Diktatur in Kuba: Kein Internet, Brot wird zugeteilt, wer mit Touristen redet, wird verhaftet

Denn wer sich etwas näher mit dem System in Kuba, beschäftigt, stößt schnell an Grenzen. Das fängt beim Internet an und hört beim Thema Sex in Kuba auf. Beispiel Prostitution: "Es ist vor allem in Havannas Altstadt Habana Vieja nicht erlaubt, über Prostitution zu reden", erklärt uns ein 35-Jährige Kubaner namens Oskar. Prostitution in Kuba sei illegal. Frauen, die sich prostituierten und dabei von der überall anwesenden uniformierten oder zivilen Polizei erwischt würden, riskierten zwei Jahre Gefängnis, Männer ein Jahr:

Foto: cc
Morbider kolonialer schöner Charme in Havanna.

Wer in Kuba Urlaub macht, der ist zunächst vom morbiden Charme von Kubas Hauptstadt Havanna (auf Spanisch: Habana) angetan: Besonders in der berühmten Altstadt, bekannt als Habana Vieja, stehen immer noch Hunderte in Stein gehauene Zeugnisse alt-kolonialer Baukunst. Doch der Schein trügt.

Touristen selbst müssen allerdings nicht mit Strafverfolgung rechnen, lassen sie sich in Kuba auf ein sexuelles Abenteuer ein. Sicherer ist es aber im Gürtel um die Altstadt von Havanna und zwar in Havanna Centro - also außerhalb der weltberühmten Altstadt von Havanna. Vor allem samstags oder sonntags abends ab 22 Uhr tobt beispielsweise an der berühmten Uferpromenade von Havanna, am Malecón, häufig der Bär.

Malecón 23 ist eine beliebte Partymeile in Havanna

Im Abschnitt Malecón 23, direkt an der gleichnamigen Uferpromenade oder den anliegenden Bars, sitzen beispielsweise um diese Zeit Hunderte Familien mit ihren Kindern, dazu Touristen oder zahlreiche junge homosexuell orientierter Kubaner bei einem Drink. Sie quatschten oder flirten oder freue sich einfach nur, dass es Wochenende ist.

Doch auch hier trügt die gute Stimmung etwas, täuscht darüber hinweg, wie allgegenwärtig das sozialistische Kubaner Regime das Land im Griff hat. Leicht vergisst man bei Salsa Musik und attraktiven gut gelaunten Menschen, dass Kuba eine Diktatur ist und dass Staatschef Raoul Castro, Nachfolger von Staatsgründer Fidel Castro, letztlich ein Diktator ist. Dabei gehört er zwar keiner der brutalen Sorte Diktator an, aber dennoch steht er einem System der erheblichen und regelmäßigen Polizei-Repressalien gegen seine Bevölkerung vor. Besonders betroffen sind die Männer – sie stehen in Kuba faktisch unter Generalverdacht irgendetwas Aufwieglerisches zu planen.

Davon erzählt uns auch ein Taxifahrer namens Erwin, welchen wir vor dem berühmten 5-Sterne-Hotel Iberostar Central am weltberühmten zentralen kleinen Park, dem Pargue Central in Havannas Altstadt, kennenlernen und auf einen Drink einladen. Schnell nimmt er die Einladung ein, auch wenn offiziell Kubaner mit Touristen nicht kommunizieren dürfen. Groß ist die Angst des sozialistischen Castro-Regimes, dass zu viele Interna aus Kuba nach außen dringen – wozu beispielsweise gehört, dass Kuba eine Diktatur hat und einen Diktator als Staatschef.

"Auf 5 Millionen Einwohner kommen in Havanna 2,5 Millionen Polizisten"

Dennoch erzählt uns der Taxifahrer halb scherzhaft: "Der Großraum Havanna hat vielleicht 5 Millionen Einwohner, davon arbeiten aber 2,5 Millionen für die Polizei". Die beiden jungen Männer, die im Restaurant, in welches wir auf Empfehlung des Taxifahrers mit ihm eingekehrt sind und kubanische Musik spielen und dazu singen, bestätigen das mit einem Lächeln.

