Das Ziel ist beim anstehenden Rocket Internet Börsengang klar: Getätigte Investitionen gewinnbringend wieder reinholen. Die drei Samwer Brüder (Samwer Brothers) Oliver Samwer, Marc Samwer und Alexander Samwer sagten, man erhoffe sich durch einen Börsengang von Rocket Internet an der Frankfurter Börse mindestens rund 750 Millionen Euro einzusammeln. Dafür wolle man aber nach Branchengerüchten gerade einmal einen Anteil an Rocket Internet von 15% zur Verfügung stellen:
Was viel klingt, dürfte aus Sicht von Rocket Internet eher wenig sein. Nach Ansicht von Analysten ist es definitiv zu wenig, um Rocket Internet profitabel für seine weltweiten bunten bisherigen Großanleger zufrieden zu stellen. Denn in Rocket Internet Projekte wurde bislang nach Branchengerüchten weit über 3 Milliarden Euro investiert. Ein Großteil davon dürfte für teure Marketing-Aktionen im Fernsehen und vor allen in Google (Google AdWords) investiert worden sein.
So ist bekannt: "Ein E-Commerce-Portal wie beispielsweise Zalando lässt sich mit unter 100 Millionen Euro Ausgaben für Google-Anzeigenkampagnen pro Jahr und alleine in Deutschland kaum hochziehen", sagt ein sehr guter Google-Kenner. Ähnliche Kennzahlen dürften für viele Rocket Internet Projekte weltweit gelten. Hinzu dürften weitere hohe Werbe-Ausgaben für Facebook-Kampagnen unter anderem zur Generierung von Seiten-Likes kommen. Zudem gilt es, Marketing-Maßnahmen in Internetsuchmaschinen wie Bing oder Yahoo zu fahren.
Bekannt ist: Alleine rund 10 Rocket Internet-Beteiligungen machten im Jahr 2013 bei rund 743 Millionen Euro Umsatz insgesamt 432 Millionen Euro Verlust - im Jahr. Dies hatten das deutsche Wochenmagazin "Wirtschaftswoche" sowie die ZDF-Sendung "Frontal 21" in einer bemerkenswerten umfangreichen und tiefgründigen Geschichte recherchiert ("Die Samwer Show", beziehungsweise "Drei glorreiche Halunken").
Als Basis für diese Umsatz- und Verlust-Zahlen hatte unter anderem der Geschäftsbericht des schwedische Großinvestors an Rocket Internet, Kinnevik, gedient. Kinnevik hat bislang über 1,2 Milliarden Euro in das Rocket Internet Portfolio investiert. Geld, das Kinnevik nun selber dringend fehlt und das durch Börsengänge wie jener von Rocket Internet oder Zalando nun unbedingt wieder reingeholt werden muss.
Der nun von den Samwer-Brüdern und Rocket-Investoren - darunter die Stuttgarter Holtzbrinck Ventures von Verleger Stephan von Holtzbrinck sowie United Internet aus Montabaur - geplante Börsengang gilt als größte Emission dieser Art in Deutschland in den vergangenen Jahren.
Fakt ist aber auch: Der angebliche Wert von bis zu fünf Milliarden Euro von Rocket Internet dürfte primär ein von Unternehmensberatern und Investment-Bankern, welche im Auftrag von Rocket Internet arbeiten, berechneter und verbreiteter Wert sein. "Solche Werte sind natürlich immer auch fiktive Werte", erklärt ein KMPG-Berater. Einflussgrößen seien unter anderem: Bisher getätigte Investments, das Standing des Unternehmens bei Anlegern, das Standing der Projekte in jeweiligen Ländern und Branchen und die Hoffnungen auf künftiges Wachstum in der Digitalbranche.
Oliver Samwer von Rocket sagt: "Der Börsengang ist der nächste logische Schritt auf dem Weg zu unserem erklärten Ziel, die weltweit führende Internet-Plattform außerhalb der USA und Chinas zu werden". Doch stehen diesen Plänen eben auch andere große Player entgegen - in China beispielsweise Alibaba, zudem weltweite Konkurrenten wie die Otto Group (die aber ebenfalls bereits in Rocket Internet Projekte investierte) oder vor allem Amazon.
