Atommüll in Lubmin Das geheime Endlager der Bundesregierung

Offiziell findet zwar noch eine Diskussion um das endgültige Endlager Deutschlands für Atommüll statt, inoffiziell steht das größte oberirdische Atommülllager Europas schon längst in Lubmin, im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns nahe der Stadt Greifswald.

Foto: pixabay
An der Ostsee nahe der Stadt Greifswald, im Seebad Lubmin, steht das größte Atommüll-Lager Europas.

Das touristisch erschlossene Lubmin am Greifswalder Bodden, mit Blick auf die größte deutsche Ostseeinsel Rügen wirbt mit einem langen, feinkörnigen Sandstrand. Doch weiß man um das atomare Zwischenlager, das nicht weit dieses idyllischen Sandstrandes täglich Strahlung in seine Umgebung freisetzt, dann sinkt die Attraktivität von Lubmin als Tourismusort sehr schnell.

Geplant war das Lager einst von der Bundesregierung, um den Atommüll aus den beiden stillgelegten Atomkraftwerken der DDR zu entsorgen. Eins bestand aus einem winzigen Versuchsreaktor und stand in in Rheinsberg und das zweite, Baujahr 1965, wurde in Lubmin betrieben. Mit der Wende wurde Lubmin für unsicher erklärt und 1995 endgültig stillgelegt. Ursprünglich sollte das Kraftwerk in Lubmin bis 2012 vollständig zurückgebaut werden. Im April 2012 stellte man jedoch fest, dass ein vollständiger Rückbau zu teuer ist, stattdessen sollten die Gebäude jetzt noch 50 Jahre stehenbleiben und dann abgebaut werden. Mit dem Rückbau sind zum heutigen Zeitpunkt noch 1000 Menschen in Lubmin beschäftigt.

Dass das sogenannte Zwischenlager Nord nicht nur für die Reste von Lubmin und Rheinsberg dimensioniert war, das war Umweltschützern schon zu beginn offensichtliche. Mit der dreifachen Größe des Endlagers in Gorleben, das im Nordosten von Niedersachsen steht, kann das Lager den gesamten Atommüll der 19 deutschen Atomkraftwerke aufnehmen. Das Lager in Lubmin hat ein Fassungsvermögen von 200 000 Kubikmetern. Mehrfach nötigte man die Bundesregierung zu Aussagen, die Lagerung in dem Zwischenlager zu beschränken. Angela Merkel, damals in der Rolle der Bundesumweltministerin, verbürgte sich 1995 dafür, dass ausschliesslich der Atommüll aus den beiden ostdeutschen Atomkraftwerken dort gelagert werden sollte. Das unterstrich sie auch in einem späteren Interview 1998 gegenüber dem Nachrichtenmagazin Spiegel.

Doch bereits 1996 betitelte der Spiegel das Projekt als "Atomland Ost“. Es stellte sich heraus, dass die Hallen nicht umsonst so groß gebaut waren, in Lubmin war das größte Zwischenlager Europas entstanden. Dass ein oberirdisches Lager eine ständige Strahlenbelastung für die umliegende Region darstellt, wird nur ungern von der Bundesregierung erwähnt. Dabei hat die internationale Strahlenschutzkommision bereits 1977 die Grenzwerte für die gefährliche Gammastrahlung gesenkt. Demnach hat ein Mensch, der in 70cm Entfernung von einem der Ummantelung eines Castor-Behälters steht, schon nach 9 Minuten diese Grenzwerte überschritten. Im Zwischenlager tritt permanent durch die Lüftung Gammastrahlung nach aussen.

Das ursprünglich vereinbarte Ziel ist die Suche nach einem Endlager, das möglichst unterirdisch in großer Tiefe den Atommüll aufnimmt. Ist das gefunden, können die Zwischenlager Lubmin, Gorleben und Ahaus entlastest werden. Die Suche gestaltet sich indes schwierig und der Widerstand in den betroffenen Bundesländern ist groß. Die Lagerung in großer Tiefe birgt auch Risiken, denn es muss auf mehrere tausend Jahre gewährleistet sein, dass die Gesteinsschichten stabil bleiben und die Orte zugänglich sind. In Russland hat man sich von einer unterirdischen Lagerung längst verabschiedet, diese gilt dort als nicht beherrschbar, ähnliche Erkenntnisse könnten auch hierzulande dazu führen, dass oberirdische Zwischenlager zu Endlagern erklärt werden.

Quellen:

AtommüllkonferenzAtommüllkonferenz: Positionspapier „Zwischenlagerung hoch radioaktiver Abfälle“

Bund Freunde der Erde: Die Geschichte des Zwischenlagers Nord bei Lubmin an der Ostsee

Der Spiegel: Atomklo für Westmüll

Nordkurier: Grüne warnen, Lubmin könnte zum Endlager werden

Ostsee-Zeitung: Lubmin bald Zentrum für Atommüll?





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