Wenn Glücksspiel Markenmacht bekommt – Die neue Allianz von Glücksspielanbietern und Eventarenen

In der gesamten deutschen Eventwirtschaft lässt sich ein deutlicher Trend erkennen: Glücksspielanbieter verknüpfen sich mit großen Eventarenen, um Konzerte, Sportveranstaltungen, Messen und Shows als Bühne für Markenpräsenz und digitale Rekrutierungssysteme zu nutzen. Unter Begriffen wie „Innovation“, „Fan-Experience“ oder gar „Phygital Experience“ entsteht der Eindruck, man modernisiere die Freizeitkultur. Tatsächlich wird Glücksspiel damit immer tiefer in alltägliche Erlebnisräume hineingeschoben – und zwar oft so subtil, dass die Risiken kaum noch sichtbar sind.

Eine Eventarena ist ein professioneller Großveranstaltungsort, der für Konzerte, Sport, Kongresse oder Firmenevents ausgelegt ist und flexible Räume für tausende Besucher bietet. Genau deshalb sind Arenen für Glücksspielanbieter äußerst attraktiv: Sie bündeln Emotionen, Massenreichweite und technisch perfekt ausgestattete Werbeflächen. Die Normalisierung eines riskanten Produkts erfolgt dort nicht über klassische Werbung, sondern über Atmosphäre, Präsenz und Wiederholung.

Wie Glücksspiel ins Event rutscht

Studien zeigen seit Jahren, dass Glücksspielwerbung im Umfeld von Sport und Entertainment die Spielbereitschaft erhöht und vor allem junge Erwachsene anfällig macht. Wenn Glücksspielmarken im Eventumfeld auftreten, wird aus einem emotionalen Erlebnis – Konzert, Torjubel, Showmoment – ein Verstärker für Markenvertrauen. Die emotionale Wärmezufuhr des Events überlagert die kalte Realität des Glücksspiels: hohe Verlustrisiken, Abhängigkeitspotenzial, manipulative Designs.

Die Kommunikation ist selten eindeutig als Werbung erkennbar. Stattdessen erscheint der Glücksspielanbieter als „Partner“, „Innovationsmotor“ oder „Kulturförderer“. Er taucht in Lichtshows auf, in Moderationen, in Social-Media-Clips der Arena, in Event-Apps – nicht mehr als Fremdkörper, sondern als Bestandteil des Gesamterlebnisses. Genau das macht diese Form der Einbettung so problematisch.

Vom Eventabend zum Klick ins Online-Spiel – das riskante Portal

Besonders heikel wird es dort, wo Arena-Kooperationen indirekt Reichweite auf Online-Spielangebote lenken. Wer nach einem Event neugierig wird und nach dem Anbieter googelt, landet oft bei kommerziellen Vergleichsseiten – beispielweise bei dem erwähnten Online-Spiele-Portal, das Casinoangebote listet, bewertet und Nutzer gezielt in Echtgeldspiele weiterleitet.

Diese Seiten sind keine neutralen Informationsportale, sondern Affiliate-Marketing. Sie verdienen Geld daran, dass Menschen sich bei Online-Casinos anmelden. Dass sich dort zahlreiche Anbieter finden, die in Deutschland, Österreich oder der Schweiz nicht legal zugelassen sind, wird kaum erklärt. Der professionelle Look täuscht eine Sicherheit vor, die rechtlich häufig nicht existiert.

Damit wird der Weg vom emotionalen Arenaerlebnis zum potenziell illegalen Glücksspielangebot erschreckend kurz – und viele Nutzer merken nicht einmal, dass sie diesen Weg gegangen sind.

Was in Deutschland, Österreich und der Schweiz wirklich legal ist

Die rechtliche Realität widerspricht vielen Werbeversprechen:

Deutschland:
Online-Casinos sind nur legal, wenn sie eine deutsche Lizenz besitzen. Alles andere fällt unter unerlaubtes Glücksspiel. Werbung für solche Angebote ist ebenfalls problematisch. Wer auf ausländisch lizenzierten Seiten spielt, hat im Streitfall keine gesicherten Verbraucherrechte.

Österreich:
Die Rechtslage ist stark begrenzt. Viele international beworbene Online-Casinos — auch jene, die auf Vergleichsportalen aggressiv vorgestellt werden — verfügen über keine österreichische Konzession. Spieler bleiben bei Streitfällen oft ohne realistische Möglichkeiten der Durchsetzung.

Schweiz:
Nur Anbieter mit nationaler Lizenz sind erlaubt. Ausländische Angebote ohne Schweizer Erlaubnis werden per Netzsperre blockiert. Wer technische Umwege nutzt, verlässt den Schutz des Schweizer Rechts vollständig.

Kurz: Dass ein Portal deutschsprachig ist, heißt nicht, dass die dort gezeigten Angebote legal sind.

Phygital Experience – Erlebnis oder Rekrutierungssystem?

Die sogenannte Phygital Experience klingt futuristisch: Apps, QR-Code-Interaktionen, digitale Abstimmungen, AR-Features. Doch aus Verbrauchersicht entsteht hier nicht bloß Komfort, sondern ein Daten-gestütztes System zur Spielerbindung.

Event-Apps und digitale Arena-Oberflächen erfassen Verhalten, Reaktionen und Interaktionen. Daraus entstehen personalisierte Trigger: Nachrichten, Boni, Erinnerungen – exakt zugeschnitten auf die psychologischen Muster des Einzelnen.

Das hat weniger mit „Erlebnis“ zu tun als mit Behavioural Design, das Menschen möglichst lange im System halten soll.

Spendenaktionen als Feigenblatt

Viele Glücksspielanbieter schmücken sich zusätzlich mit Spendenaktionen, Nachhaltigkeitsinitiativen oder Kulturförderprogrammen. Diese Maßnahmen mögen im Einzelfall Gutes bewirken, ändern aber nichts am Grundkonflikt: Das Geschäftsmodell basiert darauf, dass ein Teil der Kundschaft erhebliche finanzielle Verluste erleidet.

Die Inszenierung als Kulturförderer soll Vertrauen erzeugen – und lenkt davon ab, dass dieselben Unternehmen gleichzeitig Nutzer in riskante Online-Spielangebote führen, von denen ein Teil im DACH-Raum nicht legal ist.

Schleichwerbung durch Atmosphäre statt Banner

Das Tückische ist, dass diese Werbung kaum noch als solche erkennbar ist. Sie funktioniert über Atmosphäre, Event-Emotion, Showelemente und Social Media – nicht über klare Kennzeichnung. Sobald im gleichen Kontext auch noch der Hinweis auf ein Online-Spiele-Portal auftaucht, ist die Grenze zur Schleichwerbung überschritten.

Das Event wird zur Kulisse für ein riskantes Produkt. Und der Nutzer merkt nicht einmal, wie er dorthin gelenkt wurde.

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