Netz Markenanwalt Dr. Bernd Fleischer - Versucht Yello Strom von ENBW mit ‚Green Energy‘ EU-Rechtsprechung zu untergraben?

So manches Unternehmen will mit einem Markeneintrag zu Begriffen wie Green Energy fett Kasse machen und den Wettbewerb einschränken. Obwohl der Europäische Gerichtshof schon 2004 entschied: Generische Begriffe dürfen keine Marken sein.

Kommentar - Es ist ein Stück aus dem Marken-Tollhaus. Ja, und wenn der Hauptakteur des Stücks nicht Yello Strom wäre, eine Tochter des Energieriesen EnBW Energie Baden-Württemberg, könnte man vielleicht darüber lachen. Seit über 20 Jahren versucht der Großkonzern mit seiner Strom-Tochter den Begriff "Green Energy" markenrechtlich in Beschlag zu nehmen. Wie einige andere Akteure auch. Dabei ist seit 2004 klar, schreibt das Handelsblatt in einem Artikel aus dem Jahr 2004:

"Worte und Bezeichnungen, die rein beschreibender Natur sind, können sowohl nach deutscher wie europäischer Gesetzeslage grundsätzlich nicht als Marke geschützt werden." Ähnlich sieht das auch der Hamburger Markenanwalt Dr. Bernd Fleischer in einer Stellungnahme an Netz-trends.de.

Denn bereits 2004 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Allerweltsbegriffe als Marke kein Schutzrecht genießen. Grundlage war unter anderem die Klage eines Unternehmers. Er hatte sich die Worte "Bio" und "mild" markenrechtlich sichern wollen, was zu juristischen Auseinandersetzungen führte.

EuGH bestätigte schon 2004 kein Schutzrecht für generische Begriffe

So wollte der Bio-Unternehmer mit der Wortmarke "Biomild" ein Produkt lancieren. Ähnliches mag man sich bei Yello Strom, beziehungsweise dem Konzern dahinter, bei EnBW gedacht haben: Wäre doch geil, wenn wir jeden verklagen könnten, der was mit "green energy" anfangen will, hat man sich wahrscheinlich gedacht.

Konkret geht es um einen Eintrag beim Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) aus dem Jahr 1999. Damals kamen findige Juristen und Marketing-Leute von Yello Strom auf die Idee, sich den Allerwelts-Begriff "green energy" markenrechtlich zu sichern. So machte man unter der Registriernummer 39945634 am 30.7.1999 über eine Stuttgarter Anwaltskanzlei eine Wortmarke geltend sowie eine Individualmarke.

Wer also künftig ein Produkt oder eine Domain mit dem Namen "Green Energy", übersetzt also "Grüne Energie" verwendete, musste mir juristischen Zankereien des Milliarden-Konzerns ENBW rechnen.

Warum das Deutsche Patent- und Markenamt "Green Energy" erst kürzlich für Yello Strom wieder als Marke verlängerte, darüber darf man spekulieren. Wahrscheinlich liegt ein gewisser Automatismus vor. Dass also auslaufende Patente einfach verlängert werden, wenn nicht explizit ein Antrag auf Löschung eingegangen ist. Oder eine Klage eines Unternehmens auf Löschung.

Green Energy und Yello Strom

Dabei ist auch Green Energy, egal wie geschrieben, ein ganz üblicher generischer Begriff, also ein Allerweltsname, wie es der vom Europäischen Gerichtshof untersagte Marken-Begriff "Biomild" auch ist. Dass es dabei keine Rolle Spielt, ob "Green Energy" groß oder klein als Marke verwendet wird, bestätigt Yello Strom:

"Markenrechtlich spielt Groß- und Kleinschreibung in diesem Fall keine Rolle. Die Marke wurde unter denen zum Anmeldezeitpunkt geltenden Voraussetzungen rechtmäßig in den im Register ersichtlichen Waren- und Dienstleistungsklassen eingetragen." Gleichzeitig räumt eine Pressesprecherin der Yello Strom GmbH, Tanja Beer ein, wonach sich die "Voraussetzungen" für einen Markeneintrag "im Laufe der Zeit natürlich geändert haben".

