100.000 € Grundsteuer Leipzigs Historisches Schmuckstück: 1,9 Mio. für Etagenwohnung im Bertha Wehnert-Beckmann Palast von 1865, der ersten Berufsfotografin der Welt

In der pulsierenden Metropole Leipzig, genauer im teils noblen Leipziger Stadtteil Zentrum-West in der Elsterstrasse 38, steht eine außergewöhnliche Immobilie zum Verkauf, die nicht nur durch ihre exquisite Lage, sondern auch durch ihre beeindruckende Historie hervorsticht. Ein Stück Leipziger Geschichte, eng verknüpft mit dem Leben und Wirken der berühmten deutschen Fotografin Bertha Wehnert-Beckmann. Eine seltene Gelegenheit, moderne Wohnkultur mit historischem Erbe zu verbinden. Wehnert-Beckmann war ab den 1840er Jahren eine der ersten Berufsfotografinnen weltweit. Erlernt hatte sie den Beruf bei ihrem späteren Ehemann, dem Leipziger Eduard Wehnert. Ein Millionenvermögen häufte sie nach seinem Tod allerdings alleine an. Den einen oder anderen Käufer einer Wohnung in ihrem einstigen Wohnpalast mag vielleicht hindern, dass in Sichtweise die Lessing Grundschule ist, was möglicherweise ab und an zu klassischem Schullärm in der Nähe führen mag. Aber wo ist es heute schon ruhig in einer Stadt.

Wohnhaus Berta Wehnert-Beckmanns und fotografisches Atelier (linker Anbau), Foto von ihr selbst (1866). Das Foto stellt das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig unter der Inventarnummer 6740 der öffentlichkeit im Rahmen der Creative Commons Lizenz kostenlos zur Verfügung. Das Foto soll angeblich 1866 von der Fotografin selbst aufgenommen worden sein.

Die 217 Quadratmeter große Etagenwohnung, die aktuell auf dem Immobilienportal immobilienscout24.de zum Verkauf angeboten wird, befindet sich im ersten Stock eines prächtigen Wohnpalastes. Die Lage im ersten Stock könnte allerdings Personen mit einem Bedürfnis nach höherer Sicherheit zum Nachdenken anregen, da der zweite Stock in jedem Haus als etwas sicherer gilt. Dennoch ist die Immobilie von historisch hervorragendem Wert und gehört so oder so zu den sicherlich schönsten Wohnungen in Leipzig.

Die Leipziger Fotografin baute mit ihrem Millionen-Vermögen den Wehnert-Beckmann-Palast 1865

Der außergewöhnliche Wohnpalast dieser nun zum Verkauf stehenden Wohnung wurde von der weltweit bahnbrechenden deutschen Fotografin Bertha Wehnert-Beckmann im Jahr 1865 errichtet. Als eine der ersten professionellen Fotografinnen, sowohl in Deutschland als auch international, erarbeitete Wehnert-Beckmann bereits in Deutschland, dann in ganz Europa sowie in den USA ein beachtliches Vermögen, bevor sie nach Leipzig zurückkehrte und diesen beeindruckenden Palast erschuf. Ihre einzigartige Erfolgsgeschichte katapultierte sie zu einer der ersten selbstgemachten Multimillionärinnen weltweit.

Zur historischen Einordnung des Wehnert-Beckmann-Palasts: Die berühmte Villa Hügel in Essen, heute öffentlich begehbar, oft auch als Villa Krupp bezeichnet, wurde von 1870 bis 1873 von Stahl-Magnat Alfred Krupp und seine Familie erbaut. Sie diente der Industriellenfamilie Krupp als Wohn- und Repräsentationshaus.

Das schmucke reiche Immobilien-Ensemble von Bertha Wehnert-Beckmann in Leipzig, in welchem die geschichtsträchtige Wohnung nun zum Verkauf steht, konnte glücklicherweise die Zerstörung Leipzigs in den großen Kriegen überdauern. Ein Grund mag sein, dass das Gebäude nicht im zentralsten Leipzig liegt. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Leipzig durch mehrere Luftangriffe stark beschädigt, wobei zwischen Oktober 1943 und April 1945 die meisten Zerstörungen stattfanden. Schlüsselangriffe erfolgten am 4. Dezember 1943 durch britische Bomber, die wesentliche Teile der Innenstadt vernichteten und über 1.800 Menschenleben forderten, sowie am 18./19. Februar 1944 und am 20. April 1945, die jeweils über 500 bzw. etwa 337 Todesopfer zur Folge hatten. Neben Großbritannien waren auch die USA an den Leipziger massiven Zerstörungen beteiligt.

