Will Bundeskartellamt lieber Konkurs von Tengelmann und Kaisers statt Edeka-Übernahme?

Dass eine Fusion zwischen Edeka und der rund 10 Mal kleineren Tengelmann-Gruppe kartellrechtlich kritisch gesehen wird, darauf deuten nun Worte des Kartellamts-Präsidenten Andreas Mundt hin. Doch entschieden ist noch nichts. Fakt ist: Für die Eigner der Tengelmann-Gruppe, die Familie Karl-Erivan Haub, dürfte ein Verbot der Übernahme von Tengelmann und Kaisers durch Edeka mittelfristig bedeuten:

Das deutsche Bundeskartellamt in Bonn könnte sich gegen eine Übernahme der Tengelmann-Gruppe (Tengelmann Supermärkte, Kaisers Supermärkte) durch den großen Konkurrenten Edeka aussprechen.

Die Supermärkte Kaiser’s und Tengelmann könnten in den Konkurs schliddern und müssten dann Tausende Mitarbeiter entlassen. Das zeigt, wie schwierig eine Entscheidungsfindung für das Bundeskartellamt in den nächsten Monaten sich gestalten dürfte.

Kommentar: Bundeskartellamt hat die Wahl zwischen Pest und Cholera im Fall Tengelmann

Dass es für das Bundeskartellamt nicht schön ist, wenn die Eigner von Tengelmann und Edeka bereits vor einer offiziellen Absegnung einer möglichen Tengelmann-Übernahme durch Edeka umfangreich in Teilen zusammenarbeiten, ist verständlich.

Doch es geht am Markt vorbei, wenn deshalb die Bonner Kartellwächter erbost sind. Vielmehr darf das Bundeskartellamt nicht zu einer Mamut-Behörde verkommen, die widersinnige Entscheidungen fällt, Hauptsache man fühlt sich im Recht.

Doch genau in diese Richtung scheint das Bundeskartellamt unter seinem Chef, dem Präsidenten Andreas Mundt, immer mehr zu schliddern. Das bekamen bereits Deutschlands Tageszeitungsverleger zu spüren.

Auch hier deutet sich seit Jahren an, dass das Bundeskartellamt lieber einem Zeitungssterben zusieht, als zu umfangreich lokale publizistische Macht in einer Hand zuzulassen. Dass aber in Zeiten des amerikanischen Internet-Dominators Google auch eine lokale publizistische Macht von Zeitungshäusern beispielsweise in Städten wie Regensburg oder Augsburg mittelfristig auf Sand gebaut ist, das scheint das Bundeskartellamt nicht zu fichten.

Die Frage steht im Raum: Geht das Bundeskartellamt den Weg der wirtschaftlichen und sozialpolitischen Vernunft und schaut, dass Tengelmann und Kaisers mit einem der großen Player in Deutschland zusammengehen dürfen – wenn auch zähneknirschend? Oder lässt das Bundeskartellamt lieber Tausende Beschäftigte der Tengelmann-Gruppe in die Arbeitslosigkeit schliddern nach dem Vorbild von Schlecker?

"Übernahme von Tegelmann und Kaiser's ist keine Wunschoption, sondern eine Option der wirtschaftlichen und sozialen Vernunft"

Ob es einem nun kartellrechtlich gefällt oder nicht, so bleibt doch die Realität, dass Tengelmann und Kaisers mit einem Marktanteil von unter 5 Prozent in Deutschland viel zu klein sind, um mittelfristig überleben zu können. Der Verkauf der Supermärkte ist für Karl-Erivan Haub, der sein Glück zunehmend im E-Commerce sucht, beispielsweise in einer Kooperation mit Rocket Internet, keine Wunschoption, sondern eine Option der wirtschaftlichen Vernunft.

Gelingt der Verkauf jetzt nicht, droht Tengelmann und Kaisers der Untergang nach dem Vorbild von Schlecker. Allerdings ist Karl-Erivan Haub an der Verstimmung der Herren und Damen im Bundeskartellamt nicht ganz unschuldig.

In einem etwas verunglückten, da arrogant wirkenden Interview mit einer Wirtschaftszeitung vor einigen Wochen, versprühte Haub den Eindruck, als sei das Bundeskartellamt geradezu gezwungen, einer Übernahme zuzustimmen. Das war taktisch vom Tengelmann-Boss unklug. Kein Behördenchef mag es, wenn er öffentlich unter Druck gesetzt wird. So viel Fingerspitzengefühl sollte ein Unternehmenslenker haben.

