Chinas Bürgertum holt Geschichte zurück Nagel Auktion bringt 3,7 Mio. Euro für chinesisches Porzellan

Luxusauktionen gibt es nicht nur bei Christie's in London oder New York, sondern zunehmend auch bei deutschen Auktionshäusern, wie dem Auktionshaus Nagel. Jetzt brachte die Versteigerung einer kleinen chinesischen Pozellankanne für Wein aus dem 17. Jahrhundert die erstaunlich hohe Summe von 3,7 Mio. Euro. Das Porzellan-Stück wurde in der Zeit der chinesischen Kaiserzeit angefertigt und zeigt klassische asiatische Malerei mit den Motiven eines Baumes und anderer Pflanzen. Dabei kommen die bei Asiaten so beliebten Farben blau, braun, grün und weiß zum Einsatz. Die Kanne gehört zum teuersten asiatischer Kunstwerke, welche jemals auf einer deutschen Auktion verkauft werden konnten. Das zeigt vor allem eins: Chinas Bürgertum möchte die von den Kommunisten zertrümmerte und verscherbelte Geschichte zurückholen.

Foto: netz-trends.de im chinesischen Nationalmuseum in Peking.
Mao Tse-tung zerstörte im Rahmen seiner chinesischen Kulturrevolution unermessliche antike Kulturgüter und löschte Millionen von Menschenleben aus. Dennoch wird er bis heute von vielen Chinesen als Staatsgründer verehrt.

Angefangen hatte die Auktion des über 300 Jahre alten chinesischen Kännchens im Auktionshaus Nagel zu einem Versteigerungs-Preis von 800.000 Euro. Zum Preis von 3,7 Mio. Euro wurde es schließlich von einem reichen Privatsammler aus Schanghai erworben. Das besondere an der Kanne: Es gibt nur noch ein einziges weiteres Stück, welches sich in der bekannten Percival-David-Foundation in London befindet.

Neben der chinesischen Porzellankanne wurde auch ein Weingießer aus Zinn, welcher im 17 oder 18. Jahrhundert ebenfalls in China hergestellt worden war, vom renommierten Nagel Auktionshaus angeboten. Auch hier verwunderte die Kunstwelt, in welche finanziellen Höhen der Weingießer schließlich vorstoßen konnte. Die Eigner hatten ursprünglich mit einem Verkaufserlös etwas über 1.200 Euro gerechnet und konnten sich schließlich über einen Verkaufspreis von 66.000 Euro freuen. Der hohe Preis ist dem Umstand geschuldet, dass besonders reiche Chinesen derzeit weltweit alles aufkaufen, was alt ist und an die glorreiche chinesische Kaiserzeit, aber auch die eigene Jahrtausende alte Geschichte und Hochkultur erinnert. Allerdings war der Verkaufspreis von 66.000 Euro in diesem Fall selbst den Chinesen zu teuer, so dass ein britischer Käufer zum Zuge kam.

Wie hoch asiatische alte Kunst derzeit von reicher Kundschaft bewertet wird, zeigt auch das dritte vom Nagel Auktionshaus jetzt verkaufte Relikt. So konnte eine Buddha Shakyamuni Statue, ebenfalls aus China, für 930.000 Euro statt des deutlich niedrigeren Rufpreises von 200.000 Euro an den Mann gebracht werden. Insgesamt hatte Nagel 69 asiatische Antiquitäten auf der Auktion in einem Katalog angeboten. Die meisten der edlen Stücke entstammen altem deutschem Sammler-Bürgertum. Nagel konnte nach eigenen Angaben 76 Prozent der 3.000 Lose absetzen. Das gilt als Rekord.

Besonders für chinesische Sammler gilt: Das Land scheint nach Jahrzehnten kommunistischer und später sozialistischer Kunst-Blockade seine eigene Geschichte wiederzufinden. Am schlimmsten war dabei die Mao Tse Tung-Ära (auch: Mao Zedong oder 毛泽东). Mao Tse-tung war ein kommunistischer Führer in China und lebte vom 26. Dezember 1893 bis 9. September 1976. Seiner "Kulturrevolution" fielen alleine in den 70er Jahren Millionen Akademiker und sonstige Bürgerliche zum Opfer. Alles, was mit alter Kultur zu tun hatte, versuchte er zu vernichten. Noch heute wird er dennoch von Millionen Chinesen verehrt. An jeder Ecke wird in Peking die Mao-Bibel angeboten. Seine gespenstisch aussehende Mumie ist in einem Mausoleum in Peking ausgestellt in einem Glassarg, welche jährlich von Hunderttausenden Chinesen und Touristen besichtigt wird.

