Gesetz verabschiedet USA erlauben Behörden jetzt die totale Internet-Spionage ihrer Bürger

Das Cybersecurity-Gesetz CISPA, andere sagen auch das Internet-Spionagegesetz, wurde nun in den USA im US-Repräsentantenhaus verabschiedet. Zwei Drittel der Abgeordneten stimmten für das umstrittene Gesetz. Damit ist der Weg frei, dass Internetfirmen und sonstige Digitalfirmen auch geheime und bislang geschützte Daten ihrer Nutzer und deren Kommunikation - also emails, chats, Suchprofile in Internetsuchmaschinen, Videos etc. - ohne Wissen des betroffenen Verbrauchers oder der betroffenen Firmen an die National Security Agency (NSA) und andere Regierungsbehörden übermitteln dürfen.

USA wollen totale Internet-Spionage erlauben © PN_Photo iStockphoto

Besonders Datschenschützer stören sich erheblich an diesem neuen Gesetz. In Deutschland ist es zwar der Digitalwirtschaft schon jetzt erlaubt, Daten der Nutzer beispielsweise der Polizei oder Staatsanwaltschaft zu übermitteln - allerdings bei weitem nicht in diesem Ausmaß, wie es jetzt in den USA der Fall ist. So dürfen beispielsweise die Inhalte von SMS derzeit noch nicht an staatliche Stellen in Deutschland übermittelt werden - lediglich beispielsweise der Zeitpunkt der Absendung, Absender und der Empfänger. Tabu und bislang verboten ist in Deutschland auch die Übermittlung von Suchprofilen in Internet-Suchmaschinen.

In den USA gibt es spätestens seit jetzt keinen Datenschutz mehr, weder für Firmen noch für private Verbraucher. Faktisch können staatliche Stellen jetzt alles abfragen. Das passt ins Bild, da die USA erst kürzlich auch die EU gezwungen haben - andere sagen „gebeten“ haben - alle Passagierdaten von Personen, die zwischen Europa und den USA hin und her fliegen, staatlichen Stellen offenzulegen - inklusive der Angabe der Sitzplatznummer eines Passagiers.

Erschreckend ist, dass es überhaupt kein Gefühl mehr im US-Repräsentantenhaus für den Schutz von Privatsphäre gibt. Zwar stimmten ein Drittel der Abgeordneten gegen das neue Internet-Spionagegesetz, aber das war bei weitem zu wenig. Einer der Protestler ist der demokratische Abgeordnete Jared Polis. Er wird mit den Worten zitiert, wonach das neue Gesetz CISPA "jedes einzelne Datenschutzgesetz, das jemals erlassen wurde, im Namen der Cybersicherheit", ab sofort ignoriere.

Weiter führte er aus: "Dem Militär und der NSA zu erlauben, Amerikaner auf amerikanischem Boden auszuspionieren, geht gegen alle Grundsätze, auf denen dieses Land begründet wurde." Selbst bei Republikanern gibt es Widerstand. So attackiert der Präsidentschaftskandidat Ron Paul, CISPA mit den Worten, das sei "Big Brother in Großbuchstaben". Dass den Politikern in den USA die Stimmen der Wähler bei konkreten Gesetzesvorgaben letztlich immer mal wieder herzlich egal sind - man erinnert sich auch an diverse EU-Erlasse, die trotz erheblichen Widerstands in der Bevölkerung erlassen wurden - zeigt sich daran, dass das neue Ausspioniergesetz trotz einer Petition von 800.000 Verbrauchern durchgeprügelt wurde. Für erhebliche Wut sorgt bei Datenschützern, dass die jetzige ach so liberal tuende Regierung um Präsiden Barack Obama (Demokraten) und Außenministern Hillary Clinton sogar einen Passus durchgewunken hat, in dem schwarz auf weiß steht, dass bestimmte behördliche Einheiten in den USA faktisch alle Informationen über das Internet-Nutzungsverhalten einzelner Personen und Firmen sammeln dürfen.