Die strategischen Gründe für die Bombardierung Leipzigs waren dessen Rolle als Industriemetropole, Rüstungsproduktionszentrum und wichtiger Verkehrsknotenpunkt, zudem sollte die deutsche Bevölkerungsmoral geschwächt werden. Insgesamt fielen über 11.000 Tonnen Bomben auf Leipzig, 40-60% der Stadt wurden zerstört und über 6.000 Menschen starben. Diese tragischen Ereignisse haben bis heute einen prägenden Einfluss auf die Stadt.

Die 217 Quadratmeter große Wohnung befindet sich auf der ersten Etage des vierstöckigen Palastes. Mit 5,5 Zimmern, darunter drei Schlafzimmern und zwei Badezimmern, bietet die Wohnung großzügigen Wohnraum für Familien oder diejenigen, die das Besondere suchen. Der historische Hintergrund zur ersten Berufsfotografin und eine der wenigen Self-Made-Millionärin des mittleren 19. Jahrhunderts verleiht der Immobilie eine ganz besondere Note.

Moderne Ausstattung in historischem Ambiente - aber wohl keine Fußbodenheizung

Trotz des Alters der Wohnung von über 160 Jahren gibt es natürlich modernem Komfort. Ausgestattet mit einem Personenaufzug (wird man im ersten Stock nicht benötigen), Balkon / Terrasse, Einbauküche und Keller, verbindet die Wohnung bequemes großzügiges Wohnen mit historischem Flair. Der Grundriss der Wohnung ist so gestaltet, dass Tageslicht optimal genutzt wird, was die Wohnräume besonders einladend mache, heißt es von Seiten des Maklers.

Es überrascht, dass bei einem derart hohen Kaufpreis offenbar keine Fußbodenheizung in der gesamten Wohnung vorhanden ist. Diese entscheidende Information konnten wir im Online-Exposé nicht finden, während stattdessen häufig traditionelle Heizkörper auf den Fotos der Räumlichkeiten sichtbar sind. Die Effizienz der Wärmeisolierung an Fassaden, im Keller sowie bei den Zwischendecken spielt daher eine kritische Rolle für die Beheizbarkeit der Wohnung in den Wintermonaten. In Altbauwohnungen dieser Größenordnung stellt das Erreichen und Aufrechterhalten einer konstanten Raumtemperatur von 22 bis 23 Grad oft eine Herausforderung dar. Es wird dringend empfohlen, dass Interessenten dieses Thema aktiv ansprechen und die Wohnung unter Alltagsbedingungen – beispielsweise nur im T-Shirt – besichtigen, um sich einen persönlichen Eindruck von der Wärme in den verschiedenen Räumen zu verschaffen.

Zudem ist es von großer Bedeutung, sich zu vergewissern, ob das Gebäude den heutigen Anforderungen an eine Fassadenwärmedämmung (z.B. mittels eines Wärmedämmverbundsystems) gerecht wird, was auch die Bodenisolierung einschließt (da die Wohnung im ersten Stock ist). Angesichts der kontinuierlichen Ziele der deutschen Gesetzgebung Heizkosten immer teurer werden zu lassen (CO2-Bepreisung etc.), könnte eine Vernachlässigung dieser Aspekte zukünftig zu beträchtlichen finanziellen Mehrbelastungen führen.

Eine genaue Aufschlüsselung der verwendeten Dämmmaterialien, ihrer Qualität und Dicke ist daher unerlässlich. Sollte sich herausstellen, dass die Dämmung unzureichend ist, müsste der Kaufpreis neu verhandelt werden. Das Exposé gibt an, dass das Wehnert-Beckmann-Objekt mit Fernwärme beheizt wird. Hier sollte unbedingt nachgefragt werden, wie sich die jährlichen Heizkosten gestalten und wie sich diese in den letzten Jahren entwickelt haben.

Für ein Objekt in dieser Preisklasse ist die Konsultation von einem oder idealerweise zwei unabhängigen Fachgutachtern ratsam, die eine Bewertung mit spezifischen Leistungskennzahlen (KPIs) vornehmen können. Zudem ist die Vorlage der Eigentümerprotokolle der vergangenen drei Jahre durch den Verkäufer oder Makler obligatorisch, da diese alle relevanten Problempunkte der Immobilie aufzeigen sollten. Für nicht deutschsprachige Käufer ist eine professionelle Übersetzung dieser Dokumente unabdingbar.

