Split auf Kippe? eBay-Tochter PayPal: Mehr Umsatz als E-Commerce-Zweig von eBay

Viele fragen sich: Macht es Sinn, eine Sparte zu verkaufen, die mehr umsetzt, als die Hauptsparte E-Commerce der Konzern-Mutter eBay? Und so sehen die aktuellen Quartalszahlen aus: eBay berichtete am Mittwoch einen Profit in Höhe von 626 Millionen US-Dollar für das aktuelle Quartal, welches am 31. März 2015 endete. Dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahresquartal.

Es war der große Paukenschlag beim amerikanischen Auktions- und Shoppinghaus eBay: Man wolle, hieß es, seine Bezahlsparte PayPal verkaufen – eventuell noch im dritten Quartal 2015. Doch nun überholt PayPal eBay.

Im Vorjahresvergleichsquartal (2014) stand bei eBay noch ein Verlust in Höhe von 2,32 Milliarden US-Dollar in den Büchern. Der hohe Verlust lag aber auch an einer exorbitant hohen Steuernachzahlung. Immerhin kann eBay nun vermelden, wonach die Umsätze gegenüber dem Vorjahresvergleichsquartal um 4% gestiegen sind und zwar auf 4,45 Milliarden US-Dollar. Das liegt deutlich höher, als es Analysten erwartet hatten (4,42 Milliarden US-Dollar).

Gleichzeitig scheint Google Shopping auch bei eBay seine Spuren zu hinterlassen. So sank der Umsatz bei eBay aus dem E-Commerce-Geschäft im Vergleich zum Vorjahresquartal um 4% auf 2,07 Milliarden US-Dollar. Das ist ein rückgehender Umsatz im E-Commerce-Geschäft von eBay im vierten Quartal in Folge. Parallel wächst Google Shopping nach Markteinschätzungen um die gleiche Größe, wie eBay und andere Google-Konkurrenten Umsatzverluste verbuchen.

Google Shopping in Konkurrenz zu eBay

Auch steht nun in der Europäischen Union ein Kartellverfahren (Antitrust) gegen die Google Inc. im Raum, da die Google Inc. im Verdacht steht, mit Google Shopping oder Google Products, auch mit den Google-Travel-Angeboten (Google Hotels, Google Flights, Google Compare) das EU-Wettbewerbsrecht massiv zu verletzten und Wettbewerbern illegal zu schaden.

Dass die Höhenflüge des einstmals übermächtig erscheinenden US-Konzerns eBay zu einem Ende kommen könnten, deutet sich ebenfalls daran an, dass das erfolgsverwöhnte amerikanische Unternehmen erst kürzlich bekannt gab, dass es 2400 Jobs streichen müsse. Dies bedeutet immerhin ein Rückbau der weltweiten eBay-Belegschaft um 7%.

Im Gegensatz zu eBay wächst die Tochter PayPal. Das Geschäft mit der elektronischen Zahlungseinheit konnte im abgelaufenen Quartal einen Umsatz von 2,1 Milliarden US-Dollar ausweisen – ein dickes Plus von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahresvergleichsquartal (1,85 Mrd. US-Dollar).

Vor allem auf Grund der glänzenden Zahlen von PayPal fragen sich immer mehr Anleger und Analysten, ob die Strategie von eBay 's CEO John Donahoe zielführend ist, ausgerechnet die Cashcow PayPal nun abzutrennen. Seit Monaten läuft deshalb bei eBay ein Change Management Prozess.

Wie üblich in Change Management Prozessen, veränderte der Aufsichtsrat von eBay deshalb nahezu das komplett agierende Management. Das Ziel: Die Braut soll hübsch gemacht werden. Die markantesten Management-Veränderungen bei eBay: CEO Donahoe soll zurücktreten. Ihm folgen soll Devin Wenig, welcher die eBay Marketplaces seit drei Jahren leitet. Die eBay Marketplaces sind die Shop-in-Shop-Händlerportale auf eBay. Die dort platzierten externen Händler-Shops müssen an eBay bei jedem Verkauf eine Provision bezahlen. Auch tausende deutsche, österreichische oder schweizerische Händler nutzen eBay so als Verkaufsplattform. Viele sparen sich damit teure Anzeigenschaltungen in Googles "AdWords"-System.

Verkauf von Tafelsilber bei eBay? Logist- und Lager könnten weg gehen

Ebenfalls eine Veränderung im Rahmen des eBay Change Management Prozesses ist, dass Dan Schulman künftig PayPal leiten soll. Zuvor war Schulman in einer führenden Management-Position bei American Express tätig.

Neben der Abspaltung von PayPal könnte eBay seine Lager- und Logistikeinheit separat an die Börse bringen. Ein weiteres Szenario ist, dass diese Einheit komplett an einen externen Investor verkauft wird – um wieder Cash in die Kasse von eBay zu bekommen. Doch ist bekannt: Wer das Tafelsilber verkauft, will als CEO kurzfristig den Cashflow erhöhen und mit netten Zahlen um sich schmeißen. Doch bedeutet ein höherer Gewinn durch Filet-Verkäufe, aber keine bahnbrechende visionäre strukturelle Änderung.

