Facebook zahlt 19 Mrd. Dollar für WhatsApp - 345 Mio je Mitarbeiter

Der Kaufpreis von WhatsApp orientiert sich an bisherigen Deals im Social Media Bereich. Hier waren pro Nutzer rund 40 Dollar bezahlt worden - unabhängig vom Gewinn oder Umsatz des Unternehmens. Dabei gilt der Kauf von Whatsapp als größter Digital-Deal in der Geschichte, der jeweils durch eine venture capital-Firma mit finanziert wurde. Whatsapp ist 2009 von dem Ukrainer Jan Koum und dem Amerikaner Brian Acton gegründet worden. Jan Koum war als 16-Jähriger Immigrant aus der Ukraine in den USA angekommen.

Megadeal für eine eigentlich kleine App - Whatsapp.

Es ist die Megageschichte des bisherigen Jahres: Facebook hat kalte Füße bekommen und seinen Social-Media-Konkurrenten WhatsApp ("mobile messaging service") mit der absurd hohen Summe von 19 Milliarden Dollar übernommen.

Vor seiner Whatsapp-Gründung arbeitete Koum rund ein Jahrzehnt bei Yahoo Inc. als ein Software-Entwickler. Künftig wird er Mitglied des Direktoriums von Facebook sein. WhatsApp hat seine kleine Firmenzentrale im kalifornischen Mountain View in den USA - also dort, wo auch Google ansässig ist. Während der Verkaufsverhandlungen hatte sich Facebook durch Allen & Co. LLC sowie Weil, Gotshal & Manges LLP beraten lassen. WhatsApp war beraten worden von Morgan Stanley und Fenwick & West LLP.

Die bisherigen Geldgeber und Stockholder an Whatsapp hatten bislang primär über die Kapital-Gesellschaft Sequoia Capital (unter anderem Jim Goetz) 8 Millionen Dollar (einige Quellen sprechen auch von 60 Millionen Dollar) in Whatsapp investiert. Sowohl die Gründer wie externen Geldgeber dürften jetzt ihre Anteile an Whatsapp um mehrere Tausend Prozent steigern. CEO bei Whatsapp ist Jan Koum. Das Wall Street Journal schreibt, der Anteil von Sequoia Capital an Whatsapp habe nun einen Gegenwert von rund 3 Milliarden Dollar.

Um sich die Dimension des Whatsapp-Kaufs durch Facebook deutlich zu machen: Das Aktienpaket der deutschen Milliardärs-Familie Quandt und Klatten - Hauptaktionäre von BMW - wird nicht wesentlich höher bewertet, als der jetzige Kaufpreis des "kleinen" Handy-Dienstes Whatsapp. Dabei gilt die Familie Quandt als eine der 100 reichsten Familien weltweit.

Auch die deutsche Milliardärs-Familie Albrecht vom deutschen Discounter Aldi wird in etwa in die gleich hohe Bewertungs-Kategorie gerechnet, wie der jetzige absurd hohe Mega-Deal zwischen Facebook und Whatsapp. Die Albrecht-Brüder von Aldi galten jahrelang als exklusive Angehörige des Clubs der zehn reichsten Menschen auf der Welt. So verabschiedet sich zunehmend die reale Welt in die digitale.

Whatsapp hat Konkurrenz - von Kakao Talk bis Threema

Bei der Übernahme von Whatsapp durch Facebook floss nun ein Großteil des Geldes in Aktienanteile an Facebook für die Whatsapp-Gründer. Umgerechnet entspricht der hohe Kaufpreis einem Gegenwert von 345 Millionen Dollar je Whatsapp-Mitarbeiter.

Bei Whatsapp handelt es sich um einen Social-Media-Messenger, der für etwas unter einem Euro Jahresgebühr auf Smartphones als App heruntergeladen werden kann. Whatsapp verfügt zwar bereits weltweit über mehr als 450 Millionen Nutzer, ist aber längst nicht mehr alleine am Markt.

Doch längst ist Whatsapp nicht mehr alleine, sondern sieht sich einigen Konkurrenten gegenüber: Ähnliche Angebote für Smartphone-Chats heißen zum Beispiel Viber (Israel; steht wegen dem mangelnden Datenschutz stark in der Kritik), Line (Asien), WeChat, Kakao Talk oder der verschlüsselte Dienst Threema ("Seriously secure mobile messaging").

Bis auf Threema ist fast all diesen Chatdiensten, beziehungsweise Nachrichten-Diensten, gleich: Sie greifen nahezu komplett und teils automatisch in das private Telefonbuch des Handys, teils auch in die Kontaktliste des angegebenen Email-Accounts. "Dabei stehen sie im Verdacht diese Dinge nicht nur auf dem Handy, sondern auch auf den Servern der jeweiligen Anbieter in den dortigen Ländern zu speichern" erklärt ein IT-Fachmann.

So kann es sein, dass jemand, der Whatsapp deinstalliert hat, bei einer Neuinstallation über die gleiche Telefonnummer gefragt wird, ob ein "Backup" also eine Wiederherstellung der bisherigen Chat-Verläufe, durchgeführt werden soll.

Das deutet stark daraufhin, dass hier umfangreich Daten abgegriffen werden - und zwar in einem Ausmaß, das mit dem deutschen Datenschutzrecht eigentlich nicht vereinbar ist. Bislang ist die deutsche und europäische Gesetzgebung hier noch nicht stark genug und konsequent genug, Datenschutz-Richtlinien die hierzulande gelten, auch für solche in anderen Ländern ansässigen Dienste durchzusetzen. Auf einer Veranstaltung erklärte der bayerische Datenschutzbeauftragte, er habe da schlicht derzeit keine Möglichkeiten bei Datenschutzverstößen einzuschreiten.

