Kommentar - In Thailand kann man für unter 30 Euro fast alle möglichen Ausweise dieser Welt bestellen: Vom Lufthansa-Mitarbeiterausweis bis hin zum deutschen Personalausweis. Natürlich gefälscht. Deutschlands digitale Skandalbank N26 passt seit Jahren gut ins Schema von Kriminellen, die die umstrittene Bank nutzen.
In einem Netz-trends.de vorliegenden aktuellen Fall soll ein höchstwahrscheinlich gefälschter deutscher Personalausweis von der N26 Bank für eine Kontoeröffnung akzeptiert worden sein. Dieses Konto wurde wiederum von einem Betrüger für einen 950-Euro-Computerbetrug auf "eBay Kleinanzeigen" genutzt. Einem Portal, das seit Jahren weltweit nicht nur von Hunderten Millionen seriöser Kunden genutzt wird, sondern im Laufe der Jahre ebenso geschätzt von Hunderttausenden kriminellen Verkäufern, für die eBay Kleinanzeigen ein Eldorado ist.
"Ebay Kleinanzeigen" steht nämlich seit Jahren im Ruf, nicht genug gegen kriminelle Verkäufer zu tun. Eine Presseanfrage von Netz-trends.de an eBay Kleinanzeigen zum Thema blieb schriftlich unbeantwortet. Schließlich teilte der zuständige Presse-Mitarbeiter Pierre Du Bois nach Tagen des Abtauchens in einem kurzen Telefonat lediglich mit: Man äußere sich nicht zu "solchen Betrugsfällen" auf eBay-Kleinanzeigen und schon gleich gar nicht gegenüber "solchen Blogs".
Doch der Reihe nach: Ausgangspunkt des Netz-trends vorliegenden Falls war ein Betrugskonto auf N26. Dieses N26 Konto wurde genutzt, um über "eBay Kleinanzeigen" einen Betrug zu begehen. Von vielen wird eBay Kleinanzeigen schlicht "Ebay" genannt, wobei Ebay als Vermittler zwischen Verkäufer und Käufer dient.
eBay Kleinanzeigen lebt wiederum davon, dass man gegen eine Gebühr eine eingestellte Anzeige höher rankt, prominenter eingeblendet wird und damit angeblich die Verkaufschancen erhöht werden. Oft eine sinnlose Finanz-Aktion, da zu viele Bürger glauben über Portale wie eBay schnell verkaufen zu können.
In dem aktuellen eBay-Betrugsfall geht es um einen scheinbar guten Gamer-Computer für 950 Euro. Der Verkäufer sei angeblich bereits seit 10 Jahren auf eBay aktiv - seit 2010. Da fasst man schnell vertrauen. Das verlockende Angebot und die lange Dauer der eBay-Mitgliedschaft des Verkäufers klang für einen Kunden aus dem schwäbischen Lörrach aus der Hochrhein-Bodensee-Region überaus attraktiv. Er schrieb an Netz-trends.de:
"Nachdem wir uns auf den Preis geeinigt haben (950 EUR) schlug der Verkäufer zunächst mehrmals eine Echtzeitüberweisung vor, damit er den Computer direkt am nächsten Tag an mich versenden kann. Als Verwendungszweck schlug er vor: "20201218EKPRIVATLAPTOP".
Am 18.12.2020 habe er die 950 Euro auf das vom eBay Kleinanzeigen-Verkäufer angegebene Bankkonto bei der N26 Bank in Berlin überwiesen. Um sicher zu gehen hatte der Betrogene sich einen längeren Überweisungs-Betreff überlegt: "Ein Kauf von ROG G14 ZEPHYRUS ryzen 7 in Ebay Kleinanzeige Anz. Nr. 1596649249".
Noch am gleichen Tag waren die üppigen 950 Euro vom Konto des eBay-Nutzers abgebucht worden. Den Überweisungsbeleg schickte das eBay-Betrugsopfer "direkt als Screenshot" dem Computer-Verkäufer zu.
Dann habe das vorgespielte Theater des offensichtlich kriminellen eBay-Verkäufers angefangen: Er habe sich zunächst beschwert "dass es keine Echtzeitüberweisung sei und sich somit der Versand verzögert".
Vier Tage später, am 22.12.2020 habe sich der eBay Kleinanzeigen-Verkäufer beim Computer-Käufer beschwert, dass im Verwendungszweck der Überweisung auf das N26 Konto "Ebay Kleinanzeige" geschrieben worden war. Der Käufer habe damit gegen eine Vorgabe des Verkäufers verstoßen, nur den dubiosen Verwendungszweck "20201218EKPRIVATLAPTOP" zu schreiben. Diesen hatte er sich wohl ausgedacht, um bei Ermittlungen der Polizei dann behaupten zu können, die Überweisung habe ja gar nichts mit einem eBay-Verkauf zu tun. Das Opfer schildert Netz-trends.de:
"Er sagte, dadurch käme es bei seiner Bank zu Verzögerungen. Er wollte dann vom Vertrag zurücktreten und das Geld zurückerstatten. Er führte zudem aus, er würde seine Bank anweisen, das Geld auf mein Konto zurück zu buchen. Ich habe mich damit einverstanden erklärt, den Kauf abzubrechen, wenn er das Geld zurück zahlt. Seither vertröstete er mich von Tag zu Tag und beteuerte immer wieder, dass ich das Geld auf jeden Fall zurück erhalte."
