Niedrige Bauzinsen sichern - Tutorial

Bauzinsen sind billig wie nie. Dennoch sollte sich niemand zu einem überhasteten Kreditabschluss hinreißen lassen "sonst kann der Eigenheim-Traum schnell zum Alptraum werden". Zu diesem Fazit kommt die Wirtschaftswoche im dritten Teil ihrer Serie Immobilienrecht (S. 104 v. 10. Juni 2013). Als besonders problematisch gelten die Laufzeiten von Immobilienkrediten. Sie werden gerne im Kleingedruckten versteckt, während die niedrigen Immobilienzinsen von Banken oder Versicherungen derzeit Häuslebauer oder Wohnungskäufer verführerisch locken. Dennoch gilt es beim Immobilienkauf auf die Fallstricke zu achten.

Foto: netz-trends.de
Egal wie ausgefallen die Immobilie, die man über Kredit finanziert kaufen möchte, ist: Ohne eine grundlegend solide Kalkulation, die auch Risikofaktoren wie eine mögliche Arbeitslosigkeit enthält, geht es nicht.

Das wichtigste ist beim Immobilienkauf, dass ein niedriger Bauzins nicht alles ist. Das erklärt ein Leipziger Immobilien-Mogul netz-trends.de. "Beim Immobilienkauf muss man sehr genau rechnen und überlegen, ob eine eigene Immobilie wirklich Sinn macht oder ob eine Miete nicht die bessere Wahl wäre". Seine Argumente: Eine Eigentumswohnung oder ein eigenes Haus bindet auf Jahre oder Jahrzehnte. Dabei gibt es Probleme, die in der Gegenwart vielleicht gar nicht präsent sind.

Beispiel: Die Abwanderung aus Ortschaften. Sowohl in Ostdeutschland wie in Westdeutschland ist der Leerstand an Wohnungen oder Häusern teils sehr hoch. Manche Regionen verfügen bereits über einen Leerstand von über 25 Prozent. Wer hier ein Haus oder eine Wohnung besitzt - beispielsweise im Ruhrpott oder in Hoyerswerda, auch in Halle oder Magdeburg - der bekommt seine Immobilie durch Mieteinnahmen häufig nicht refinanziert. Im schlimmsten Fall findet sich gar kein Mieter.

Wer einen Immobilienkredit aufnimmt, für den gilt: Rechnen, Rechnen, Rechnen. Ein Beratungsgespräch bei der Bank ist meist nicht ausreichend. Am besten man zieht einen Steuerberater hinzu und lässt diesen die angebotene Finanzierung noch einmal durchkalkulieren.

So schreibt zum Beispiel die Wirtschaftswoche: "Im Laufe der Zeit steigt der Tilgungsanteil einer Finanzierung, der Zinsanteil fällt. Je niedriger die Zinsen sind, desto mehr Tilgung kann sich der Schuldner schon zu Anfang leisten, um mit einem kräftig reduzierten Kredit in die Phase höherer Zinsen zu gehen". Dabei ist es so sicher wie das Amen: Die Phase höherer Zinsen kann schon in wenigen Jahren kommen - also bereits in drei bis fünf Jahren.

Keine Immobilienkredite mit unter 10-Jähriger Laufzeit bei Garantiezins abschließen

Kürzlich warb die Deutsche Bank in ihrer Werbung beispielsweise mit einem Bauzins von 1,79 Prozent. Diesen Immobilienfinanzierungs-Zins wolle die Bank mit den beiden berühmten Twin-Towers in Frankfurt am Main fünf Jahre garantieren. Der Hasenfuß komme aber, erklärt die Wirtschaftswoche in ihrer Immobilienrecht-Serie, garantiert: "... Die gesamte Finanzierung des Familienvaters würde... über 25 Jahre laufen - und das auch nur, wenn der Anfangszins dauerhaft gilt", schreibt das Wirtschaftsblatt aus Düsseldorf.

Das heißt aber nichts anderes, als dass die Deutsche Bank nach fünf Jahren die Konditionen faktisch diktieren könnte. Das liegt daran, dass, sollten beispielsweise nach fünf Jahren die Zinsen erheblich höher sein, die Deutsche Bank den Folgekredit gänzlich anders stricken könnte. Zwar könnte auch der Kreditnehmer versuchen, einen hohen Kredit bei einer anderen Bank zu bekommen, doch ob das klappt, weiß heute niemand.

