Rocket Internet & Oliver Samwer: Jahresverlust 431 Mio. Euro in 10 Beteiligungen? / ZDF Frontal21 grillt Olli

Vom Höhenflug der positiven Medienberichte in den vergangenen Monaten angetrieben, mag Oliver Samwer von Rocket Internet gedacht haben: Mit Charme und Melone werde ich Frontal 21, die bekannte ZDF-Sendung, schon nehmen. Doch am Ende wurde nur einer genommen - und das nicht mit der soften, sondern mit der harten Tour: Oliver Samwer. Ihm standen während des harten ZDF-Interviews zu den weltweiten Rocket Internet Geschäften die Schweißperlen im Gesicht:

Wer auch immer Rocket-Internet CEO Oliver Samwer dazu geraten hat, sich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ZDF und obendrein mit der Sendung Frontal21 einzulassen: er hat Olli, wie ihn viele in der Szene durchaus ehrfürchtig nennen, einen Bärendienst erwiesen.

Fast konnte er einem leidtun, wie Oliver Samwer da so jungenhaft-männlich dasaß. Doch Oliver Samwer ist ein harter Kerl, der so manchen anderen harten Kerl, hört man in der Szene, schon zum Weinen gebracht haben soll. Also tauchen wir ein in Ollis Welt und lassen noch einmal die Szenen uns vorführen, in denen ausnahmsweise mal Oliver Samwer die härtere Tour erfahren hat.

Schon die fette Titelgeschichte in der Wirtschaftswoche vom Montag den 25. August 2014 über die Samwer-Brüder und Rocket Internet mit der wenig schmeichelhaften Schlagzeile "Die Glorreichen Halunken" (Autoren: Henryk Hielscher, Karin Finkenzeller, Michael Kroker) ließ erahnen: Oh je, das ist die härteste Presse, die die Samwers jemals zu spüren bekommen haben.

Die Augen rieb man sich auch angesichts des in typischer Wirtschaftswoche-Manier inszenierten Posing-Fotos von Alexander Samwer, Oliver Samwer und Marc Samwer - fein in ROTEN Slim-Hemden (Marke: Boss?) und schwarzen Krawatten. Haben sich die drei auch noch freiwillig zur medialen Schlachtbank führen lassen, fragte man sich da. Und: Wer, um Gottes Willen, hat da im Hause hinsichtlich guter Beratung versagt? Denn bislang kannte man kaum Posing-Fotos von den dreien zusammen. Eines, das immer wieder auftauchte in den Medien war jenes, welches die drei Samwer-Guys an der Außenalster in Hamburg zeigt mit den Jamba-T-Shirts.

Nun, angesichts des medialen Supergaus, welcher über die Samwers hereinbricht, konnten einige der deutschen Internet-Szene sich kaum ein Grinsen verkneifen. Denn bislang war es immer so: Lief bei anderen deutschen Internet-Unternehmen mal was nicht so gut, gab es massive Haue. Nicht so bei den Samwers: Apart und charmant, attraktiv und frech, lächelte Oliver Samwer alles weg. Wie das Fett an einer Teflon-Pfanne abprallt, schienen die Samwer das Image der Good Boys zu haben.

Wirtschaftswoche titelt wenig schmeichelhaft in der Ausgabe 35 vom 25. August 2014 über die Samwers: \"Drei Glorreiche Halunken\".

Doch nun der ZDF-Titel in Frontal 21: "Die große Samwer Show: Rocket Internet / Die Milliardengeschäfte der Samwer-Boys". Als Autoren wurden Christian Esser und Birte Meier genannt. Zwei ZDF-Journalisten, die auch ab und an während der 45 Minuten Sendung "Grillt Olli" zu sehen waren.

Olli im Louvre in Paris - da wo die Mona Lisa hängt

Wir erfahren: Im Louvre in Paris, da wo die Mona Lisa hängt, hätten sich unlängst Vertreter der wichtigsten Handelskonzerne getroffen. Dabei sei auch einer "ihrer größten Konkurrenten eingeladen" worden: Oliver Samwer - die digitale Revolution Made in Germany. Im ZDF hören wir, was die Internetszene weiß: Oliver Samwer, das ist der Frontmann der Samwer-Brüder.