Als es an die Rechnung geht, staunen wir nicht schlecht. 60 Euro kosten das halbe Hähnchen, das wir dem Taxifahrer spendiert hatten und welches er mit großem Hunger verschlungen hatte, sowie ein Fischgericht mit etwas Hummer sowie dem in Kuba beliebten schwarzen Reis mit Bohnen und vier Bier.

Warum Essen in Havanna so teuer sei, fragen wir ihn. Kurz darauf holt er uns ein kleines Büchlein an den Tisch. Er erklärt: Das sei ein staatliches Buch mit Essensmarken. Jede Familie erhalte für ein Jahr ein solches Buch vom Castro-Regime. Dabei sei pro Tag klar geregelt, was wer sich für wenig Geld zu Essen holen dürfe: Pro Tag und Person beispielsweise ein Stück Brot (beziehungsweise ein Brötchen), einen Joghurt, Milch und einiges mehr. Jeder Tag muss akribisch verzeichnet werden. Stirbt ein Familienmitglied, wird es in dem Buch von der zuständigen Lebensmittelbehörde einfach durchgestrichen.

Essen gibt es nur per Essenmarken: So kontrolliert das Regime in Havanna seine Bürger

"Wer dieses Buch verliert, hat ein riesen Problem - er muss mit seiner Familie hungern, sofern die Familie nicht zu den wohlhabenderen auf Kuba gehört", erklärt uns Taxifahrer Erwin. Wohlhabender nach kubanischen Maßstäben sind häufig beispielsweise die Musiker, die in Havanna vor Touristen spielen. Mit Trinkgeldern können sie es monatlich schon einmal auf 300 bis 500 Dollar bringen.

Jetzt verstehen wir auch, warum es in Havanna so gut wie keine Supermärkte gibt: Die Menschen haben einfach kein Geld, sich Essen zu kaufen und es ist von der Diktatur wahrscheinlich auch gar nicht gewünscht, dass Lebensmittelfreiheit herrscht. Die sozialistische Castro-Regierung teilt jedem sein Essen in Portionen zu. Das Stichwort lautet Lebensmittelknappheit.

Schuld daran hat auch das seit Jahrzehnten aufrecht erhaltene Embargo der USA gegen Kuba. "Wir hassen die USA dafür", sagt Erwin, der Taxifahrer. "Kubaner lehnen alles, was aus den USA kommt, ab, da sie uns seit Jahrzehnten in die Armut treiben", ist er überzeugt.

Armut: So schnell sieht man sie als Tourist nicht in Kuba, aber es gibt sie massenhaft und es fällt denn doch auf, läuft man einmal in Havannas Altstadt, Habana Vieja, etwas seitwärts von den berühmten Touristendestinationen. Schnell landet man in Straßenzügen voll von kolonialem zusammengefallenem Gemäuer. Und es ist genau dieses Müll-Geröll, in welchem Millionen Kubaner leben – dazwischen, drunter, mittendrin. Dabei gibt es allerdings auch in Kuba durchaus soziale Unterschiede.

In Centro Havanna entdecken wir in den leichten Stadthügeln prächtige Villen, die sicherlich aus der Kolonialzeit stammen, wie so vieles in Kuba, aber die immer noch bewohnt werden. Als sicher darf dabei gelten, dass hier niemand der Tausenden Fahrradkuriere aus Havanna lebt, die ohne Gangschaltung in ihren Fahrrad-Rikschas bis zu zwei Touristen mühevoll durch Havanna transportieren.

