Unternehmen sind in der alltäglichen PR-Arbeit immer mehr auf Social-Media-Kanäle angewiesen. Dazu gehört zentral Facebook.
Von map - Ärgerlich, bedenklich und dubios: Zur Nutzung einer Facebook-Unternehmensseite müssen Mitarbeiter ein Facebook-Profil von sich anlegen oder ihr bereits bestehendes nutzen und mit der Unternehmens-Präsenz auf Facebook verknüpfen. Wer Privates und Berufliches trennen möchte, schaut in die Röhre.
Auch davon können Unternehmen, welche auf Facebook Fotos oder andere Inhalte sharen, ein Lied singen: Die Rechte daran tritt man maßgeblich an den US-Riesen ab. Zudem schlagen sich bei Facebook Datenschützer immer noch die Hände über dem Kopf zusammen. Grund genug, sich einmal an dieser Stelle ausführlich mit der für Unternehmen so wichtigen Option zu beschäftigen, über Facebook Unternehmens-Kommunikation zu betreiben. Alle Hintergründe zum Thema "Unternehmens-Seiten auf Facebook" finden Sie jetzt hier.
Facebook steht seit Langem in der Kritik, eine wahre Datenkrake zu sein. Ob Fotos von der letzten Partynacht, private Chat-Protokolle oder politische Postings über Trump – Facebook speichert und weiß (fast) alles über seine Nutzer. Inwieweit das Unternehmen die Profildaten seiner User verarbeitet, nutzt und an Dritte weiterleitet, ist nahezu unbekannt.
Aus diesem Grund ist es besonders bedenklich, dass auch Business-Anwender Ihren Firmen-Account mit einem privaten Profil bestätigen müssen. Das bedeutet: Wer kein Privat-Konto bei Facebook hat, kann auch die Facebook-Unternehmensseite nicht nutzen. Eine geschäftliche Nutzung setzt also eine private Zwangsregistrierung bei dem US-Unternehmen voraus.
Aus zwei Gründen ist das jedoch hochproblematisch: Zum einen wachsen Job und Privatleben immer weiter zusammen. Meldet man sich nämlich über seinen Privat-Account bei Facebook an, wird der Nutzer auch über Benachrichtigungen, Aufrufe und Beiträge seiner Firmenseite laufend informiert. Da kann es schnell passieren, dass man auch mal am Wochenende – teils unbezahlt – Kundenreklamationen bearbeitet – ein Zustand der auf Dauer sehr belastend sein kann.
Zum anderen weiß Facebook nun auch genauestens über den Arbeitgeber des Nutzers Bescheid. Doch damit nicht genug: Surfverhalten, Benachrichtigungen und Postings werden nun auch vom Arbeitsplatz aus gespeichert, ausgewertet und zur Vermarktung genutzt. Schließlich erhält der Nutzer nur mittels Privat-Account Zugang auf die Firmenseite. Damit ist der User einer quasi 24/7-Online-Überwachung ausgesetzt.
Rein theoretisch würde ein zweiter Account für die Firmenseite Abhilfe schaffen. Das Problem: Facebook verbietet seinen Nutzern strikt die Mehrfachregistrierung in seinen Nutzungsrichtlinien. Darin heißt es nämlich unter Punkt 4.2 in fast biblischer Weise: „Du wirst nur ein einziges persönliches Konto erstellen.“
Nun könnten Nutzer auf die Idee kommen, ein Profil mit vorsätzlich falschen Angaben für die betriebliche Nutzung einzurichten. Ein sogenanntes Fakeprofil gaukelt Facebook eine andere Identität vor, die persönlichen Daten sind damit geschützt. Hierzu müsste der Nutzer ein neues Konto nach der Methode „Max Mustermann“ anlegen. Empfehlenswert wäre es dabei, einen möglichst realistischen Namen zu verwenden.
