Strompreise Erfahrungen BEV Energie: Warum Preiserhöhungen bei Energieversorgern komplexe Sachverhalte sind

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Energieversorger müssen rund 80 Prozent ihrer Einnahmen an den Staat und die Netzbetreiber weiterreichen.

Der Energiemarkt in Deutschland ist äußerst komplex. Zahlreiche Akteure beeinflussen die Preise für Strom und Gas. So entfallen circa 90 Prozent des Strompreises auf Steuern, Umlagen, Entgelte und den Einkauf. Größte Gewinner sind vor allem der Staat und die Netzbetreiber, deren Anteil am Strompreis ungefähr 80 Prozent ausmacht.

Den Energieversorgern bleibt hingegen nur ein relativ magerer Anteil von rund 10 Prozent übrig. Davon müssen nicht nur die Kosten für Marketing, Verwaltung und Personal getragen werden, sondern gegebenenfalls auch noch Vermittlungsprovisionen an Preisvergleichsportale (rund 40 bis 60 Euro pro Kunde).

Kommt es zu einer Änderung des Strompreises, zieht dann oftmals der Energieversorger den Zorn der Verbraucher auf sich. Ist er es doch, der die monatlichen Abschläge vom Konto einzieht und Preisanpassungen mit dem Kunden kommunizieren muss. Der Staat und die Netzbetreiber verstecken sich hinter dem Stromanbieter und kassieren kräftig ab.

Das Portal verbraucherschutz.de führte mit dem Energieversorger BEV Energie ein Interview rund um den Strompreis und Diskussionen um Preisanpassungen, die aus Sicht einiger Verbraucher zu hoch ausfielen. Die Antworten des Energieversorgers möchten wir hier unseren Lesern zur Kenntnisnahme veröffentlichen. [1]


Frage verbraucherschutz.de: Die BEV Energie ist bekannt für attraktive Preise. Warum erhöht die BEV derzeit die Preise für Strom und Gas für einige Kunden?

Die Aussage, dass es eine Preiserhöhung von mehreren Hundert Prozent, beziehungsweise wie in einem Beispiel genannt, von 600 Prozent gegeben haben soll, ist natürlich vollkommen – inhaltlich und rechnerisch - falsch. Ein Kunde, der so etwas behauptet, übersieht in Berechnungen, dass der Jahresgesamtpreis zu betrachten ist und nicht einzelne Preisbestandteile isoliert zu sehen sind. Das heißt: Letztlich kommt es auf den Gesamtbetrag einer angepassten Jahresrechnung für Strom oder Gas und nicht allein auf den Grundpreis an.

Der Gesamtbetrag einer Jahresrechnung setzt sich zusammen aus dem Grundpreis, dem Arbeitspreis je Kilowattstunde und dann vor allem aus dem persönlichen Verbrauch des Kunden. Erst wenn man dies in Summe als Gesamtbetrag der Jahresrechnung vergleicht, kann man den bisherigen mit dem neuen Strompreis vergleichen.

Der Grund für die Erhöhung liegt darin, dass die BEV Energie sich im Interesse der Versorgungssicherheit und aus wirtschaftlicher Verantwortung gegenüber den Kunden und Mitarbeitern zu einer Preisanpassung Mitte Dezember entschließen hat müssen. Im Übrigen sind wir mit Preisanpassungen nicht allein, vielmehr haben auch über 400 andere Energieversorger ihre Preise angepasst.


Frage Verbraucherschutz.de: Warum kommt es generell derzeit bei Hunderten Energieversorgern in Deutschland teils zu drastischen Preiserhöhungen von 20 Prozent, 40 Prozent oder mehr?

Die Geschäftsführung sah sich zu diesem Schritt verpflichtet, da die Beschaffungskosten in den vergangenen zwei Jahren an der Leipziger Strombörse EEX um durchschnittlich mehr als die Hälfte (50,88 Prozent) gestiegen sind.

Bezahlten die Unternehmen im Jahr 2016 für das Lieferjahr 2017 für eine Megawattstunde Strom durchschnittlich noch 33,51 Euro, mussten sie in diesem Jahr für Lieferungen fürs Jahr 2019 bereits 50,56 Euro und mehr bezahlen. Zeitweise lag der Wert sogar bei bis zu 69 Euro für eine Megawattstunde Strom (Quelle: Branchenverband BDEW).

