Energiemarkt Preiserhöhung von 44 Prozent bei Energieversorger Stromio schreibt die Welt

Mehrere hundert Stromanbieter liefern sich einen harten Preiskampf auf Preisvergleichsportalen wie Verivox und Check24. Doch insbesondere die von den Vergleichsseiten vorgeschriebenen Bonuszahlungen wie Neukunden- oder Sofortboni machen die Tarifgestaltung für die Energieversorger schwierig.

Stromio
Mit netten Werbebildern buhlt Stromio auf seiner Seite um die Gunst der Kunden.

Der Grund: Erhöhen sich nämlich die Erzeugungs- und Beschaffungskosten für Strom oder auch die staatlichen Umlagen wie die EEG-Umlage, muss der Energieversorger nachziehen. Dabei kommt es zu teils drastischen Preisanpassungen. Die in den Medien oftmals kolportierten Abzockvorwürfe sind daher nicht immer zutreffend.

Ein Beispiel hierzu ist auf welt.de nachzulesen, wonach der Discount-Anbieter Stromio die Preise um bis zu 44 Prozent erhöht habe. [1]

Der Meinungsartikel lässt kein gutes Haar an dem Stromversorger. Schon die gewählte Überschrift „Stromio - Wenn der Stromanbieter seine Kunden für die dumm verkauft“ deutet an, dass sich der Redakteur von dem Energieversorger aus Karst auf dem Arm genommen fühlt.

Kunden würden für dumm verkauft

Seiner Meinung nach verfolgten viele Telekommunikationsunternehmen, Strom- und Gasanbieter und Vergleichsportale seit Jahren „die Marktstrategie, Kunden für dumm zu verkaufen.“ Sie versteckten „Kündigungsmöglichkeiten“ und setzten auf „Intransparenz“, so der Vorwurf. Zudem lockten sie mit günstigen Einstiegsboni und würden nach einem Jahr drastisch die Preise erhöhen.

Als Beispiel führt der Autor den Stromanbieter Stromio an. Der Discounter sei vor allem deshalb so günstig, weil er alles online abwickle. Hierzu zählten auch Vertragsveränderungen und der ganze Schriftverkehr mit dem Kunden. Vor allem die Online-Abwicklung regte den Journalisten auf.

Monatlicher Abschlag von 59 auf 143 Euro erhöht

So habe Stromio ihm bereits im Mai 2018 mitgeteilt, dass es für den Tarif „Easy 12“ die Preise erhöhen müsse. Jedoch sei dieses Schreiben dem Journalisten nicht per Mail zugegangen. Stattdessen habe man den Kunden nur mit den Worten „Für Sie liegt ein Dokument bereit“ informiert. Er selbst hätte sich einloggen müssen, um das Schreiben abzurufen, was jedoch nicht geschehen sei, da der Kunde kein Schreiben erwartet habe.

Dies stellte sich später als Fehler heraus, da der Journalist damit die Kündigungsfrist verpasst habe. Erst als ein erhöhter Abschlag von 143 statt 59 Euro im Juni 2018 abgebucht worden sei, habe er sich das Schreiben angesehen. Darin sei zu lesen gewesen, dass sich der Arbeitspreis von 25 auf 30,4 Cent und der Grundpreis von 170 auf 270 Euro erhöht habe.

Der Redakteur rechnet nach: Bislang habe er 862,02 Euro bei einem Jahresverbrauch von 3220 KWh bezahlen müssen. Darin sei ein Bonus in Höhe von 127,83 enthalten gewesen, sodass sich die Jahresabrechnung ohne Bonus auf 989,85 Euro beliefe. 30,4 Cent mal 3220 KWh plus 270 Euro seien jedoch nach den neuen Preisen 1248,88 Euro, also monatlich rund 104 Euro. Der abgebuchte Abschlag habe aber bei 143 Euro gelegen, also 1716 Euro per anno.

Stromio habe Jahresverbrauchswerte eigenwillig angepasst

Die Differenz habe sich der Journalist nicht erklären können. Ein Anruf beim Callcenter ergab, dass Stromio einen neuen Jahresverbrauchswert prognostiziert habe. Konkret sei der Jahresstromverbrauch von 3220 KWh auf 4757 KWh angepasst worden. Wie die Prognose zustande kam, habe man ihm aber nicht erklären können.