Alternative Vorgehensweise:

Interessenten sollten in Erwägung ziehen, zusätzlich zu den oben genannten Punkten eine thermografische Untersuchung des Gebäudes durchführen zu lassen. Diese Technik ermöglicht es, Schwachstellen in der Isolierung sichtbar zu machen und somit eine fundiertere Entscheidung über den tatsächlichen Zustand der Immobilie und die Notwendigkeit etwaiger Sanierungsmaßnahmen zu treffen. Die Ergebnisse einer solchen Analyse können auch als Verhandlungsbasis für eine eventuelle Kaufpreisanpassung dienen. Denn der Begriff "Sanierung" sagt in Deutschland manchmal alles und manchmal nicht viel aus.

"Architektur Blicklicht" beschreibt den Palast wie folgt: Die Villa Elsterstraße 38 in Leipzig, auch bekannt als Wehnert-Beckmann-Villa, präsentiert sich als freistehender, rechteckiger Villenbau mit Anbau und Garten. Er erhebt sich dreigeschossig auf einem hohen Sockelgeschoss, während der Anbau zweigeschossig ist. Die Fassade sei geprägt von einer Putzfassade mit einem markanten niedrigen Eckturm, Balkonen, einem polygonalen Mittelrisalit. Ein "polygonaler Mittelrisalit" bezieht sich auf einen architektonischen Vorsprung oder eine Erhebung in der Mitte der Fassade eines Gebäudes, der eine polygonale Form aufweist.


Zudem gebe es eine Putznutung im Erdgeschoss. Die "Putznutung im Erdgeschoss" bezieht sich auf eine spezielle Gestaltungstechnik der Fassade, bei der der Putz im Erdgeschossbereich des Gebäudes strukturiert oder gerillt ist, um eine dekorative oder architektonische Wirkung zu erzielen. Zudem gebe es Fensterrahmungen sowie eine einladende Veranda. Das Dach des Gebäudes sei in der Form eines Mansarddachs gestaltet.

Ein Mansarddach ist ein spezieller Dachtyp, der durch seine charakteristische Form gekennzeichnet ist. Es besteht aus zwei Dachflächen: einer unteren, steilen Fläche und einer oberen, flacheren Fläche. Die untere Dachfläche ist oft geneigt und schließt in einem steilen Winkel ab, während die obere Dachfläche weniger geneigt ist und oft fast horizontal verläuft.

Beschreibung durch das Maklerbüro

Das Maklerbüro beschreibt die Immobilie als "wohl eine der bestgelegenen und schönsten Villen in Leipzig. Ruhig aber zentral gelegen mit Geschichte." Erbaut 1865 und vollständig renoviert, biete die Wohnung eine Mischung aus historischem Charme und modernem Wohnkomfort. Besonders hervorgehoben werden der hervorragende Zustand der Wohnung, der wunderbare Stuck und die sehr ansprechende farbliche Gestaltung. Fernwärme sorge für effiziente Beheizung, und ein Energieausweis sei laut Gesetz nicht erforderlich.

Der Wehnert-Beckmann Palast aus der Luft. Oben rechts eine Grundschule. Schön ist die Lage zum Park. (Bild: Google Maps; Stand: März 2024).

Die Ausstattung umfasse, das darf man bei einem Kaufpreis von üppigen fast zwei Millionen Euro wohl auch erwarten, eine Küche mit Miele Spülmaschine, großem Weinkühlschrank, Bistro Sitzecke, sowie Einbauschränke vom Tischler und durchgängig verlegten wunderschönen Eichenparkettboden. Auch die original handgegossenen Messing Türgriffe an den meist als Doppeltüren ausgeführten Türen zeugten von der Liebe zum Detail.

Die Lage der Wohnung wird als ideal beschrieben: "Fußläufig 15 Minuten zur Thomaskirche, Clara-Zetkin-Park, Red Bull Arena. Schulen bestens erreichbar. REWE und ALDI innerhalb von 100 bis 200 Meter."