Touristen zahlen fürs Taxi gut fünf bis zehn Mal so viel wie Einheimische

Für eine Stunde Fahrt sollte man allerdings keinesfalls mehr als 10 Euro bezahlen. Eine Kurzstrecke vom Hotel in ein circa 10 bis 15-minütig entferntes Restaurant sollte man nicht unbedingt mit mehr als 3 Euro verfügten. Natürlich versuchen die Radfahrer auf Grund der großen Armut für jede Strecke mehr Geld zu bekommen. Deshalb gehört das Handeln in Kuba, wie in allen Schwellen- und Entwicklungsländern, zum Geschäft, welchem sich ein Tourist stellen sollte. Wer das nicht kann, wird auch in Kuba schnell ausgenommen wie eine Weihnachtsgans – stets in die teuersten Restaurants gelotst, stets in die teuersten Taxis.

Dass das so ist, ist aber eben dem Umstand gewidmet, dass das Leben in Kuba für die Bevölkerung nicht einfach ist, stets gezeichnet von zu wenig Geld, oft auch von zu wenig Lebensmitteln. So liege der durchschnittliche Lohn in Kuba für eine einfache Arbeitskraft im Hotel bei gerade einmal 40 bis 50 Euro monatlich, erzählt uns ein Kubaner. Überprüfen können wir das nicht, aber ausschließen auch nicht. Dass das gesamte System in Kuba unter einer wirtschaftlichen Dauerkrise leidet, lässt sich auch daran ablesen, dass es in Kuba zwei Währungen gibt: Eine komplett wertlose, mit welcher sich die einheimischen Kubaner herumärgern müssen und die heillos inflationär, also wertlos ist, und eine, die man den Touristen aufnötigt.

Beide Währungen heißen zwar Pesos, doch unterscheiden sich jene Pesos für Touristen dadurch, dass auf den Geldscheinen und Münzen "pesos convertibles", also umtauschbar, steht. Bekannt ist diese Touristenwährung auch als CUC. Doch auch hier ist die Diktatur in Kuba recht eigenwillig in der Interpretation und Festlegung von Umtauschkursen: So wird ein "Pesos convertibles", also der CUC, einfach eins zu eins zu einem Euro oder Dollar umgerechnet.

Kubaner hassen den Dollar

Allerdings sehen Kubaner es ungerne, wenn man mit Dollar bezahlen möchte. Der Jahrzehntelange Versucht der USA, Kuba mit allen Tricks und Kniffen der Wirtschaftspolitik und Wirtschaftssanktionen kaputt zu machen, lässt auch hier grüßen. Im Gegensatz zum Dollar ist der Euro aber herzlich willkommen. Reisende nach Kuba sollten deshalb lieber Euro einstecken, auch viel Kleingeld, als Dollar. Wer glaubt in Kuba sei es billiger als in Deutschland, der irrt.

Auf Grund des letztlich unrealistischen Umtauschkurses zwischen Pesos und Euro bezahlt man in Havanna häufig für Essen oder Kleidung sogar mehr als in einer Stadt wie München oder Berlin. Außerhalb des Hotels ist man so für Essen und Getränke leicht zu zweit 60 bis 100 Euro pro Tag los. Da wir in drei Tagen nicht einen Supermarkt in Havanna entdecken konnten, mussten wir selbst unser Mineralwasser im Hotel kaufen – für drei Euro pro Liter. In einem kleinen Shop in der Nähe des Hotels finden wir es schließlich für 1,50 Euro die Flasche.

Wer mit Kreditkarte in Kuba bezahlen möchte, der muss wissen: Die deutsche Postbank Sparkarte, die sonst fast überall weltweit gilt, wird in Kuba beispielsweise nicht akzeptiert, auch American Express steht auf dem Verbots-Index. Möglich ist eine Kreditkartenzahlung mit Visa oder Maestro in den Hotels oder Restaurants. Hier werden für einen CUC 1,03 US-Dollar berechnet. Es wird also eine Gebühr von circa 3% erhoben. Dass zumindest im Kreditkartenbereich nun plötzlich doch Dollar als Leitwährung in Kuba akzeptiert wird, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass das gesamte weltweite Kreditkartensystem, wie das Internet, eben auf die USA zugeschnitten ist.

