Gefährliche Machtballung: Kauft Axel Springer T-Online?

Entsprechend des monatlichen Rankings des relativ unabhängigen Internet-Reichweiten-TÜVs AGOF (Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung; www.agof.de/angebotsranking/) sind die folgenden Onlineportale schon heute die größten von AGOF gelisteten in Deutschland: T-Online mit 27,50 Millionen Nutzern im Monat, eBay.de mit 24,80 Millionen Nutzern im Monat, BILD.de mit 16,73 Mio. Nutzern im Monat, gutefrage.net mit 16,18 Mio. Nutzern im Monat:

Grafik: axelspringer-mediapilot.de
So bewirbt Axel Springer seine crossmediale Vermarktung.

Es wäre eine publizistische und wirtschaftliche Machtballung im deutschprachigen Internet, wie sie bislang unbekannt ist: Nach einem Bericht der Wirtschaftswoche wolle angeblich die machtbewusste Axel Springer SE sich das reichweitenstärkste Online-Angebote Deutschlands einverleiben: T-Online von der Deutschen Telekom AG (DTAG). Zu Springer gehören u.a. Bild, Die Welt, Computer Bild, N24, Immobilienportale Seloger und Immonet, Jobbörse Stepstone oder die E-Commerce-Plattform idealo.de (z.B. Verkauf Reisen).

Ebenso zu den reichweitenstärksten und nutzerintensivsten Onlineportalen in Deutschland gehören: WEB.DE (14,11 Mio. Nutzer), CHIP Online (14,11 Mio.), computerbild.de (Axel Springer; 13,85 Mio.), SPIEGEL ONLINE (10,95 Mio. Nutzer) oder DIE WELT (Axel Springer, 9,07 Mio. Nutzer).

Angeblich, berichtet nun die Wirtschaftswoche, gebe es bereits Gespräche mit Spitzenmanagern zwischen der Axel Springer SE und der Deutschen Telekom AG zur möglichen Übernahme von T-Online durch Axel Springer. Allerdings ist das nicht ohne bitteren Beigeschmack:

Denn Axel Springer CEO Mathias Döpfner dürfte auch heute noch als ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Telekom AG über beste Kontakte in das Management der Deutschen Telekom verfügen.

Springer-CEO Döpfner saß mal im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom

Zwar saß Döpfner 2006 nur fünf Monate im Aufsichtsrat der DTAG, doch immerhin. Dass Axel Springer über diese Schiene auch heute noch über gute Informationen aus dem Hause Telekom verfügt, kann deshalb nicht ausgeschlossen werden und wäre aber gleichzeitig ein Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Marktteilnehmern. Springer und Telekom sind börsennotierte Aktiengesellschaften, für die besondere Regularien gelten.

Immerhin kann bei der Deutschen Telekom AG gesagt werden, dass Transaktionen dieses Ausmaßes, wie der Verkauf eines der mächtigsten publizistischen und wirtschaftlichen Portale Deutschlands, wie T-Online, keinesfalls eine private Sache zwischen Springer und der DTAG sein sollte. Hier gibt es zahlreiche öffentliche Interessen, die zu berücksichtigen sind. Das deutsche Bundeskartellamt in Bonn dürfte entsprechend nach den ersten Übernahmeberichten alarmiert sein.

Neben der publizistischen Machtfrage stellt sich die Frage nach einer Machtballung im Bereich der nationalen Onlinewerbung. So gehört Springer entsprechend des monatlichen Rankings der AGOF zu den 3 wichtigsten Werbeplatz-Vermarktern in Deutschland (agof.de/vermarkterranking/) und liegt mit "Axel Springer Media Impact" (axelspringer-mediapilot.de) auf Platz 3 bei einer monatlichen Nutzer-Nettoreichweite in Deutschland von 32,84 Mio.

Zwar belegen die ersten beiden Plätze die Onlinewerbevermarkter InteractiveMedia CCSP mit monatlich 35,72 Millionen Nutzern (Netto-Reichweite) und Ströer Digital mit einer Netto-Reichweite in der deutschen Bevölkerung von 33,29 Millionen Nutzern.

Axel Springer Media Impact schon heute mächtigster Online-Vermarkter Deutschlands

Doch gibt es einen feinen Unterschied: Axel Springer Media Impact vermarktet überwiegend Springer-Portale, während die beiden anderen - also InteractiveMedia CCSP sowie Ströer Digital - ein breiteres Portfolio vermarkten, sich also stärker als Fremdvermarkter für Werbeplattformen im Internet positionieren. Insofern kann gesagt werden: Die Axel Springer SE ist schon heute der mächtigste Onlinevermarkter in Deutschland.

Käme T-Online hinzu, würde Springer mit Abstand seine publizistische und wirtschaftliche Macht online gewaltig anreichern. Dabei könnte es zu einer Verbindung zwischen publizistischen Interessen und ökonomischen kommen, da Axel Springer auch zahlreiche E-Commerce Portale zum Beispiel für die provisionsbasierte Vermittlung von Reisen oder anderen Produkten hat (wie auf idealo.de) oder direkt Einnahmen über Anzeigenportale erzielt. Was keinesfalls passieren darf ist, dass publizistische Springer-Portale dazu missbraucht werden, um E-Commerce-Konkurrenten der Axel Springer SE in Google mit negativen Artikeln vorsätzlich zu schaden (was auch wettbewersrechtlich untersagt wäre):

Hinzu kommt:

Es dürfte einige Millionen Kunden des E-Mail Services von T-Online geben, die nicht unbedingt bei einem seit Jahrzehnten umstrittenen publizistischen Haus wie der Axel Springer SE ihre E-Mails schreiben und empfangen möchten. Insofern: Ein Verkauf von T-Online dürfte spannend werden.

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