Kommentar: Umsatz von 330 Mio.bei Check24 Dank 100 Mio. Euro geschätzter Marketingausgaben?

Das Münchner Vergleichsportal Check24 überrascht die Branche mit vorzüglichen Kennziffern. So habe man das abgelaufene Geschäftsjahr 2015 mit einem Umsatzanstieg von 60 Prozent auf 330 Millionen abschließen können.

Galt als genialer Einfall in der Marketingbranche: Werbetestimonial David Hasselhoff warb für Check24.

Besonders überraschend sind die vorzüglichen Zahlen, da sie im Bereich der Vergleichsportale absolut überdurchschnittlich sind. Fachleute sind sich dabei einig: "Ein solcher Umsatzanstieg geht nur über massive Marketing-Ausgaben in die Marke". Seit Jahren liefert sich Check24 vor allem mit dem Leipziger Internetunternehmen Unister ein Rennen um Marktanteile, aber auch um Marketingausgaben.

Unister soll seit Jahren jährlich zwischen 100 bis 170 Millionen Euro fürs Marketing ausgeben. Der Löwenanteil davon dürfte in Richtung Werbung in Google fließen. Bei Google bedeutet dies vor allem: Werbung im Rahmen des Google-Werbesystems "Google Adwords". Das ist Keyword-Werbung über den Suchergebnissen der Internet-Suchmaschine. Diese Keyword-Werbung wird von Google im Rahmen von Auktionen unter anderem auf Grund des Kriteriums "Höchstbietender", aber auch auf Grund der Konten-Historie bei Google versteigert.

Als Umsatzantreiber bei Check24 gelten zudem die TV-Ausgaben. Die Marketing-Fachzeitschrift Horizont schrieb kürzlich unter Bezugnahme einer Media-Schätzung des Unternehmens XAD, wonach die TV-Werbeausgaben für Vergleichsportale in Deutschland "im Vergleichszeitraum 2014 bis 2015 jeweils von Januar bis Oktober von 444,1 Millionen Euro auf 596,7 Millionen Euro" gestiegen seien. Es ist wohl davon auszugehen, dass damit Bruttowerbespendings gemeint sind.

Wettbewerb um Marketingausgaben und Wachstum

Dabei würden, schreibt Horizont weiter, Vergleichsportale zum Thema Reisen am meisten TV-Werbegelder ausgeben. "Nach meinen Schätzungen könnten die TV-Werbeausgaben von Check24 jährlich bei um die 30 Millionen Euro netto liegen", sagt ein sehr guter Marktkenner. Hinzu könnten "geschätzt gut 100 Millionen Euro für Check24-Onlinewerbung" in Google kommen. Check24 äußert sich zu den Marketing-Spendings selber allerdings nicht.

Doch bekannt ist: Umsatzwachstum im Internet ist für deutsche Unternehmen teuer und mit sehr hohen dauerhaften Marketingausgaben verbunden. Denn die meisten Internet-Portale auch im Vergleichssegment erhalten ihren Traffic zu einem Großteil über Google. Die Werte variieren zwischen 30% und 95%. Wie hoch die Zugriffe auf Check24 über Google sind, ist nicht bekannt. Doch gehen Markt-Schätzungen davon aus, dass sie bei gut 50% bis 80% liegen könnten.

Dem stehen konträr US-Portale entgegen. Sie wachsen in reichen und wichtigen Ländern wie Deutschland auch ohne große Ausgaben für Werbung. Obendrein bezahlen sie hierzulande Dank der deutschen Steuergesetzgebung mit einem durchschnittlichen Steueraufkommen von nur 3% auf den Umsatz und Gewinn so gut wie keine Steuern. Natürlich werden auch so gut wie keine Arbeitsplätze durch US-Portale in Deutschland geschaffen.

Einer der Gründe für das unterschiedlich gespeiste Wachstum von Anbietern im Internet: Deutsche Medien haben kein Problem damit, jedes noch so kleine Pups-Portal aus den USA, welches ankündigt, nach Deutschland zu kommen, redaktionell groß zu feiern und damit groß zu machen. Aktuelles Beispiel ist der Movie-Anbieter aus den USA, Netflix. Selbst das angesehene und qualitativ durchaus hochwertig gemachte Magazin der "Journalist" des Deutschen Journalistenverband hatte den Filmanbieter kürzlich mit fettem Logo auf der Titelseite beworben.

