Rocket Internet Aktie schmiert ab nach Abwertung der Global Fashion Group (GFG)

Was wird aus Rocket Internet? Immerhin hängen an der deutschen Vorzeige-Internetschmiede über 10.000 Jobs. Doch die Aktie bricht dramatisch ein.

Rocket Internet kämpft mit den Aktienmärkten.

Als Gründe werden Zweifel einiger Anleger am dauerhaften Erfolg so mancher Rocket-Beteiligung gesehen. Dass einige Rocket Internet SE-Projekte Verlust machen, ist bekannt (Analyse netz-trends.de vom vergangenen Jahr). Doch scheinen einige Anleger nun kalte Füße zu bekommen. Dabei sind Verluste im immer noch relativ jungen Geschäftsfeld „Internet“ keine Seltenheit.

Doch gilt hier relativ einfach die Formel: Verluste in Internetunternehmen halten Anleger dann für vertretbar, wenn die Marktstellung der Projekte derzeit oder in Zukunft eine solche Segment-Durchdringung versprechen, dass eine gewisse marktbeherrschende Stellung erreicht werden kann. Als Beispiele werden Internet-Giganten wie Amazon oder Facebook angeführt, mit Abstand auch Zalando. Auch im Online-Reisegeschäft sind Verluste, die gefahren werden, um Mitbewerber zu verdrängen, keine Seltenheit.

Dieses Mal besonders schwer wiegt bei Rocket Internet aber, dass ausgerechnet ein Analyst der Bank of America Merrill Lynch ein nicht optimales Zeugnis ausgestellt haben soll. Ausgerechnet jene Bank, die den Börsengang von Rocket im Oktober 2014 unterstützt hatte. Im Gespräch ist, ein Analyst der Bank habe Rocket jetzt als „Underperformer“ titulierte. Hinzu kommt: Ein Rocket-Großinvestor hat seine Beteiligung am Modegeschäft von Rocket fast um die Hälfte im Wert bereinigt.

Noch am Mittwoch den 27. April hatte der Kurs der Berliner Rocket Internet SE relativ stabil bei 28 Euro gelegen. Also im Schnitt auf einem Niveau, das sich mit leichten Aufs- und Abs seit September 2015 behaupten konnte. Am Donnerstag nun liegt der Rocket Internet Aktienkurs gerade noch bei um die 19 bis 21 Euro.

Allerdings hatte es schon einmal im Januar 2016 einen ähnlichen Absturz wie jetzt gegeben - auf 18 bis 19 Euro. Seither hatte sich die Rocket Aktie wieder deutlich erholt. Im Laufe des Mittwochs schmierte die Rocket Aktie dann ab und knallte am roten Donnerstag, also heute, weiter nach unten.

Es mehren sich offensichtlich die Zweifel und auch Ängste bei einigen wichtigen Anlegern, dass das Tal der Tränen bei Rocket möglicherweise nicht hinter einem liegen könnte, sondern noch vor einem.

Allerdings sollte man die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Und der heißt bei Rocket Internet immer noch Oliver Samwer, das Gründer-Genie. Bislang war der Mann immer wieder für Überraschungen gut. Und das waren meist Überraschungspakete, denen Investoren mit Dutzenden oder gar Hunderten Millionen Euro entsprungen sind. Was stets gut für den Aktienkurs war. Und das Selbstbewusstsein der anderen Anleger.

Deshalb sollte man Rocket Internet bei weitem noch nicht abschreiben. Immerhin liegt die Marktkapitalisierung bei derzeit 3,80 Mrd. Euro. Man kann die Internet-Unternehmen in Deutschland abzählen, für die auch nur ansatzweise jemals im Markt Milliarden-Bewertungen kursierten. Dazu gehört die Immobilienscout24-Gruppe, aber auch Unister aus Leipzig.

Nerven behalten

Keine Frage: Rocket-Aktionäre sind extreme Schwankungen gewöhnt. Wer nicht gleich die Nerven verliert, ist da klar im Vorteil. Laut MSN Finance habe das 52-Wochen-Tief der Rocket Internet Aktie bei 17,35 Euro gelegen, das Hoch bei 49,20 Euro.

Dass der weitere Weg von Rocket Internet steinig ist, das kann man schon am Namen sich zusammenreimen. Denn der steht nicht nur für Raketen, sondern eben auch für unbequeme steinige Rocket-Wege. So einen Weg scheint auch die viel gelobte Rocket-Beteiligung, die Global Fashion Group (GFG) noch vor sich zu haben. Hier sind weltweite Portale aus dem Modebereich gebündelt, die aber bislang vor allem durch mangelnde Transparenz aufgefallen sind.