Auch das war mehr oder weniger bekannt: Die Eltern der Samwers sind wohlhabend. Ihr Vater gehört zu den bekanntesten Rechtsanwälten in Köln - jener Stadt, bekannt für den Klüngel.

Dann macht das ZDF einen Schnitt: Berlin Mitte. Hier steht die Zentrale der Samwer Schmiede - Rocket Internet. Die meisten Mitarbeiter dort seien männlich, unter 30, bereit, rund um die Uhr zu arbeiten (und, interpretiert man das aktuelle Samwer-Buch "Die Paten des Internets" von Joel Kaczmarek richtig, wohl auch begierig, von Olli immer mal wieder eine aufs Dach zu bekommen). Angeblich würden zwischen 10.000 und 20.000 Menschen für Rocket arbeiten, darunter 350 in Berlin.

"Und wer bei Rocket arbeitet, fühlt sich als was ganz besonderes". Oliver Samwer schotte sein Unternehmen ab, sagt das ZDF. Nach Monaten endlich gebe Mr. Samwer schließlich ein Interview.

Dort erzählt der harte Meister dann: Rocket, das sei ein bisschen so wie die deutschen Tugenden: Fleiß, aber auch das Motto "mach nicht so ne große Welle". Ähnliches schreibt Oliver Samwer auch in seiner in englischer Sprache gehaltenen Uni-Abschlussarbeit aus dem Jahr 1998 ("America's Most Successfull Startups"; WHU Koblenz). Gute Mitarbeiter bräuchten ein gutes Arbeitgeber-Umfeld, schreibt Olli da ganz so, als wäre er der feine Verdi-Vertreter vom Kaffeeautomaten links. "Wir sind ein bisschen wie Schrauben Würth". Sein Ziel, sagt das ZDF, seien 150.000 Mitarbeiter.

Weiter sagt Frontal21, wonach Rocket Internet nun mit home24 Ikea angreifen wolle. Rocket Internet ist weltweit tätig - das belegen auch diverse Netz-Trends.de-Analysen zu Rocket. "Wo immer sich Geld verdienen lassen könnte, tauchen die Samwers auf", sagt das ZDF. Ihr Ziel: So groß werden wie Facebook oder Google. Rocket sei dabei ganz anders als andere deutsche Internet-Unternehmen: Vor allem aber würde Rocket dadurch auffallen, dass sie oft auffallend ähnlich zu anderen wären - zu anderen Portalen, die es schon vor Rocket Internet gegeben habe. "Die Samwers haben sich auf das Klonen spezialisiert" folgert das ZDF Frontal21.

Als Beispiel führt der öffentlich-rechtliche immer noch mächtige TV-Sender an: Alando. Das ist bekanntlich das erste Samwer Projekt aus dem Jahr 1999. Für das ZDF ist es "ein Klon von eBay". Der nächste Coup war bekanntlich Jamba. Hier hätten die Samwer-Brüder "sehr viel Geld in TV-Spots" gesteckt. Das Resultat: Nach 9 Monaten habe der bekannte Samwer-Klingelton-Anbieter bereits über eine Millionen Abonnenten gehabt. Darunter seien viele Kinder gewesen. Doch das habe massenhaft Beschwerden und Prozesse mit sich gebracht.

Ollis Stimme: Zwischen Kasernen-Hof-Härte und Entertainment-Boss in Florida

Plötzlich sei Jamba für enorme 273 Millionen Dollar verkauft worden. "Oliver Samwer übernimmt Geschäftsmodelle, die sich schon bewährt" haben, teilt das ZDF mit. Dann folgen Erklärungen von Oliver Samwer. Demnach sei es mit der Gründung von Unternehmen wie mit dem Aufstehen - allerdings sei es "schon anstrengender", sagt Olli in seiner bekannten Stimme, die eine Melodie zwischen Kasernen-Hof-Härte und Entertainment-Boss in Florida hat.

