Amazon versteuert Verluste erstmals in Deutschland?

Das berichteten mehrere deutsche Medien - darunter JOACHIM JAHN in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Allerdings ist die plötzliche Kehrtwende von Amazon wohl nicht ganz durchsichtig und man könnte es auch als plumpen Versuch ansehen, einer EU-weiten Regelung gegenüber US-Steuerdrückebergern zu verhindern.

Amazon ändert seine Steuerpolitik. Viele fragen sich: Wirklich?

Das weltgrößte Online-Shoppinghaus Amazon will angeblich seine Verluste - von Gewinnen redet in den vergangenen 20 Jahren bei Amazon kaum jemand - künftig in Deutschland versteuern.

Denn ob Google, Apple, Microsoft oder eben Amazon: die Unternehmen sind Meister darin, mit Hilfe von Steuerfachkanzleien und Unternehmensberatungen möglichst hohe Umsätze oder Gewinne in den 28 Ländern der Europäischen Union (EU) zu erzielen. Gleichzeitig möchten sie hier aber möglichst keine Steuern bezahlen und überweisen die verdienten Milliarden gerne direkt in die USA. Das heißt: Die 500 Millionen EU-Bürger sollen zwar für US-Produkte bezahlen, aber eine Rückkoppelung der Finanzströme gibt es kaum.

Dabei kann längst nicht mehr von Peanuts gesprochen werden. Denn alleine Google erwirtschaftete im vergangenen Jahr Gewinne von über 13 Milliarden US-Dollar. Nach Schätzungen bezahlen Unternehmen wie Google in Deutschland, Frankreich, Spanien oder Italien nur wenige Millionen Euro Steuern pro Jahr.

Auch wenn man die Bedeutung der EU für die USA gerne von amerikanischer Seite eher klein redet: Die EU ist keinesfalls irgendein Markt unter vielen für Google, Apple, Amazon oder Microsoft, sondern der wichtigste überhaupt - wichtiger sogar als die USA selber. Nicht umsonst ist ein Großteil der weltweit über 70 Google-Standorte in Europa, konkret auf dem Gebiet der EU, angesiedelt.

Ergaunertes Steuer-Geld geht in die USA

Das durch Steuerschlupflöcher ergaunerte Geld investieren die Digital-Dickschiffe um deutschen, britischen oder französischen Konkurrenten seit Jahren Marktanteile in zahlreichen Geschäftsbereichen abzuknöpfen oder Konkurrenz erst gar nicht hoch kommen zu lassen.

Amazon verfolgt seit seiner Gründung im Jahr 1995 die Strategie, zu wachsen und Konkurrenten durch Billig-Angebote, welche oftmals nicht kostendeckend sind, vom E-Commerce möglichst fern zu halten. Deshalb könnte man die Aussage, wonach Amazon nun plötzlich angeblich in Deutschland seine "Gewinne" versteuere, als plumpe PR-Nuss umschreiben. Denn Null und Null gibt nicht Plus.

Jedenfalls lässt sich einem Artikel der Süddeutsche Zeitung (SZ) aus München entnehmen, wonach Amazon seine Verluste und Gewinne seit 1. Mai angeblich in Deutschland versteuern wolle und nicht mehr primär in Luxemburg, der flächenmäßig kleinsten Steueroase der EU. Ein Amazon-Sprecher wird dabei mit folgenden Worten zitiert: "Wir überprüfen regelmäßig unsere Firmenstrukturen, um sicherzustellen, dass wir unsere Kunden bestmöglich bedienen können".

EU prüft - nur wie lange noch?

In Prüfungen übt sich derzeit auch die EU. So lässt sich die EU-Regierung, welche gerne zurückhaltend als "EU-Kommission" umschrieben wird, umfangreich erklären, ob diverse Steuer-Vereinbarungen großer Unternehmen mit einzelnen EU-Ländern wettbewerbsverzerrend sein könnten, was wohl schon heute mit ja beantwortet werden kann. Jedenfalls hatte schon Anfang Januar 2015 BASTIAN BRINKMANN in der Süddeutschen Zeitung geschrieben:

"Die EU ermittelt, ob Luxemburg Amazon unfaire Steuervorteile gewährt hat. In einem vorläufigen Urteil kommt die Europäische Kommission zu dem Schluss: Das Modell ist illegal."

In der Kritik und im Fokus stehen derzeit besonders die amerikanische Kaffeehaus-Kette Starbucks, welche einen Steuerdeal mit den Niederlanden hat. Amazons zieht seit Monaten Unmut auf sich auf Grund seines dicken Steuerdeals mit Luxemburg. Google und Microsoft sorgen auch bei deutschen Unternehmen seit Jahren für Zornesfalten, da sie über einen riesigen Steuerdeal mit Irland das Fett abschöpfen und der EU nur das Wasser überlassen.

Am ehesten Verständnis für einen Steuerspar-Deal mit Luxemburg erlangt derzeit der italienische Automobilkonzern Fiat. Grund: Fiat stand die vergangenen Jahre immer mal wieder finanziell am Abgrund.

In welchem Ausmaß amerikanische Superkonzerne Steuern in der EU umgehen, zeigte kürzlich eine Untersuchung in Großbritannien. Dort ließ das Wirtschaftsministerium untersuchen, wie hoch die Steuern sind, welche Google auf seine geschätzten über 5 Milliarden US-Dollar Umsatz und hohen Gewinne in Großbritannien bezahlt. Das Ergebnis war vernichtend: Fast gar keine. Dies hatte selbst im sonst US-nahen Großbritannien für eine Welle politischer Empörung gesorgt.

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