Google Flights: Nicht billiger als alle anderen Flugportale

Seit 2009 kündigte der amerikanische Suchmaschinen-Monopolist Google an, er wolle mit Google Flights in das Geschäft mit dem Vermitteln von Flugtickets einsteigen. Damit war klar: Google tritt in direkte Konkurrenz zu seinen wichtigen Werbekunden, den Reiseportalen.

Zwei Anbieter von Flugtickets: Links fluege.de, rechts Google Flüge. In unserem Kurztest fehlte bei Google Flights für den Rom-Flug ab Frankfurt Ryanair. Deshalb war fluege.de billiger.

Seit Anfang 2016 macht nun Alphabet, die hinter Google stehende Holding, in Deutschland Ernst: Google platziert Google Flights in der Suchmaschine auf Seite eins sehr dominant direkt unterhalb den Treffern der eigenen Werbekunden. Diese müssen aber, im Gegensatz zum Google-Flugportal, dafür bezahlen, um auf Seite eins in der Google-Suchmaschine zu Oberst gelistet zu werden ? eben auf einem Werbeplatz.

Nach Branchen-Kenntnissen klicken circa 25% der Nutzer auf den obersten Link in der Google-Suchmaschine ? also auf eine Werbung. Die anderen 75% verteilen sich auf die folgenden Links, wobei Platz drei bis vier sich circa weitere 25 bis 30% des Traffics teilen müssen ? meist ebenfalls Google-Werbekunden.

Bei Google Flights, der eigenen Google-Flugticket-Suchmaschine fällt auf, dass sich der Anbieter als einziger herausnimmt, in großer Display-Darstellung seine Angebote den Nutzern zu präsentieren.

Das zeigt klar: Google möchte letztlich nun nicht mehr nur der weltgrößte Anbieter von Online-Werbung sein. Schon heute macht Google mit seinen Onlinewerbe-Angeboten Google Adsense und Google Adwords geschätzt über 60 Milliarden US-Dollar Umsatz und das bei einer von Fachleuten angenommenen Rendite von mindestens 50 Prozent.

Mit Google Flights geht Google nun in direkten ? wie viele meinen auch verzerrenden Wettbewerb - zu seinen eigenen Werbekunden - eben den Flugportalen, die als unabhängige Plattformen Flugtickets und Reiseinformationen anbieten.

Dass Google eine zentrale nicht zu umgehende Stellung als Online-Werbeplattform innehat, liegt an der schieren Marktmacht. In Deutschland suchen 95% aller Internet-Nutzer direkt über Google nach neuesten Reiseangeboten oder sonstigen E-Commerce-Offerten. Das bedeutet: Kein Onlineshop, keine Reise-Vermittlungsplattform, auch keine Versicherungs- oder Kreditvermittlungs-Plattform kommt in Deutschland an Google vorbei. ähnlich sieht es in fast allen westlichen Ländern, also auch der sonstigen Europäischen Union, aus.

Google Flights zieht Kunden von eigenen Werbekunden ab

Netz-trends.de fragte einen der größten Anbieter von unabhängigen Flugticket-Vermittlern in Deutschland, ob Google Flights den unabhängigen Anbietern schade. Die Antwort: "Klar schadet Google Flights uns sowohl als Werbungtreibenden in Google, als auch als Wettbewerber." Umsatzmäßig ziehe Google Flights bemerkbar Kunden und Traffic ab.

Wie funktioniert Google Flights? Google selbst gibt sich zu seinem hinter Google Flights stehenden Geschäftsmodell zugeknöpft und verliert sich in allgemeinen Beschreibungen, wie Verbraucher Google Flights nutzen könnten:

"Erste Schritte mit Google Flights: Sie können auf Ihrem Mobilgerät, Tablet oder Computer über die Google-Suche auf Google Flights zugreifen. Mit Google Flights finden Sie die besten Angebote und Flugrouten. Am besten führen Sie selbst ein paar Flugsuchen durch: Beispielsuchen in Google - Die Fluginformationen, die Sie abfragen können, sind sehr umfangreich. Suchen Sie beispielsweise nach Flügen von London nach Madrid, von BOS nach YYZ, nach San Francisco oder nach ZRH.

Wenn wir über Informationen verfügen, die zu Ihrer Suche passen, werden von Google Flugpläne und Preise in den Suchergebnissen angezeigt. Klicken Sie auf ?Weitere Ergebnisse der Google Flugsuche?, wenn Sie mit dem Kauf von Flugtickets beginnen möchten."

