Kult Trotz Skandal: Amis lieben VW - Chris Woodyard schreibt in USA Today warum

Nicht nur die Deutschen scherzt auch emotional der völlig unnötige und letztlich fast lächerlich plumpen VW-Emissionsskandal, mit dem man über Jahre versuchte Behörden hinters Licht zu führen ebenso wie die Konsumenten: Indem man ihnen einredete, ein umweltfreundliches Diesel-Auto könne man in Deutschland für im Schnitt nur rund 3000 Euro teurer erhalten, als den üblichen Benziner.

Quelle: moto-man youtube (https://youtu.be/zMPkBRw_JV8)
VW hat bis heute Hunderttausende Fans in den USA: Hier stellt ein VW-Fan seinen 1956er VW Cabrio vor. Das Spezielle sei schon damals gewesen, sagt er, die Farbe. In diesem Fall eine grüne seltene Spezialisierung.

Doch trotz der weltweiten VW-Kritik, die besonders hart in den USA ausfiel. Und trotz der dort völlig übersteigerten Lynchjustiz vor allem gegen ausländische Konzerne - auffällig oft in den USA durch Frauen inszeniert (so ermitteln gegen VW zum Beispiel die Detroiter Generalstaatsanwältin im Zusammenspiel mit der US-Justizministerin): Auch viele Amis lieben VW. Eine besondere Liebeserklärung veröffentlichte beispielsweise auf einer halben Seite Chris Woodyard am Freitag den 16. Oktober 2015 sehr prominent auf Seite 2 in der USA TODAY. Die Zeitung gehört mit täglich rund zwei Millionen Exemplaren neben dem The Wall Street Journal zu den größten US-Zeitungen. Der bekannte US-Journalist stellte sich nicht vor den Skandal, sondern das Auto, eben den VW, mit dem Hunderte Millionen Menschen in den vergangenen Jahrzehnten glücklich gemacht wurden. Besonders eng ist bis heute seine Liebe zum VW Käfer.

Schon der erste Zeitungsabsatz von Chris Woodyard, dem USA TODAY Cars editor, ist eine einzige VW-Liebeserklärung: "As a young man trying to navigate a big, crowded and sometimes lonely world, I found a friend in my Volkswagen Beetle". Übersetzt heißt dies: "Als junger Mann, als ich versuchte, mich in einer großen, überfüllten und manchmal einsamen Welt zurechtzufinden, fand ich einen Freund in meinem VW Käfer".

VW war auch in den USA Kult, da kein Show-Car

Weiter geht es in dem Text darum, wofür wir alle seit Jahrzehnten VW liebten: Nämlich für die Bodenständigkeit der Marke VW, also die schon im Dritten Reich auch gewollte Volksnähe des VW. So schreibt Woodyard in der USA Today weiter, wonach der VW-Käfer "kein Show car" gewesen sei. Weil dies so sei, habe er dieses Auto so geliebt. In seinem Fall sei es ein 1967er-Modell gewesen, gut verarbeitet und in einem satten Orange.

Der VW Käfer habe ihn über die Jahre des Collegebesuches gut begleitet. Er sei damit immer vom College Long Beach in Kalifornien nach Hollywood gefahren, wo er des Nachts als Radiomoderator arbeitete und sich ein Zusatzbrot mit Arbeit für die Los Angeles Times verdiente. Dann sei er für den ersten Ganztagsjob nach Las Vegas umgezogen. Dort sei sein VW Käfer zwar aufgefallen - aber aus seiner Sicht positiv, da es ein Auto gewesen sei, das an Hippies erinnere. Er sei, sagte Chris Woodyard in der USA Today, davon ausgegangen, dass die hinter seinem geliebten VW Käfer stehende Firma die gleichen bodenständigen und ehrlichen Werte habe, wie dieser gut verarbeitete Freund mit vier Rädern auf der Straße.

Dann geht Woodyard auf den Emissions-Skandal der Volkswagen AG ein. Davon, dass Volkswagen hoch hinaus gewollt habe, der weltgrößte Autobauer werden habe wollen, und das man dafür Werte verraten habe. 40 Mal seien die Emissionen höher gewesen, als man in den behördlichen Testlaboren den naiven Behördenmitarbeitern auch in den USA vorgegaukelt habe.

Als der Rebell der Autoindustrie, VW, einen Abweg einschlug...

Der bekannt USA-Today-Autor schreibt: "Instead of relishing its role as rebel of the auto industry, VW joined the pack and became the fiercest of them all". Übersetzt: "Statt seine gut funktionierende Rolle als Rebell der Autoindustrie beizubehalten… hat sich VW entschieden… der schlimmste von allen zu werden". Wie weit müsse man gehen, um vom einst so menschlichen Auto des VW Käfers (oder VW Busses), sich so zu wandeln, wie im Skandal deutlich geworden sei, sinniert der USA-Autor.

