Eine deutsche Kundin ist stinksauer auf den Ableger des chinesischen Onlinekaufhauses, Alibaba, auf AliExpress. Grund: AliExpress schrieb in fetter großer Schlagzeilen-Schrift den Inhalt des Paketes neben ihren Namen: Ein Dildo, umschrieben als Anal Plug. Zudem stand direkt im Adressfeld ihre private Telefonnummer, die sie in naivem Glauben angegeben hatte, als sie diverse Sexspielzeug-Artikel für ihren Freund und sich bestellt hatte. Netz-trends.de schilderte sie den Fall.
Im weltweiten Online-Marketing aggressiv ist zunehmend der Onlineshop AliExpress, der sein Geschäft auch damit macht, dass zahlreiche andere Shops die Produkte in Google-Anzeigen bewerben und auf AliExpress weiterleiten.
Aggressiv ist zudem das SEO von AliExpress, was für "Suchmaschinenoptimierung" steht. Gibt man zum Beispiel „AliExpress p“ in einer Suchmaschine wie Google ein, liefert AliExpress über Google Dutzende Treffer, die irgendwie passen könnten und ein „p“ dabei haben:
„Kaufen Sie dosen presse!“, „Kaufen Sie Pressen mit kostenlosem Versand auf aliexpress“, „Entdecken Sie eine große Auswahl der besten hydraulische presse auf AliExpress, um etwas Passendes für Sie zu finden! Neben Qualitätsmarken finden Sie ...“ oder „Kaufen Sie pellet presse mit kostenlosem ... – AliExpress… Sie suchen ein gutes Angebot für pellet presse? Entdecken Sie eine große Auswahl der besten pellet presse auf AliExpress, um etwas Passendes für Sie zu finden…" etc. etc.
AliExpress ist ein Ableger des weltberühmten Amazon-Verschnitts Alibaba von Chinas Milliardär Jack Ma. Dessen Vorname sollte einem allerdings etwas komisch vorkommen.
Denn „Jack“ ist offensichtlich kein chinesischer Name, sondern einer von Chinas Erzfeind, den USA. Nicht auzuschließen, dass vielleicht „Jack Ma“ irgendwann im Laufe seiner Reise mal seinen Namen geändert hat. Aus welchem Grund auch immer.
Jedenfalls findet sich ein "Jack" unter den 80 beliebtesten chinesischen Vornamen nicht in Rankings entsprechender einschlägiger Portale. Beispielsweise findet Netz-trends.de auf baby-vornamen.de für das selbsternannte "Land der Mitte" Namen wie Lian, Mian, Maik (nicht: Mike!) ,Tian, Lee, Akuma, Thien oder Zuko aber kein Jack.
Jack Mas AliExpress expandiert im Internet, wie Corona auf der Welt. In Deutschland, der Schweiz oder Österreich bestellen immer mehr Bürger billige Produkte auf AliExpress. Vor allem bei Billigprodukten punktet die Plattform.
Die Plattform macht es Amazon nach: Oft ein guter E-Mail-Service, recht hohe Verlässlichkeit in der Produktlieferung und Schnelligkeit. Alles Bereiche, welche für Waren aus China oft eher nicht zutreffen. Denn bekannt ist, dass Shops aus China nicht selten betrügerische Online-Werbung auf Facebook, Google & Co schalten. Dinge mit Fotos bewerben, die dann in der Realität ganz anders aussehen. Betrug und Lug gehören zum Repertoire vieler Onlineshops aus China.
Von daher hebt sich AliExpress durchaus positiv ab. Einmal auf AliExpress bestellt, hält einen das chinesische Portal ständig auf dem Laufenden: Dass das bestellte Produkt abgeschickt worden sei, auf dem Weg zu einem sei, jetzt im eigenen Land eingetroffen sei und schließlich angekommen sein müsste, lauten die E-Mails im E-Mail Funnel von AliExpress. E-Mail Funnel steht für eine Abfolge von E-Mail-Standardfloskeln, welche Kunden zu und nach einem Bestellvorgang erhalten. Dafür gibt es mittlerweile sogar Vorlagen im Internet.
Funktioniert ein Onlinekauf, können solche Funnels hilfreich sein für den Kunden. Funktioniert die Lieferung nicht wie versprochen, kann es extrem nerven. Gute Kundenbetreuung wird vorgegaukelt und der Kunde fühlt sich verarscht und betrogen.