Alleine 103.125 Euro Grundsteuer in Leipzig für eine Wohnung

Die zum Verkauf stehende Wohnung wird zu einem Basispreis von 1.875.000 € angeboten, wobei zusätzliche Kosten für Grunderwerbsteuer (5,50 %, also 103.125 €), Maklerprovision (3,57 %, entspricht 66.938 €), Notarkosten (1,50 %, somit 28.125 €) und Grundbucheintrag (0,50 %, also 9.375 €) anfallen. Insgesamt belaufen sich die Gesamtkosten auf 2.082.563 €.

Immobilien-Symbol für den Aufstieg des Bürgertums

Der Bertha Wehnert-Beckmann-Wohnpalast reiht sich symbolisch ein in eine Epoche, in der das zunehmend zu Reichtum gekommene Bürgertum in ganz Deutschland den Adeligen im Kleineren nacheiferte, indem es seinen Wohlstand durch schlossartige Patrizieranwesen dokumentierte.

Diese Entwicklungen und die damit verbundenen globalen Spannungen und enormen Herausforderungen wurden später in Werken wie „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ im Jahr 1916 von Wladimir Iljitsch Lenin kritisch analysiert. Ein Jahr später, 1917, ging die brutale große russische Oktoberrevolution los.

Das Buch bietet eine herausragende Darstellung der politischen und wirtschaftlichen Diskurse, angereichert mit umfassenden Statistiken der führenden wirtschaftlichen und politischen Weltmächte jener Zeit – USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Japan. Es ist fundiert durch zahlreiche vergleichende ökonomische Kennzahlen. In der Neuauflage wurde das Werk unter anderem von Dr. Volker Kühlow, dem langjährigen Chef der Linken in Leipzig, mit herausgegeben.

Die Architektur des Palastes fällt durch eine für deutsche Verhältnisse ungewöhnliche Verspieltheit auf. Das könnte durch die opulenten Wohnpaläste New Yorks inspiriert worden sein, die Wehnert-Beckmann während ihrer Zeit in den USA kennengelernt haben mag. Diese Verbindung von deutscher und amerikanischer Architektur unterstreicht die kulturelle und historische Bedeutung der Immobilie, die nicht nur als Wohnraum dient, sondern auch als Zeuge einer Epoche, in der Deutschland seinen Platz auf der Weltbühne suchte und zunehmend im Guten wie Bösen fand.

Bertha Wehnert-Beckmann: Wie eine Pionierin der Fotografie der 1840er Jahre zur Multimillionärin wurde

Bertha Beckmann wurde 1815 im ostdeutschen Städtchen Cottbus geboren. Sie war die zunächst unauffällige Tochter eines Schneidermeisters. Ihre berufliche Laufbahn begann zwischen 1839 und 1843 in Dresden, wo sie sich zunächst mit Haarklöppeleien über Wasser hielt. In Dresden lernte sie 1839 den Leipziger Eduard Wehnert kennen, der zu den Ersten gehörte, die sich mit der Fotografie beschäftigten. Unter Wehnerts Anleitung erlernte die junge Frau aus Cottbus das Handwerk des Fotografierens.

Eduard Wehnert, ambitioniert und unternehmerisch, plante den Aufbau eines Unternehmens. Er reiste international, um zu fotografieren und seine Visionen zu verwirklichen. Im Herbst 1842 wurde Bertha Beckmann von ihm nach Prag entsandt, um bei Wilhelm Horn daguerreotypische Techniken zu erlernen.

Bertha Beckmanns Karriere als Fotografin gewann in Wehnerts Atelier in Dresden und später in Leipzig zügig an Fahrt. Sie fotografierte gerne Familien, Kinder, Frauen - später in Wien fotografierte sich auch Clara Schuhmann, eine Pianistin und Ehefrau des berühmten Komponisten Robert Schumann. Auch Johannes Brahms (1833-1897) einer der bedeutendsten deutschen Komponisten des 19. Jahrhunderts, ließ sich von Bertha Wehnert-Beckmann fotografien.

Auch Carl Lampe (1806-1975), ein Leipziger Unternehmer und Besitzer der Carl Lampe AG, ließ sich von Bertha Wehnert-Beckmann ablichten. Lampe war einer von zwölf Hauptaktionären der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie (LDE), der ersten deutschen Eisenbahngesellschaft, die eine Fernbahnstrecke betrieb und zwar zwischen Leipzig und Dresden. Im Jahr 1848 verfügte die LDE bereits über 34 Lokomotiven und 432 Güterwagen, die insgesamt 400.000 Tonnen transportierten. Zu dieser Zeit nutzten bereits 1,2 Millionen Personen die Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden.