Weiter geht es nach Kalifornien. Dort sitzen bekanntlich "die wahren Internet-Giganten", sagt das ZDF. Gemeint sind Apple mit dem iPhone, Facebook oder natürlich Google. Gründer würden dort gefeiert wie Helden, sagen die ZDF-Reporter.

Auch die Samwers seien dort berühmt. "Die haben hier nicht den besten Ruf, die Samwers", erklärt eine dunkelhaarige Frau aus dem Silicon Valley. Von Rocket "ist bekannt, dass sie sich Konzepte in den USA angeschaut haben und das dann weltweit ausgerollt haben".

Dann zitiert das ZDF den Investor Jason Calacanis: "Deutschland bekommt einen schlechten Ruf wegen der Samwer-Brüder. In Amerika und überall auf der Welt glaubt man jetzt, dass die Deutschen keine guten Denker wären."

US-Kritiker: "Ich hasse die Samwers. Ich hoffe, dass sie kaputtgehen"

Ähnlich äußert sich im ZDF Neil Blumenthal, Gründer von Warby Parker: "Ich hasse die Samwers. Ich hoffe, dass sie kaputt gehen". In Deutschland getrauten sich, ist in der ZDF-Sendung Frontal21 zu hören, nur wenige, offen über die Samwers zu sprechen.

Tilo Bonow, ehemaliger Pressesprecher von Jamba, spricht aber in der ZDF-Sendung über die Samwers. Er sagt, wonach es absolut sportlicher Ehrgeiz wäre, was die Samwers täten. Es gehe nicht nur ums Geld, sondern auch darum, dass man schnell vorne sei.

Eine offene Rechnung mit den Samwer-Boys scheint noch Ehssan Dariani, Mitbegründer von StudiVZ, zu haben: "Wenn sie von einem was wollen, sind sie sehr sehr devot, rufen auch immer an. So wie man Frauen verführt, gehen sie auch bei Männern vor, schmieren einem Honig um den Mund, sprechen von der gemeinsamen Partnerschaft". Wenn Monsieur Oliver Samwer etwas haben wolle, rufe er Tausend Mal an, schreibe unzählige E-Mails.

Dann fällt Oliver Samwer mal wieder seine Blitzkrieg-Mail auf die Schuhe: "Ich bin der aggressivste Mann im Internet. Auf dem ganzen Planeten. Ich werde sterben, um zu gewinnen und erwarte dasselbe von Euch", hören wir so oder so ähnlich im ZDF über eine angebliche Mail von Olli.

Zum harten Umgang mit Mitarbeitern, komme das aggressive Geschäft. Dabei agiere man bei Rocket Internet, behauptet zumindest das ZDF, so manches Mal "am Rande der Legalität".

Wir erfahren etwas über die durchaus erfolgreiche private Wohnraumvermittlungs-Plattform Wimdu, auch ein Samwer-Beteiligungs-Projekt. Das sei, sagt das ZDF, eigentlich eine Kopie vom Marktführer airbnb (die im April 2014 auf mehreren Seiten peinlich in Schleichwerbe-Manie in Hubert Burdas Focus Magazin bejubelt wurde).

Angeblich hätte wimdu, sagt zumindest das ZDF, unter einem Vorwand airbnb Mieter versucht abzuwerben. Dann gibt es einen Kameraschwenk von Frontal21 in die türkische Metropole Istanbul.

Einer ist noch böse: Stellte Rocket Scheinprodukte auf Konkurrenzseite in der Türkei?

Auch hier würden die Samwers mit zweifelhaften Methoden auffallen. Sie hätten dort gleich 8 Firmen gegründet - vom Möbelverkauf bis Schuhverkauf. Zu Wort kommt Can Altineller, ein ehemaliger Geschäftskonkurrent der Samers. Er spricht davon, wonach er eine Kunsthandwerks-Seite betrieben habe. Seine Kunden würden dort Produkte anbieten. Doch plötzlich seien auf seiner eigentlich angesehenen Webseite "Scheinprodukte" aufgetaucht. Immer wenn sie dann verkauft werden hätten sollen, seien sie plötzlich wieder verschwunden. Zudem sei ihm aufgefallen, dass heimlich versucht worden sei, seine Kundendaten auszuspionieren.