Beim Kauf auf AliExpress staunte eine Netz-trends-Leserin aus Deutschland nicht schlecht: Sie hatten für sich und ihren Liebhaber ein paar Sexspielzeuge bestellt. In Google war sie auf Google-Displayanzeigen des Anbieters gestoßen zu Dessous. Auf der AliExpress-Plattform im Erotikbereich fand sie weitere Produkte, die passten. Dachte sie.
Darunter einen Dildo, der auf dem Onlineshop von AliExpress hochwertig aussah, glänzend in Szene gesetzt mit einem goldenen Farbschimmer. Entsprechend hochwertig war der Preis: 36 Dollar für einen 15 Zentimeter hohen Dildo. Umgerechnet also rund 30 Euro. Super viel Geld für einen Haushalt in China für so ein Produkt. Und immer noch viel Geld für einen Haushalt auch in Europa.
In der Realität stellte sich der so „golden“ auf AliExpress in Szene gestellte Dildo als billigest hergestelltes ekliges Gummiteil heraus, das in der Herstellung keine 50 Cent gekostet haben dürfte (unser Bild). Bei einem Netz-trends-Test fällt zudem auf: Auf diversen Landing-Pages werden je nach Zielgruppe unterschiedliche Preise für den 15 Zentimeter Gummi-Knauf, der als Dildo verkauft wurde, aufgerufen. Mal höhere, mal niedrigere Preise.
AliExpress bewirbt das eklige angebliche Sexspielzeug Google-optimiert mit vielen Keywords, die natürlich überwiegend als gelogen angesehen werden können: Es sei ein "Super Huge Anal Plug Buttplug Erotic Products For Adults Woman Men Gay Silicone Plugs Big Butt Plug Anal Balls Bdsm Toy".
Wer den AliExpress-Dildo nutzen möchte, sollte aufpassen: Gummi reibt bekanntlich sehr. Wie so etwas in die Vagina oder den After soll, ist unklar. Zumindest braucht man sehr viel Gleitgel. Weichgummi hat obendrein den Nachteil, dass sich dort viele Keime festsetzen können. So führte beispielsweise das Handelsblatt zu Gummi-Spielenten für Kleinkinder aus:
„Doch hinter dem Gummi lauert oft ein üppiger Teppich aus Bakterien und Pilzen. Das Innenleben eines Gummi-Entchens ist oft wenig appetitlich. In vier von fünf benutzten Tieren hat das Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag potenziell krankheitserregende Bakterien nachgewiesen.“
Was die AliExpress-Neukundin aus Deutschland besonders ärgerte, war nicht nur die üble Qualität:
„Als ich das Paket bei der Post abholte, stand in riesigen Lettern auf dem Paket Anal Plug, was wohl für Plugin steht. Daneben mein voller Name als Empfänger und meine komplette private Telefonnummer!“ „Ein unglaublicher Vorgang und ein massiver Verstoß gegen in Europa geltende Datenschutzrichtlinien“, sagt sie.
Die Kundin ärgert das: „Das ist doch wirklich skandalös. Jetzt weiß jeder in der Postfiliale, was ich bestellt habe und obendrein habe ich niemals zugestimmt, dass auf einem öffentlich einsehbaren Adressaufkleber meines bestellten Paketes auch noch meine private Telefonnummer ungeniert publiziert wird neben einem privatesten Begriff wie Anal Plug, das ja wohl unter das deutsche Postgeheimnis fällt. Was wäre, wenn das Paket ein Nachbar angenommen hätte? Oder meine Eltern?“
Netz-trends.de wird AliExpress mit dem Vorgang konfrontieren. Zudem hat mittlerweile die Kundin eine Beschwerde an Ali Express gesendet. Sie hat von dem Angebot des Onlineshops aus China Gebrauch gemacht, einen Disput zum Artikel zu eröffnen.
- Sie hat einerseits die üble Qualität moniert.
- Andererseits hat sie Beschwerde eingereicht, dass Ali Express ihre private Telefonnummer öffentlich auf das Paket geschrieben hat.
- Zudem hat sie sich beschwert, dass in großen Buchstaben "Anal Plug" auf dem Paket stand, was gegen europäisches Postgeheimnis verstößt, auch gegen die Datenschutzrichtlinie. Nun wartet sie auf Antwort. Wir halten euch auf dem laufenden.
Ihre Lehre bislang: Künftig möchte sie Erotiksachen lieber auf bekannten Webshops kaufen wie www.beate-uhse.com zum Beispiel.