Da zu dieser Zeit kaum Frauen in der Fotografie tätig waren, gilt Bertha Wehnert-Beckmann später als Europas erste Berufsfotografin. In den Anfangsjahren ihrer Karriere, als es noch unsicher war, ob die Fotografie als dauerhaftes Geschäftsmodell tragfähig sein würde, soll sie ihr Einkommen auch durch kunsthandwerkliche Tätigkeiten ergänzt haben. Sie soll nach Berichten unter anderem Gestecke aus Gewürzen und Wachs kreiert haben, um finanziell abgesichert zu sein. Wobei nicht klar ist, ob sie die wirklich selber erstellte oder nur fotografierte.

Ende 1845 heiratete sie schließlich Eduard Wehnert (1811–1847). Bereits vor ihrer Heirat hatten sie gemeinsam ein Fotoatelier auf der Burgstraße 8 in Leipzig eröffnet (auch heute noch eine top Adresse), eine Herausforderung, die ein Artikel der "PHOTOGRAPHISCHEN CHRONIK UND ALLGEMEINEN PHOTOGRAPHEN-ZEITUNG" aus dem Jahr 1918 dokumentiert. Nach dem Tod ihres Mannes führte Bertha das Geschäft erfolgreich weiter, mit Unterstützung ihrer zwei Brüder Rob Beckmann und Rudolph Beckmann (Anzeige) und später weiterer Gehilfen. Da ihr Palast drei Stockwerke und damit drei Einliegerwohnungen hat, ist davon auszugehen, dass in dieser Villa sie eine Wohnung hatte und die anderen beiden jeweils von ihren Brüdern bewohnt wurden.

Holte ihre Brüder ins Geschäft nach Leipzig - Bertha Wehnert, geborene Beckmann und nach dem Tod ihres Mannes als Bertha Wehnert-Beckmann bekannte Fotografin.

Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1847 reiste Bertha Wehnert-Beckmann 1849 nach New York, wo sie ein Atelier auf dem Broadway eröffnete - mit offensichtlich bereits genügend Geld in der Tasche, diesen Schritt zu wagen. Ob sie bereits englisch konnte oder es dort erst lernte, ist nicht klar. Jedenfalls soll sie dort bedeutende Persönlichkeiten porträtiert haben, darunter den 13. US-Präsidenten Millard Fillmore (1850-1853) und Senator Henry Clay. Henry Clay war ein bedeutender amerikanischer Staatsmann, der am 12. April 1777 geboren wurde und am 29. Juni 1852 verstarb. Er diente mehrfach als Senator von Kentucky, zunächst von 1806 bis 1807, dann von 1810 bis 1811, erneut von 1831 bis 1842 und schließlich von 1849 bis zu seinem Tod im Jahr 1852. Clay war auch als Sprecher des Repräsentantenhauses und als Außenminister tätig.

Ein nicht bisher nicht näher bekanntes "American Institute" soll die deutsche Fotografhin nach mehreren Internet-Berichten 1850 angeblich mit einem Diplom und 1851 angeblich mit einer Silbermedaille für ihre Verdienste um die Porträtfotografie ausgezeichnet haben. NETZ-TRENDS.de weist jedoch darauf hin, dass diese Angaben schwierig sind nachzuvollziehen, da nicht klar ist, welches Institut gemeint ist.

Ihre Pionierrolle im Bereich der Papierfotografie in den USA wurde im Buch "A German Lady" detailliert beschrieben. Trotz ihres Erfolgs in Übersse kehrte sie im Herbst 1851 nach Leipzig zurück und übergab die Geschäfte in New York ihrem Bruder Rudolph Beckmann. Währenddessen hatte ihr anderer Bruder Robert Beckmann das Atelier in Leipzig betreut.

Nach ihrer Rückkehr nach Leipzig im Herbst 1851 entwickelte sie das von ihrem verstorbenen Mann einstmals wohl finanzierte und gegründete Geschäft, das aber nach den Lehrjahren in Dresden nun von ihr aufgebaut werden sollte, zum wichtigsten Atelier der Stadt. 1854 eröffnete sie zudem die erste Stereoskopenausstellung im deutschsprachigen Raum.