Der Autor reagiert gereizt: Abgesehen davon, dass ihm eine „unverschämte Preissteigerung von über 44 Prozent (!) oder ohne Bonus von 26 Prozent untergeschoben“ worden sei, versuche Stromio ihm auch noch eine Stromverbrauchserhöhung auf Basis von Prognosewerten unterzujubeln.

Zwar habe Stromio den monatlichen Abschlag nach einem Anruf des Kunden auf 83 Euro reduziert, enttäuscht von dem Geschäftsgebaren des Unternehmens sei er jedoch dann zu einem anderen Stromanbieter gewechselt.

Auch andere Kunden machen ihrem Ärger Luft

Der hier geschilderte Fall ist jedoch kein Einzelfall. Im Netz häufen sich kritische Stimmen und Kommentare rund um den Energieanbieter Stromio. So berichtete Stromanzeiger.de Anfang Dezember 2018 über das dubiose Geschäftsgebaren von Grünwelt Energie, eine weitere Marke der Stromio GmbH. [2]

Auch auf dem Bewertungsportal Trustpilot meldeten sich erste Verbraucher. So schreibt der Internetnutzer Pit Pit am 6. Dezember 2018: „Nie wieder! Der Service war unseriö und unter alle Kanone.“ [3]

Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bei Reclabox. Dort sind bereits mehr als 1440 Beschwerden über den in Kaarst ansässigen Energieversorger eingegangen. Einige Beschwerdegründe sind beispielsweise fehlende Bonusauszahlungen, unfreundliche Mitarbeiter und nicht anerkannte (Sonder-)Kündigungen. [4]

Die Seite „Forum Energienetz“ führt ebenfalls Einträge über den Discount-Stromanbieter. Der Nutzer khh kommentierte am 25. Januar 2014 zum Beispiel Folgendes:

„Der aktuell auffälligste Versorger bei ReclaBox ist Stromio sowie deren Töchter Grünwelt und GasDE:

Täglich mehrere Beschwerden, dass Guthaben nicht ausgezahlt und Vertragskündigungen nicht bestätigt werden; dass Versorgerwechsel behindert wurden/werden, weil das ausgeübte Sonderkündigungsrecht ignoriert und dem Netzbetreiber eine Kündigungsmöglichkeit erst zum Ablauf des laufenden bzw. des bevorstehenden Folge-Lieferjahres mitgeteilt wird; usw., usf. !

Alles rechts- und vertragswidrige Machenschaften, wie sie hier im Forum insbesondere von Almado/365 AG sowie deren Tochter Immergrün umfänglich bekannt sind.“

Langfristige Tarifkalkulation für Energieversorger schwierig

Doch trotz des Ärgers des Welt-Redakteurs bleibt festzuhalten: Journalisten, Verbraucher und Verbraucherzentralen verstehen teilweise die oftmals sehr komplexen Sachverhalte rund um Energietarife im Internet nicht.

Vor allem scheint vielen nicht klar zu sein, dass die drastischen Preiserhöhungen bei Energieversorgern oftmals auf den teils irrwitzigen Bonussystemen beruhen, welche die Preisvergleichsportale den Energieversorgern aufzwingen. Dies macht langfristige Tarifkalkulationen für die Energieversorger fast unmöglich.


Einzelnachweise:

[1] Wenn der Stromanbieter seine Kunden für dumm verkauft, in: welt.de vom 24. August 2018, Abruf am 17. Dezember 2018.

[2] Grünwelt Energie von Stromio mit Abzock-Vorwürfen konfrontiert von Marcus Hansen, in: stromanzeiger.de vom 06. Dezember 2018, Abruf am 17. Dezember 2018.

[3] Stromio auf Trustpilot, in: trustpilot.com vom 17. Dezember 2018, Abruf am 17. Dezember 2018.

[4] Stromio auf Reclabox.de, in: reclabox.de vom 17. Dezember 2018, Abruf am 17. Dezember 2018.

[5] Re: Stromio GmbH von khh, in: forum.energienetz.de vom 22. Januar 2014, Abruf am 17. Dezember 2018.

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