Denn sowohl die Eurokrise wie die weltweite Wirtschaftskrise dürften sich weiter zuspitzen. Die Finanzmärkte auf dem Globus gelten als äußerst instabil. Steigende Kurse an der Wall Street oder in den 30 Dax-Werten taugen nicht einmal ansatzweise für eine Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Stabilität. Schneller als es einem Wohnungskäufer oder Hauskäufer liebt ist, könnte er also in der Zinsfalle sitzen. Im schlimmsten Fall könnte er später den Kredit zu gestiegenen Zinsen nicht mehr bedienen und müsste seine Wohnung oder das Haus einer Zwangsversteigerung zuführen.

Besonders problematisch ist zudem, dass viele Mathematik-Laien nicht in der Lage sind, Rechnungen über Zinseszinseffekte und Kredite selbst durchzuführen. So klingt zwar ein 100.000 Euro Kredit als nicht all zu hoch, doch, rechnet die Wirtschaftswoche vor, hätte "im Werbebeispiel (für Immobilienfinanzierung) der Deutschen Bank der junge Vater nach fünf Jahren mit 416 Euro Monatsrate (für die Kreditabbezahlung) nur schlappe 16 Prozent" seines Kredites abbezahlt.

Würden aber, so das Wirtschaftsblatt weiter, die Zinsen für einen Immobilienkredit nach fünf Jahren von 1,79 Prozent auf dann 5 Prozent Sollzinsen steigen, würde die monatlich abzubezahlende Kreditrate bei über 100 Euro mehr liegen - nämlich bei 550 Euro monatlich.

Steigende Kreditraten unbedingt einkalkulieren - auch in den Zukunftsjahren der Tilgung

Diese Rechenbeispiele sind noch im niedrigen Baufinanzierungs-Bereich angesiedelt. Doch gute Wohnungen kosten häufig deutlich mehr als 100.000 Euro. Beispielsweise ging kürzlich in der Kopenhagener Straße in Berlin Prenzlauer Berg eine 120 Quadratmeter Altbauwohnung im dritten Stock für 220.000 Euro weg. Die Wohnung ist weder grundsaniert, noch verfügt sie über modernste Sanitäranlagen oder einen ausladenden modernen Balkon. In diesem Fall würde also eine monatlich zu bedienende Kreditrate für den Immobilienkredit bei steigenden Zinsen nach fünf Jahren schnell von circa 1.100 Euro auf bis zu 1.500 Euro oder mehr steigen.

Deshalb empfiehlt beispielsweise Eberhard Beer von der Honorarfinanzberatung "Alte Hasen", dass eine "kurze Laufzeit von Immobilienkrediten derzeit nicht zu empfehlen" sei . Vielmehr solle man auf eine langfristige Zinsfestschreibung achten. Dies koste zwar einen Zinsaufschlag, bringe aber die nötige Planungssicherheit.

Wichtig ist, dass bei einer Immobilienfinanzierung mit niedrigen Zinsen möglichst viel in den ersten Jahren getilgt wird. Man sollte entsprechend unbedingt die garantierte Phase des billigen Geldes ausnutzen - und zwar maximal. Früher galt die Regel, wonach man in den Anfangsjahren jährlich ein Prozent des Kredites real nach Abzug der Zinsen tilgen solle.

Wieder führt die Wirtschafswoche in einer anschaulichen Rechnung vor, worin bei einer Immobilienfinanzierung, passe man nicht auf, das Problem liegen könne. So werbe derzeit die Sparda-Bank Hannover für einen Zehnjahreskredit über 150.000 Euro damit, dass man 2,25 Prozent Sollzinsen bei einer anfänglichen Tilgungsrate von 1 Prozent bezahlen müsse. Die Monatsrate läge bei niedrig erscheinenden 406 Euro.

64.000 Euro Kosten für einen 150.000 Euro Kredit sind keine Seltenheit

"Solch selbst im unwahrscheinlichsten Fall, dass die Zinsten dauerhaft so niedrig bleiben, müssten Immobilienkäufer ihre Raten über 52 Jahre" abbezahlen. Obendrein "säßen sie nach Ende der zehnjährigen Zinsgarantie noch auf 133.200 Euro Restschuld und könnten mit einem teureren Folgekredit schnell Finanzprobleme bekommen", bilanziert die Wirtschaftswoche.