Wikipedia Deutschland, Österreich Schweiz schreibt zu generischen Begriffen wie "Green Energy":

"Generisch… ist die Eigenschaft eines materiellen oder abstrakten Objekts, insbesondere einer Bezeichnung, nicht auf etwas Spezifisches, also auf unterscheidende Eigenheiten Bezug zu nehmen, sondern im Gegenteil sich auf eine ganze Klasse, Gattung oder Menge anwenden zu lassen oder eine solche gleichsam hervorzubringen oder stellvertretend dafür zu stehen."

Eintrag aus dem Jahr 1999

Wir wollten von Energie Baden-Württemberg und Yello Strom wissen, ob Yello Strom jetzt sämtliche Unternehmen verklagen möchte, die in ihrem Namen oder in ihren Marken-Produkten oder Domains den Begriff "green energy" oder "greenenergy" verwenden? Dazu schrieb uns Yello Strom:

"Yello besitzt seit 1999 die deutsche Marke ‚green energy‘. Diese wurde seither aufrechterhalten. Zuletzt wurde die Marke 2019 verlängert. Aktuell ist uns kein Fall bekannt, dass ein Unternehmen in seinem Namen oder in seinem Marken-Produkten oder Domains den Begriff ‚Green Energy‘ bzw. ‚Greenenergy‘ verwendet. Generell behalten wir uns vor, jeden Einzelfall zu prüfen und entscheiden anschließend, welche Schritte wir einleiten."

Daraufhin konfrontierten wir die EnBW Energie Baden-Württemberg AG sowie Yello mit dem Umstand, dass es sehr wohl, entgegen der falschen Aussage von Yello, im Internet Dutzende, wenn nicht Hunderte Unternehmen gibt, die seit Jahren den Begriff "Greenenergy" oder "Green Energy" nutzen, beziehungsweise eine Domain wie www.greenenergy.de existiere.

Wir schrieben sowohl Angela Brötel, Director of Group Communications der EnBW Energie Baden-Württemberg AG an, sowie ihre Kollegin von Yello. So führte Netz-trends.de aus:

"Allerdings gibt es im Internet zahlreiche Firmen, die bereits den Namen Green Energy entweder in ihrem Unternehmensnamen oder sonstwie als Marke nutzen. Das können Sie ganz schnell selber in Google nachprüfen. Wir haben z.B. gefunden:

Sge Swiss Green Energy AG
Easy Green Energy, Österreich (https://www.easygreenenergy.at/)
Green Energy UK (https://www.greenenergyuk.com/)
Balkan Green Energy News (https://balkangreenenergynews.com/)
Green Energy Lab, Österreich (https://greenenergylab.at/ueber-uns/)
Green Energy 3000 GmbH, Leipzig https://www.ge3000.de/)
Consilium Green Energy GmbH, Stuttgart (https://www.consilium-greenenergy.de)
GETEC green energy GmbH, Magdeburg (https://www.getec-greenenergy.de/impressum/)
REB Green Energy GmbH, Dessau-Roslau (https://reb-greenenergy.de)
Epping Green Energy GmbH, Gütersloh (https://epping-green-energy.de/)
BayWa r.e. Green Energy Products GmbH, München (https://www.baywa-re.de/de/datenschutz/baywa-re-green-energy-products/ )."

Doch auch hier wollte Yello Strom möglichst nebulös bleiben und schrieb uns lediglich, man behalte sich vor, jeden Fall individuell zu prüfen. Zudem bitte man um Verständnis, "dass wir hierzu aus den genannten Gründen keine weitere Auskunft geben" könne. Geschäftsführer der Yello Strom GmbH in Köln ist Volker Bloch.

Markenanwalt Dr. Bernd Fleischer weist Schutzanspruch auf Green Energy zurück

Netz-trends.de legte denn Fall zudem einem Hamburger Markenrechtsanwalt vor und wollte ebenfalls wissen, ob eine Domain wie beispielsweise www.greenenergy.de oder ähnliche unter dem Eindruck bestehender Markeneinträge genutzt werden dürfen oder eher nicht.

Kämpft gegen den Missbrauch generischer Begriffe im Markenrecht: Der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Bernd Fleischer.