So können u.a. die Heimatschutz-Behörde, die Steuerbehörde IRS sowie der Militärnachrichtendienst NSA "ungeachtet aller anderen gesetzlichen Bestimmungen" alle möglichen Daten über Verbraucher oder Firmen abfragen und sammeln. Der totalen Ausspioniererei ist jetzt Tür und Tor geöffnet. Die US-Regierung behauptet vehement, das neue Gesetz diene primär dem Schutz geistigen Eigentums. Nur so könne verhindert werden, dass fremde Staaten sich heimlich Informationen aus den USA besorgten durch Cyber-Attacken. So sagte der republikanische Abgeordnete Mike Rogers: CISPA sei "notwendig, um die chinesische Regierung daran zu hindern, dass sie weiter unser Zeug stehlen." Und weiter: "Sie stehlen den Wert und den Wohlstand Amerikas."

Vor allem Technologie- und Telekommunikationsunternehmen unterstützen das neue Spionage-Gesetz, darunter Facebook, Microsoft, Oracle, Symantec, Verizon, AT&T, Intel sowie IBM. Dabei sind auch der Branchenverband CTIA und damit seine Mitglieder T-Mobile, Sybase, Nokia und Qualcomm. Selbst Google unterstütze das Gesetz "sehr" und habe sogar an der Formulierung mitgewirkt. Das heißt: Auch Suchprofile, die Google stets sagte, dass sie sie nicht angelegt würden, scheinen nun doch angelegt werden zu dürfen, wenn es irgendeine staatliche Stelle anfordert.

Jetzt steht nur noch die Abstimmung und Annahme im US-Senat an sowie die Unterschrift durch den Präsidenten Barack Obama, der einst als Demokrat angetreten war, sein Land wieder offener zu machen und die Privatsphäre der Bürger wieder stärker zu schützen. Das Gegenteil hat er gemacht und macht es seit Amtsbeginn. Eine Spionage-Gegnerin, die in den Medien zitiert wird, ist auch Michelle Richardson von der Bürgerrechtsorganisation ACLU: "Wenn die Regierung erst einmal ausgedehnte nationale Sicherheitsbefugnisse hat, gibt es kein Zurück... Wir empfehlen dem Senat, diesen schrecklichen Gesetzentwurf in der Versenkung verschwinden zu lassen."

Meinung:

Alte Diktaturen haben Spitzel beschäftigt, die vor der Türe Schmiere standen. Noch heute faseln West-Medien gerne über den totalen Überwachungsstaat in Diktaturen. In aller Regel waren diese Überwachungssysteme jedoch gegenüber dem, was die US-Regierung unter den Demokraten nun verabschiedet hat, eher kindliche Versuche der Bürger-Bespitzelung. Dass das möglich war, liegt vor allem daran, dass Millionen Amerikaner immer noch offline sind und Millionen jener, die online sind, das Internet und die Digitalwirtschaft immer noch nicht richtig verstanden haben. Man nutzt also schamlos die Unwissenheit und auch Naivität seiner eigenen Bürger aus. Die heutige Überwachung in den USA ist viel totalitärer, sie durchdringt, wie die Luft zum Atmen, nicht sichtbar das gesamte Leben der Bürger. Doch: Was ist Freiheit noch wert wenn die Freiheit verloren gegangen ist, auch vor dem Staat seine Privatsphäre nicht mehr allumfassend schützen zu können? Natürlich werden uns die Regierungen - die EU wird sicherlich bald mit einem ähnlichen Gesetzentwurf folgen - erzählen, dass die allumfassende digitale Profilanlegung von Bürgern ja nur in Ausnahmefällen geschehen würde. Am Anfang mögen das die meisten auch noch glauben. Bis zu dem Tag, an dem dann plötzlich durch eine undichte Stelle in einer Behörde bekannt wird: Es wurden bereits Daten von Millionen Bürgern gesammelt und verwertet und - ja - es gibt sogar, wie zu Stasizeiten, Personenprofil-Akten. Wenn alles gut läuft, gibt es irgendwann wenigstens eine Art moderne „Stasiunterlagen-Behörde“ in der dann Bürger mit verschreckten Gesichtern sich fragen werden: Wie konnte das alles nur ohne mein Wissen über mich gesammelt werden?

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