Bertha Wehnert-Beckmann erkannte auch sehr früh die Bedeutung der Aussteller-Teilnahme auf internationaler Messen für das Geschäftswachstum. Im 1854 erschienenen "Katalog der allgemeinen deutschen Industrie-Ausstellung in München" wurde sie als Ausstellerin der Region "Königreich Sachsen" gelistet und zwar mit dem Stand "6142 Wehnert-Beckmann, Leipzig, Photographin".

Bis 1860 war sie die einzige Fotografin, die Stereoskopien herstellte. Zu diesem Zeitpunkt mehrt sich ihr Vermögen sicherlich bereits in die Millionen, anders ist nicht erklärbar wie sie 1865 die später als Wehnert-Beckmann-Palast bekannte schlossartige Villa in Leipzig bauen konnte. Eine Villa, die heute noch steht und auf einen Wert von um die 10 Millionen Euro geschätzt werden darf, nimmt man den Kaufpreis einer Wohnung (1,9 Mio. Euro) in der Villa als Basis, die am 24. März 2024 im deutschen Immobilienportal immobilienscout24.de erschienen ist.

Anzeige der Fotografin in der Wiener Zeitschrift Freumdenführer" am 28. Juni 1861 anlässlich der Eröffnung ihrer Wiener Filiale in der Leopoldstadt. Die Filiale scheint das Vermögen der Leipziger Unternehmerin weiter gesteigert deutlich zu haben.

Ihre wirtschaftliche Potenz und ihre Stellung unterstrich sie 1861 in einer Werbeanzeige in der Wiener Zeitschrift "Fremdenführer". Dort kündigte sie die Eröffnung ihres Ateliers in Leopoldstadt (Wien), Sterngasse Nr. 424, an. Bertha Wehnert-Beckmanns Beitrag zur Fotografie und ihre unternehmerische Vision machen sie zu einer bedeutenden Figur der frühen Fotografiegeschichte.

Bertha Wehnert-Beckmann verkaufte später ihre prächtige Villa und zog in die Waldstraße 1 in Leipzig um. Dieser Umzug, dokumentiert in einem "Leipziger Adressbuch" von 1895, markiert einen signifikanten Wechsel von einem palastähnlichen Anwesen zu einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Die genauen Beweggründe für diesen Schritt sind bis heute nicht vollständig erforscht. Obwohl dieser Wechsel auf mögliche Veränderungen in ihrem Vermögensstatus hinweisen könnte, unterstreicht die Wahl der Waldstraße 1 II als neue Adresse dennoch eine fortwährende Verbindung zu einer der angesehensten Gegenden Leipzigs. Im "Leipziger Adressbuch" ist nachzulesen, dass sie dort jedenfalls ein Atelier hatte - man darf annehmen, dass sie dort dann auch wohnte. Heute befindet sich in dem Gebäude „Micks Pub“.

Am frostigen Nikolaustag, dem 6. Dezember 1901, verstarb die zweifellos zu den bekanntesten Persönlichkeiten Leipzigs zählende legendäre Fotografin. 13 Jahre vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Nachdem sie den Palast im Jahr 1882 verkaufen musste, zog in das Gebäude unter anderem Carl Friedrich Goerdeler (1884 bis 1945) ein, der von 1930 bis 1937 Leipziger Oberbürgermeister war.

Kurz nach der Eröffnung ihres Ateliers in Leipzig warb Bertha Wehnert-Beckmann in einer Zeitung für die "Firma Eduard Wehnert". Obwohl diese Firma nicht ihre eigene war, platzierte sie ihren Namen prominent in der Anzeige. Das half ihr, sich schnell einen Namen in Leipzig zu machen. Um in Leipzig arbeiten und leben zu dürfen, musste sie einen offiziellen Antrag stellen. Dieser wurde zunächst abgelehnt. Ein Jahr später kehrte sie von ihrem Mann in Dresden, wo ebenfalls ein Photoatelier von Wehnert war, mit den erforderlichen 600 Thalern Sicherheitsleistung zurück. Diese hatte sie wahrscheinlich von ihrem Mann Eduard erhalten. Zudem belegte sie, was die Stadt Leipzig von Neubürgern damals forderte, dass sie sich auch in Dresden weiterhin selbständig mit Haarklöppeln versorgen könnte. Schließlich erhielt sie die Genehmigung, ihre Tätigkeit in Leipzig aufzunehmen. Der Rest ist Legende.






