Wucher Traunstein: Polizei ermittelt gegen Schlüsseldienst wegen 400-Euro-Rechnung

Deutschland wird von einigen Schlüsseldienst-Gangstern überzogen, die mit Tausenden Telefonnummern Verbraucher in die Falle locken. Nun ermittelt auch die Polizei im bayerischen Traunstein wegen des Verdachts des Wucher gegen einen Schlüsseldienst.

Bild: pixabay.com | CC0 Public Domain
Sogenannte angeblich Schlüsseldienst-Notzentralen führen oft zu Abzock-Hotlines.

Der Schlüsseldienst hatte einem Traunsteiner Bürger rund 400 Euro für eine schlichte Türöffnung aus der Tasche ziehen wollen. Dies berichtet jetzt das Traunsteiner Tagblatt. Demnach habe der Schlüsseldienst-Monteur 414,12 Euro für eine Türöffnung gefordert. Nach dem Zeitungsbericht meldete sich ein weiters Opfer bei der Polizeiinspektion Traunstein und erstattete Anzeige gegen den Schlüsseldienst.

Im Falle der 400-Euro-Rechnung lag ein klassischer Fall des Ausgesperrtsein vor: So sei Mitte Dezember an einem Sonntagnachmittag die Haustüre bei dem Abzock-Opfer zugefallen. Deshalb hätten die Betroffenen im Internet einen Schlüsseldienst gesucht (Redaktionelle Anmerkung: wahrscheinlich bei Google). Dort seien die Betroffenen dann möglicherweise auf eine Google-Anzeige eines Schlüsseldienstes gestoßen und hätten den Auftrag zur Türöffnung über eine regionale Telefonnummer an einen scheinbar regional verankerten Anbieter vergeben.

Doch, wie so oft im Falle der deutschen Schlüsseldienst-Mafia, die unter anderem von einem Schlüsseldienst-Netzwerk aus Regensburg sowie Düsseldorf gesteuert wird, wie eine Studie vor einigen Jahren zeigte, sei die 29-Jährige Hausfrau nur vermeintlich bei einem lokalen Anbieter gelandet. Denn letztlich ging ihr Anruf in einer der klassischen Schlüsseldienst-Abzockzentralen ein.

Solche Zentralen schalten in Deutschland häufig zur besseren Tarnung Tausende lokale Telefonnummern, die aber letztlich in einigen wenigen Callcentern auflaufen, über welche die Aufträge an selbstständige kleine Subunternehmer - oft zuvor arbeitslose Einzelpersonen - vergeben werden. Der Begriff "Schlüsseldienst" ist in Deutschland nicht geschützt und letztlich darf sich jeder, auch jeder unseriöse Anbieter so nennen - ein Manko im deutschen Verbraucherschutz bis heute, obgleich das seit Jahren bekannt ist.

Obwohl die Türe im Falle des Traunsteiner Opfers - einer 29-Jährigen Hausfrau - bereits nach 10 Sekunden durch den Schlüsseldienst geöffnet worden war, berechnete der Schlüsseldienst ihr anschließend 45 Minuten Arbeitszeit, was die übliche Hin- und Rückfahrt wohl beinhaltete. Für diese Arbeitszeit berechnete der Schlüsseldienst den Wucherbetrag in Höhe von 159 Euro. Zusätzlich berechnete er einen Wochenendaufschlag von 100%, also nochmals 159 Euro. Doch: Üblich ist bei Handwerkern ein Wochenendaufschlag laut Handwerkerkammern von rund 25%.

Die Polizei Traunstein teilte mit, wonach sich die anschließende Suche nach dem Schlüsseldienst-Monteur als sehr aufwendig erwiesen habe. Denn die angebliche Traunsteiner Telefonnummer war letztlich in einer der beliebten angeblichen "Notdienst-Zentralen" der Schlüsseldienste aufgelaufen, die aber letztlich keinen offiziellen Charakter haben und deshalb vom Namen her etwas in die Irre führen. Doch damit nicht genug: Das angebliche Gewerbe des Schlüsseldienstes habe gar nicht bestanden, stattdessen fand die Polizei einen Schlüsseldienst-Call-Center in Baden-Württemberg.

Die Ermittlungen gegen den Schlüsseldienst-Anbieter von Traunstein laufen jetzt wegen Wucher weiter. Gleichzeitig empfiehlt die Polizei, sich in einer ruhigen Minute für den Notfall einen seriösen Schlüsseldienst zu suchen, beispielsweise eine seriöse Schlosserei in der Kommune. Diese Nummer solle man dann in seinem Handy speichern, um im Bedarfszahl ruhig darauf zurückgreifen zu können.

Dies verhindere böse Abzock-Überraschungen. In besonders schlimmen Fällen der Schlüsseldienst-Abzocke sind bereits Beträge von über 600 Euro aufgerufen worden. In einem Fall - in Augsburg - war vor wenigen Jahren ein solcher Schlüsseldienst-Anbieter von einem Richter des Wuchers verurteilt worden.

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