Alle Menschen haben Recht auf kostenlose Bildung, Gesundheit, Wohnraum

Die schwierige Fiskalpolitik in Kuba geht einher mit einer Politik, welche Diktator Fidel Castro vor Jahrzehnten einführte, die einerseits soziale Gleichheit gewährleisten möchte, also einen sozialistischen Ansatz verfolgt, andererseits aber auch dazu führt, dass Kuba kein freies Land ist. Das ist der Preis für kostenlose Grundbildung in Kuba, für eine kostenlose Gesundheitsversorgung, auch kostenlosen Wohnraum. Keine Freiheit heißt auch: Keine Meinungsfreiheit, keine Wahlen, keine Reisefreiheit. "Wir sind hier eingesperrt", sagt uns Juan, 25, der in Havanna Musik studiert.

Dennoch geht es Millionen Menschen in Kuba immer noch besser, als in vielen osteuropäischen Staaten der EU, wo es keine Sozialversorgung gibt, auch keine Grundversorgung mit Lebensmitteln oder Wohnraum. Gerne vergessen wird auch, dass in Kubas Nachbarland, den USA, jedes Jahr Tausende US-Bürger auf der Straße sterben, da der Staat außer Suppenküchen in verschlagenen städtischen Ecken anzubieten, nicht viel mehr für die Millionen Ärmsten in den Vereinigten Staaten von Amerika macht. Deshalb gilt zumindest die Gesundheitsreform in den USA, bekannt als Obamacare, zumindest als ein Schritt hin zu einem sozialeren Land.

Besonders die zwangsweise Rationierung von Essen pro Kopf hat in Kuba aber einen äußerst faden Beigeschmack: Versucht hier ein Regime Kritiker über Essenmarken mundtot zu machen, fragt man sich? Denn wer sich mit dem Regime in Havanna anlegt, der dürfte nicht nur Probleme mit Essenmarken bekommen.

UNESCO hilft Havannas Altstadt als Weltkulturerbe zu erhalten

Wer durch Havanna geht, dem fallen aber nicht nur alte Kolonialbauten auf, die seit Jahren teils mit Hilfe der UNESCO als Weltkulturerbe der Menschheit in zäher und langsamer Klein-Klein-Arbeit restauriert werden und viele Polizisten, die in der Altstadt Wache schieben und aufpassen, dass kein Kubaner einem Touristen zu nahekommt.

Auffallend sind auch zahlreiche Zeitungsverkäufe. Doch sie verkaufen keine üblichen Tageszeitungen, sondern die kubanische Staatszeitung "Gramma international" (gramma.cu). Insgesamt in fünf Sprachen wird das Blatt vertrieben: In Spanisch, Französisch, Englisch, Portugiesisch, Italienisch und Deutsch.

Die Zeitung (0,50 CUC, beziehungsweise 0,50 Euro) erscheint mittlerweile im 49. Jahr und im "Year 56 oft the Revolution". Das Vertriebssystem der Zeitung "Gramma" dürfte dabei ein wenig dem System der Straßenverkaufszeitungen, auch bekannt als Obdachlosenzeitungen in Deutschland entlehnt sein. Das bedeutet, dass der Verkäufer pro Exemplar einen kleinen Obolus erhält, der Rest geht an die Zeitung.

Jedenfalls erfahren wir in dieser Zeitung in der Ausgabe vom 23. Oktober 2014 auf Seit 2, wonach Kuba nun beispielsweise einen weiteren wichtigen Schritt im Kampf gegen die lebenslange Krankheit Hepatitis C getätigt habe, von der in Kuba offiziell über 800 Menschen betroffen seien, welche oft in monatelangen Krankenhausaufenthalten sich schmerzhaften Therapien unterziehen müssen:

"Cuba increases production of Hepatitis C medicine", heist es jedenfalls in der Zeitung. Gefeiert wird das neue Hepatitis C Medikament aus Kuba, "Interferón alfa 2b" vom kubanischen Staats-Biotechnologie-Unternehmen "Heber Biotec S.A.". Das Unternehmen gehört zur staatlichen Gruppe BioCubaPharma bekannt als Gigb.

