Trotz starker Leistung und vorbildlicher Abo-Kommunikation bleiben die Abrechnungs- und Inhaberstrukturen von PimEyes fragwürdig. Besonders verwirrend sind die Firmensitze oder Briefkasten-Adressen, die über Polen, Georgien, Dubai und die Seychellen verteilt sind, sowie die wechselnden Abrechnungs-Absender für Nutzer aus der Schweiz oder Deutschland: 2023 war es "Transaction Cloud" aus Barrington, Rhode Island, USA, und 2024 "FastSpring" aus Kalifornien. Für ein Unternehmen, das angeblich in Europa oder Dubai ansässig ist, ist das ungewöhnlich. Wie mächtig PimEyes ist, zeigte sich kürzlich als die BILD titelte "PimEyes: Mit dieser Gesichtserkennung fanden sie RAF-Terroristen Klette".
Georgien, Dubai, USA, Briefkastenfirmen - Die Gesichtserkennungssoftware von PimEyes gehört zu den leistungsfähigsten Technologien auf dem Markt. Sie wird sowohl von Privatpersonen als auch von Strafverfolgungsbehörden genutzt, um Personen anhand von Fotos zu identifizieren. Ein Beobachtungszeitraum von rund zwei Jahren durch NETZ-TRENDS.de zeigt, dass PimEyes trotz ihrer starken Leistung in der Erkennungstechnologie und in der Kundenkommunikation der Abo-Verlängerungsankündigung in puncto Preisgestaltung, Sprachunterstützung und E-Mail-Absender-Kommunikation Raum für Verbesserungen hat. Dubios sind leider die Inhaberstrukturen.
PimEyes ermöglicht es, Personen schnell und zuverlässig zu identifizieren, selbst wenn nur ein Bild vorhanden ist. Voraussetzung ist allerdings, dass es von dieser Person auch tatsächlich Bilder im Internet gibt, da die Software das Web nach entsprechenden Fotos absucht. Die Trefferquote von PimEyes ist beeindruckend hoch: Zu einem großen Prozentsatz werden die gesuchten Personen korrekt erkannt, und nur selten werden falsche Personen als Treffer nach einem Suchauftrag angezeigt.
Dies macht die Software besonders nützlich für Privatpersonen, die vor Dates oder Treffen mehr über eine Person herausfinden möchten, selbst wenn der vollständige Name nicht bekannt ist. Dadurch bietet die Software zusätzliche Sicherheit, indem sie potenzielle Risiken besser einschätzen lässt. Im beruflichen Kontext und in sozialen Netzwerken kann die Software ebenfalls genutzt werden, um die Identität neuer Kontakte zu überprüfen und sich vor Betrug oder möglicherweise gefährlicher Fake Identitäten besser zu schützen. Für Strafverfolgungsbehörden ist PimEyes ein mächtiges Werkzeug zur Identifizierung von Verdächtigen und zur Aufklärung von Verbrechen und wird auch in Deutschland oder der Schweiz bereits genutzt.
Ein besonders kontroverses Merkmal von PimEyes ist die Fähigkeit, nicht nur öffentlich zugängliche Websites, sondern auch diverse Sexseiten zu durchsuchen. Selbst Seiten, die ein No-Follow-Tag nutzen und somit die Indexierung in Suchmaschinen wie Google oder Bing verhindern möchten und nicht erlauben, könnten von PimEyes erfasst werden. Dies führt dazu, dass Bilder, die auf diesen Seiten veröffentlicht werden, in den Suchergebnissen von PimEyes auftauchen könnten. Dazu gehören zum Beispiel auch Sexseiten. Wobei uns bisher kein Fall bekannt wäre, dass z.B. auch solch bekannte Datingplattformen wie Tinder oder global führenden Gay-Kontaktseiten und Sexseiten wie Grindr ausgelesen würden (letztere gehört chinesischen Inhabern; was heikel ist).Wohl aber sind NETZ-TRENDS Fälle bekannt, wo Damen oder Herren sich ausgaben, sie seien seriös und heimlich auf Sex-Telefonseiten ihre Dienst anboten. Über PimEyes konnten in diversen Test-Rechercheaufträgen solche Personen in Sekunden ausfindig gemacht werden.
Heißt: So klasse KI-Technologien wie jene von PimEyes ist, so gibt es ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und des Datenschutzes betroffenener Personen. Klar ist aber auch: Kriminelle oder dubiose Menschen leben vom Verschleiern. Hier ab und an den Schleier zu lüften ist eine gute Sache.
