Gastbeitrag RA Anna Rehfeldt zu Abmahnfalle Lieferzeiten im Onlinehandel

Da immer wieder Leser auf uns zukommen mit Rechtsfragen rund ums Internet und den E-Commerce, haben wir von Netz-trends.de, ein seit 2010 in Google News als Online-Nachrichtenportal gelisteter Blog, uns dazu entschieden, öfters Rechtsanwälte zu einem Gastbeitrag hinsichtlich bestimmter Rechtsgebiete zu bitten. In diesem Gastbeitrag schreibt Rechtsanwältin Anna Rehfeldt aus Berlin zum Thema: Wie gebe ich als Online-Händler eigentlich Lieferfristen richtig an?

Fachfrau im Internet und E-Commerce: Rechtsanwältin Anna Rehfeldt aus Berlin. (Bild: RA Rehfeld)

Gastkommentar von Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M., Berlin

Wer Waren im Internet verkauft oder Dienstleistungen anbietet, der muss nach den gesetzlichen Vorgaben eine Vielzahl von Informationen erteilen. Die Informationspflichten sind sehr weitreichend und greifen oftmals schon bevor überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde. Ein Teil dieser Informationspflichten betrifft die Angabe der Lieferzeiten. Wer hiergegen verstößt, riskiert eine kostenpflichtige Abmahnung. Doch wie genau muss die Lieferfrist angegeben werden? Reicht ein Zeitraum oder muss ich einen konkreten Termin nennen? Fallstricke lauern bei der Angabe der Lieferzeit im Detail.

Hintergrund
Der Onlinehandel wächst zunehmend und gehört mittlerweile zum Alltag vieler Menschen. Aber nicht nur großen Unternehmen nutzen ihren eigenen Onlineshop oder bedienen sich Verkaufsplattformen wie Amazon, eBay und Co. Auch immer mehr kleinere Unternehmen, StartUps’s und Einzelpersonen bauen sich ihr (zweites) Standbein über den Onlinehandel auf. Unabhängig von der Größe des Unternehmens gilt aber in jedem Fall: Wer gewerblich einen Onlinehandel betreibt, muss sich an die gesetzlichen Informationspflichten halten.

Achtung: Um als „gewerblich“ im vorgenannten Sinn eingestuft zu werden, braucht es nicht zwingend einer Gewerbeanmeldung. Auch (vermeintliche) Privatpersonen, die über einen gewissen Zeitraum nicht unerhebliche Verkäufe tätigen, können als „gewerblich“ anzusehen sein. Folge hiervon ist: Es gelten die Informationspflichten.

Praxistipp: Ob eine Privatperson rechtlich als „gewerblich“ anzusehen ist, kann nicht pauschal bestimmt werden. Es kommt hier maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an. Zu fragen ist etwa: Wie viele Verkäufe wurden in den letzten drei, sechs, zwölf (…) Monaten getätigt? Welcher Umsatz wurde durch die Verkäufe generiert? Handelt es sich um Neuwaren oder um gebrauchte Sachen? Wurde über Verkaufsplattformen verkauft oder existiert ein eigener Onlineshop? Wie ist die Verkaufsanzeige ausgestaltet? etc.

Informationspflicht: Liefertermin
Wer also online gewerblich Waren verkauft oder Dienstleistungen anbietet, der muss unter anderem über den Liefertermin informieren. So sieht es Art. 246 § 1 Nr. 4 EGBGB vor.

Praxistipp: Hier wird zwar wörtlich von „Termin“ gesprochen. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass dies kein konkretes Datum sein muss. Es muss als nicht angeführt werden: „Die waren wird geliefert bis zum tt.mm.jjjj“

Diese Information muss dem Verbraucherkunden schon vor dessen tatsächlicher Bestellung in „klarer und verständlicher Weise“ mitgeteilt werden. Der Verbraucherkunde soll hierdurch die Möglichkeit haben, sich auszurechnen, wann er die Ware geliefert bekommt.

Beispiele: Lieferzeiten in der praktischen Umsetzung
Da kein konkretes Datum erforderlich ist, genügt man in der Regel seiner Informationspflicht, wenn man einen bestimmten Lieferzeitraum angibt.
„Lieferung in max. 5 Tagen“ oder
„Lieferung in bis zu 5 Tagen“

Beliebt ist in der Praxis auch, den Beginn der Lieferfrist an ein bestimmtes Ereignis (z.B. Zahlungseingang) zu knüpfen. Rechtlich ist diese Variante aber grundsätzlich nur dann möglich, wenn der Verbraucherkunde das Ereignis auch kennt. Den Fristbeginn also an den Zahlungseingang zu knüpfen ist rechtlich unzulässig, da der Kunde nicht weiß, wann das Geld beim Verkäufer ankommt. Wer den Beginn der Lieferfrist bei Zahlung per Vorkasse an ein Ereignis knüpfen will, kann dies demnach nur, wenn der Zeitpunkt der Zahlungsanweisung das maßgebliche Ereignis darstellt.

Achtung: Es muss insoweit auch über die Berechnung der Lieferfrist informiert werden. Sinnvoller Weise erfüllt man dies in seinen AGB.