Kostenlose Gesundheitsversorgung heißt nicht auch die beste medizinische Versorgung

Jedenfalls wird in der staatlichen Zeitung das neue Medikament gegen Hepatitis C als großer pharmazeutischer Erfolg der kubanischen Biotechnologie gefeiert, da die Wirksamkeit angeblich um 27% besser sei, als beim kubanischen Vorgänger-Produkt. Die große positive Nachricht dürfte sicherlich auch dem Umstand geschuldet sein, dass das Medikament gegen Hepatitis C, "Interferón alfa 2b", als Joint Venture zwischen Gigb und dem kubanischen Gesundheitsministerium entwickelt wurde. Solche Erfolge gilt es zu feiern.

Was unerwähnt bleibt in dem Artikel ist der Umstand, dass es vom US-Pharmakonzern Gilead seit bald einem Jahr ein Medikament gibt, mit welchem sich das Hepatitis C-Virus innerhalb von 8 bis 12 Wochen bei über 80% der Patienten wieder komplett aus dem Körper eliminieren lässt, eine Komplett-Heilung also möglich ist.

Dieser Schritt galt bis vor wenigen Jahren medizinisch als undenkbar, führte doch das Hepatitis C-Virus zu einer lebenslangen chronischen Leberentzündung und oftmals zu einer Lebertransplantation mit lebenslanger Blut-Dialyse.

Neues besseres Medikament?

Zwar steht in dem Artikel der kubanischen Staatszeitung zum neuen kubanischen Medikament gegen das Hepatitis C-Virus, wonach es neu und deutlich besser sei, als die Vorgänger-Medikamente. Aber davon, dass es auch in der Lage sein könnte, das Hepatitis C-Virus komplett wieder aus dem Körper zu entfernen, steht nichts in dem Text. Das deutet darauf hin, dass das neue in Kuba entwickelte Medikament einfach noch nicht gut genug ist. Vielmehr ist zu lesen:

"To treat chronic Hepatitis C, the patient is injected with 180 micrograms of PEG-Heberon weekly, combined with ribavirin which is taken on a daily basis in doses calculated according to the patient’s weight. The duration of the treatment is anywhere between 12 and 72 weeks".

Könnte das Medikament tatsächlich eine komplette Heilung herbeiführen, hätte es spätestens an dieser Stelle klar gemacht werden müssen, wird es aber nicht.

Diese kleine Anekdote zeigt vor allem eines: Kostenlose Gesundheitsvorsorge in Staaten bedeutet nicht automatisch, auch in Kuba nicht, dass die Menschen wirklich mit den wirksamsten und besten Therapien rechnen können.

Hinzu kommt: Ist ein Land wie Kuba über Jahrzehnte durch umfangreiche Wirtschaftssanktionen, also Embargos, von Weltmächten wie den USA von der Außenwelt abgeschnitten, heißt dies häufig zudem: Die Menschen erleiden nicht nur Lebensmittelknappheit, sondern werden vom Westen vorsätzlich und zusätzlich von der wichtigen Gesundheitsversorgung abgeschnitten.

Kein Zugang ins Internet in Millionen Wohnungen auf Kuba

Dabei gehen externe Isolations-Versuche mit internen der Diktatur in Kuba Hand in Hand. "Wir haben noch nicht einmal in unseren privaten Wohnungen Zugang zum Internet", erklärt die Studentin Esmeralda. "Wir sollen halt nicht hinausschauen in die Welt", meint sie.

Doch trotz der Tatsache, dass es in vielen Hotels in Havanna immer noch kein Internet gibt oder nur für recht teures Geld (im 4-Sterne-Hotel Sevilla für 8 Euro die Stunde; sofern das Internet überhaupt geht; was in unserem Fall über Tage hinweg nie der Fall war), fällt uns doch auf: Uns fehlt das Internet in Kuba gar nicht so.

