ThyssenKrupp: Schwedische Investoren entmachten Krupp-Stiftung

Ausgerechnet ein ausländischer Kapitalgeber, die schwedische Beteiligungsgesellschaft Cevian, habe ihren Anteil am deutschen Stahlkonzern ThyssenKrupp auf gut zehn Prozent aufgestockt und damit wenige Wochen nach dem Tod des Krupp-Patriarchen Berthold Beitz die Macht der Krupp-Stiftung, welche in ihrer Sperrminorität lag, deutlich geschmälert, heißt es in Berichten. Damit könnte ein großes Stück deutscher Industrie-Familiengeschichte zu Ende gehen. Immerhin bring die jetzige Kapitalerhöhung gut 880 Millionen Euro in die Kassen des Stahlkonzerns - dringend benötigtes Geld für die Sanierung des angeschlagenen deutschen Traditionsunternehmens.

Foto: ThyssenKrupp
Hauptversammlung von ThyssenKrupp.

Für die deutsche Wirtschaft ist es einmal mehr ein Abschied von der Deutschland AG: Die Krupp-Stiftung verliert ihre Sperrminorität am Essener Jahrhundert-Stahlkonzern ThyssenKrupp AG. Das Unternehmen beschäftigt in 80 Ländern über 150.000 Mitarbeiter.

Krupp war im Ruhrpott sowohl im Ersten Weltkrieg wie im Zweiten Weltkrieg ein wichtiger Stahlproduzent, auf den faktisch kein Politiker verzichten konnte. Selbst Kaiser Wilhelm II. machte in der heute größtenteils öffentlich begehbaren Villa Hügel der Familie Krupp seine Aufwartung.

Dennoch kommt die jetzige tektonische Plattenverschiebung bei ThyssenKrupp nicht ganz unerwartet, da das Unternehmen bereits bekannt gegeben hatte, auf Grund eines Milliardenverlustes auch im Geschäftsjahr 2012/2013 keine Dividende ausschütten zu können. Als sicher gilt, dass in Folge der Kapitalerhöhung die Krupp-Stiftung wohl auf einen ihrer mehreren Plätze im Aufsichtsrat verzichten muss. Ihr Anteil beträgt nach der Kaptalerhöhung angeblich rund 22,99%.

Die neue Vorsitzende der Krupp-Stiftung, Ursula Gather, erklärte, wonach die gemeinnützige Krupp-Stiftung auch künftig ein verlässlicher Anker im ThyssenKrupp-Konzern bleibe. Doch so oder so bezweifelt niemand an dem auch künftigen Machtvillen der Stiftung. So könnte sie auch künftig beispielsweise auf Aktionärs-Hauptversammlungen, wichtige Entscheidungen beflügeln oder blockieren, da in der Regel nicht alle Aktionärs-Gruppen und Aktionäre vertreten sind. Außerdem gilt der Einfluss der Krupp-Stiftung, die letztlich direkt der Krupp-Familie entstammt, auch symbolisch als äußert groß. Wenige wagen es – weder im Vorstand noch im Aufsichtsrat – sich öffentlich mit der Familienstiftung anzulegen.

Erst 2006 hatte die Krupp-Stiftung ihren Anteil an ThyssenKrupp deutlich aufgestockt. Zwar hätte die Krupp-Stiftung die Möglichkeit gehabt, nun im Rahmen der Kapitalerhöhung mitzuziehen, doch scheinbar wollte man nicht noch mehr Geld in das schwierige Geschäft mit Stahl und Schwertechnik stecken.

Die gemeinnützige Krupp-Stiftung beherrscht seit 1968, also seit dem Tod des Firmenpatriarchen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, maßgeblich die Geschicke des Essener Konzerns mit. Zuvor war das gesamte Vermögen von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach auf die Stiftung übergegangen. Der wichtigste Grund hierfür war, dass klar war, dass der Sohn, Arndt von Bohlen und Halbach, sich lieber mit einer jährlichen Apanage in Höhe von 50 Millionen Mark abfinden wollte und auch keine Kinder kriegen wollte - sprich: Er war eher dem gleichen Geschlecht zugetan, schreiben zahlreiche Chronisten.

Die Krise von ThyssenKrupp - das Unternehmen arbeitet seit Jahren erfolgreich und profitabel beispielsweise in der Aufzugsparte - war besonders durch Fehlinvestitionen auf dem amerikanischen Kontinent entstanden. Seither ächzt der Konzern unter rund 5 Milliarden Euro Schulden. Dabei liegt die Eigenkapitalquote mit lediglich 7% so niedrig, wie sonst bei keinem anderen im Dax notierten Konzern.

Doch wer glaubt, ThyssenKrupp sei möglicherweise mittelfristig komplett verloren, der sollte das Unternehmen, das bald 150 Jahre existiert, nicht unterschätzen. So denkt beispielsweise der Finanzvorstand von ThyssenKrupp, Guido Kerkhoff, bereits über weitere Finanzierungsmöglichkeiten nach. Im Gespräch ist die Herausgabe von Wandelanleihen oder Hybridanleihen. Vorstandsvorsitzender bei ThyssenKrupp ist Dr. Heinrich Hiesinger.

Erst kürzlich hatte die ThyssenKrupp AG auf einer Analysten- und Investorenkonferenz per Telefonkonferenz erklärt, dass sich der Konzern weltweit in einer guten Konsolidierungsphase befinde. Den breakeven erwarte man wieder im Jahr 2015. Auch habe man eine gute Übereinkunft mit der Deutschen Bank AG erzielt. Dr. Claus Ehrenbeck, der Leiter der Investor Relations-Abteilung der ThyssenKrupp AG erklärte zudem: "Zielsetzung von ThyssenKrupp Investor Relations ist die angemessene Bewertung der ThyssenKrupp Aktie durch den Kapitalmarkt." Es scheint so, als sei das Unternehmen hier auf einem guten Weg.

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