Wie aggressiv beispielsweise Amazon momentan im Markt agiert, zeigt sich daran, dass Amazon derzeit die Margen von Shop-in-Shop Lösungen bei Amazon erheblich verschlechtert hat. Das Nachsehen haben Shop-Betreiber, aber auch Preisvergleichs-Seiten, die mit Amazon bislang einen erheblichen Umsatz erzielt haben.
Deshalb ist es sicherlich kein Zufall, wenn - wie in der Branche gerüchteweise zu vernehmen ist – eine Preisvergleichs-Seite wie Geizkragen aus Österreich für angeblich über 40 Millionen Euro an die in Hannover ansässige Heise Gruppe verkauft worden sei. Der Gedanke hierbei ist vor allem der: Im Verbund lässt sich auch künftig im Internet gut Geld verdienen.
Doch Geizkragen oder Rocket Internet sind nicht die einzigen derzeit in der deutschen Internet-Branche gehandelten großen oder größeren Internet-Transaktionen. Vielmehr finden derzeit einige grundlegende Bewegungen in der deutschsprachigen Internetszene statt, die die Karten erheblich und nachhaltig neu mischen. Dass dabei immer stärker auch alte Medienhäuser in das Zentrum rücken, lässt sich auch daran ablesen, dass auf der Dmexco, der derzeit in Köln stattfindenden weltgrößten Internet-Messe, auch alte Medienhasen wie Stefan Aust (Ehemaliger Chefredakteur DER SPIELGEL) gemeinsam mit Kai Diekmann, dem Chefredakteur der BILD-Zeitung, gesichtet wurden.
Auch wenn Oliver Samwer mit seinen Brüdern Marc Samwer und Alexander Samwer immer noch recht jung sind und auch nach Start-Up aussehen, so sind sie doch bereits seit über 15 Jahren im Internet ganz vorne in Deutschland dabei. Sie sind nicht nur Gründer von Rocket Internet, sondern über den Global Founders Fund wichtiger Anteilseigener an Rocket.
Aus Sicht von Anlegern könnten beim anstehenden Börsengang von Rocket Internet mehre Faktoren heikel sein: Neben den bislang hohen Verlusten von Rocket Internet Projekten wiegt der Fakt schwer, dass die Rocket Internet Alteigner angeblich mit dem anstehenden Börsengang keine Anteile abgeben wollten, sondern lediglich Aktien über eine Kapitalerhöhung platzieren wollten.
Entsprechend einer netz-trends-Analyse vom 5. Juli 2014, welche unter der Überschrift "Rocket Internet Portfolio: Was ist was wert? Börsengang Samwer Brüder" veröffentlicht worden war, ist Rocket Internet mit rund 400 Portalen in den folgenden Geschäftsfeldern aktiv: Automobil (Börse), Online-Fashion-Shops, Online-Einrichtungs-Shops (Privat, Büro), Mobile-Payment-Service, Online-Payment-Service, Online-Gaming, Preisvergleich, Ferien-Privatunterkünfte, Jobs (Börse), Kreditvermittlung oder im Bereich Online-Druckservices:
Dabei sind sogenannte Emerging Markets, also sogenannte Schwellenländer, aber auch Entwicklungsländer die Kernziel-Märkte von Rocket. Hierzu gehören vor allem Länder in Asien, Südamerika, Afrika sowie der Arabischen Halbinsel:
Rocket Internet ist neben der Leipziger Unister Group (Unister GmbH, Unister Travel, Unister Holding GmbH, Unister Travel Betriebsgesellschaft mbH) derzeit die einzige noch recht selbstständige große Internet-Einheit im deutschsprachigen Internet-Markt. Im Falle von Unister hatte der amerikanische Wirtschaftsdienst Bloomberg im April 2014 geschrieben: "German Web Portal Operator Unister Said to Plan Sale". Dabei bewertete man Unister auf "us much aus 1.5 billion Euros":
Weiter schrieb Bloomberg: "Unister Holding GmbH, a German operator of Internet portals for travel and finance products, hired Jefferies Group LLC to find a buyer, according to people familiar with the process.The company, known for hiring celebrities including soccer star Michael Ballack to woo users to websites such as holiday-booking service ab-in-den-urlaub.de, may be valued at as much as 1.5 billion euros ($2.1 billion), said one of the people, who asked not to be identified discussing a private matter. Unister will probably attract interest primarily from private-equity firms, the people said."