Spätestens seitdem wir Dank Edward Snowden wissen, dass die Amerikaner mit ihren Softwarekonzernen Google, Apple, Microsoft, Oracle, Facebook, Twitter - und wie sie alle heißen - letztlich auch durch die amerikanische Stasibehörden NSA jedem Bürger der Welt eine Wanze in die privaten vier Wände setzen, sei man fast geneigt zu sagen, erklärt uns Studentin Esmeralda: "Es hat auch einen Zug von Freiheit, dass man in Kuba nicht überall digital von den USA ausspioniert wird."

So erklärt uns denn auch ein Kubaner: Klar sei er verärgert, dass es in Kuba für Millionen Menschen immer noch kein Internet gebe, aber es könne auch sein, dass die Geschichte einmal zeige, dass Kuba zumindest damit auf dem richtigen Weg sein könnte:

"Vielleicht wird man eines Tages doch wieder zu einer Welt ohne Internet zurückkehren, ohne der totalen digitalen Überwachung. Und vielleicht gilt dann plötzlich vielen ein Land wie Kuba, welches fast komplett ohne Internet ist, auch als Modell", meint der Kubaner Juan.

Tausende Oldtimer fahren noch auf Kubas Straßen

Das gleiche gelte für die immer noch zu Tausenden in Kuba fahrenden alten Autos aus den 1940er und 1950er Jahren: Da es bis vor rund einem Jahr das Regime in Kuba verboten hatte, Autos zu importieren, hegen und pflegen die Kubaner ihre alten überwiegend amerikanischen Autos wie einen Schatz.

Wer heute sich in Kuba Besitzer eines 70 Jahre alten Cadillacs schimpft, ist privilegiert: er kann das private Auto auch als Taxi nutzen und zwar selbst dann, wenn keine offizielle Taxilizenz vorliegt. Grund: In Kuba gilt eine Mitnahmepflicht für Tramper - gegen Geld versteht sich. Dass dabei ein Kubaner für ein- und dieselbe Strecke nur 1 Euro bezahlen muss, ein Tourist aber 10, ist ärgerlich, lässt sich aber kaum verhindern.

Heute jedenfalls lebt Kuba vor, dass es durchaus Charme hat, Autos auch über Jahrzenten zu fahren und die Wegwerfgesellschaft nicht immer ihr gutes hat. So kommt es, dass Kuba zwar einerseits als einziges Land der Welt in vielen Bereichen ein einziges Museum ist: In den Hotels stehen oft 80 Jahre alte Kult-Ledersessel, auf den Straßen fahren Tausende wunderschöne Oldtimer, ganz so, als sei die Zeit stehen geblieben.

Die Verlangsamung der Zeit durch eine Verweigerung des totalen Kommerzes durch die kubanische Regierung lässt sich auch am prächtigen Boulevard "Paseo del Prado" aus dem Jahr 1930 in Havanna ablesen:

Kuba verweigert sich dem Kommerz – das hat auch Vorteile

Hätte der Westen hier Einzug gehalten, würde man sich am "Paseo del Prado" wohl von Geschäft zu Geschäft wälzen. So aber gibt es am gesamten Prachtboulevard außer wunderschönen oft halb zerfallenen 100 Jahre alten Luxus-Immobilien, keinerlei kapitalistischen Einflüsse: Keine Boutique stört das wunderbare architektonische Stadtbild. Auch an den sonstigen prächtigen Plätzen und Straßen in Havannas im Kolonialstil erhaltener Altstadt findet sich weder ein Starbucks-Kaffee, noch eine Fastfood-Kette vom Schlage Burger King.

Dafür sehen wir auf dem "Paseo del Prado" Dutzende Jugendliche Skateboard fahren, unzählige Künstler ihre Bilder ausstellen und sonntags Frauen-Gruppen, die sich gegenseitig im Sticken oder Häkeln unterrichten.