Doch dann der Schock: So habe er festgestellt, dass diverse dubiose Transaktionen angeblich über Rocket Internet gelaufen seien, behauptet zumindest Can Altineller, der Gründer der betroffenen Webseite Emeksensin. Er sagt: "Sie sind hinterhältig und aggressiv". Dennoch sei nach wenigen Monaten das Samwer-Projekt in der Türkei gescheitert. 400 Mitarbeitern seien entlassen worden.

Dem entgegen Oliver Samwer: "Wir arbeiten jeden Tag 18 Stunden und deshalb gewinnen wir... wir sind ganz stark mit deutschen Tugenden unterwegs".

Doch schon kommt der nächste Querschläger auf Oliver Samwer, der bereits mehr auf dem Seziertisch baumelt, als liegt. So sagt das ZDF: Dort wo die deutsche Öffentlichkeit nicht so genau hinschaue, gehe Samwers Rocket Internet mit allen Mitteln vor.

Als Beispiel wird das Samwer-Projekt Jumia in Afrika genannt. Es wachse und wachse und wachse. Doch Wachstum interpretieren scheinbar andere anders: "Wir denken alle, dass die Samwers den Markt in Afrika kannibalisieren, wird Sam Gichuru, Geschäftsführer von Mail lab zitiert. Und weiter heißt es: "Rocket unterstützt nicht die lokalen Unternehmer. Sie sind böse, die Samwers".Bereits in der Wirtschaftswoche vom 25. August 2014 war dazu zu lesen:

"In Afrika verschaffte Rocket Internet seinem Online-Händler Jumia einen Vorsprung gegenüber dem wichtigsten Wettbewerber, dem nigerianischen Online-Anbieter Konga. Die Berliner sicherten sich die Konga-Web-Adressen in elf afrikanischen Ländern... Konga jedenfalls kann unter eigenem Namen dort nicht mehr antreten". Clever, ausgebufft oder unseriöses Verhalten? Die Interpretationen hierüber gehen weit auseinander.

Dabei, sagt wiederum das ZDF, gäben sich die Samwers in Afrika gerne als Wohltäter aus, als Kinderliebhaber. So hätte Jumia angeblich gut 6000 Bücher behauptet gespendet zu haben, doch angekommen seien angeblich lediglich rund 700. Das behauptet zumindest das ZDF.

Umstrittene Geschäftspartner: Oliver Samwer und sein Investoren-Spezl, Milliardär Stephan von Holtzbrinck aus Stuttgart

Wieder Schnitt in der ZDF Sendung Frontal21. Zunächst habe Ehssan Dariani seinen Investoren vertraut: Oliver Samwer und seinem Geschäftspartner, Milliardär Stephan von Holtzbrinck aus Stuttgart. Doch hinterher, sagt StudiVZ-Mitbegründer Ehssan Dariani heute sauer, fühle er sich von den beiden über den Tisch gezogen. Hingegen behauptet Stephan von Holtzbrinck, er habe im Falle des StudiVZ-Mitbegründers angeblich "sämtliche Ansprüche bedient". Das scheint Dariani vor allem mit Blick auf die Samwers nicht so zu sehen: "Vertrauen ist gegenüber den Samwers fehl am Platz".

Dann geht es in ZDF Frontal21 weiter zur nächsten Rocket Internet Baustelle: Zalando. Das Portal sei innerhalb von 5 Jahren aufgestiegen. Der Slogan "schrei vor Glück" ist bekannt. Mittlerweile, sagt das ZDF, mache Zalando fast 2 Mrd. Euro Umsatz und sei in 15 Ländern aktiv. Profitabel sei das Unternehmen aber nicht. Im vergangenen Jahr habe Zalando angeblich Verluste von 115 Millionen Euro eingefahren.