Gleichzeitig darf aber das Bundeskartellamt nicht zu einem Beleidigte-Leberwurst-Amt werden. Zu viel steht auf dem Spiel, wenn die deutschen Supermarktketten Kaiser’s und Tengelmann nun scheitern. Immerhin arbeiten für Kaiser’s Tengelmann über 16.000 Angestellte. 451 Märkte in den Großräumen Berlin, München und dem Ruhrgebiet klingen nach einer Marktmacht. Doch in Wirklichkeit ist es im Zeitalter der global agierenden Superkonzerne – wozu auch Aldi und Lidl gehören - keine Handelsmacht.

"Trotz des Viererquartetts Edeka, Rewe, Aldi, Lidl sind Lebensmittelpreise in Deutschland niedrig"

Ein Zusammenschluss von Tengelmann und Kaisers mit Edeka, einem genossenschaftlich organisierten Konstrukt mit deutschlandweit gut 4.000 selbständigen Kaufleuten, ist wirtschaftlich und sozialpolitisch in Deutschland die einzige Option, möchte man an Mitarbeiter-Massaker mittelfristig verhindern.

Fakt ist aber auch, dass das wirtschaftliche Gebaren von Edeka diskussionswürdig bleibt. Denn obwohl Edeka über eine große Einkaufsmacht verfügt, sind die Preise in den Supermärkten von Edeka alles andere als billig.

Wer beispielsweise bei Edeka im Einkaufszentrum Brühler Höfe in Leipzig einkauft, der findet zwar recht viele vorzügliche Lebensmittel an der Wursttheke oder Käsetheke, auch am Fischstand, aber billig ist das alles nicht. Das gilt auch für Müsli, Butter oder Milch - bei Aldi gibt es alles in der Regel erheblich billiger.

Der Wettbewerbsvorteil beim Einkauf durch Marktmacht scheint bei Edeka nicht durch billigere Preise beim Verbraucher anzukommen. Das könnte ein zentraler Punkt sein, weshalb das Bundeskartellamt Magenschmerzen beim Verkauf der Tengelmann-Gruppe an Edeka hat. Denn auch Kaisers und Tengelmann sind nicht gerade berühmt für günstige Preise.

Bei Tengelmann hatte man jedenfalls gehofft, nach einem Verkauf der über 400 Supermärkte an Edeka, dass diese dann von den bisherigen Filialleitern als selbständige Kaufleute unter dem Edeka-Dach weitergeführt werden.

Droht Tengelmann das Pleite-Schicksal von Schlecker?

Gleichzeitig ist aber nicht klar: Verschwinden dann die Marken Kaisers und Tengelmann? Droht ihnen das gleiche Schicksal wie der einstigen Discounterkette Plus, deren blaue Logos verschwunden sind und nun als Netto-Märkte in Gelb weiter firmieren?

Jedenfalls machte das Bundeskartellamt sehr deutlich, dass es sowohl von Edeka erwartet, als auch von der Tengelmann Gruppe, dass umgehend alles unterlassen wird, was einen Zusammenschluss der beiden Lebensmittelketten vorwegnimmt. Konkret möchte das Bundeskartellamt erst noch prüfen, was ein Zusammenschluss oder Nicht-Zusammenschluss bedeutet - für die deutschen Verbraucher, aber auch die über 16.000 Tengelmann-Beschäftigten.

Jedenfalls erklärte nun Kartellamts-Chef Andreas Mundt sagt: "Die einstweilige Anordnung ist eine Vorsichtsmaßnahme, mit der wir sicherstellen möchten, dass der Status quo zunächst erhalten bleibt."

Bekannt ist, dass die Prüfung einer möglichen Übernahme der Tengelmann-Gruppe durch Edeka beim Bundeskartellamt noch mindestens bis März 2015 dauern könnte.

Der deutschen Lebensmittelhandel ist bereits heute starken Konzentrationstendenzen ausgesetzt. So dominieren die vier Gruppen Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) den deutschen Lebensmittelhandel:

Dennoch hat dieses bislang zu einem nicht geführt: Zu einem flächendeckenden Anstieg der Lebensmittelpreise in Deutschland. Zumindest Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl gelten weltweit als jene Player, die für ein Absenken der Lebensmittelpreise in den Ländern sorgen, in welchen sie aktiv sind.

Das spürt derzeit beispielsweise auch der britische Discounter Tesco: Der britische Platzhirsch musste auf Grund des Drucks von Aldi und Lidl in UK wiederholt die Lebensmittelpreise senken und bekannt geben, dass die Gewinne für die Tesco-Besitzer erneut geringer ausfallen werden.

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