Online-Dienste wie fakenamegenerator.com helfen bei der Erstellung einer plausiblen Scheinidentität, inklusive Adressdaten, Geburtsdatum, Gewicht und Körpergröße bis hin zu einer falschen E-Mail-Adresse mit Passwort, an die E-Mails gesendet werden können. Hat man sich eine Identität zusammengebaut, sollte man die Daten gut abspeichern. Denn: Nicht selten überprüft Facebook zu einem späteren Zeitpunkt anhand von Geburtsdaten und anderen Faktoren die Identität seiner Nutzer.
Doch ist es legitim sich unter falschem Namen bei Facebook anzumelden? Das soziale Netzwerk bezieht in seinen Nutzungsrichtlinien unter Punkt 4.1 eindeutig Stellung. Dort heißt es: „Du wirst keine falschen persönlichen Informationen auf Facebook bereitstellen oder ohne Erlaubnis kein Profil für jemand anderen erstellen.“ Demzufolge ist eine Registrierung mit fiktiven Daten zumindest formal untersagt.
Mit Fakeprofilen macht man sich allerdings nicht strafbar. Erst bei Betrugsfällen, wie zum Beispiel bei einem Vertragsabschluss unter Vortäuschung falscher Tatsachen, könnten dem Nutzer rechtliche Konsequenzen drohen. Liegt kein Betrugsverdacht vor, kann das soziale Netzwerk immerhin noch die Sperrung eines Accounts veranlassen. Dabei können auch andere Nutzer mit der Funktion „Diese Person melden“ Facebook mitteilen, wenn sie ein Fake-Profil vermuten.
Kurzum: Eine Facebook-Unternehmensseite ohne Privat-Account ist nahezu unmöglich. Einerseits untersagt das US-Unternehmen strikt die Erstellung von Fake-Accounts und Scheinidentitäten. Andererseits riskiert der PRler oder Social-Media-Mitarbeiter (beides ist oft in einer Abteilung, sprich der Unternehmenskommunikation, zusammengefasst) damit die Sperrung seines Profils und somit den Zugang zur Unternehmensseite.
Dabei ist es schon grotesk: Während für europäische Unternehmen zum Beispiel der Versand von Marketing-E-Mails durch die EU Direktive 2002/58/EC streng reglementiert ist und unter anderem einen Double-Opt-In-Anmeldeprozess vorsieht (was E-Mail-Marketing für die Unternehmen extrem teuer und oft somit unrentabel macht), gelten für Facebook, Apple, Google & Co. andere Maxime:
Nach Belieben können die US-Konzerne geschäftliche und private Daten von Milliarden Nutzern, die letztlich auch Kunden sind, auswerten und verarbeiten. Sie haben also einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Das umständliche Double-Opt-In fürs eigene Marketing der eigenen neue Produkte entfällt. Man ist ja das Internet. Und die EU hilft, dass das im Falle der US-Konzerne auch so bleibt.
Mit dieser irren wettbewerbsverzerrenden Politik treibt die EU europäische und deutsche Unternehmen noch mehr in die Abhängigkeit von Facebook, Google, Amazon, Ebay, Apple und Co, die auch Dank dieser Politik nicht mehr wissen, wohin mit den kaum versteuerten Hunderten Milliarden Euro Gewinnen.
Dazu passt das Verhalten, welches Facebook auch im Bereich der Unternehmens-Facebookseiten an den Tag legt.
So bat die Redaktion von netz-trends.de Facebook um eine Stellungnahme hinsichtlich der Rechercheergebnisse rund um Unternehmens-Webseiten auf Facebook.
Über Umwege gelangte die Presseanfrage an segmenta communications, eine in Hamburg ansässige PR-Agentur, die Facebook in der Kommunikation unterstützen soll.
Diese PR-Agentur bestätigte zunächst nicht, dass ein privates Facebook-Konto zur Registrierung notwendig sei. Die Verwaltung und Steuerung einer Facebook-Unternehmensseite sei zu jedem Zeitpunkt mit dem Business Manager Account möglich, teilte eine Mitarbeiterin der Agentur flugs mit.