Dass Zalando so groß sei, wie es ist, habe Zalando auch vielen Bloggern zu verdanken, die angeblich gegen Gutscheine Zalando Links verkaufen würden. Auch deshalb sei Zalando in Google angeblich "so weit vorne", sagt das ZDF. Die Geschichte mit den Gutscheinen an die Blogger hätten Frontal21 und die Wirtschaftswoche anhand konkreter Beispiele herausgefunden, erklären die beiden ZDF-Reporter. Zalando wolle sich allerdings hierzu, so das ZDF, nicht äußern.

Des Weiteren erklärt das ZDF, wonach der Staat angeblich reichlich an Rocket Internet Fördergelder gebe - angeblich für den Bau von Lagern, Schulungen von Mitarbeitern. Angeblich seien es bislang rund 35 Millionen Euro gewesen. Nur: Deutschlands wirkliches Großkapital erhält von der EU und den deutschen Behörden Milliarden an Förderungen jährlich, das bleibt in der Zalando-Sendung des ZDF allerdings unerwähnt.

Ist Olli in Wirklichkeit der Graf von Luxemburg - oder warum hat er da so viele Firmen?

Zu den staatlichen Förderungen von Rocket Internet-Projekten komme hinzu, führt das ZDF aus, dass angeblich "viele Unternehmen der Samwers" im "steuerbegünstigen Ausland" angesiedelt seien. Angeblich gebe es ein Samwer-Labyrinth von über 1500 Samwer-Unternehmen. Über 100 wären im Steuerparadies Luxembourg angesiedelt. Dabei gebe es Gerüchte, sagt das ZDF, wonach einige Geschäfte in Luxemburg auch ganz steuerfrei seien. Doch das scheint Oliver Samwer so nicht zu sehen.

Jedenfalls, führt Frontal21 weiter aus, plane nun Oliver Samwer sein Meisterstück: Der Börsengang. Dabei seien bislang neben Investoren wie Stephan von Holtzbrinck (Holtzbrinck Ventures aus Stuttgart) als seine Förderer aufgetreten: Cristina Stenbeck aus Schweden, Len Blavatnik (russisch-amerikanischer Milliardär), Lakshmi Mittal (indischer Stahlbaron), Victor Pinchuk (Ukraine) sowie der Clan von Silvio Berlusconi.

Weiter sagt das ZDF, wonach Rocket Internet derzeit angeblich von einigen auf einen Wert zwischen 3 und 5 Milliarden Euro taxiert werde. Doch hätte für das ZDF und die Wirtschaftswoche Prof. Dr. HSG Jörg Funder eine Studie über Rockets Vermögenswerte gemacht. Der Name: "Fokusstudie 'Rocket Internet'. Analyse der Gewinntreiber und Unternehmensbewertungen der Rocket Internet Ventures".

Das Ergebnis, so Prof. Funder, sei, dass fast alle Samwer-Unternehmen welche Zahlen publizierten, Verluste angehäuft hätten. Hinzu komme, dass beispielsweise die Jahresabschlüsse von Home24 oder Westwing - Rocket-Projekte die künftig groß heraus kommen sollten - angeblich noch keine Jahresabschlüsse zum Zeitpunkt des ZDF-Interviews mit Oliver Samwer publiziert hätten.

Dazu sagt wiederum Oliver Samwer, dass es primäre Aufgabe eines Start-Ups sei, zu wachsen. Alles was in den Bundesanzeiger müsse, komme auch rein. Dennoch sagt Prof. Funder, wonach er spekuliere, dass man bei Samwers teils bewusst Zahlen der Unternehmen nicht offenlege - gerade jetzt vor dem geplanten Börsengang. In Cristina Stenbecks Jahresbilanz habe man schließlich festgestellt, wonach alleine zwei Rocket-Projekte derzeit jeweils über 40 Millionen Euro Verlust auswiesen - Home24 und Westwing.

Alleine im Jahr 2013 Verluste von gut 431 Millionen Euro angehäuft?

