Türkei Sperrung Twitter: War der Vogel zu vogelfrei? Angeblich 643 Bitten an Twitter, illegale Inhalte zu löschen

Erst danach habe die türkische Generalstaatsanwaltschaft den amerikanischen Kurz-Chat-Dienst Twitter in der Türkei blockiert. Das wurde jetzt in der Türkei bekannt. Von Twitter selbst gibt es bislang zu dieser angeblich hohen Frequenz an Lösch-Aufforderungen an Twitter keine Erklärung. Gleichzeitig wurde nun bekannt, wonach es mehreren Social Media Fachleuten in der Türkei gelungen sei, die gerichtlich angeordnete Blockade des amerikanischen Kurz-Chat-Portals Twitter zu umgehen.

Riesen Wirbel um Twitter in der Türkei. War der Vogel zu vogelfrei?

Angeblich, so wurde jetzt in der Türkei bekannt, habe es offiziell seit Januar 2014 aus der Türkei insgesamt 643 Bitten an das US-Portal Twitter gegeben, von Gerichten als illegal erklärte Inhalte zu löschen – angeblich vergebens.

Dies habe nun zur Folge, dass die Generalstaatsanwaltschaft der Türkei die Internet-Blockade gegen Twitter angeblich unter Einbeziehung der Blockade von bestimmten Google-Links verschärft habe. Allerdings konnte netz-trends.de diese Aussage bislang nicht verifizieren.

Derzeit ist Twitter in der Türkei nur noch von Fachleuten erreichbar, normale Internetnutzer erhalten eine Fehlermeldung. Grund ist, dass Twitter mehrere Gerichtsurteile ignoriert haben soll, in denen der amerikanische Kurz-Chat-Dienst Twitter aufgefordert worden war, illegale Links über heimlich veröffentlichte Telefonmitschnitte des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan zu löschen.

Immer wieder gibt es weltweit Gerüchte, wonach Twitter selbst nach gerichtlicher Aufforderung Inhalte nicht lösche. Eine Leipziger Rechtsanwältin erklärte gegenüber netz-trends.de: "Immer mehr Bürger nutzen Twitter mittlerweile auch, um unter dem Schutz der Anonymität und amerikanischer Server andere Menschen teils übelst zu verleumden".

Dabei komme erschwerend hinzu: "Wer auf Portalen wie Twitter etwas entfernen lassen möchte, der hat sehr große Probleme“, erklärt die Anwältin. Der Grund liege darin, dass Betroffene erst einmal die deutsche Staatsanwaltschaft und Gerichtschaft dazu bewegen müsse, innerhalb von einer Woche nach einer vermeintlichen oder tatsächlichen illegalen Veröffentlichung, tätig zu werden. Zunächst muss dabei die IP-Nummer des jeweiligen Posters gerichtlich ausfindig gemacht werden.

Anschließend müssten die Gerichte innerhalb weniger Tage die Telekommunikationsbehörden anschreiben und um Preisgabe der Identität des Postenden bitten. Kommt es zu einem Gerichtsentscheid auf Entfernung eines Twitter-Beitrags, müsste dieser Bescheid wiederum Twitter in den USA zugesendet werden. Doch ob Twitter deshalb einen von einem deutschen oder sonstigen Gericht als nicht akzeptablen Twitter-Eintrag beurteilten Tweet auch entfernt, "steht in den Sternen", erklärt die Anwältin. Häufig bewege sich angeblich "Twitter hier nicht", kritisiert sie.

Angeblich - schreibt zumindest die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu - scheint sich nun allerdings der US-Kurz-Chat-Dienst Twitter mittlerweile im Angesicht der für Twitter desaströsen Komplett-Blockade durch die türkische Generalstaatsanwaltschaft, zu bewegen.

Angeblich würden die Amerikaner nun langsam anfangen, die vom Gericht als illegal deklarierten Postings zu löschen, heißt es in der Türkei. netz-trends.de konnte jedoch auch diese Behauptungen nicht verifizieren.

Von Seiten der türkischen Regierung und der Generalstaatsanwaltschaft hieß es, man sei derzeit mit Twitter im Gespräch und suche nach einer Lösung. Gleichzeitig gibt es jedoch Berichte, wonach die türkische Generalstaatsanwaltschaft ihre harte Gangart gegen Twitter verschärfe und nun zunehmend auch Inhalte von Google blockieren lasse, welche nach wie vor auf von Gerichten als illegal deklarierten Twitter-Inhalte verwiesen. Angeblich agiere man hier im Bereich des Google Domain Name System. Allerdings konnten wir bislang auch diese Behauptung nicht verifizieren.

Derweil beeilen sich westliche Politiker, sich am Türkei-Bashing zu beteiligen. So sagte beispielsweis der schwedische Außenminister, Carl Bildt, die Blockade von Twitter in der Türkei sei "dumm" und käme "mit harter Konsequenz wieder zurück".
Dem trat der türkische Informationsminister Lutfi Elvan am Samstag mit den Worten entgegen, wonach "alle Social Media Unternehmen und Portale das Gesetz zu beachten“ hätten, "seien es die amerikanischen Portale Twitter, Yahoo, Google oder andere".

Der Stellvertretender türkische Ministerpräsident Bülent Arinc sagte wiederum in einer Erklärung Freitagabend wonach "Twitter jetzt zunehmend auch für die Entscheidungen der Gerichte offen" sei. Außerdem soll der Stellvertretende Ministerpräsident der Türkei gesagt haben, wonach er den Eindruck habe, dass "Twitter jetzt endlich bereit ist, die Entscheidungen der Gerichte auch umzusetzen".

Gleichzeitig betonte er, wonach ein "gegenseitiges Verständnis" für die Einhaltung von Gerichtsentscheiden auch durch Twitter sehr hilfreich wäre. Zudem führte er etwas bildlich aus, dass die Türkei "auf der Seite der Schönheit" stehe, auch wisse man, dass Twitter "die Schönheit der Welt" habe.

Ebenso verwies Bülent Arinc auf den Korruptionsskandal in der türkischen Regierung und skizzierte nochmals, wonach "diese Dinge nicht neu" seien. Sie seien "für jedermann zugänglich zu bestimmten Zeiten". Dabei sei "es nicht das erste Mal, dass es Vorwürfe von Korruption in der Politik" gebe. Außerdem wisse man in der Türkei, dass "jeder der sterblich ist, auch Fehler machen kann". Außerdem sehe er es durchaus so, dass Menschen "die Fehler machen, wie Korruption, Veruntreuung, Missbrauch" in "die Hölle" kämen. Im Streit mit Twitter und den dort veröffentlichten Telefonmitschnitten geht es zentral um Korruptions-Vorwürfe in der türkischen Regierung.

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