Erst als die Redaktion von netz-trends.de die Hamburger Agentur direkt mit den Facebook-AGBs konfrontierte, gab man klein bei und korrigierte seine eigene Aussage. So hieß es dann, dass man in der Tat ein persönliches Profil benötige, um sich im Business Manager anzumelden. Dies diene der Identitätsprüfung, führte die Agentur knapp als Grund an.
Doch darauf legte die PR-Agentur-Mitarbeiterin großen Wert: Man dürfe sie angeblich nicht zitieren, da sie offiziell nicht als PR-Mitarbeiterin für Facebook genannt werden dürfe, schon gleich gar nicht als Facebook-Sprecherin.
Wie sehr die US-Digitalweltmächte Facebook & Co. auch für deutsche Behörden noch ein Mysterium mit sieben Siegeln sind, zeigte eine Kontaktaufnahme von netz-trends.de mit der Behörde des Sächsischen Datenschutzbeauftragten, Andreas Schurig, in Dresden.
Immerhin wusste der Sprecher des Sächsischen Datenschutzbeauftragten, Andreas Schneider, deutlich zu machen, wonach er es generell als problematisch ansehe, wenn Unternehmen Inhalte auf Facebook teilten. Ihm zufolge sei nicht abzuschätzen, was mit den Daten passiere:
„Alle Informationen, die auf Facebook geteilt werden, landen in einer Art Blackbox. Damit geben die Unternehmen die Kontrolle über ihre eigenen Daten an Facebook ab“, so Schneider.
Mit einer direkten Kritik an dem Facebook-Zwang, dass Unternehmens-Mitarbeiter von Facebook dazu gedrängt werden, ihren privaten Account für die Nutzung der Firmen-Facebook-Webseite zur Verfügung zu stellen, hielt sich Schneider weitgehend zurück.
Problematisch wird es bei Facebook aber auch hinsichtlich der Urheber- und Bildrechte.
Dabei ist bekannt, dass insbesondere Personen aus der Kreativbranche, wie Fotografen und Grafiker, Facebook als Veröffentlichungs- und Verbreitungsplattform von Bildern und Videos nutzen. Doch auch Milliarden Privat-Bürger posten auf Facebook gerne ihre intimsten Fotos aus dem Urlaub oder von Zuhause. Und PR-Pressestellen sind ebenfalls gerne dabei, wenn es um das Veröffentlichen von Firmenfotos auf Facebook geht.
Was viele aber nicht wissen: Hierfür räumt sich Facebook in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, den AGBs, ein automatisches Nutzungsrecht ein. So steht dort:
"Für Inhalte, die durch Rechte am geistigen Eigentum geschützt sind, wie Fotos und Videos (IP-Inhalte), erteilst du uns ausdrücklich nachfolgende Genehmigung, vorbehaltlich deiner Einstellungen für Privatsphäre und Apps: Du gewährst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jedweder IP-Inhalte, die du auf bzw. im Zusammenhang mit Facebook postest (IP-Lizenz). Diese IP-Lizenz endet, wenn du deine IP-Inhalte oder dein Konto löschst; es sei denn, deine Inhalte wurden mit anderen geteilt und diese haben die Inhalte nicht gelöscht."
Ähnlich allumfassend wie Facebook sichert sich auch Twitter die Rechte an Bildern, welche dort veröffentlich werden: Unternehmen oder Privatpersonen, welche Fotos auf Facebook oder Twitter posten, können von Dritten genutzt und veröffentlicht werden – und zwar unentgeltlich (solange Facebook oder Twitter hier nicht versuchen Geld zu verlangen). Sobald Unternehmen oder Privatpersonen auf Facebook oder Twitter also Fotos oder Videos teilen und darüber veröffentlichen, sind diese auch öffentlich nutzbar. Prinzipiell von jedermann.