Beispielhaft könnte dies wie folgt aussehen: „Bei Zahlung per Vorkasse beginnt die Lieferfrist einen Tag nachdem sie den Zahlungsauftrag an das überweisende Kreditinstitut erteilt haben. Bei den anderen Zahlungsarten beginnt die Lieferfrist einen Tag nach Vertragsschluss und endet mit Ablauf des letzten Tages der Frist. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder einen am Lieferort staatlich anerkannten Feiertag, endet die Frist am nächsten Werktag.“

Wie lang muss bzw. kann die Lieferfrist sein?
Bei der Länge der Lieferfrist gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Wichtig ist jedoch, dass die angegebenen Lieferfristen tatsächlich auch eingehalten werden. Wer also zum Beispiel die Lieferfrist mit „maximal 4 Tage“ angibt, muss sicherstellen, dass beim Kunden die Waren auch spätestens nach 4 Tagen angekommen sind.

Praxistipp: Wer also online etwas verkauft, muss bei der Lieferfrist (a) den Vorrat prüfen und (b) auch die Laufzeiten der Postdienstleister richtig kalkulieren. Zu empfehlen ist insoweit ein gewisser Puffer, da eine frühere Lieferung möglich ist.

Zulässige und unzulässige Angaben zur Lieferzeit
Für Verkäufer stellt sich nun die praktische Frage: Welche Formulierungen kann ich nutzen? Im Gesetz steht hierzu nichts explizit. In der Rechtsprechung haben sich jedoch bereits einige Formulierungen als zulässig bzw. unzulässig herausgestellt, an denen man sich orientieren kann:

Zulässig sind grundsätzlich Lieferzeiten, die eine gewisse Dauer angeben (z.B. „Lieferung in max. 2-4 Tagen“ oder „Lieferung in 5 Tagen“)

Achtung: Die Zeitspanne zwischen den möglichen Lieferzeiten darf nicht zu groß sein. So dürfte etwa die Angabe „Lieferung in 2-10 Tagen“ unwirksam sein.


Nach der Rechtsprechung ist aber auch eine „circa“ oder „ca.“ Angabe zulässig. Das heißt die Information, dass die Lieferung in „ca. 3-5 Werktagen“ erfolgt ist möglich.

Praxistipp: Das gilt grundsätzlich für alle Waren (physisch oder digital) und Dienstleistungen.

Unzulässig ist nach der Rechtsprechung hingegen die Formulierung „Lieferung in der Regel in 2-4 Tagen“. Die Bestimmung „in der Regel“ ist zu unbestimmt und damit unzulässig.


Unzulässig ist auch die Angabe „voraussichtliche Lieferfrist: 2-5 Tage“, da auch hier der Verbraucherkunde die Lieferzeit nicht vorherbestimmen kann.


Entschieden wurde auch, dass die Formulierung „Lieferzeit auf Nachfrage“ wettbewerbsrechtlich irreführend und somit abmahnfähig ist, wenn die Ware nicht lieferbar ist.


„Lieferungen erfolgen innerhalb von fünf Werktagen, soweit die Ware vorrätig ist“ sollte ebenfalls nicht als Lieferzeitangabe genutzt werden, da dies unzulässig und abmahnfähig ist.


Ein Verkäufer hatte auch einmal die Regelung „Angaben über die Lieferfristen sind unverbindlich, soweit nicht ausnahmsweise der Liefertermin schriftlich als verbindlich zugesagt wurde“ genutzt, was sich nach erfolgter Abmahnung und gerichtlicher Auseinandersetzung als unzulässig erwiesen hatte.

Fazit

Die Informationspflichten über die Lieferzeiten richten sich an alle gewerblichen Verkäufer, die im Internet Waren verkaufen oder Dienstleistungen anbieten. Als gewerblicher Verkäufer im Sinne der Informationspflichten ist man schneller anzusehen als einem lieb ist. Denn es kommt hier nicht darauf an, ob man sich formell als „Gewerbetreibender“ betitelt, sondern wie es tatsächlich ausgeübt wird.

Wer also als „Verbraucher“ regelmäßig Waren zu Kauf anbietet und damit über einen gewissen Zeitraum Einnahmen suggeriert, kann als Gewerbetreibender anzusehen sein. Die Folge ist, dass die Informationspflichten zu erfüllen sind. Wer hiergegen verstößt kann man kostspieligen Abmahnungen rechnen, die nicht selten nicht zeit-, kosten- und nervenintensiver rechtlichen Auseinandersetzungen enden. Um dem vorzubeugen empfiehlt es sich bei der Lieferzeitangabe auf bereits von der Rechtsprechung als zulässig anerkannte Formulierungen zurückzugreifen.

Bei Fragen zu AGB, Lieferzeiten, Abmahnungen und der rechtssicheren Ausgestaltung von Onlineshops sollte man sich stets rechtlicher Hilfe bedienen, da es ansonsten unnötig teuer werden kann.

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Die Autorin, Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M mit Sitz in Berlin, berät Unternehmen und Gewerbetreibende in den Bereichen e-Commerce und Vertragsrecht, Arbeitsrecht sowie im Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht. Etabliert haben sich insbesondere ihre Inhouse-Schulungen sowie der Service einer externen Rechtsabteilung. Seit 2018 ist Frau Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M auch externe Datenschutzbeauftragte.

Rechtsanwältin 
Anna Rehfeldt, LL.M.
Pettenkoferstr. 14 b
10247 Berlin

Telefon 030 311 79 106
www.ra-rehfeldt.de mail@ra-rehfeldt.de

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