Whatsapp selber behauptet, man würde Nachrichten, welche einmal versendet wurden, auf den eigenen Unternehmens-Servern in den USA wieder löschen, auch um den Staats-Schnüffeldiensten wie der amerikanischen Stasibehörde NSA nicht mehr Nachrichten als unumgänglich zukommen zu lassen. So schreibt das Wall Street Journal:

"The company goes out of its way to remain private, offering little in the way of information to government agencies trying to track people. Once delivered, messages are deleted from the company's servers. Privacy was particularly important to Mr. Koum, who grew up in a communist country with a secret police."

3 Milliarden Dollar Stock geht wohl an die Mitarbeiter von Whatsapp

Doch trotz der Diskussionen um den häufig mangelnden Datenschutz der Chat-Dienste auf den Handys: Umgerechnet bedeutet der Kaufpreis von 19 Milliarden Dollar, dass jeder Mitarbeiter von Whatsapp mit 345 Millionen Dollar bewertet wird, rechnet das Wall Street Journal vor.

Das sei der höchste jemals erzielte Preis pro Mitarbeiter in einem Unternehmen. Sowohl die Founder von Whatsapp wie alle Mitarbeiter werden auf Grund des Verkaufs von Whatsapp an dem Geldsegen beteiligt. Insgesamt sollen alle 55 Mitarbeiter (darunter 32 Software-Entwickler) einen garantierten Stock von 3 Milliarden Dollar erhalten. Von solchen Beteiligungs-Modellen können deutsche Mitarbeiter in deutschen Startups oder Internet-Companys nur träumen.

Zwar gibt es in der Regel einen saftigen Bonus für das Management beim Verkauf von Internetcompanys in Deutschland - die schon mal die 500.000 Euro pro Verkauf und Manager übersteigen können. Allerdings gehen in Deutschland in der Regel die Mitarbeiter, die die Basisarbeit und damit häufig den Umsatz in der Internet-Company generieren, leer aus.

Mit 450 Millionen Nutzern ist Whatsapp mittlerweile wichtiger und erfolgreicher als Twitter Inc. Der Microblogging Service Twitter kommt lediglich weltweit auf rund 240 Millionen Nutzer, wird aber auf immerhin 30 Milliarden Dollar bewertet - was Marktbeobachter auf Grund des Umsatzes, der unter 300 Millionen Dollar liegt, jedoch für eine Überbewertung halten.

Die jetzige Übernahme von Whatsapp durch Facebook treibt die Preise für Digital- und Internetfirmen in immer stärkerem Ausmaß in ungeahnte Höhen. Es ist ein Verteilungskampf um Marktanteile entstanden. Man bezahlt nicht primär für Gewinn oder Umsatz, sondern für einen Marktanteil in einem zukunftsträchtigen Digital-Geschäftsbereich.

Vorbild für Whatsapp-Deal waren Milliarden-Transaktionen wie Instagram oder Skype

Weitere Milliarden-Transaktionen, die in den vergangenen zwei Jahren durchgeführt worden waren: Facebook hatte für 1 Milliarde Dollar im Jahr 2012 die amerikanische Foto-Sharing App Instagram (Gründer: Kevin Systrom) übernommen. Im Jahr 2011 bezahlte Microsoft für den Video-Anrufdienst Skype die gigantische Summe von 8,5 Milliarden Dollar.

Wie hoch der Umsatz von Whatsapp ist, darüber gibt es keine offiziellen Zahlen. Doch kann man diesen leicht erahnen, da bekannt ist, wonach rund 99 Cent pro Nutzer an Jahresgebühr an Whatsapp zu bezahlen sind - praktisch abgerechnet direkt mit der üblichen Telefonrechnung. Entsprechend dürfte der Umsatz von Whatsapp im Bereich von 450 Millionen Dollar liegen - wahrscheinlich schon jetzt verbunden mit einer Rendite, die die 90 Prozent leicht ankratzen dürfte.

Auch wenn der neue oberste Whatsapp-Chef, Facebook CEO Mark Zuckerberg, erklärt, er sehe Werbung nicht als richtigen Weg, um in Whatsapp mehr Umsatz oder Gewinn zu generieren, so gehen auch hier Beobachter davon aus: Das hatte man in Facebook auch mal gesagt und heute gibt es mehr Werbung denn je auf Facebook.

Bereits vor einem guten halben Jahr hatte Facebook bereits versucht, für 3 Milliarden Dollar Snapchat zu übernehmen - einen Foto-Schnappschuss-Service fürs Handy, der vor allem in den USA unter jungen Nutzern verbreitet ist.

Jeden Tag werden derzeit rund 50 Milliarden Nachrichten über Whatsapp verschickt. Unter diesen Nachrichten sind rund 600 Millionen verschickte Fotos und rund 100 Millionen verschickte Videos.

Whatsapp läuft - im Gegensatz beispielsweise zu Apple iMessage - auf allen üblichen Smartphones - egal ob sie mit Googles Betriebssystem Android ausgestattet sind, oder mit einem anderen.

Die ersten Kontakte zwischen Mark Zuckerberg und Whatsapp-CEO Koum soll es im Frühjahr 2012 in einem Coffee Shop in Los Altos gegeben haben - auf Initiative von Zuckerberg, wird in amerikanischen Blogs geschrieben. Seither hätten sich die beiden regelmäßig getroffen - manchmal zum Dinner, manchmal zum gemeinsamen Ausflug. Endgültig fix gemacht worden sei der Deal zwischen Facebook und Whatsapp am Tag der Liebe - beim gemeinsamen Valentine's dinner. Anwesend gewesen sei auch Zuckerberg Frau Priscilla.




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