Eine weitere Baustelle bei eBay ist die gesunkene Sichtbarkeit der weltweit Dutzenden eBay-Verkaufsplattformen in der US-Suchmaschine Google. Hier gehen eBay-Manager davon aus, dass auch das eine unmittelbare negative Auswirkung auf die eBay-Umsätze hat. Denn in der E-Commerce-Branche gilt faktisch die Formel: Entsprechend der Zurückstufung der Sichtbarkeit bei Google-Suchergebnis-Listen, geht der Umsatz zurück. Das heißt: 4 Prozent weniger Sichtbarkeit im Rahmen von Google Trefferlisten auf Suchanfragen, bedeuten 4 Prozent weniger Umsatz, weniger Gewinn.

Wie üblich, können die zuständigen Seos bei eBay nicht genau sagen, ob die zurückgegangene Sichtbarkeit im Google-Suchindex auf Grund eigener Fehler passiert ist, oder ob die Internet-Weltmacht Google Inc. durch Veränderung des Google Such-Algorithmus die Sichtbarkeit von Konkurrenten wie eBay vorsätzlich verschlechtert hat. Gilt, was nicht unwahrscheinlich ist, dass Google die Sichtbarkeit von Konkurrenten verschlechtert, um selbst weiter wachsen zu können, liegt die Strategie auf der Hand:

Eine Stärkung der E-Commerce-Produkte der Google Inc. - wie Google Shopping oder Google Products - verändert den kompletten Internet-Markt im E-Commerce zu Gunsten der börsennotierten Google Inc., welche auch quartalsweise mit Superlativen die Börsen weltweit beeindrucken muss. Die Umsätze von Google wachsen in dem Maße weiter, wie Konkurrenten Umsatz verlieren.

eBay fällt gegen Amazon, Alibaba, Apple, otto.de zurück

Bei eBay macht man derzeit das, was alle Seos panisch tun, wenn die Sichtbarkeit - die sogenannte "Visibility" - in Google sinkt: Man sucht nach Alternativen zu Google. Das kann eine stärkere Präsenz in Bing.com sein, oder auf Facebook, oder in Affiliate-Partnerschaften. Fakt ist: eBay fällt derzeit gegenüber großen Wettbewerbern wie Amazon, Apple (USA), Alibaba (China), aber auch gegenüber kleineren deutschen Wettbewerbern wie dem Onlinekaufhaus otto.de tendenziell zurück.

Parallel zu den üblichen Seo-Programmen, welche den Verkauf auf eBay wieder ankurbeln sollen, setzt eBay auf Diversifikation. Hierzu gehören zum Beispiel die beiden PayPal-Bezahldienste Braintree und Venmo. Besonders Venmo komme, sagt Donahoe, beim jungen Publikum gut an. Das Motto von Venmo lautet: "Make and share payments. Send money instantly, for free". Und so funktioniert Venmo:

Vemno, Braintree Payments soll PayPal breiter aufstellen

"Sende dein Geld sicher. Bezahle sofort oder schicke jemandem sofort Geld, indem du Venmo hast oder verlinke dein Bankkonto oder eine Kreditkarte in Sekunden". Zudem wendet sich der digitale Bezahldienst an Geld-Empfänger: "Lasse dir Geld über Nacht auszahlen. Du erhälst Geld sofort. Du kannst dir das Geld aus Venmo auch auf dein Bankkonto innerhalb eines Arbeitstages überweisen lassen". Venmo ist ein lizenzierter Geldsender und autorisiert durch die PayPal, Inc. und soll, das ist offensichtlich, auch als Online-Konkurrenz zu Reisebanken aufgebaut werden.

Ähnlich agiert die PayPal-Tochter Braintree (braintreepayments). Sie versucht derzeit, den digitalen Zahlungsverkehr "neu zu erfinden" und zwar ebenfalls mit Fokus auf mobile Endgeräte. Das Braintree-Motto lautet: "Starte auf deinen unterschiedlichen Bezahlkonten wie PayPal, Bitcoin, Venmo, Apple Pay oder anderen Kreditkarten-Konten, auch auf solchen, die es künftig geben könnte, diese zentral zu verwalten und zu nutzen. Eine einzige Integration macht dies möglich." Als Partner nennt Braintree ("A PayPal Company"): airbnb, Uber, GitHub, StubHub, S Shout.

Doch auch wenn PayPal derzeit weiter wächst, so fragt Robert Peck, Analyst bei Suntrust Robinson Humphrey gegenüber der amerikanischen Tageszeitung New York Times, wann man denn damit rechnen müsse, dass das stete Wachstum bei PayPal ebenfalls, wie bei eBay, zu stocken beginne.

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