Kommentar Flash Ende: Google zensiert Webseiten mit Display-Anzeigen, die Flash basiert sind

Seit Monaten ist bekannt, dass Google keine Flash basierten Webseiten mag. Jetzt gibt der Suchmaschinen-Monopolist aus den USA bekannt: Schon in Kürze werden keine Anzeigen auf Webseiten mehr von Google ausgeliefert, welche Flash basiert sind, also Adobe Flash nutzen.

Bild: Adobe
Der Adobe Flash Player.

Wie das konkret aussieht, ist noch nicht klar: Zeigt Google dann in seinen Suchergebnissen die komplette Webseite nicht mehr oder nur noch mit deutlich reduzierten Seiten-Impressionen an? Oder unterdrückt Google nach dem etwas nervigen Vorbild des Mozilla Firefox Browsers dann einfach die Anzeigen in seinem Webbrowser Google Chrome? Beides könnte man aber so oder so als Eingriff in die Kommunikationsfreiheit ansehen. Denn auch wenn wir hier noch fragen, so ist die Antwort aus Erfahrung doch klar: Google wird Webseiten schlechter ranken und damit zensieren, die den Google-Wünschen nicht nachkommen.

Denn eigentlich müsste ja der jeweilige Webseiten-Betreiber selbst entscheiden, welche Art von Anzeigen er anzeigen möchte oder nicht. Schon heute ist es ein unerträglicher Eingriff in die Informations- und Pressefreiheit, wenn auf gefühlt bald jeder zweiten Nachrichten-Webseite Mozilla Firefox Display-Anzeigen oder Videos einfach unterdrückt. Dann tauchen plötzlich lauter Löcher auf der Webseite auf. Denn man sollte nicht vergessen:

Auch Werbung ist ein Stück weit Pressefreiheit, basiert sie doch auf der Kommunikationsfreiheit der Wirtschaft, die auch im Sinne des Endverbrauchers ist, der ja über neueste Produkte durchaus informiert werden möchte. Nicht jeder wohl, aber einige eben doch.

Müssen wir uns das also künftig in Google Chrome ähnlich wie bei Mozilla Firefox vorstellen? Lückenhaft ausgelieferte Webseiten also? Jedenfalls schreiben weltweit Tausende Webseiten ganz brav und unkritisch, auch überwiegend klaglos unkommentiert, wonach „ab dem 30. Juni… Google stoppt, Display Anzeigen, die in Adobe Flash basiert sind, anzuzeigen“ (O-Ton eweek.com). Mit Beginn des Jahres 2017 sei das Aus für falshbasierte Werbespots im Internet oder Display-Anzeigen, das sind die Anzeigen mit Bildern, von Google nun besiegelt. Ab dann gilt nach dem Wunsch von Google nur noch der HTML5-Standard.

Nach bisherigem Kenntnisstand werden Anzeigen in einem älteren Format nicht mehr im Rahmen des Online-Werbe-Systems Google AdWords (Googles finanzielle Cashcow) sowie über seine Tochter DoubleClick Digital Marketing ausgeliefert.

Da Google Adwords faktisch weltweit auf Millionen Webseiten läuft - so auch auf netz-trends.de - wird der Hebel von Google sehr schnell Wirkung zeigen. Immerhin setzt Google geschätzt weltweit gut 30 bis 40 Milliarden Euro nur mit Adwords-Anzeigen um. Pro Klick auf eine solche Anzeigen - das könnte mal eine Mediamarkt-Anzeige sein, dann wieder eine BMW-Anzeige oder eine Ryanair-Anzeige - erhält der Webseiten-Betreiber im Schnitt 50% und Google im Schnitt 50%.

Dass Google mit diesem zweifelsfrei genialen Werbesystem Dutzende Milliarden Euro Umsatz im Jahr macht, bei einer geschätzten Rendite von 50% vor Investitionen, liegt einfach an der schieren Marktmacht von Google.

Google argumentiert das Ende des Flash damit, wonach man einerseits nicht auf eine veraltete Technik setzen wolle, sondern das Internet möglichst einheitlich modern nach vorne bringen wolle, was auch im Nutzerinteresse sei. Deshalb wolle man jetzt nur noch zu 100% HTML5. Vor allem ermögliche HTML5, dass über Geräte hinweg die Performance von Webseiten und Werbung deutlich besser sei. Auch seien Betrugsfallen über Werbung, ein seit Jahren unschönes Problem beim E-Commerce, deutlich besser in den Griff zu bekommen.

Außerdem gibt es, da hat Google Recht, seit Jahren auch aus der Technikszene von Entwicklern immer wieder Aufrufe, Flash zu beenden, da es fehleranfällig sei („buggy“). Hinzu kommt: Sicherheitsforscher wollen in den vergangenen Jahren immer wieder kritische Sicherheitslücken in Flash gefunden haben.

