Energiemarkt Flexstrom ist insolvent / Schlechte Zahlungsmoral und Oligopolstrukturen im deutschen Versorgungsmarkt seien Schuld

Der Berliner Billigstromanbieter Flexstrom ist insolvent. Das Unternehmen teilte mit, man sei "profitabel aber nicht mehr liquide". Das ist innerhalb von nur zwei Jahren die zweite große Strompleite in Deutschland. Insgesamt habe Flexstrom rund 500.000 Kunden. Was nun mit deren Geld passiert, das bereits einbezahlt wurde, ist noch nicht klar. Bereits seit Wochen gab es Gerüchte rund um die Liquidität von Flexstrom. Vor allem in Finanzrechnern auf Onlineportalen war Flexstrom mit seinen Marken - darunter Löwenzahn - stets auf den vordersten Plätzen platziert. Flexstrom nennt als Grund für die Insolvenz mangelnden Wettbewerb und nach wie vor bestehende Oligopolstrukturen im deutschen Energie-Versorgungsmarkt.

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Für die Verbraucher ist die Insolvenz von Flexstrom ein herber Rückschlag. Immer mehr Billiganbieter müssen wieder den alten Energieriesen weichen, die jahrelang Kunden abegriffen haben.

Dass Flexstrom auf Online-Stromrechner stets weit vorne war, lag vor allem daran, dass Flexstrom mit sehr günstigen Tarifen Kunden anlockte. Für das Unternehmen selber wurde aber die Masse an Kunden, die dann doch nicht länger als ein Jahr blieben, sondern kündigten, scheinbar doch zu einem Problem geworden.

Denn nur dauerhafte Bestandskunden lassen sich bei Billigstromanbietern wie Flexstrom in finanziell profitable Kunden umwandeln. Von der Flexstrom-Insolvenz sind auch die Töchterunternehmen OptimalGrün und Löwenzahn Energie betroffen, teilte das Unternehmen mit.

Allerdings geht Flexstrom hart mit dem gesamten Energiemarkt ins Gericht. Vor allem die großen Energieunternehmen versuchen seit Jahren, den privaten Wettbewerb im Strommarkt immer wieder zu behindern. So schreibt denn auch Flexstrom: "Ursächlich für die Insolvenz ist vor allem die schlechte Zahlungsmoral zahlreicher Stromkunden und weiterhin bestehende Oligopolstrukturen im deutschen Versorgungsmarkt."

Medien, Energieriesen und Banken spielten ein schmutziges Spiel - auf Kosten der Endkunden

Dass Kunden ihre Rechnungen häufig nicht mehr bezahlten, lag, teilte Flexstrom ferner mit, auch an der einseitig negativen Berichterstattung in diversen Medien, die den Eindruck erweckt hätten, als wären Billigstromanbieter schlecht. Man habe hier als Konsequenz deutlich zu spüren bekommen, dass immer weniger Kunden ihre Rechnungen auch bezahlt hätten.

So schreibt Flexstrom: "Die Zahlungsmoral vieler Kunden hat sich zuletzt nach der fehlerhaften und schädigenden Berichterstattung vereinzelter Medien dramatisch verschlechtert." Nur ein Teil der Kunden zahle seither seine Rechnungen pünktlich. "Zudem haben zahlreiche mit Monopolstrukturen ausgestattete Lieferanten die Berichterstattung zum Anlass genommen, rechtswidrige Forderungen aufzustellen und so das Marktgeschehen beeinträchtigt“, so Flexstrom.

Auf Grund dieser Umstände habe die seit zehn Jahren im Sinne von günstigen Stromtarifen für den Endverbraucher aktive Flexstrom "Zahlungsrückstände nicht mehr selbst schultern" können. Einerseits hätten die Verbraucher zwar Strom bezogen, diesen aber im Zuge der einseitigen und negativen Berichterstattung eben nicht mehr bezahlt. Dennoch habe Flexstrom "die hohen Netzentgelte weiter begleichen" müssen. Erschwerend sei zudem der Rekordwinter hinzugekommen, der das Problem massiv erweitert habe. Denn so sei noch mehr Strom von den Haushalten genutzt worden, aber eben ohne dass ausreichend Zahlungseingänge von diesen eingegangen seien. Das habe dazu geführt, "das Flexstrom in Vorleistungen in Millionenhöhe gehen musste".

Resigniert stellt denn auch Flexstrom in seiner Unternehmensmitteilung fest: "Seit 2009 arbeitet der unabhängige Anbieter Flexstrom profitabel, für 2012 wurde sogar eine Gewinnsteigerung auf mehr als 20 Millionen Euro gemeldet. Dennoch blieben dem Energieversorger externe Finanzierungen verwehrt, weil einzelne Medien immer wieder falsch über FlexStrom berichteten und damit die Kreditwürdigkeit des Unternehmens schädigten. Banken und Investoren ließen sich von der wahrheitswidrigen Berichterstattung verunsichern und abschrecken." Besonders bedauere man dieses für die zahlreichen Kunden, die ihren Strom auch bezahlt hätten, wie für die Flexstrom-Mitarbeiter, die nun ihren Job und ihre berufliche Existenz verlören.

Kommentar Flexstrom Pleite:

Die Geschichte von Flexstrom ist die Geschichte von Massenmedien, die zunehmend auf Kosten von Unternehmen bewusste Negativmeldungen über Unternehmen in Umlauf bringen, um besonders im Internet Klicks zu generieren. Sehr gut lässt sich dieses Dilemma auch am ehemaligen deutschen Bundespräsidenten verfolgen: Obwohl von 20 Anklagepunkten nur noch einer übrig ist, hat sich bislang so gut wie keiner der Journalisten von Massenmedien bemüßigt gesehen, der Staatsanwaltschaft Hannover einmal auf die Finger zu hauen. Denn sie ist der eigentliche Skandal.

Das gleiche gilt für Flexstrom: Es ist bekannt, dass die Energiegiganten und regionalen Grundversorger (Stadtwerke etc.) dieses Landes niemals eine große Privatisierung und Entzerrung des Energiemarktes wollten. Zu gut lief das Abzockgeschäft mit den Endkunden. Da war ein Unternehmen wie Flexstrom ein Dorn im Auge. Dabei hatte gerade Flexstrom im Laufe von zehn Jahren erheblich dazu beigetragen, dass die Abzocke von Verbrauchern endlich gestoppt werden konnte.

So haben sich einmal mehr Massenmedien – insbesondere Tageszeitungen und Zeitschriften – zum Handlanger der Milliarden-Unternehmen gemacht. Es ist eine Bankrott-Erklärung für den deutschen Journalismus sondergleichen. Auch die Banken spielen hier kein gutes Spiel. Sie schielen zu sehr nach den Medien und kommen immer weniger ihrer Pflicht nach, auch den Mittelstand, auch den größeren – wozu Flexstrom gehört – mit nötigen finanziellen Mitteln zu versorgen. Der Leidtragende ist der Endkunde. Für ihn wird Strom jetzt noch teurer.

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