So kann Gesichtserkennungssoftware wie die global führende PimEyes hilfreich sein, um dubiose Dating-Kontakte auf fragwürdigen Seiten rechtzeitig zu identifizieren und entsprechende Risiken zu vermeiden. Nutzer haben so die Möglichkeit, potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und die Finger von solchen Kontakten zu lassen. Auch im Bereich von Rip Deals-Kriminalität, oder der Anbahnung von Geschäften mit eher unbekannten Firmen oder Personen kann es helfen, seine Gesprächspartner oder Gesprächspartnerinnen mal durch so eine Software laufen zu lassen.
Die Eigentümerstruktur von PimEyes ist nicht nur komplex, sondern auch etwas undurchsichtig, was zu Spekulationen und Bedenken führt. Laut Informationen von der Wikipedia-Seite zu PimEyes (Quelle) gehört die Website offiziell dem Unternehmen EMEARobotics, einer Firma mit Sitz in Dubai. Der Eigentümer und CEO dieser Firma soll Giorgi Gobronidze sein, ein georgischer Rechtsexperte und Akademiker. Gobronidze habe die Software angeblich im Dezember 2021 von einem anonymen Vorbesitzer erworben, indem er eine Briefkastenfirma in Dubai gründete, um die Kontrolle über das Unternehmen zu übernehmen.
Doch wer tatsächlich hinter Gobronidze steht – sei es eine Einzelperson, ein Staat oder ein Geschäftsmann oder eine Geschäftsfrau – bleibt unklar. Die unklare Eigentümerschaft und der Einsatz von Briefkastenfirmen werfen Fragen auf, welche Interessen wirklich hinter PimEyes stehen. Die Firma hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Sie wurde ursprünglich 2017 von einem polnischen Start-up gegründet, das von den polnischen Softwareingenieuren Lucasz (auch Lukasz) Kowalczyk und Denis Tatina geführt wurde. Im Jahr 2020 wurde die Marke PimEyes an die Briefkastenfirma Face Recognition Solutions Ltd verkauft, die ihren Sitz auf den Seychellen hat, einer bekannten Steueroase. Die Seychellen sind ein unabhängiger Inselstaat im Indischen Ozean. Sie gehören topografisch zu Afrika und bestehen aus etwa 115 Inseln. Die Hauptstadt der Seychellen ist Victoria.
Diese wechselnden Standorte und die Nutzung von Steueroasen wie den Seychellen und Dubai verstärken den Eindruck, dass die tatsächlichen Eigentümerstrukturen absichtlich verschleiert werden. Wer letztlich die Fäden in der Hand hält, bleibt somit weiterhin ein Geheimnis. Die unklare Herkunft der Finanzierung und die Möglichkeit, dass hinter Gobronidze eine größere Macht, wie eine Regierung oder ein einflussreicher Geschäftsmann oder eine Geschäftsfrau, stehen könnte, geben Anlass zur Sorge und lassen Raum für Spekulationen.
Die Preisgestaltung und die Abrechnungsstrukturen von PimEyes werfen ebenfalls Fragen auf und können als verwirrend und irreführend empfunden werden. 2023 wurden die Abrechnungen beispielsweise über Transaction Cloud abgewickelt, ein Unternehmen mit Sitz in Barrington, Rhode Island (79 Highland Avenue, Suite, Barrington, RI 02806, USA). Auf den Kontoauszügen eines in der Schweiz ansässigen Kunden erschien beispielsweise die Abrechnungen als BLS*PIMEYES VIA TC BARRINGTON. Abgerechnet wurde eine Transaktion vom 23. Januar 2023 über 283,99 Euro (entsprechend 300,70 US-Dollar). Das weist auf eine internationale Zahlungsabwicklung hin und zeigt, dass die Geldströme durch verschiedene Kanäle fließen könnten.
Seit 2024 hat sich jedoch der Abbuchungsempfänger geändert: Die Zahlungen werden nun für die Schweiz oder Deutschland, möglicherweise auch andere Länder, über FastSpring abgewickelt, ein E-Commerce-Dienstleister mit Sitz in Santa Barbara, Kalifornien (801 Garden Street, Suite 201, Santa Barbara, CA 93101, USA). FastSpring bietet eine Plattform für Software- und SaaS-Unternehmen, um Zahlungen, Abonnements, Risiken, Compliance, Checkout-Prozesse, Rechnungsstellung und Steuereinzug zu verwalten. Diese Änderung der Abrechnungsweise deutet auf eine mögliche Änderung in der Gesellschafterstruktur, den Machtverhältnissen oder den Steuerstrategien von PimEyes hin. Fakt ist: Die USA sind auffällig stark in die finanziellen Transaktionen von PimEyes involviert, möglicherweise also auch in die Kontrolle.