Zudem könne man, erklärt Google, seine Flugsuche auch in das allgemeine Google-Spinnennetz einbringen. So schreibt Google: "Wenn Sie in Google angemeldet sind und über Ihr Gmail-Konto Buchungen aufrufen möchten, können Sie über Google nach ?meine Flüge?, ?wie lautet der Status meines Flugs? oder sogar nach ?meine bisherigen Flüge? suchen."

Neu ist bei Google Flights, dass Google nun auch die Deutsche Bahn (DB) mit ihren Bahntickets in die Flugsuche einbindet. Ob die DB dafür an Google aktuell oder künftig eine Provision bezahlt, ist nicht bekannt. Nimmt man Googles bisheriges Geschäftsgebaren als Grundlage, ist schwerlich vorstellbar, dass dieses nicht der Fall ist.

Zusatzgebühren für Koffer werden in Google Flights altmodisch angezeigt - per Verweis auf andere Portale

Etwas altmodisch löst Google das Problem der Zusatzgebühren beispielsweise zu einem Gepäck beim Kauf eines Flugtickets. Hier bietet Google Flights einfach über den Reiseverbindungs-Treffern einen Link auf die jeweiligen Fluglinien-Webseiten an. Der Kunde muss sich dann selbst zusammenrechnen, ob in seinem Fall Zusatzgebühren für Gepäck anfallen oder nicht.

Das hinkt allerdings etwas hinter Standards auf Flugportalen hinterher. Auf einigen Portalen wird das bereits inkludiert, sofern die Airlines da mitmachen.

Ebenfalls auffallend ist, dass Google unterhalb der Suchergebnisse Werbeplätze anbietet. Am Tag unserer Stichprobe am 8. Juli 2016 fanden wir hier folgende Reiseportale eingebunden:

Bravofly (Unternehmen aus der Schweiz), Expedia (Unternehmen aus den USA) und Opodo (Unternehmen aus Frankreich). möchte man über Google Flights einen Flug buchen, tauchen nach Auswahl eines Flugangebotes diese Werbungtreibenden wieder in der Liste auf ? teils neben den Fluglinien-Anbietern. Doch ist das für die Reiseportale nicht kostenlos.

Vielmehr müssen diese dann an Google eine Vermittlungsprovision pro vermittelten Klick auf ihre Portale an Google bezahlen, beziehungsweise eine Werbegebühr. Nach Erfahrungen liegt die Conversion Rate, also jene Rate, wo aus einem Klick durch einen Nutzer eine Flugbuchung wird, bei einem bis drei Prozent. Das bedeutet:

Reiseportale müssen an Google zwar die Klickkosten für 100 vermittelte Verbraucher-Klicks auf ihre Portale bezahlen, können sich aber nur aus 1 bis 3 Kunden durch Kauf eines Reiseproduktes ? also zum Beispiel eines Flugtickets - im Idealfall einigermaßen refinanzieren. Das bedeutet: Google heizt den ruinösen Wettbewerb unter Reiseportalen und Flugportalen mit Google Flights weiter an.

Das Geschäftsmodell, welches hinter Google Flights, beziehungsweise Google Flüge steht, ist vielschichtig. Einerseits dürfte es sich über die Werbekunden finanzieren. In Deutschland sind das bislang primär ausländische Reiseportale. In unserem Test-Beispiel waren dies also Opodo, Bravofly, und Expedia. Andererseits könnte Google Flights auf einem Provisionsmodell für Google basieren. Google selbst schreibt kryptisch: "Google wird möglicherweise von einigen dieser Anbieter bezahlt".

Bislang weigerten sich fast alle Fluglinien für den Verkauf von Flugtickets an die Flugportale eine Provision zu bezahlen

Fakt ist: Bislang weigerten sich fast alle Fluglinie an die unabhängigen Flugticketvermittlungs-Portale eine Provision zu bezahlen. Interessant dürfte sei, ob die Fluglinien diese Politik des Nicht-Provionsbezahlens für die Flugticket-Vermittlung an Flugportale auch gegenüber dem Internetriesen Google werden durchhalten können. Mit der Nicht-Bezahlung einer Provision verfolgen die Fluglinien das Ziel, dass ihre Flugtickets sich keinem Preisvergleich auf unabhängigen Flugportalen stellen müssen.

Wie fast auf allen Preisvergleichs- und Produkt-Vermittlungsportalen üblich, bietet Google Flights einen Preis-Alert an, beziehungsweise Alternativ-Daten, zu welchen ein Flug billiger ist. Dazu kann der Google-Kunde seine Email-Adresse für einen bestimmten Flug hinterlassen. Dieses Modell bieten nahezu alle Flugportale an.