Eduard Wehnerts Beitrag zur Leipziger Photographie: Ohne ihn wäre Bertha möglicherweise Haarklöppelerin geblieben

NETZ-TRENDS.de entdeckte in Google Books einen Eintrag der "PHOTOGRAPHISCHEN CHRONIK UND ALLGEMEINEN PHOTOGRAPHEN-ZEITUNG", herausgegeben von Professor Dr. A. MIETHE in BERLIN-HALENSEE und verlegt vom WILHELM KNAPP-Verlag in HALLE A. S., Mühlweg 19.

Die Ausgabe Nr. 27/28 vom 7. April 1918 gewährt faszinierende Einblicke in die florierende Fotografieszene des damaligen Leipzig und den bemerkenswerten Aufstieg von Bertha Wehnert-Beckmann, deren Schicksal eng mit dem von Eduard Wehnert, ihrem späteren Ehemann, verbunden schien – ihrem beruflichen Mentor und Quell der Inspiration. Obwohl er bereits 1847 verstarb, überragte sie ihn in den folgenden Jahrzehnten erheblich.

Bertha Wehnert-Beckmann war eine Pionierin in einem völlig neuen Berufsfeld, der Fotografie. Sie war eine der ersten Frauen, die mit unermüdlichem Ehrgeiz, außergewöhnlichem Können und bemerkenswertem Mut ein beträchtliches Vermögen aufbaute. Dabei erkannte sie früh die Möglichkeiten, die sich durch die neue Technologie der Fotografie boten, und nutzte diese geschickt aus. Ganz ähnlich wie im modernen Internet-Zeitalter, als Google im Jahre 1998 seinen Anfang nahm, wuchsen zahlreiche Unternehmen mit der Suchmaschinen-Technik von Google fast automatisch mit, wenn sie keine großen Fehler machten und der Technik folgten, um neue Zielgruppen über Webseiten zu erschließen. Motto: Folge einfach nur der aufgehenden Sonne.

Artikel-Auszug aus dem Jahr 1918:

"Allen Genannten, selbst Dauthendey und Herzberg nicht ausgenommen, hat Eduard Wehnert für die spätere Entwicklung der Leipziger Photographie die größte Bedeutung gehabt. Er war am 29. April 1811 in Leipzig geboren, und eine zehnjährige Wanderschaft hatte ihn, nach seiner Lehrzeit bei dem hiesigen Mechaniker undOptiker Wiessner, weit in die Welt hinausgeführt; er hatte Paris besucht und dort an ihrer klassischen Stätte die Daguerreotypierkunst kennen gelernt. 1842 kehrte er wieder nach Leipzig zurück und war zunächst bei seinem Bruder Johann Karl Wehnert in seinem alten Berufe tätig, wahrscheinlich nur um den Erfolg einer kleinen Daguerreotypen-Ausstellung abzuwarten, die er in Roccas Kunsthandlung (in der Grimmaischen Strasse) veranstaltet hatte. Erst nach dieser Vorbereitung tritt er mit dem uns schon bekannten Subskriptionsplan hervor und eröffnet gleichzeitig, zusammen mit seinem Bruder, unter der Firma „Gebrüder Wehnert" ein Atelier für Daguerreotypie.

Wie Dauthendey in Jänichens Garten an der Pleisse, scheint es aber, da er im Dezember eine neue Geschäftsadresse angibt, zunächst nur für eine Saison gemietet zu haben, und kehrte erst später wieder dahin zurück. Überhaupt müssen wir uns, wie ich schon mehrfach hervorgehoben habe, diese frühesten Geschäftsniederlassungen als tastende Versuche denken. Blieb der Erfolg aus, so gab man das Lokal auf und beschränkte sich eben auf die Berufstätigkeit, aus der man bisher seine Nahrung gezogen hatte, oder ging auf Reisen. Im Frühjahr 1843 tritt Wehnert mit einem neuen Kolorierverfahren für Daguerreotypien hervor, das er zusammen mit Professor Bock.