Mit was da genau und wie effizient Geld verdient wird, das überblickt man nur schwer. Und wie Schwellenländer für Internet-Geschäftsmodelle nachhaltig sind, das wird sich erst noch zeigen. Wer kein Geld hat, wie bei Bürgern in Schwellenländern an der Tagesordnung, der dürfte auch nicht der große Käufer von Mode sein. Denn bekanntlich kommt zuerst das Fressen und dann die Kleidung. Heißt: Eine Schüssel Reis ist wichtiger als ein neuer Bikini oder Pumps.

Aus welchen Gründen die Buchhalter, Steuerberater und Wirtschaftsberater bei Rocket Internet die GFG auf einen Wert von einer Milliarde zusammengestrichen haben, ist nicht wirklich bekannt. Das Manager Magazin schreibt, wonach die Abwertung letztlich durch den schwedischen Investor Kinnevik in Gang gesetzt worden sei. Dieser habe seine Beteiligung am Dienstag dieser Woche um 38 Prozent nach unten korrigiert und zwar auf nunmehr 275 Millionen Euro. Danach habe auch Rocket nachgezogen und die Modegruppe drastisch im Wert in den Büchern reduziert.

Zur GFG gehören sechs Online-Modeversender, darunter Dafiti in Lateinamerika, Lamoda in Russland oder Zalora in Südostasien oder The Iconic in Australien. Rocket hält an der Gruppe 23 Prozent, Kinnevik ist mit 26 Prozent an der GFG beteiligt.

Wertbereinigung

Im Gespräch ist, dass der Wert der Rocket-Modegruppe um angeblich zwei Drittel letztlich nun über Nacht zusammengebrochen sei. Angeblich hätten aber gleichzeitig mit der Buchbereinigung sowohl Rocket als auch der Rocket-Co-Investor Kinnevik gemeinsam noch einmal 300 Millionen Euro nachgeschossen – eine Kursstüzte offensichtlich.

CEO bei der Global Fashion Group ist Romain Voog. Er beschwor in einem Telefoninterview mit dem wichtigen amerikanischen Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg, wonach man sich immer noch exzellent aufgestellt sehe. Auch sagte er, er sei optimistisch ein profitables Unternehmen aufzubauen.

Den Optimismus derzeit nicht ganz teilen mag Neil Campling, ein Analyst bei Aviate Global LLP. Er sagte gegenüber Bloomberg, man müsse nun sehen, wie es weitergehe. Vor allem künftige Finanzierungsrunden könnten wegen der jetzt durchgezogenen Wertbereinigung schwieriger werden. Immerhin erhält Rocket Internet Rückendeckung durch die Deutsche Bank AG. Sie hält an ihrem „Buy“ fest, da man sicher sei, dass die Profitabilität mit der Zeit komme, schreibt ebenfalls Bloomberg.

Die Global Fashion Group konnte ihre Verkäufe im vergangenen Jahr um 50 Prozent steigern und kommt nun auf einen Retail-Umsatz von 930 Millionen. Nicht bekannt ist dabei allerdings, in welchem Ausmaß beispielsweise die Verkäufe durch gekaufte Anzeigenplätze in Suchmaschinen wie Google, Bing, Baidu, Yandex oder Yahoo angekurbelt wurden und wie nachhaltig die Kundschaft ist.

Für AB Kinnevik, ein großes schwedisches Investment-Unternehmen, wird von MSN Finance eine Marktkapitalisierung von über 70 Milliarden Euro angegeben.

Nach Angaben von MSN Finance seien zudem die wichtigsten Investmentfonds, die "Top institutionelle Besitzer“, bei Rocket Internet die folgenden:

Vanguard International Growth Fund, Scottish Mortgage Inv Tr, DWS Aktien Strategie Deutschland, Janus Overseas Fund, Thornburg International Growth Fund, DWS Deutschland , DWS Investa, Undrly Baillie Giff L/T Glb Gth Pen, Oppenheimer Global Value Fund, AEGON Intl Newton Balanced Managed, OMGB Coronation Glbl Em Mkts (USD), Janus Aspen Overseas Portfolio, Danske Invest Europe Absolute, European Investment Trust (The) PLC und CI Signature Income & Growth.

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