Fakt ist: Entgegen gerne verbreiteter Märchen, wonach man über Google Flights wesentlich schneller und mehr Flüge weltweit finden könne, als über traditionelle Flugportale, so ist unsere Erfahrung: Dem ist nicht so (von der etwas schnelleren Suchgeschwindigkeit abgesehen). Deshalb sind Thesen-Behauptungen, wie die von smartertravel.com in seiner Pauschalität falsch. So schrieb das Portal am 5. Januar 2016: "Google Flights is faster and displays more available trips than other flight search options".

Richtig ist aber vielmehr: Das Niveau von unabhängigen deutschsprachigen Flugvermittlungsportalen ist schon heute sehr hoch und kann mit Google Flights nicht nur mithalten, sondern ist teils sogar besser.

Auch Flugportale wie fluege.de haben beispielsweise über 750 Airlines im Preisvergleich. Zudem gilt in Ländern wie Deutschland, dass es sowieso nur zwei wirklich wichtige deutsche Fluglinien gibt. Dies wären Lufthansa und Airberlin. Auch ein Google Flights kann hier Fluglinien nicht aus dem Boden zaubern.

Multi-Channel-Funktion von Google wirklich überall gewünscht?

Ebenso ist die viel beschworene Multi-Channel-Anwendung von Google-Angeboten tendenziell überbewertet.

Ja, es stimmt, dass Google schon heute über Google Maps zahlreiche Alternativ-Reiserouten anbietet. Aber mal im Ernst: Wer von München nach Hamburg möchte, weiß im Voraus, ob er mit dem Zug oder dem Flugzeug zu reisen wünscht.

Es ist zwar ein nettes Gimmick, wenn Google anbietet, man könne mit der Deutschen Bahn ebenfalls nach Norddeutschland reisen, aber wirklich hilfreich ist das nicht. Zudem macht es auch keine Umstände zur Not selbst die App der Deutschen Bahn zu öffnen und zu schauen, welche Routen die Eisenbahn noch anbietet.

Dann wäre da noch der viel beschworene angebliche Vorteil, wonach Google Flights gleichzeitig zur Flugticket-Buchung Sehenswertes am Reiseziel anbiete. Das ist ebenso ein nettes "giveaway of the day", aber so richtig nutzbringend ist es nicht.

Viele bereiten sich nach wie vor mit einem Reiseführer auf ihre Reiseziele vor oder haben Reiseportale oder Apps, wo sie sich vorab erkundigen und Erfahrungsberichte von anderen Reisenden einholen.

Preis-Check: Beim Flug von Frankfurt-Region nach Rom-Region war Google Flights nicht billiger, als ein unabhängiges Flugportal

Auch wenn es Charme hat, wenn ein Anbieter scheinbar Rundumsorglos-Pakete anbietet: für uns gilt, dass wir das gar nicht möchten. Wir möchten unsere Souveränität als Bürger und Verbraucher bewahren und sehen keinen Sinn darin, einen super-kapitalistischen Riesen wie Google in alle privatesten Bereiche weiter vordringen zu lassen. Deshalb bevorzugen wir nach wie vor die normalen Reiseportale.

Um allen Google-Anbetern die Illusion zu nehmen, Google wäre immer und überall besser: Wir haben einen Preis-Check gemacht. Dabei waren unsere Ziel-Koordinaten in der Test-Buchung am 8. Juli 2016 gegen 16 Uhr: Flug von Frankfurt a.M. nach Rom und zwar exakt am 11. Juli 2016 hin und exakt am 12. Juli 2016 zurück.

Das Ergebnis: Google Flights, beziehungsweise Google Flüge, bot uns als angeblich günstigste Variante einen Flug mit Alitalia an im Zeitfenster 11:45 bis 13:45 von Frankfurt am Main (beziehungsweise einem nahe gelegenen Flughafen) nach Rom und am Dienstag den 12. Juli von 08:40 bis 10:45 von Rom zurück nach Frankfurt am Main zu einem Preis von 236,26 Euro

Unsere Flugsuche über fluege.de ergab aber einen günstigeren Flug und bot hierfür die Billigfluglinie Ryanair an, die wir über Google Flights in unserem Kurz-Test für den Flug nach Rom gar nicht finden konnten.

Deshalb konnte uns fluege.de, sofern wir uns entschlossen eine fluege.de-Mastercard-Gold Kreditkarte abzuschließen (über die man dann dauerhaft ohne Servicegebühr Flüge über fluege.de buchen kann), den folgenden Flug nach Rom an: Ab Frankfurt Hahn (HHN) nach Rom für 209,98 Euro für Reisende ,die viel fliegen, lohnt sich deshalb offensichtlich der Abschluss einer fluege.de Mastercard Gold Kreditkarte. Gelegenheits-Flieger sollten von Fall zu Fall prüfen.

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