USA: AMA fordert in USA Verbot von Medizinwerbung an Endkunden für verschreibungspflichtige Medikamente

In den USA fordert ein wichtiger Ärzte-Verband, die American Medical Association, kurz AMA, künftig Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente, die sich direkt an Verbraucher, also die Endkunden wendet (BtoC), zu verbieten.

Bild: pixabay.com | jarmoluk
Pro und Contra rund um Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA.

Als Grund führt die AMA an - nicht zu verwechseln mit der American Marketing Association (welche ebenfalls mit AMA abgekürzt wird) -, dass in der Werbung nicht immer die besten, also medizinisch effizientesten Produkte für Endkunden beworben würden. Vielmehr sei es in den USA durchaus auch so, dass sich jene Pharmakonzerne gerne an Endkunden wendeten, die nicht unbedingt das beste Medikament im Portfolio hätten. Darin liege eine große Gefahr, so die AMA. Hinzu komme der Kostenfaktor. Denn durch massives Marketing würden Wünsche bei Verbrauchern nach bestimmten Medikamenten geweckt, die entweder für einzelne überflüssig seien oder gar schädlich sein könnten.

Geht es nach dem Wunsch des amerikanischen Ärzte-Verbandes AMA sollen künftig verschreibungspflichtige Medikamente nicht mehr in der sogenannten direct-to-Consumer-Werbung kommuniziert werden dürfen. Es geht also um ein Werbeverbot für Medikamente in den USA.

In einem ersten Schritt sagten nun die Ärzte im AMA-Verband, sie wollten eine Arbeitsgruppe ins Leben rufen, die untersuchen soll, in welchem Umfang fragwürdige verschreibungspflichtige Medikamente im Rahmen von Werbung sich direkt an Endkunden wende. Gleichzeitig fordert die AMA eine höhere Transparenz bei Pharmakonzernen, wie viel Geld sie für Endkundenwerbung für bestimmte verschreibungspflichtige Medikamente ausgeben. Ebenfalls im Fokus der AMA-Arbeitsgruppe soll die Konzentration in der Pharmabranche stehen.

Konzentration im Pharmamarkt will AMA stärker überwachen

Aktuell berichtet beispielsweise die Deutsche Apothekerzeitung, dass der amerikanische Pharmariese Pfizer dabei sei, für 150 Milliarden US-Dollar die größte Übernahme in der Geschichte der Pharmabranche durchzuziehen. So wolle Pfizer, Erfinder von Viagra, mit dem enormen Investment von 150 Milliarden Dollar den Augenarzneimittel-Produzenten Allergan übernehmen. Die Apothekerzeitung bezieht sich auf einen Bericht der amerikanischen Nachrichtenagentur Bloomberg.

Die AMA sagte, man wolle künftig genauer hinschauen, welche Pharmakonzerne durch Übernahmen oder Fusionen noch mehr Marktmacht als bislang erlangten. Die Pharmabranche steht auch in den USA immer wieder im Verdacht, Krankheiten schon heute heilen zu können, aber die hierfür notwendigen Medikamente unter Verschluss zu halten. Sie wolle, lautet der Vorwurf, mit weniger effektiven Medikamenten einen höhere Profit machen - auf Kosten der Patientengesundheit. Genannt werden immer wieder die Themen Hautkrankheiten, aber auch HIV.

Der AMA-Vorstandsvorsitzende Patrice A. Harris erklärte: "Ärzte bemühen sich, die bestmögliche Versorgung für ihre Patienten zu bieten. Aber Preiserhöhungen für Arzneimittel können die Fähigkeit der Ärzte beeinflussen, ihren Patienten die besten Medikamente anzubieten".

Pharmakonzerne gaben in den USA 2014 nach Angaben von Kantar Media rund 4 Milliarden Dollar bezüglich Werbung aus, die verschreibungspflichtige Medikamente betrifft und sich direkt an Endkunden wendet.

Kritik an Werbeverbots-Forderungen für verschreibungspflichtiger Medikamente

Doch es wird auch Kritik am Verbots-Aufruf bezüglich verschreibungspflichtiger Medikamente in den USA laut. Beispielsweise verweist John Kamp, Executive Director bei "Healthcare Communication" darauf, dass die Endkunden ein Recht hätten, auch unabhängig vom persönlichen Arzt, zu erfahren, welche Medikamente auf dem Markt seien. Wie in Deutschland gibt es in den USA zahlreiche Ärzte, die durch falsche Diagnosen, fehlerhafte Behandlungsmaßnahmen und falsche Medikamente das Leiden ihrer Patienten verlängern oder gar verschlimmern.

Susanne, 55, eine Berliner Studienrätin an einem Gymnasium, war gleich an drei schlechte Ärzte geraten: "Ich hatte seit Monaten starke Schmerzen im Bereich der Brust und drei unterschiedliche Ärzte redeten mir ein, ich hätte psychosomatische Probleme. Erst der Dritte merkte schließlich, dass ich Lymphknotenkrebs hatte" erklärt sie.

Allerdings hätte in ihrem Fall eine Endkundenwerbung medizinischer Produkte auch nicht geholfen, räumt sie im Nachhinein ein. Dennoch sagt sie auch: "Ich finde es durchaus wichtig, dass wir als Verbraucher erfahren dürfen, welche verschreibungspflichtigen Medikamente es gibt - vor allem wenn sie neu sind und hoch wirksam".

Medikamentenmissbrauch ist in den USA seit Jahrzehnten ein Problem

In Deutschland ist seit Jahrzehnten Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente verboten. In den USA hingegen sind die Bürger für exzessiven Medikamentenmissbrauch bekannt. Schon im weltberühmten James Dean-Film "Denn sie wissen nicht was sie tun" aus dem Jahr 1955, sehen wir James Deans Filmmutter, wie sie gegenüber ihrem Filmsohn beklagt, sie hätte vor Angst um ihn bislang noch keine Schlaftablette genommen.

Ein klassischer Fall von Medikamentenmissbrauch also - und das schon vor 60 Jahren. Denn so alt ist der James Dean-Klassiker. Schlaftabletten sind nämlich nicht für den täglichen Gebrauch gedacht. Doch gerade verschreibungspflichtige starke Schlaftabletten werden in den USA seit Jahrzehnten massiv im Rahmen von Endkundenwerbung - den heute 330 Millionen Amerikanern - Tag für Tag als ein in Zeiten hohen Stresses angeblich notwendiges und nützliches Medikament präsentiert.

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