US-Digitalanbieter kriegen in Deutschland permanent kostenlose Werbung - durch die Redaktionen

Konträr dazu stehen deutsche Onlineportale in der normalen redaktionellen Berichterstattung. Um sie machen deutsche Redakteure gerne einen großen Bogen. Das Argument der Redakteure: "Wir machen doch keine Schleichwerbung". Stimmt: Für deutsche E-Commerceportale, Internetsuchmaschinen oder Streaming-Portale im Movie-Bereich nicht, für die amerikanischen durchaus und das täglich und exzessiv. So gräbt man sich selbst sein Grab.

Als wichtigste TV-Werbungtreibende im Bereich der Vergleichsportale nennt Horizont mit Bezug auf geschätzte Brutto-Zahlen von XAD, dass neben Check 24 und Unister (ab-in-den-urlaub.de, fluege.de) auch Trivago, Comvel / weg.de (ProSiebenSat.1 Media SE), preis24.de, Discavo, SilverTours, Tropo, Verivox (ebenfalls ProSiebenSat.1), sowie das Kölner Hotelportal HRS (Familie Ragge) die wichtigsten Player seien.

Jedenfalls zitiert dpa Christoph Röttele, Mitglied der Check24-Geschäftsführung, wonach das Umsatzwachstum auf nunmehr 330 Millionen Euro bei Check24 vor allem durch Geschäfte mit Reisen, Krediten, Strom- und Gastarifen sowie Autoversicherungen erreicht worden sei. Konkurrent Unister wird auf einen Nettoumsatz in Höhe von rund 400 Millionen Euro geschätzt, bei einem vermittelten geschätzten Reiseumsatz von rund zwei Milliarden Euro.

Abwerben von Mitarbeitern

Neben München baut Check24 seinen Standort in Leipzig massiv aus. Für das Abwerben von Unister-Mitarbeitern soll Check24 bis zu 2000 Euro bezahlen, sagt ein Personalfachmann in Leipzig (ob diese Prämien auch heute noch bezahlt werden, konnten wir bislang nicht verifizieren). Dabei solle angeblich der abwerbende Mitarbeiter 1000 Euro erhalten und der Abgeworbene den gleichen Betrag. Angeblich seien bis Ende 2015 bereits über 60 Mitarbeiter - vor allem aus dem Callcenter-Bereich im Reisesegment von Unister - zu Check gewechselt.

Allerdings hätten einige der Abgeworbenen dann auch wieder gekündigt und seien doch wieder bei Unister vorstellig geworden, sagt eine Callcenter-Mitarbeiterin. Ebenfalls in Leipzig präsent ist 7Travel von ProSiebenSat.1. Seit bald einem Jahr soll der TV-Gigant gegenüber dem Rathaus von Leipzig ein Büro angemietet haben.

Besonders im Bereich der Kfz-Versicherungen gilt Check24 seit Jahren als der wichtigste Player im Markt.

Das schöne für Unternehmen wie Check24 oder das ebenfalls zu Unister gehörende Portal geld.de: Versicherungsprovisionen fließen bei Verträgen oft über Jahre. Das sind Einnahmen, welche von Google unabhängig sind, wenn Versicherungen erst einmal abgeschlossen worden sind. Aus solchen Einnahmen könnte Check24 auch seine Marketing-Expansion bezahlen.

2016 möchte Check24 weiter wachsen

Allerdings ist die Branche nach wie vor verwundert. Denn Check24 betont gerne, wonach man komplett eigenfinanziert sei. Auch für das laufende Geschäftsjahr 2015/16 wolle Check24 weiter wachsen. Die Rede ist von 30% Wachstum. Ohne einen weiteren deutlichen Anstieg an Marketingausgaben dürfte das kaum zu erreichen sein.

Seit Jahren wundert sich die Branche zudem, ob Check24 wirklich ohne externen Investor auskommt, oder nicht doch reiche stille Gesellschafter im Hintergrund aktiv sind. Jedenfalls zitiert dpa einen der Check24-Geschäftsführer mit den Worten:

"Aber wir wachsen profitabel und finanzieren das Wachstum allein aus Eigenmitteln." Ob solche Eigenmittel auch Einlagen Dritter sind, ist nicht bekannt.

Check 24 besteht aus unterschiedlichsten GmbHs, unter anderem der CHECK24 Vergleichsportal GmbH. Für die CHECK24 Vergleichsportal GmbH werden im Impressum derzeit folgende Geschäftsführer genannt: Dr. Henrich Blase, Eckhard Juls, Kostas Pyliouras, Christoph Röttele und Björn Weikert.

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