Wochen sind nun vergangen. Das Geld bleibt aber verschwunden. Der Computer wurde nie versendet. Im Gegenteil: Noch Tage später war der Computer in eBay Kleinanzeigen als Schnäppchen gelistet (unser Screenshot).
Mittlerweile ist die Polizei eingeschaltet. Der auf eBay betrogene Verbraucher stellte Strafantrag. Der ermittelnde Polizist aus Lörrach teilte dem eBay-Betrugsopfer mit, wonach der deutsche Personalausweis – von Netz-trends hier eingeblendet – "vermutlich gefälscht ist". Auch im Internet findet sich nichts zu dem angeblich 25-jährigen Verkäufer, einem angeblichen André König aus Hamburg .
Der eBay-Betrüger, der durchaus im Ausland sitzen kann, hatte den Personalausweis und angeblichen Kaufbeleg über WhatsApp an das Betrugsopfer geschickt. Wie üblich in solchen Schurkenstücken gehören die in WhatsApp eingeblendeten Telefonnummern meist einem Vorbesitzer, der seine Telefonkarte gegen etwas Geld nichtsahnend verkaufte.
Oft sind die Verkäufer solcher Sim-Karten nichtsahnende Asylanten oder sonstige Personen, die auf Geld angewiesen sind. Das macht die spätere Ermittlungsarbeit so schwierig. Auch in oft von Mailand aus gesteuerten sogenannten "Rip Deals" an Unternehmen oder Privatpersonen werden EU-weit solche Pre Paid Karten gerne verwendet.
Im aktuellen eBay-Betrug stimmt der Fake Name auf dem deutschen Personalausweis mit dem Computer-Verkaufsbeleg überein. Das sollte das Opfer in Sicherheit wiegen. Doch klar ist auch:
Das deutsche Bankkonto war ebenfalls Mittel zum Zweck. Denn Käufer gehen in solchen Fällen davon aus, dass Geld, auf ein deutsches Sepa-Konto überwiesen, im Falle von Betrug zurückgeholt werden kann. N26 stellt sich bislang quer. Der Täter hat das Geld so oder so wahrscheinlich längst abgehoben und ist über alle Berge. Wie vielen Opfern er seinen 950-Euro-Computer über eBay verkaufte, ist unklar. Gut möglich, dass er den Computer mehrmals verkaufte und weit mehr als 950 Euro einnahm.
Dass eBay bei solchen Mehrfachverkäufen nicht ausreichend genug einschreitet, ist seit Jahren ein Skandal. Denn Chats zwischen Kunde und Verkäufer über eBay können durchaus automatisch ausgelesen werden. Bei Verdachtsfällen könnte eBay viel schneller agieren. Das wird zwar immer wieder gemacht, doch offensichtlich nicht oft genug.
Und dass die N26 Bank, nach allem was bislang bekannt ist, scheinbar ein Konto mit einem gefälschten Personalausweis eröffnet, lässt einen stark an Geldwäsche-Geschäfte erinnern. Gegründet wurde die Skandalbank N26 von Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal. Einige wundern sich, dass die beiden bislang juristisch nicht stärker belangt worden sind.
Wie im Falle von eBay Kleinanzeigen duckte sich auch die N26-Pressestelle, sofern es sie überhaupt gibt, komplett weg. Unsere Anfrage, wie es sein könne, dass N26 mit einem gefälschten deutschen Personalausweis ein Bankkonto eröffnet, wurde scheinbar sofort in den Papierkorb geschoben. Wegducken wie die Mäuse scheint das Motto zu sein. Untersuchen wollte man den Fall offensichtlich nicht näher. Steht ja nicht RTL vor der Türe oder die Süddeutsche Zeitung, scheint man zu meinen.
Heute halten auch namhafte Unternehmen an dem dubiosen Bankhaus Anteile. Darunter sollen Axel Springer sein (kein Wunder, warum das Springer-Portal Businessinsider regelmäßig über N26 schreibt), aber auch Allianz X, Earlybird Venture Capital, Li Ka-Shing Horizon Ventures, Tencent Holding. Selbst PayPal-Mitgründer Peter Thiel soll über sein Unternehmen Valar Ventures Anteile halten, heißt es auf Wikipedia Deutschland, Österreich, Schweiz.
Die Liste der Skandale und Vergehen rund um N26 ist lang. In Wikipedia werden einige genannt, darunter:
"N26 geriet für seine Unternehmenskommunikation in die Kritik, nachdem das Unternehmen über 400 Kunden wegen zu häufiger Bargeld-Abhebungen das Konto gekündigt hatte. Die Funktion N26 Invest wurde von Verbraucherschützern kritisiert, weil die Gebühren bei niedrigen Anlagesummen den Gewinn stark schmälern würden, außerdem seien die Investment-Risiken nicht ausreichend kommuniziert. Mit der Erlangung der eigenen Banklizenz und der damit verbundenen Umstellung aller Bankkonten kam erneut Kritik auf. Kunden berichteten von Problemen bei der Zusendung neuer Bankkarten, fehlgeschlagenen Überweisungen und schwer zu erreichendem Kundensupport."