Um eine solche Schuldenfalle zu vermeiden, solle die reale anfängliche Tilgung des Kredites nicht statt der üblichen 1 Prozent mindestens bei 2 bis 3 Prozent liegen. Besonders problematisch ist, dass viele Kreditnehmer nicht ausreichend gegenrechnen, wie hoch die Zinsen und Gebühren für einen Kredit sind. So könne ein Kredit über 150.000 Euro durchaus Zinsen und Gebühren in Höhe von rund 64.000 Euro nach sich ziehen, rechnet die Wirtschaftswoche vor.

Ebenfalls wichtig bei einer Eigenimmobilie ist es, dass der Käufer ein bis zwei Prozent des Kaufpreises pro Jahr für Instandhalt der Wohnung oder des Hauses zurückgelegt. Bei einem Kredit von 150.000 Euro wären das immerhin rund 1.500 Euro, die zusätzlich zu berappen wären.

Nach wie vor empfehlen Finanzfachleute, wonach 20 bis 25 Prozent des Kaufpreises sowie der Kaufzusatzkosten (Notar, Grunderwerbsteuer, Makler) schon vor Kreditabschluss eingebracht werden sollten. Vor allem Bausparverträge zielen auf ein solches Modell ab und sind deshalb in vielen Fällen sinnvoll. Rund 8 bis 13 Prozent eines Immobilienkaufpreises müssen in der Regel für die Kaufzusatzkosten einkalkuliert werden.

Grundsätzlich gilt zudem: Die niedrigen Werbezinsen für Immobilienkredite sind meist Mogelpackungen. Häufig muss ein hoher Anteil an Eigenkapital (20 bis 60 Prozent des Kaufpreises) von vornherein cash eingebracht werden oder die Niedrigzinsen gelten häufig nur für einen viel zu kurzen Zeitraum - beispielsweise nur fünf Jahre. Doch mit Zinsen für einen Kredit ist es häufig, wie mit Stromkosten: Im ersten Jahr werden die Kunden mit niedrigsten Preisen geködert, wer sich dann aber nicht nach einem neuen Anbieter umschaut, wird im zweiten Jahr doppelt so stark zur Kasse gebeten.

Sondertilgung sollte Bestandteil des Vertrages sein

Wichtig ist zudem, dass jeder Immobilienkredit eine Klausel enthält, die eine Sondertilgung eines Kredites erlaubt sowie Änderungen der monatlichen Tilgungsraten ermöglicht - beispielsweise bei einer durch Arbeitslosigkeit oder Job-Aufstieg veränderten Zahlungsbonität. Die Möglichkeit einer 5 Prozent Sondertilgung pro Jahr sollte in jedem Kreditvertrag für Immobilien enthalten sein. Besonders positiv hebt die Wirtschaftswoche die ING-DiBa hervor. Sie gelte als "vorbildlich", da "ihre Kreditkunden den Tilgungssatz während der Kreditlaufzeit zweimal kostenlos ändern und so den Kredit schneller abzahlen" könnten.

Die Wirtschaftswoche weist aber noch auf eine weitere Fußangel hin. Wieder dient ihr als Beispiel die Deutsche Bank. So verlange das größte deutsche Bankhaus bei Immobilienkrediten - wie andere Banken auch - eine Abschlussgebühr. Im von der Wirtschaftswoche dargestellten Beispiel waren das für einen Immobilienkredit immerhin 500 Euro monatlich für einen 100.000 Euro Kredit.

"Eigentlich werden solche Gebühren in den Effektivzins eingerechnet", schreibt die Zeitung. Doch was viele nicht durchschauen würden, wäre dieses: "Die Bank hat diese Gebühr bei der Zinsberechnung... nicht über die Kreditlaufzeit von fünf Jahren, sondern über die Dauer der Gesamtfinanzierung von 25 Jahren verteilt". Das führe aber letztlich nicht zu einem Effektivzins von 1,85 Prozent sondern zu einem von 1,92 Prozent. Auch auf solche Dinge gelt es bei der Aufnahme eines Immobilienkredites zu achten, sagt beispielsweise der Baugeldspezialist Berthold Noll.

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