt der amerikanische Milliardenkonzern gut ein Drittel aller weltweiten Online-Werbeeinnahmen nach Schätzungen ein. In Deutschland dürfte der Anteil noch höher liegen.

Noch ein Argument, das einem generellen branchenübergreifenden und tätigkeitsübergreifenden Mindestlohn entgegensteht: Die durchschnittlich in Deutschland ausbezahlte Rente liegt für die 19 Millionen deutschen Rentner bei 700 Euro im Monat pro Kopf. Wer ja zu einem Mindestlohn für alle sagt, der muss auch ja zu einer Mindestrente für alle sagen - sprich: Mindestens 1.000 Euro im Monat, was der Forderung der LINKEN, aber auch des Gründers des Drogeriemarktes dm, Götz Werner, entspräche.

In diesem Zusammenhang müsste dann auch die mickrige menschenunwürdige Arbeitslosenhilfe für Personen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, auf den Diskussions-Tisch: HartzIV. Denn früher betrug die Arbeitslosenhilfe für Personen die länger als ein Jahr arbeitslos sind (was gerade für Menschen ab 50 Jahren schnell der Fall sein kann), immerhin noch 50% des ehemaligen monatlichen Netto-Einkommens. Heute erhalten Millionen arbeitslose Menschen nur noch 370 Euro im Monat im Rahmen von HartzIV. Wo ist da die sozial verträgliche "Mindesthilfe" liebe SPD aber auch liebe CDU???

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