Allein 2013 hätten 10 zentrale Rocket-Beteiligungen operative Verluste von 431 Millionen Euro angehäuft, rechnet das ZDF vor. Angeblich habe Rocket Internet dies auf Anfrage dem ZDF bestätigt.

Bleibt noch einmal das derzeitige Lieblingsthema der Medien rund um Rocket anzusprechen: Der von Rocket Internet geplante Börsengang. Hier reibt sich das ZDF daran, dass es sich um einen Börsengang im Rahmen des Open Market handele. Doch dieser Börsenmarkt sei staatlich angeblich "kaum reguliert", behaupten zumindest der Mainzer Rundfunksender und zitiert dazu Prof. Rudolf Hickel, Wirtschaftswissenschaftler der Universität Bremen mit den Worten:

"In meinen Augen ist das ein ganz schlechtes Beispiel für das Unternehmen hier seriös Kapital zu gewinnen. Sonst würde man einen normalen Börsengang machen." Weiter sagte Hickel, wonach er Rocket Internet so verstehe, dass das Geschäftsgeheimnis gerade darin bestehe, extrem geheimnisvoll zu sein.

Jedoch könne er, sagt Hickel, "mit der Empirie argumentieren", dass viele an der Open Market Börse dubios seien oder Luschen - beides Kategorien, welche Kapitalanleger um viel Geld gebracht hätten. Dies müsse aber, sagt Hickel, ein Oliver Samwer wissen.

Oliver Samwer verteidigt sich zum Schluss auf dem ZDF-Grill mit den Worten, wonach er und seine Brüder zu den wenigen der Internetunternehmern gehörten, die in Deutschland wohnten und im großen Stil Arbeitsplätze schafften (Achtung: In Leipzig, Hamburg oder Berlin gibt es da aber auch noch andere). Dennoch zieht das ZDF das Fazit, wonach "Samwer weltweit Verlierer" produziere. Nur er, Oliver Samwer und seine Brüder, die würden immer gewinnen. Deshalb auch der Sendungstitel über die "große Samwer-Show". Trotzdem muss gesagt werden:

Natürlich ist Oliver Samwer ein Unternehmer-Genie. Eine Mischung aus allem halt. Dass Start-Ups in den ersten Jahren Verluste einfahren - das kennen wir übrigens von bekannten Beispielen aus den USA - wie amazon. Außerdem müssen gerade wir in Deutschland auch dankbar sein, dass es Unternehmer und Investoren gibt, welche nicht in allen Geschäftsfeldern des E-Commerce den Amis das Feld überlassen. Doch wir steuern immer mehr auf das Zeitalter der amerikanischen Internet-Monopolisten zu, die alles beherrschen. Wollen wir das? Es ist doch klasse, wenn es noch Konkurrenz zu airbnb, amazon & Co gibt. Samwers versuchen, wie einige andere deutsche Internet-Unternehmen, den Amerikanern Konkurrenz zu machen - das ist zunächst einmal ein gutes Zeichen für die ganze Internetbranche.

Dem ZDF und der Wirtschaftswoche gebührt aber Respekt: Die Samwer-Geschichte ist tiefgründig und relativ fair recherchiert, weshalb es auch ein wichtigtes journalistisches Stück ist. Für Rocket Internet dürfte es Monate dauern, ehe man das verdaut hat. Aber Jungs: Mit Sportgeist geht im Leben alles besser. Dass die Wirtschaftswoche selbst zum Imperium derer von und zu Holtzbrincks gehört, wobei Teile der Familie über Holtzbrinck Ventures selber an Rocket Internet beteiligt sind, ist eine bemerkenswerte Anekdote von Pressefreiheit in diesem Lande. Verleger ist bei der Wiwo Dieter von Holtzbrinck, der Halbbruder von Stephan. Dieter von Holtzbrinck ist ein Mann, der stets an die Zeitungen geglaubt hat und dem die Pressefreiheit und Arbeit an demokratischen Werten der Aufklärung scheinbar wichtiger sind, als Blutsbande und langfristiges mögliches Digital-Geld.

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