Es handelt sich um den bekannten Mediziner und Verfasser des Buches vom gesunden und kranken Menschen" ersonnen hatte. Proben kolorierter Bilder stellt er zur Ostermesse bei Del Vecchio und Rocca aus, und in einem mit A. gezeichneten Artikel des „Leipziger Tageblattes" werden seine Bestrebungen mit Wärme gewürdigt, namentlich wird hervorgehoben, dass er den leichenhaften älteren" Ausdruck der bisherigen Daguerreotypien in glücklicher Weise beseitigt habe. Aber eine größere Zukunft hat gerade dies Verfahren der kolorierten Bilder nicht gehabt, wenn es auch nie gänzlich ausser Mode gekommen ist. Erst am 21. April 1845 erwarb Eduard Wehnert das Leipziger Bürgerrecht, um sich nun, wie es scheint, nach mehreren Kunstreisen, fürs erste noch unter vorsichtiger Beibehaltung seines Doppelberufes als Mechanikus und Daguerreotypist" in seiner Vaterstadt selbständig niederzulassen.

Bertha Beckmann: Eine Schülerin tritt hervor

Dass es damals immerhin für gewagt galt, ausschließlich von Lichtbildnerei leben zu wollen, sehen wir am besten aus einem Aktenstück, das sich auf eine Schülerin Wehnerts, die jetzt zu nennende Bertha Beckmann bezieht. Diese, eine geborene Cottbuserin, hatte sich während der Jahre 1839-1843 in Dresden ihren Unterhalt mit feiner Haarklöppelei verdient, wie man sie damals in nicht gerade geschmackvoller Weise vielfach für Juwelierarbeiten verwandte, aber auch ihr hatte es die Daguerreotypie angetan, in der sie Eduard Wehnert, vermutlich bei einer Dresdener Besuchsreise, unterwiesen hatte, und als sie am 22. Mai 1844 zunächst zu dessen Vertretung nach Leipzig übersiedelte, geschah das in der Absicht, sich ganz dieser Kunst zu widmen.

Aber fast hätte noch die Stadtverwaltung durch Bertha Beckmanns Rechnung einen vernichtenden Strich gemacht. Als nämlich Fräulein Beckmann am 4. November 1844 zum Zweck der Ausübung der Lichtbildnerei um Aufnahme unter die Schutzverwandten nachsucht, und ausser den erforderlichen Legitimationspapieren auch Ersparnisse in der Höhe von 600 Talern nachweist, wird auf Veranlassung der Stadtverordneten die Erteilung des Schutzes abgelehnt, und zwar lediglich aus dem Grunde, weil die fortdauernde Erwerbsfähigkeit einer Daguerreotypistin bezweifelt werden müsse. Erst nachdem die Beckmann zu Anfang des nächsten Jahres den weiteren Nachweis erbracht hatte, dass sie sich in Dresden lediglich aus ihrer früheren Berufstätigkeit, der Haarklöppelei, zu ernähren vermocht hätte und diese auch noch jetzt für alle Fälle beibehalten könne, wird ihr am 19. Februar die erbetene Schutzkarte zugebilligt. Und so ist es in der Tat berechtigt, wenn Bertha Beckmann in den Leipziger Adressbüchern, und zwar im Jahrgang 1844, als erste Leipziger Daguerreotypistin auftritt.

Sie hat diesen Beruf lange und fast bis in die Gegenwart hinein ausgeübt, zuerst (nach dem schon erwähnten kurzen Zwischenspiel in Lehmanns Garten) in dem benachbarten Riedelschen Garten, An der Pleisse 11, später in ihrem Atelier Burgstrasse 8 und zuletzt in der Elsterstrasse. Noch heute ist sie vielen älteren Leipzigern eine wohlbekannte Gestalt. Photographien aus ihrer Werkstatt haben sich in großer Zahl, aber auch nicht wenige beglaubigte Daguerreotypien von ihrer Arbeit haben sich erhalten, und durch die Liebenswürdigkeit von Herrn Stadtrat Sander, der mir Proben aus seiner reichen Sammlung zur Verfügung stellte, bin ich in der Lage, einzelnes davon heute Abend in einer kleinen Gruppe zu zeigen. Auch Bildnisse der Beckmann selbst, die, eine wohlgebildete stattliche Erscheinung, auch mehrfach von Künstlerhand festgehalten wurde, sowie ihrer Atelierräume kann ich zur Ausstellung bringen. Dass sich übrigens Eduard Wehnert und Bertha Beckmann nach einigen Jahren für immer zusammenfinden, um nun gemeinsam für Daguerreotypie und Photographie zu leben, erscheint fast romanhaft geeignet, diesen ersten Abschnitt der Frühgeschichte der Leipziger Photographic abzuschließen."

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