Auch der Anstieg der Preise für CO2-Emissionszertifikate im Bereich des sogenannten ‚Ökostroms‘ wirkte sich kostentreibend aus. Während der Preis für ein Zertifikat lange bei 4 bis 6 Euro lag, hat er sich im Verlauf des Jahres 2018 nahezu verdreifacht: Ein Zertifikat, das zum Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid berechtigt, kostet derzeit knapp 20 Euro. Kosten, die auf Verbraucher von den Energieversorgern natürlich umgelegt werden müssen.

Die Großhandelspreise für eine Megawattstunde Strom sind von 33,51 Euro im Jahr 2016 auf 50,56 Euro im Jahr 2018 gestiegen.Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew.de)

Trotz dieses rasanten Anstiegs vor allem im Bereich der Beschaffungspreise und der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Kosten auf Umlagen, Steuern und Abgaben und ein knappes Viertel auf die Netzentgelte entfallen, die zuletzt ebenfalls sprunghaft angehoben wurden, konnte die BEV in der Vergangenheit günstigere Tarife als zum Beispiel ein Großteil der Grundversorger anbieten.

Aufgrund der massiven Preissteigerungen können Versorgungsunternehmen wie die BEV, welche auf dem Markt der Strom- und Gasanbieter einem starken Preiskampf und damit auch steigenden Vertriebskosten ausgesetzt sind, einen solchen vergleichsweise niedrigen Strompreis jedoch wirtschaftlich nicht mehr tragen. Dabei gilt: Auch kleinere Entlastungen bei anderen Bestandteilen des Strompreises konnten diese Anstiege nicht ausgleichen.

Beim Blick auf Preissteigerungen gilt jedoch auch: Es ist das absolute Preisniveau nach der Preiserhöhung zu vergleichen und nicht isoliert nur eine prozentuale Steigerung teilweise gar einzelner Tarifbestandteile. Wer solche Einzelelemente herauspickt reißt Zusammenhänge unzulässig aus dem Kontext.

Die Steuern, Abgaben und Umlagen auf Strom sind von 2006 bis 2018 um 110 Prozent gestiegen.Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew.de)

Zum Thema Preissteigerungen beim Strom ist beispielsweise einem aktuellen Artikel der Tageszeitung „Die Welt“ zu entnehmen:

„Während der Stromverbrauch zwischen 2000 und 2018 nur um fünf Prozent gestiegen ist, hätten sich in derselben Zeit die Einnahmen aus der Strom- und Umsatzsteuer auf inzwischen über 13,5 Milliarden Euro mehr als verdoppelt,“ erklärt der BDEW. Der bisherige Profiteur der Kostensteigerungen für Strom ist somit häufig der Bundesfinanzminister." [2]

Wir empfehlen mehr zu diesem Thema in dem Welt-Artikel ab dem Abschnitt „Preissteigerungen bei Strom und Gas sind sicher“ nachzulesen.

Insofern entspricht unsere Erhöhung, welche weit unter diesen 50 Prozent Preissteigerung der Strombeschaffung liegt, auch der tatsächlichen Gesamtkostenentwicklung, beziehungsweise blieb sie sogar hinter dieser zurück.


Frage verbraucherschutz.de: Warum bieten zahlreiche Energieversorger erst günstige Tarife an und erhöhen nach einiger Zeit teils deutlich?

Unser Geschäftsmodell ist es, dem Kunden einen günstigen Tarif anzubieten, der im Regelfall preiswerter als jener der Grundversorger ist. Gegen jahrelange massive Kostenerhöhungen im Gesamtmarkt von Produktion, Strom-Übertragung, der Besteuerung, der EEG-Umlage, des Verkaufs von CO2-Zertifikaten sind natürlich auch wir als BEV Energie machtlos.

Selbstverständlich muss aber auch die BEV Energie, wie sämtliche Energieversorger, ihre Tarife an der Marktentwicklung, insbesondere hinsichtlich steigender Kosten, orientieren. Deshalb sind wir nun leider auch zu Preiserhöhungen gezwungen worden.

Dies tun im Übrigen, wie jedes Jahr so auch 2019, Hunderte Grundversorger in Deutschland. Laut https://1-stromvergleich.com/strompreiserhoehung-2019/ erhöhen aktuell 403 Versorger ihre Energiepreise. Die BEV ist also nur ein Anbieter von Hunderten, welche die Preise für Strom oder Erdgas erhöhen mussten. [3]


Frage verbraucherschutz.de: Kunden mit Bonus nach 12 Monaten verlieren auch diesen, wenn sie vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen wollen. Halten Sie das für fair?

