Ikea bezahlt 50 Mio. US-Dollar Schadensersatz wegen Kommoden-Todesfällen

Während in Deutschland Kunden sich freuen müssen, wenn sie von Gerichten ein paar Tausend Euros Schmerzensgeld im Falle möglichen schuldhaften oder fahrlässigen Verhaltes eines Konzerns erhalten, sieht das in den USA ganz anders aus. Dies zeigt jetzt einmal mehr der Fall Ikea.

Ikea einigt sich in den USA auf hohe Schadensersatzzahlungen wegen umfallender Möbel. (Bild: pixabay.com / CC0 Public Domain)

Ikea hatte zwar weltweit nach eigenen Angaben über 100 Millionen Kommoden verkauft, ohne dass es zu Todesfällen gekommen sei welche mit Ikea-Möbeln in Verbindung gebracht wurden.

Doch in USA machten schreckliche Schlagzeilen die Runde: Hier haben gleich drei Familien dem weltgrößten Möbelhersteller und Möbelhändler Ikea vorgeworfen, direkt Schuld am Tod von drei Kleinkindern, drei Jungen, zu sein. Die Sache ging vor Gericht.

Und jetzt kam die Einigung. Diese sieht vor, dass Ikea den drei Familien 50 Millionen US überweist, also umgerechnet 47,8 Millionen Euro, wobei das Geld zu gleichen Teilen an die Familien verteilt wird.

Vor Gericht hatte Elliot Kaye, die Präsidentin der amerikanischen "Consumer Product Safety Commission" kurz CPSC, bildhaft demonstriert, wie die Kommoden-Unglücke geschehen konnten.

Demnach seien die Kommoden recht schnell gekippt, als die kleinen Jungs daran gezogen hätten, um beispielsweise eine Türe zu öffnen.

Bereits im Juni 2016 hatte sich abgezeichnet, dass Ikea in den USA vor Gericht verlieren würde.

Deshalb hatte der schwedische Großkonzern für die USA und Kanada angekündigt, die im Kreuzfeuer der Kritik stehende Kommode – das Malm Modell – zurückzurufen. Insgesamt waren bis dahin sechs Kinder durch umkippende Kommoden alleine in den USA und Kanada umgekommen.

Tödlich von den Kommoden eingeklemmte Jungen

Die drei tödlich von den Kommoden eingeklemmten Jungen waren in den USA jeweils unter zwei Jahren gewesen. Es handelte sich also um verletzbare Kleinkinder, welche sich gegen das Gewicht einer umkippenden Kommode nicht wehren konnten.

Der Schadensersatz, den Ikea nun bezahlt, gehört zu den größten unter ähnlichen Fällen in den USA.

Sicherlich ist es aber kein Wunder, dass wieder einmal ein ausländischer Konzern sich vor einem US-Gericht mit besonders hohen Strafzahlungen wiederfand – beispielsweise neben der Volkswagen AG oder der Deutschen Bank AG.

Jackie Collas ist eine der Mütter, die ihren Sohn auf Grund einer umgefallenen Kommode verloren hatte.

Das Drama geschah im Februar 2014 ihrem kleinen Sohn Curren. Sie hatte vor Gericht erklärt, dass ihr Sohn zwischen der Kommode und seinem kleinen Bettchen eingeklemmt gewesen sei, als sie nach ihm geschaut habe. Sein Gesicht sei fahl gewesen und der Körper wäre „ungewöhnlich still" gewesen.

Sie erklärte zudem gegenüber dem Philadelphia Inquirer, dass seit ihr Leben seit dem Tod ihres Kleinen nicht mehr sei, wie zuvor. Es gebe ein Leben vor dem Tod ihres Jungen und nun ein schrecklich belastetes nach seinem Tod. „Selbst wenn ich 100 Jahre werde, wird es ein Leben vor Curren geben und eines nach Curren."

Die anderen beiden amerikanischen Kinder, welche von den Ikea-Kommoden erdrückt worden waren, sind Theodore McGee, ein 22 Monate alter Junge aus Minnesota und Camden Ellis, ein 23 Monate alter Junge aus dem Örtchen Snohomish in Washington. Er starb nur vier Monate, nachdem Curren gestorben war.

Die anderen drei Möbel-Tode geschahen in den Jahren ab 1989, sagte die U.S. Consumer Product Safety Commission. In diesen Fällen sei jeweils ebenfalls eine Kommode (auf Englisch: Dresser) schuld gewesen, da diese kopfüber auf die Kinder gefallen seien und diese tödlich erschlagen hätten.

Die Familien warfen vor Gericht Ikea vor, der schwedische Konzern habe von der Gefahr der Malm dressers, also der Kommoden, gewusst.

Ikea sagte zunächst Familien hätten Schuld

Ikea erwiderte, dass das Umkippen der Kommoden nicht Ikeas Schuld gewesen sei, sondern die Familien Schuld hätten, da sie die Kommoden nicht, wie man empfohlen habe, an der Wand mit Schrauben und Ankern befestigt hätten.

Die drei Familien, die sich nun auf Grund ihres Leids wenigstens über hohe Schadenszahlungen freuen können, wurden von der Anwaltskanzlei Feldman Shepherd aus Philadelphia vertreten.

Vor Gericht hatten die Anwälte Alan Feldman, Daniel J. Mann und Edward S. Goldis erklärt, es sei nicht entscheidend, ob man nun eine Kommode an der Wand befestige oder nicht. Vielmehr müssten Kommoden so gebaut sein, dass sie nicht umkippten, wenn ein Kleinkind daran reiße. Im Falle der Ikea-Kommoden sehe er also einen Konstruktionsfehler.

Bereits im Juni 2016 hatte Ikea 29 Millionen Kommoden im Malm-Stil zurückgerufen. Dies sei nach Angaben von Ikea mehr als ein Vierteil aller vertriebenen Malm-Kommoden von Ikea.

Zudem bot Ikea im Sommer 2016 in den USA und Kanada an, dass ein Handwerker direkt zu den Familien komme und dort die Kommoden befestige. Die Befestigung sei dann kostenlos.

Außerdem dürften, so Ikea, Käufer der vom Umfallen bedrohten Kommoden, welche in den Jahren 2002 bis Juni 2016 gebaut worden sind, diese bei Ikea umtauschen.

Zusätzlich zum Schadensersatz spendet Ikea für jedes der gestorbenen Kinder 150.000 US-Dollar an drei Kinderkliniken und zwar in Philadelphia, Washington State und Minnesota.

Außerdem gibt Ikea weitere 100.000 US-Dollar an die Shane's Foundation, welche sich als Non-Profit-Group auf die Kindersicherheit von Produkten spezialisiert hat.

Künftig möchte Ikea noch stärker auf die Gefahren von nicht gut befestigten Möbeln hinweisen und nutzt dazu auch Anzeigen im Internet, in Katalogen, in Spots im Fernsehen oder in sonstigen Marketing-Maßnahmen.

Weitere Informationen über die Anwaltskanzlei Feldman Shepherd.

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