Das heißt auch: Ein exklusives Nutzungsrecht, das zum Beispiel Agenturen oder Fotografen an ihre Kunden abtreten, gilt bei auf Facebook oder Twitter geteilten Inhalten nicht mehr.
Darüber hinaus sichert sich Facebook in seinen AGBs das Recht auf „Unterlizenzierung“. Demzufolge darf Facebook einfache Nutzungsrechte an Bildern auch an Dritte übertragen, ohne den eigentlichen Urheber davon in Kenntnis zu setzen. Dies wäre dann der offizielle Schritt. Doch inoffiziell nutzen längst weltweit täglich Tausende Journalisten die Möglichkeit, Fotos, welche Unternehmen oder Privatpersonen auf Facebook oder Twitter veröffentlicht haben, ihrerseits zu publizieren. Vor allem im Hinblick auf Fotos von Unternehmen oder Prominenten ist eine solche Weiternutzung in der Regel aber auch gewünscht - sonst würde man sie ja nicht öffentlich auf Social Media Kanälen anbieten.
Wer also hinaus in die Welt von Facebook oder Twitter geht, gibt seinen Persönlichkeitsschutz weitgehend ab. Das gilt nicht nur für Inhalte von Unternehmen, sondern für jedermann.
Um wenigstens in Bezug auf Fotos oder sonstige Inhalte datenschutzrechtliche Probleme zu umgehen, greift Datenschützer Andreas Schneider aus Sachsen in die Trickkiste:
Er empfiehlt, lediglich den Link auf ein eigenes Bild oder sonstige Inhalte auf Facebook zu teilen. Der Inhalt selbst solle aber eben nicht auf Facebook hochgeladen und geteilt werden.
„Auf diese Weise macht der Nutzer seine Inhalte auf Facebook verfügbar, ohne dass Verwertungsrechte an Facebook oder an Dritte abgetreten werden", so Schneider. Dadurch bliebe die Kontrolle über die Daten weiterhin beim Urheber.
Doch auch das gilt nicht immer: Denn es gehört zum Standard, dass Facebook beim Teilen eines Links oft das Foto, welches auf der externen Seite hochgeladen wurde, dieses gleich mit veröffentlicht, also teilt. Ob das urheberrechtlich immer so sauber ist, darüber haben sich die Richter weltweit bislang noch keine großen Gedanken gemacht.
Das ist wiederum verständlich. Denn viele Richter sagen sich: Was täglich Milliardenfach gemacht wird, kann nicht falsch sein. Da sich derzeit kein Unternehmen mit Facebook anlegen möchte, wird geduldet, was in anderen Fällen vielleicht längst zu teuren Abmahnungen geführt hätte.
Doch Facebook liefert Traffic, liefert Image. Werte, die will man halten und nicht durch teure Rechtsauseinandersetzungen mit einem der größten Unternehmen der Welt gefährden.
Dennoch verweist Datenschützer Schneider auf weitere Problemfelder.
So gebe es in Bezug auf die Unternehmens-Präsenz auf Facebook ebenso aus arbeitsrechtlicher Sicht noch Klärungsbedarf:
„Ob zum Beispiel der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dazu zwingen kann, ein privates Facebook-Konto anzulegen, um die Facebook-Unternehmensseite zu betreiben“, halte er für strittig.
Schließlich setze Facebook die Offenlegung privater Informationen voraus, was eigentlich dem Arbeitsrecht widerspreche.
Womit der Ball wieder bei Facebook wäre; oder irgendwann bei den höchsten Gerichten in der EU, die sich früher oder später wohl doch mit der wenig schönen Praxis bei Facebook auseinandersetzen werden müssen.
Derweil heißt es für Mitarbeiter in Unternehmen, welche die Betreuung des Unternehmens-Kontos bei Facebook aufs Auge gedrückt bekommen haben: Privates und Geschäftliches lässt sich hier derzeit noch kaum trennen. Egal in welche Trickkiste man greift.