Doch trotz der großartigen morbiden Schönheit von Havannas Altstadt, gilt eben: Es ist auch eine Schein-Idylle. Spätestens als wir mit ansehen müssen, wie ein Kubaner, der uns ein Museum zeigen wollte, einfach von einem Polizisten mit Milchbubi-Face vor unseren Augen auf der Straße abgefangen wird, genötigt wird, seinen Ausweis zu zeigen und anschließend in einem über Funk herbeigerufenen kubanischen Polizeiauto in eine Polizeiwache gebracht wird, wissen wir: Kuba ist eine Diktatur. Sie schreckt auch vor willkürlichen Verhaftungen nicht zurück.

Offizielle Lesart der kubanischen Behörden ist gerne, man wolle die Touristen vor einheimischen Neppern schützen. Das mag auch in der Tat eines der Motive sein. Doch das viel größere Motiv ist eben die Machtdemonstration der Diktatur gegen seine Bürger: Erzählt ja nicht zu viel den Touristen, sonst geht es ab ins Gefängnis. Es ist die Politik der Angst, mit welcher Kubas Regime sich auch an der Macht hält. Dabei unterscheidet sich Kuba nur marginal von Diktaturen, wie man sie aus Ägypten oder dem Irak kannte. Der einzige Unterschied ist: Kubas Regime foltert seine Bürger nicht – zumindest nicht körperlich. Auch ist die Gefängnis-Politik in Kuba zwar brutal, aber längst noch nicht so brutal, wie man es über Jahre in Ägypten oder dem Irak kannte.

Kuba ist eine Diktatur: Wir werden Zeuge einer Willkür-Verhaftung

Ein Kubaner, der Zeuge des Verhaftungs-Vorfalls war, sagt uns, wenn wir mit ihm in die Polizeidienststelle kämen, könnten wir bestätigen, dass der Kubaner, der verhaftet wurde, nichts Böses im Schilde geführt habe. Nach einer solchen Aussage durch Touristen, würde man den verhafteten Kubaner angeblich wieder freilassen. Doch auch nach einer Stunde warten vor der Polizeidienststelle werden wir nicht eingelassen. Stattdessen erleben wir, wie im 10-Minuten-Rhythmus Polizeiautos vorfahren und immer wieder wohl eher unschuldige Männer mit Handschellen in das örtliche Gefängnis gebracht werden – junge Männer, ältere Männer.

Man erzählt uns: Auch diese Männer seien auf offener Straße in der Altstadt von Havanna – also dem Schmelztiegel des Tourismus auf Kuba - einfach verhaftet worden. Auch ihnen werfe man vor, entgegen des Gesetzes, mit Touristen gesprochen zu haben. Wie eine solche Willkür-Verhaftung ausgehe, fragen wir:

Wer mit Touristen redet, dem droht eine umgehende Verhaftung in Kuba

Ein Kubaner, Mitte 40, erzählt uns: "In manchen Monaten bin ich bis zu 10 Mal verhaftet worden". Dabei habe er "nichts anderes getan, als auf der Straße zu laufen, auf welcher auch Touristen verkehren". Meist komme man zwar nach drei bis fünf Stunden aus dem Gefängnis wieder frei. Doch manchmal müsse man über Nacht im Gefängnis bleiben oder zwischen fünf und zehn Euro Ablöse an die Polizisten bezahlen.

Warum er denn heute mit Touristen frei herumlaufen könne im Gebiet der Polizeidienststelle in Havannas Altstadt, wollen wir von dem Kubaner, welcher uns zur Polizeidienststelle begleitet hatte, wissen. Seine Antwort: Er wolle sich nicht äußern. Auf unseren Kommentar hin, ob er monatliche Zahlungen an den regionalen Polizeichef leiste, weicht er mit einem Lächeln aus. "Kuba ist eine Diktatur, my friend", sagt er nur. Mit Sozialismus habe dies nicht viel zu tun. Außerdem habe er flinke Augen und versuche wo immer es geht auf der Straße Polizisten aus dem Weg zu gehen.

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