Darüber hinaus ist die Preisgestaltung von PimEyes verwirrend. Das Unternehmen bewirbt seine Abonnements mit einem angeblichen Rabatt von 452,88 Euro auf 362,30 Euro, was eine Ersparnis von 20 % suggeriert. Diese Preisreduktion erweckt den Eindruck eines Rabatts, obwohl die Preise in der Vergangenheit deutlich niedriger waren. Noch 2023 lag die Jahresgebühr entsprechend des von NETZ-TRENDS gezeigten Beispiels unter 300 Euro, und selbst nach dem angeblichen Streichpreis bleibt der aktuelle Preis heute höher als in früheren Jahren. Diese Praxis kann als irreführend angesehen werden, da sie den Nutzern und Nutzerinnen eine Ersparnis vorgaukelt, die in Wirklichkeit nicht existiert. Man spricht auch von Streichpreisen, die illegal sein können, wenn sie nur aus Marketingzwecken vorgegaugelt werden, obgleich das geschätzt jedes zweite Geschäft in einer Fußgängerzone in Deutschland oder der Schweiz macht.
Die Änderungen in der Preisgestaltung und Abrechnungsweise könnten auf neue Gesellschafter, Steuerstrategien oder Machtstrukturen hinweisen, die den operativen Betrieb von PimEyes beeinflussen.
Ein weiteres Problem, das im Test von NETZ-TRENDS.de aufgefallen ist, betrifft die Sprachunterstützung der PimEyes-Webseite. Früher war die Webseite in verschiedenen Sprachen verfügbar, darunter auch Deutsch, was sie für Nutzer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ideal machte. Heute bietet PimEyes seine Dienste hauptsächlich in Englisch, Spanisch, Hindi, Koreanisch, Portugiesisch, Japanisch und Russisch an. Diese eingeschränkte Verfügbarkeit ist besonders irritierend, kann aber darauf hinweisen, in welchen Regionen der Welt PimEyes mittlerweile stärker wächst und wahrscheinlich auch von Regierungsstellen genutzt wird. Das Backend, in dem Abonnements verwaltet werden, ist jedoch weiterhin in deutscher Sprache verfügbar. Dieser Widerspruch könnte für Verwirrung sorgen und das Nutzererlebnis beeinträchtigen.
Positiv ist die rechtzeitige und klare Kommunikation über Abo-Verlängerungen. Nutzer und Nutzerinnen werden im Vorfeld per E-Mail informiert, sodass sie genügend Zeit haben, über eine Fortsetzung des Abonnements zu entscheiden. Die E-Mails sind transparent und enthalten alle notwendigen Informationen. Einziger Kritikpunkt: Die E-Mail-Benachrichtigungen zu Abonnements und Zahlungen werden nicht, wie in den Vorjahren nicht unter dem Namen "PimEyes" verschickt, sondern über andere Namen, aktuell, 2024 zumindest nach Recherchen von NETZ-TRENDS in der DACH-Region Deutschland, Schweiz, Österreich über den Absender "FastSpring Checkout". Dies kann schnell irreführend sein, besonders für Nutzer, die den Zusammenhang nicht sofort erkennen. Wer nicht genau hinschaut oder die E-Mail-Benachrichtigungen übersieht, könnte ungewollt überrascht werden, wenn der Jahresbetrag von 362,30 Euro automatisch abgebucht wird, ohne dass der Nutzer die Verlängerung bewusst im Kopf hatte. Diese Praxis kann bei den Nutzern Verwirrung und Ärger verursachen, insbesondere wenn sie die Verlängerungsinformationen übersehen.
Positiv hervorzuheben ist, dass das Kündigen eines Abonnements nach Einschätzung von NETZ-TRENDS.de transparent abläuft. Im Backend können Nutzer klar erkennen, ob ein Abonnement gekündigt wurde und wann es endet. So wird beispielsweise angezeigt: "Gekündigt. Endet am 04.10.2024". Und auf das Ende des Abos wird vier Wochen vorher in einer E-Mail hingewiesen, was top ist. Kunden können so noch rechtzeitig überlegen, ob ihnen dieser Service für ein weiteres Jahr fast 400 Euro wert ist.
NETZ-TRENDS.de wird trotz zahlreicher positiver Vorteile der Software die dubiosen Eignerschaften und Abrechnungsmodalitäten weiterhin beobachten, um unseren Lesern und Leserinnen Transparenz zu bieten. Denn für Intransparenz ist im Bereich solch heikler Dinge wie einer Gesichtserkennungssoftware kein Platz in einer Demokratie.