Symbolisch habe man die Wandlung von VW anhand des VW Phaeton sehen können, des Luxus-Brands der Volkswagen AG. Der 12-Zylinder kostet in den USA zwischen 70.000 US-Dollar und 100.000 US-Dollar. Für ihn, so Woodyard, sei es kein Wunder gewesen, dass dieses Modell "floppte" und zwar nach all den Aktionen, sich als Gegenbild von der sonstigen Detroit Automobilindustrie abzusetzen.

"Statt dass VW Straßenmonster baute, konzentrierte sich VW auf Basisautos, auf einfache Transportmittel für die Baby Bommers an den Collegen." Bewunderung spricht der USA-Today-Autor dafür aus, dass sich bis in die späten 60er Jahre faktisch der in den USA 1949 eingeführte VW Beatle in den Grundzügen nicht verändert habe. Eine Parallele sehe er im Model T von Ford.

Selbst die Werbung von VW war in den 1960er und 1970er Jahren in den USA Kult

Selbst die Werbung, führt Chris Woodyard weiter aus, sei in den späten 1960er Jahren rebellisch gewesen. Statt zu klotzen, habe man beispielsweise eine bis heute berühmte VW-Werbekampagne gefahren, in der die Farbe und Form der "Lemon" beim VW Käfer im Mittelpunkt gestanden habe. In einer anderen VW-Marketingkampagne habe der Slogan geheißen: "Think small", "Denk klein".

Der Ärger für die Volkswagen AG habe Ende der 1970er Jahre angefangen, als zunehmend Konkurrenz aus Japan auf amerikanische Straßen gekommen sei. Das sei der Beginn gewesen, wo VW zunehmend sich von seiner eigenen Basis entfernt habe und "more sophisticated cars with water-cooled engines" gebaut habe.

Seine Liebe zu VW Käfer, schreibt Chris Woodyard, sei auch durch seinen Vater beeinflusst gewesen. Dieser habe jahrelang die ganze Palette amerikanischer Straßenkreuzer gefahren: Pontiac, Dodge, Ford Cabriolet. Bis er sich einen gebrauchten 72er Beetle in knalligem Gelb gekauft habe.

Jedes Wochenende lag sein Vater unter dem VW-Käfer, den er liebte

Jedes Wochenende habe sein Vater damit verbracht, irgendwas an dem VW Käfer zu optimieren: Das Öl zu wechseln beispielsweise. Das Auto habe ein Horn gehabt, welches schräge Töne von sich gegeben habe. Dann habe sein Vater sogar einen VW Jetta für seine Frau gekauft. "My parents love affair for VW faided", schreibt er. Erst 1982 habe er selbst, so Chris Woodyard in USA Today, seinen VW Käfer verkauft - an einen Freund, der das Auto wiederum seinen Töchtern gegeben habe.

Auf dem Weg ein von Technologie getriebener Konzern zu werden, habe die Volkswagen AG die jüngere Generation als Basis verloren, ist sich Woodyard sicher. Am Ende stehe nun die Krise - "all because it lost sight of the values that led to its greatness. Mybe it´s time to ‚think small’ all over again" schließt er seine VW-Liebeserklärung. Übersetzt: Die Krise sei gekommen, da VW "seinen Blick auf die eigenen Werte, die zur eigenen Größe führten, verloren" habe. Nun, heißt es abschließend, sei es vielleicht auch an der Zeit, wieder ‚klein‘ zu denken.

Ebenfalls am Freitag den 16. Oktober 2015 publizierte das The Wall Street Journal eine weitere Liebeserklärung eines bekannten Amerikaners an VW: die von Michael Bierut, einem bekannten und sehr erfolgreichen Grafik-Künstler.

US-Grafik-Sar Michael Bierut fährt seinen fünfte VW Beatle und ist über den Skandal "einer solch großartigen Firma" deprimiert

Auf einer halbe Seite porträtierte die Wirtschaftszeitung in einem Interview den Künstler, wobei ein knallgelber VW-Käfer im Porträt ebenfalls abgebildet ist. Grund: Michael Bierut fährt einen VW Beetle A3 seit 2012 und liebt ihn. Dabei sei der VW Beetle bereits der fünfte, den er habe, sagte er gegenüber dem The Wall Street Journal.

Im Text heißt es: "I drive a 2012 Volkswagen Beetle A3. I’m on my fifth one and - after trying light blue and red - I am back to yellow. What I love about the VW ist the Promille of simplicity. It actually resembles what a car would look like if it had been reduced to a logo. It’s so depressiv that this great company has been compromised by a Skandal that is anything but simple."

Übersetzt heißt das Zitat von Michael Bierut: "… Was ich an VW liebe, ist die hohe Kunst der Einfachheit. Es erinnert mich daran, wie ein Auto aussehen müsste, wenn man es auf ein Logo reduzieren würde. Es ist so deprimierend, dass diese großartige Firma von einem solchen Skandal durchrüttelt wird, der alles andere als einfach ist."

Anschauen: YouTube Video Kult-Cabrio VW Convertibel 1956 von Moto-Man:



Gefällt mir
2