Rocket Internet Börsengang gut angelaufen / Zitterpartie fängt an

Auch wenn Oliver Samwer nicht müde wird, die Trommel für seine rund 400 internationalen Rocket Internet Webseiten zu rühren und auf angeblich großes Wachstumspotential verweist, so ist die deutsche Internetszene im Großen und Ganzen auch nach dem gut verlaufenen Börsenstart von Rocket Internet doch etwas skeptisch:

Unter Berücksichtigung dessen, dass Rocket Internet alleine 2013 insgesamt zehn zentrale Unternehmens-Beteiligungen aufwies, welche rund 430 Millionen Euro Jahres-Verluste einfuhren, ist der Börsengang des Berliner Unternehmens sehr gut verlaufen. Rocket Internet ist im Jahr 2007 von den Samwer-Brüdern Oliver Samwer, Marc Samwer und Alexander Samwer gegründete worden.

Zu hart ist der Wettbewerb im Internet, zu dominierend die Präsenz einiger Großer vorwiegend aus den USA stammender E-Commerce-Giganten (Amazon, Priceline, eBay), als dass irgendjemand hier noch das Gefühl hat, insbesondere im E-Commerce die Bäume ausreißen zu können. Die Anzahl der Internet-Unternehmen aus Deutschland, welchen es gelungen ist, im E-Commerce signifikante Marktanteile zu erreichen, lässt sich an zwei Händen abzählen: Sie sitzen in München, Berlin, Köln, Leipzig, Hamburg. Hinzu kommt: Die wenigsten der dort ansässigen großen Internet-Unternehmen sind noch konzernunabhängig.

So gilt der jetzt vollzogene Börsengang von Rocket Internet als wichtiger Wegweiser für die deutsche Internetszene insgesamt. Bislang ist es eindeutig so, dass unter Deutschlands größeren oder großen Internet-Unternehmen faktisch nur Rocket Internet den Draht heraus hat oder den Willen aufweist, am laufenden Band weltweit Investoren-Gelder einzusammeln.

Woran das liegt, darüber gehen die Interpretationen weit auseinander. Sicherlich ist im Zentrum dessen das Talent von Oliver Samwer, einem der drei Rocket-Internet-Gründer, zu sehen, der es wie kein anderer in der deutschen Internet-Szene versteht, oft auch aus Internet-Brotsamen Gold zu spinnen – sowohl für die Projekte, als auch die Investoren.

Insofern zeigt der Börsengang von Rocket Internet derzeit vor allem eines: Eine Huldigung an Oliver Samwer und seine "Management-Boygroup" (Zitat aus: DER SPIEGEL). Der Börsengang belegt, dass sich mit Smileys im Gesicht und Hartnäckigkeit und unter Hinzuziehung genügend Förderer eben doch reich werden lässt.

Rocket Internet ist nach wie vor ein Monopoly

Die Frage, ob die Rocket Internet Projekte jemals überwiegend Gewinn abwerfen, dürfte bei keinem der Investoren derzeit im Zentrum stehen. Den meisten dürfte es darum gehen, beim Monopoly von Rocket Internet Kasse zu machen – sprich: Aus dem möglicherweise ansteigenden Aktienkurs in einigen Monaten wieder mit hohen Verkaufs-Gewinnen raus zu gehen.

Von einer "Talfahrt" zum Börsenstart der Rocket Internet Aktie schon jetzt zu sprechen, wie es beispielsweise die Nachrichtenagentur Reuters tat, ist derzeit eine zu frühe Schlussfolgerung und trift derzeit auch nicht zu. Immerhin hatte Rocket Internet von Anfang an mitgeteilt, man setze den Ausgabepreis der Aktie beim Börsengang gleich mal bei erstaunlichen 42,50 Euro fest. Dass sich die Aktie im Laufe des ersten Handelstages dann bei 37 Euro einpendelte, ist von vornherein einkalkuliert worden. Selbst wenn die Aktie auf 20 Euro gefallen wäre, wäre das immer noch ein phänomenaler Erfolg für Rocket Internet.

Auch sollte man nicht vergessen: Der Börsengang von Rocket Internet ist immerhin der größte Börsengang eines Internet-Unternehmens in Deutschland seit dem Jahr 2000 und der größte Börsengang in Deutschland seit sieben Jahren. Einige behaupten sogar, es sei der größte Börsengang eines europäischen Internet-Unternehmens seit 14 Jahren.

Dass Rocket Internet tendenziell überbewertet wird – darüber wurde sehr viel gesagt und geschrieben. Doch ist es mit dem Wert eines Unternehmens manchmal wie mit der Phantasie: Der Glaube kann in Ausnahmefällen tatsächlich Berge versetzen.

Dass Oliver Samer nach dem Börsengang von Rocket Internet "nicht enttäuscht" ist, wie er sagt, leuchtet ein: Dürfte es doch nun den Samwer Brüdern – also auch Marc Samwer und Alexander Samwer - als bislang einzigen Deutschen gelungen sein, mit Internet-Unternehmen in den Olymp der Fast-Milliardäre aufzusteigen.

Doch nach wie vor gilt: Rocket Internet Aktien sind, ebenso Zalando-Aktien, keinesfalls etwas für den normalen Aktienkäufer, den sogenannten "Kleinanleger". Beide Papiere sind hoch spekulativ und dürften nur jenen Spaß machen, die gerne und das seit vielen Jahren Börsen-Monopoly spielen. Für sie dürfte die nächsten Tage der große Kick beginnen, welcher da lautet: Fällt die Rocket Internet Aktie wirklich in den Keller oder kann sie sich halten oder gar im Wert zulegen?

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