Dazu schrieb uns Bernd Fleischer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz von der unter anderem in München, Hamburg, Frankfurt oder Mailand vertretenen Kanzlei "ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater PartGmbB" das folgende:

"Auch nach meiner Auffassung liegt in dem Domainname www.greenernergy.de eine rein beschreibende, nicht unterscheidungskräftige Bezeichnung für ein Energieunternehmen/Energiedienstleistungen bzw. Produkte vor." Trotz der durch Yello Strom versuchten Ansprüche auf den Begriff Green Energy gelte:

Eine Domain wie zum Beispiel Greenenergy.de dürfe nach seiner juristischen Auffassung "weiterhin vorgehalten bzw. genutzt werden":

"Denn die Registrierung eines beschreibenden Begriffs als Domain begründet kein Ausschließlichkeitsrecht gegenüber Dritten; die Monopolisierung einer Gattungsbezeichnung liegt nicht vor. Wettbewerber sind nicht daran gehindert, in ihrer Werbung oder in ihrem Namen ebenso die Gattungsbezeichnung oder beschreibende Bezeichnung ‚greenenergy‘ zu verwenden."

"Wäre nicht ratsam, gegen andere Nutzer von "greenenergy" vorzugehen

Zudem führt der Rechtsanwalt für Markenrecht aus: "Sofern der Markeninhaber eine Marke ‚greenenergy‘ geschützt hat aus älteren Zeiten, wäre es nicht ratsam, hieraus gegen andere Nutzer der Wortbezeichnung ‚greenenergy‘ vorzugehen". Grund: "Weil der Schutzbereich aus der Marke wegen der fehlenden Unterscheidungskraft nicht mehr gegeben ist (auch wenn dies vor vielen Jahren anders war)."

Theoretisch könnten deshalb Konkurrenten die den Begriff "Green Energy" oder "Greenenergy" nutzten, einen Löschantrag gegen Yello Strom in Bezug auf die eingetragenen Waren/Dienstleistungen aus dem Energiebereich bei der entsprechenden Behörde stellen.

Dass auch das Deutsche Patent und Markenamt den Begriff eher nicht mehr als schützwürdig ansieht, schreibt das Amt zu einem anderen Versuch, sich den Begriff "Green Energy" im Zusammenhang mit bestimmten Dienstleistungen zu sichern.

Deutsches Patentamt sieht in Bezug auf Green Energy keine Unterscheidungskraft

So beurteilte das Deutsche Patentamt im Jahr 2019 unter dem Aktenzeichen 399575634 zu einem Markenantrag bezüglich "Green Energy": Man sehe ein "Schutzhindernis", da "jegliche Unterscheidungskraft sowie beschreibende (freihaltungsbedürftige) Angabe (§ 8 Abs.2 Nr.1 u.2)" fehlten.

1999 hatte sich zudem eine "Richter-System GmbH & Co KG" aus dem deutschen Griesheim einen Markeneintrag zu "Green Energy" in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen gesichert (Aktenzeichen: 399728015). Mit Eintrag vom 31.7.2020 wurde nun bekannt gegeben, man habe auf eine Verlängerung eines Markenanspruchs verzichtet.

Man darf wohl annehmen, dass dieser Verzicht auch unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung zu ähnlichen Fällen geschah.

Neben Yello versucht derzeit noch ein anderes Unternehmen sich den Begriff "Green Energy" für bestimmte Dienstleistungen zu sichern und zwar eine "Sanatur GmbH" aus Singen am Bodensee. Man wolle die Marke gerne für die Bereiche Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle" und ähnliches haben, steht im Eintrag. 


Warum schützt das Patentamt eigentlich eher nicht schützenswertes?

Versuchen kann man es einmal, mag man sich auch dort gedacht haben. Derweil geht ein großes Fragezeichen an das Deutsche Patentamt: Wieso werden dort überhaupt noch generische Begriffe im Markenrecht verlängert und damit recht klare EU-Rechtsprechung in Bezug auf generische Begriffe untergraben, mag man sich fragen. Liegt es an den Patentgebühren, die man gerne weiter kassieren möchte?

Wir werden dazu das Patentamt befragen und die Antwort hier hinzufügen.

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