Wir bedauern vor allem, wenn wir diese Kunden verlieren. Aber hinter einem Bonus steckt die Idee einer wechselseitigen Treue.


Frage verbraucherschutz.de: Ist eine deutliche Erhöhung des Strompreises oder Gaspreises überhaupt rechtens?

Die Erhöhung bleibt deutlich hinter der tatsächlichen Gesamtkostenentwicklung zurück und ist deswegen selbstverständlich rechtens.


Frage verbraucherschutz.de: Im Vergleich mit Stadtwerken, also den tendenziell teuren Grundversorgern, wo steht die BEV Energie da?

Die Strompreise der BEV liegen nach unserer Markanalyse trotz Berücksichtigung der jetzigen Erhöhung im Regelfall dennoch deutlich preiswerter als die der Grundversorger. Deshalb ist es für den Verbraucher in Deutschland nach wie vor attraktiv, zu einem Anbieter außerhalb der Grundversorgung zu wechseln.

Ein Leser ließ uns die folgende Rechnung zukommen und behauptete: Zum 1. Februar hätte sich der kWh-Preis von 23 Cent auf 27 Cent erhöht. Die Grundgebühr von 2,20 Euro sei auf 11,59 Euro pro Monat gestiegen. Dies bedeute, dass seine Kosten bei uns bei einem Verbrauch von 5000 kWh/Jahr (4-Personen-Haushalt) sich aus 139,08 € Grundpreis und 1.350,00 € Arbeitspreis zusammensetzten, also in Summe 1.489,08 € im Jahr.

Nimmt man ein Tarifvergleich in einem Preisvergleichsportal vor, ergibt sich in einer Stichprobe das folgende aktuelle Bild: In Berlin würde dieser Kunde beim Grundversorger Vattenfall (Berlin Basis Privatstrom) folgendes Zahlen:

Ein Strompreistarifcheck auf Check24 vom 4. Januar 2019 für die Stadt Berlin.Check24


Nimmt man das Beispiel in Berlin als Basis, kann gesagt werden: Die BEV ist hier in diesem Beispiel um 98,84 € preiswerter – trotz Preiserhöhung. Zudem kann ein Vergleich mit einem Grundversorger aus Hannover hinzugezogen werden (ernergyCity KlassikStrom). Folgendes Bild ergibt sich in diesem Beispiel:

Ein Strompreistarifcheck auf Check24 vom 04. Januar 2019 für die Stadt Hannover.Check24


Auch in dem Beispiel in Hannover wäre dieser Grundversorger noch 31,47 € teurer als der hinzugezogene Tarif der BEV Energie. Ein ähnliches Bild zeigt sich in einem dritten Beispiel – beispielsweise in Konstanz:


Ein Strompreistarifcheck auf Check24 vom 04. Januar 2019 für die Stadt Konstanz.Check24


Auch im Beispiel von Konstanz zeigt sich, dass hier der Grundversorger sogar 117,73 € teurer als die BEV Energie ist.


Frage verbraucherschutz.de: Also nach wie vor Preise vergleichen?

Auf jeden Fall! Verbraucher sollten sich immer die Mühe machen, die Preise zu vergleichen. Zudem lohnt es sich, im Falle von Preiserhöhungen auch den Gesamtmarkt zu betrachten.

Dann wird klar, warum Energieversorger regelmäßig ihre Preise für Strom oder Gas erhöhen müssen und dass dies meist mit gestiegenen Kosten zu tun hat, welche sie selbst wiederum von Energieproduzenten, Netzbetreibern oder dem Staat durchgereicht bekommen.


Einzelnachweise

[1] BEV Energie Erfahrungen: Interview mit verbraucherschutz.de zu Preisanpassungen von Gunda Lauckenmann, in: verbraucherschutz.de vom 04. Januar 2019, Abruf am 15. Januar 2019.

[2] So teuer werden Strom, Gas und Benzin von Daniel Wetzel, in: welt.de vom 01. Januar 2019, Abruf am 04. Januar 2019.

[3] Strompreiserhöhung 2019: Hier steigen die Strompreise von Strom Report News, in: 1-stromvergleich.com, Abruf am 15. Januar 2019.





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