Doch: Wer jemals im Pekinger nationalen historischen Museum war, weiß, wie wenig es der chinesische Staat bis heute versteht, die eigene beeindruckende Jahrtausende alte chinesische Geschichte, welche hervorragende und einmalige Kunstschätze von uralten Hochkulturen brachte, angemessen zu repräsentieren. Das historische Nationalmuseum in Peking dürfte weltweit zu den am schlechtesten gehören, die ein Staat von seiner eigenen Geschichte aufgebaut hat. Angeblich würden, wird zumindest behauptet, rund 72.000 alte oder antike Artifakte in den Kellern des Museums schlummern. Doch nur ein Bruchteil ist überhaupt ausgestellt und das recht lieblos, billig und wenig chronologisch.

Sowohl die Katalogisierung der Kunst ist jämmerlich, als auch die Art und Weise der ausgestellten Kunstgegenstände, welche dennoch oftmals von einmaligem kulturellen Wert sind. Hinzu kommt: Die Beschriftungen sind oft dürftig und selbst 4.000 Jahre alte Bronzestatuen wirken in einer Art sozialistischem Billigschränkchen wie zufällig abgeladen. Unterm Strich ist es beschämend, wie wenig es das chinesische Nationalmuseum schafft, die Gesamtheit der chinesischen Geschichte zu präsentieren. Von der mangelnden Qualität des Gesamtmuseums abgesehen, fragt man sich: Darf man nicht mehr zeigen oder gibt es schlicht nicht mehr mehr?

Kunstverbrechen der chinesischen Kommunisten hat tiefe Wunden geschlagen - bis heute

Dominierend ist obendrein im chinesischen hinstorischen Nationalmuseum - und zwar im negativen Sinne - die erdrückende zur Schaustellung der sozialistischen und kommunistischen Führer der vergangenen 90 Jahre, welche auf einer Ebene mit den chinesischen Kaisern präsentiert werden. Dabei gelingt es noch nicht einmal, die lange Geschichte chinesischer Hochkultur angemessen von aktuellerer - also jender des 20. und 21. Jahrhunderts - politischen Machtdemonstrationen zu trennen. Dabei hätte China gerade in der heutigen Zeit, in der das Land beeindruckend zeigt, dass Sozialismus und wirtschaftliches Wachstum durchaus in Einklang gebracht werden können, dieses gar nicht mehr nötig.

Das zeigt, wie schwer sich auch der moderne chinesische Sozialismus mit der eigenen uralten Geschichte und Hochkultur tut. Im Zuge des Hasses auf alles Kaiserliche wird seit bald hundert Jahren die eigene Geschichte verleugnet. Während in Europa viele kulturelle Schätze nicht nur dem Adel sondern auch der katholischen Kirche zu verdanken sind, gab es China als prägendes kulturelles Element häufig nur den Hof sowie die höfischen Provinz-Gouverneure und deren Hofstaaten. Das alles wollten und wollen die Kommunisten und Sozialisten im kollektiven Gedächtnis der Chinesen auslöschen. Zweifelsohne dürfte ihnen das in bald 100 Jahren gelungen sein. Doch um welchen schändlichen Preis?

Dass der Sommerpalast in Peking sowie die Verbotene Stadt überhaupt noch existieren, grenzt an ein Wunder. Der Sprössling der letzten chinesischen Kaisersfamilie musste bis vor wenigen Jahren sein Dasein als Bauer fristen.

Doch nicht nur der chinesische Staat hat verbrecherisch viele kulturelle Schätze in China vernichtet, sondern auch einige europäischen Staaten, vor allem Kolonialstaaten, spielten eine wenig glorreiche Rolle. Besonders die Briten, aber auch Deutsche, waren im 17. und 18., auch noch im 19. Jahrhundert berüchtigt dafür, wie schamlos sie alte chinesische Kunst verschifften. Dabei machten es die Chinesen den Europäern einfach: Sie erkannten nicht, wie wertvoll eigene Geschichte ist. Alllerdings kann auch nicht geleugnet werden: Niemand weiß, was mit den alten chinesischen Kulturgütern im Zuge der kommunistischen und sozialistischen Kulturzerstörungs-Wellen geschehen wäre, hätten die Europäer nicht in Jahrhunderten vieles außer Landes gebracht.

Dennoch: Erst spät, viele meinen viel zu spät, zog man in China die Reisleine und stoppte den Ausverkauf antiker Kunst an die Europäer. Es scheint, dass nun zumindest das reiche Bürgertum aus China einen Teil der weltweit verscherbelten Kunststücke zurück ins Reich der Mitte holen möchte. Damit scheint man zugleich gigantische staatliche Versäumnisse, auch Kunstverbrechen durch die Kommunisten und Sozialisten der vergangenen 90 Jahre, in China zumindest im Promillebereich ausgleichen zu wollen. Deshalb dürften auch künftige Auktionen rund um alte chinesische Kunst und Antiquitäten noch für so manchen Rekord sorgen.

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