Außerdem schreibt Wikipedia: "Für weiteres Aufsehen sorgte der Vortrag des Sicherheitsforschers Vincent Haupert auf dem 33C3 in Hamburg, in dem er erklärte, wie es mithilfe von Schwachstellen in der N26-Programmierschnittstelle sowie einem zu freigiebigen Kundensupport möglich war, Daten über andere Kunden zu erhalten und Geld ohne Wissen des Kontoinhabers zu überweisen. N26 reagierte darauf mit der Behebung der Schwachstellen und der Einrichtung eines Bug-Bounty-Programms."
Das Manager Magazin schlagzeilte wiederum im Frühjahr 2020: "N26 hat Probleme wegen neuer Betrugsmasche: Die Berliner Digitalbank hat erneut Probleme mit Kriminellen. Wieder einmal werden die Konten für Betrugsgeschäfte im Internet eingesetzt."
Die Wiener Kronen-Zeitung schreibt zudem am 27. Januar 2021 in ihrem Onlineauftritt: "Finanzaufsicht nimmt Online-Bank N26 an die Leine". Gemeint ist die Bonner BaFin, die schon im Wirecard-Skandal eine schlechte Rolle einnahm und wohl Sorge hat, mittelfristig auch in einen N26-Sumpf gezogen zu werden.
Wikipedia beziffert den Umsatz von N26 auf überschaubare 48 Millionen Euro im Jahr 2018. Dass die Bank auf eine angebliche Bewertung von über 3 Milliarden Euro kommen will, wie aus Kreisen von N26 gerne gestreut wird, wirkt angesichts solcher kursierenden Zahlen eher fragwürdig.
Im Gegensatz zu eBay scheint Betrug auf dem Kleinanzeigenportal "Ricardo" schwieriger zu sein: "Ich wollte dort meine Küchenzeile verkaufen, hatte eine falsche Adresse angegeben, da ich nicht wollte, dass die sofort meine ganze Adresse haben und kurz darauf wurde wegen angeblicher Unklarheiten bezüglich meiner Adresse mein Konto gesperrt", sagt ein Verbraucher.
Seine Vermutung: "Zumindest in der Schweiz scheinen die persönliche Angaben mit zentralen staatlichen Registern abgeglichen zu werden. Betrug ist so erheblich schwieriger." Am Ende sei er froh, dass ein Kleinanzeigenportal so stark versuche, Betrug zu verhindern.
Doch was schert es eBay Kleinanzeigen? Lebt man doch noch immer vom Nimbus alter Größe, wo Ebay neben Yahoo im Internet kaum einholbare Größen waren. Außerdem klingelt ja das Geld: Erst vor einigen Monaten machte die Nachricht die Runde das Kleinanzeigengeschäft des U.S. Konzerns eBay sei für rund neun Milliarden Euro an ein Unternehmen in Norwegen verkauft worden.
Am Mittwoch teilte eBay mit, schreibt Netzwelt.de, wonach künftig Zahlungen zwischen privatem Käufer und privatem Verkäufer nur noch über ein eBay-Zwischenkonto abgewickelt werden sollen. Erst nach zwei Tagen erhalte der Vekräufer dann direkt von eBay das Geld. Ob es hilft Betrug auf eBay-Kleinanzeigen einzudämmen, bleibt abzuwarten. Denn im Falle von PayPal und seinem angeblichen "PayPal Käuferschutz" hören wir immer öfters, dass PayPal den angeblichen Käuferschutz Opfern oft nicht gewehrt.
Weitere Hintergründe zum 950 Euro eBay Computer-Verkaufsbetrug:
- Geschädigter: F. A., 29 Jahre, indonesischer Staatsbürger mit Aufenthaltstitel, Bachelor Maschinenbau FH Frankfurt (2018), Lörrach.
- Verkäufer: Laut wahrscheinlich gefälschtem Personalausweis: "André König", Bremerstr. 25, 21073 Hamburg. Unsere Recherche hat bislang ergeben, dass in jenem besagten Haus kein "André König" ausfindig gemacht werden konnte.
- Zwar war in Whatsapp eine deutsche Nummer angegeben, sie war aber nicht anrufbar. Das heißt: Die reale Telefonnummer war anders, als die in WhatsApp angegebene.
- IBAN des Verkäufers: DE1010011001262766xyz (N26 Bank, Berlin).
- Artikel-ID bei ebay Kleinanzeigen lautete: 1596649249.
Link zur ebay-Kleinanzeige (mittlerweile deaktiviert): https://www.ebay-kleinanzeigen.de/s-anzeige/asus-rog-zephyrus-g14-ryzen-7-laptop/1596649249-278-16428?utm_source=sharesheet&utm_medium=social&utm_campaign=socialbuttons&utm_content=app_android.
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