Weltweit einmalig in der Wirtschaftsgeschichte

All das klingt grundsätzlich positiv. Dennoch: Es fällt nach wie vor schwer, ein solches radikales Vorgehen eines solchen Riesen wie Google zu bewerten. Fakt ist: Es ist in der Wirtschaftsgeschichte einmalig, dass ein privates Unternehmen weltweit Millionen von Unternehmen die technischen Konditionen diktieren kann, über welche sie Werbung schalten können, um damit Umsatz und Gewinn generieren können, beziehungsweise Arbeitsplätze schaffen und den Staaten zu Steuereinnahmen verhelfen.

Eigentlich sollte eine solche Macht in staatlichen Händen liegen. Sie liegt aber in den Händen von Google.

In Deutschland legt beispielsweise der Staat fest, ab welchem Zeitpunkt Fernsehen nicht mehr analog, sondern nur noch digital ausgestrahlt wird. Das legen weder RTL fest, noch Pro7 noch ARD oder ZDF. Zumindest gibt es im Vorfeld über Jahre unzählige Beratungen unter Involvierung der betroffenen Rundfunkanstalten, von Wirtschaftsverbänden, aber auch Universitäten, ehe ein Gesetzesvorschlag in ein Gesetz und eine klare Vorgabe gepackt wird.

Nicht so bei Google: Der Megakonzern aus den USA, welcher kürzlich sogar Apple als wertvollstes Unternehmen der Welt ablöste, setzt nicht groß auf Dialog, sondern Vorgaben.

Auch dafür gibt es natürlich ein Für und Wider. Google ist supranational aufgestellt. Ob Google Vietnam oder Google Deutschland, ob Google Südafrika oder Google Saudi-Arabien. Es gibt kaum Länder, in welchen Google nicht eine führende, oftmals eine Monopolstellung im Internet hat.

Wollte Google nun mit allen Wirtschaftsverbänden, betroffenen Unternehmen und den wichtigsten technischen Universitäten über die Fristsetzung bezüglich der Umsetzung neuester Techniken diskutieren, müsste Google eine Art digitale UNO-Zentrale eröffnen. Dort müsste dann in mehreren Vollversammlungen diskutiert werden.

Man sollte nicht sagen, dass das nicht möglich wäre, aber derzeit gibt es auf Seiten von Google, welches wiederum die wichtigste Tochter der Börsen-Holding Alphabet darstellt, keinerlei Anstalten in diese Richtung.

Fakt ist derzeit vielmehr: Zum 2. Januar 2017 möchte Google das Internet weitgehend auf HTML5 umgesetzt haben. Spätestens dann endet die Frist für alle älteren Technik-Formate. Wer bis dahin sein System nicht umgestellt hat, wird dieses sehr schnell auf seinem Bankkonto und den Zugriffsraten spüren.

Immerhin bietet Google einen Validierungsdienst an, über welchen Werbekunden prüfen können, ob ihre Anzeigen den Anforderungen für HTML5-Anzeigen gerecht werden. Dafür stellt Google bereits seit 2014 ein Designer-Authoring-Tool zur Verfügung.

Von dem Flash-Stopp getrieben ist der amerikanische Hersteller Adobe. Auch er schwenkte nun zwangsläufig auf die Google-Sichtweise um und sagte, man sei bereits dabei, dafür zu sorgen, dass Rich Media-Inhalte in Web-Browsern dem HTML5-Standard gerecht würden. Heißt: Auch Adobe wolle also künftig gezwungenermaßen Video- oder andere Multimedia-Inhalte nicht mehr flash-basiert anzeigen, sondern über HTML5.

Welches Ausmaß Flash weltweit immer noch hat, lässt sich daran ablesen, dass in Mozilla Firefox schon heute gefühlt Tausende Webseiten nur noch lückenhaft angezeigt werden. Grund: Auch Mozilla Firefox unterdrückt einfach und ungebeten auf Webseiten bestimmte Techniken. Erst wenn der Nutzer aktiv ein Plug-In aktiviert, werden diese wieder dargestellt. Das betrifft meist Anzeigen und Videos.

Auch ein solches Vorgehen des Mozilla Firefox Browsers könnte man und muss man als kritisch zu bewertenden Eingriff in die Kommunikationsfreiheit ansehen.

Doch auch hier entgegnet dem Mozilla, man wolle das Internet möglichst weltweit über einheitliche Standards voranbringen. Im Gegensatz zu Google gibt es bei Mozilla wenigstens weltweit regelmäßigen Austausch von Entwicklern auf den Mozilla-Entwicklerkonferenzen. Das gibt es zwar ähnlich auch bei Google - wenn nicht weltweit, sondern vor allem in den USA. Aber: Diese Veranstaltungen setzten weniger auf Dialog. Vielmehr nutzt Google das, um der Entwicklerszene und den Medien mitzuteilen, in welche Richtung sich die Google-Erde künftig dreht. Die Schäfchen kommen also dorthin, um ihrem Gott zu lauschen und die neuesten Gesetze Abrahams entgegenzunehmen.

Ändern lässt sich an diesem nicht-demokratischen Vorgehen Googles zumindest derzeit nicht viel. Wenn überhaupt, wäre die Politik gefragt.

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