US-Portal Twitter von Staatsanwaltschaft Türkei abgeschaltet nachdem illegale Inhalte nicht gelöscht wurden

Konkret heißt es, sei das amerikanische Social-Media-Portal Twitter in der Nacht zum Freitag in der Türkei geschlossen, also blockiert worden. Ein Zugriff scheint also in der Türkei auf Twitter nicht mehr ohne weiteres möglich zu sein. Wie lange Twitter in der Türkei geschlossen sein wird, ist nicht klar.

Screenshot: todayszaman.com
Vor allem englischsprachige Medien berichten ausführlich über die Twitter-Sperrung in der Türkei - häufig auch ironisch. Hier ein Bericht mit einer satirischen Grafik des englischsprachigen aber türkischen Portals todayszaman.com

Das US-Portal Twitter wurde nun von der Generalstaatsanwaltschaft in Istanbul auf Antrag der Regierung der Türkei abgeschaltet. Dem war eine Weigerung des US-Portals Twitter vorausgegangen, illegale Telefonmitschnitte mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan offline zu nehmen und eine Verlinkung dieser Inhalte zu unterbinden.

"Es zeigt aber auch, dass US-Portale wie Twitter einen gefährlichen Weg einschlagen, indem sie Gerichtsentscheide anderer Länder ignorieren", erklärte ein Social-Media-Fachmann gegenüber Netz-Trends.de.

Der Abschaltung von Twitter in der Türkei durch die türkische Generalstaatsanwaltschaft in Istanbaul war eine offizielle Anzeige des Präsidial-Amtes der Türkei vorausgegangen, sowie weitere Geschichtsentscheidungen gegen Twitter. Allerdings hatte diese die amerikanische Social Media-Plattform "in typisch arroganter amerikanischer Art ignoriert hat", heißt es aus den Reihen der türkischen Regierung.

Gegen die Entscheidung der türkischen Gerichte, Twitter in der Türkei vorerst endgültig abzuschalten, regt sich auf Seiten der türkischen Twitter-Fans Widerstand. "Tausende Menschen aus sozialen Netzwerken" würden nun angeblich versuchen, gegen die Gerichtsentscheidung vorzugehen, schreibt zum Beispiel die türkische Zeitung Milliyet.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte auf einer Kundgebung in Bursa, dass der jetzige oberste Gerichtsentscheid zeige, "wie stark die Türkei ist". Außerdem könne die Türkei "sehr gut auch ohne dieses Zeug leben". Konkret scheint das türkische Gericht derzeit die Startseite von Twitter blockiert zu haben. Die Rede ist von einer TIB-Schutzmaßnahme. Darunter ist eine Maßnahme der Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft der TIP zu verstehen.

Angeblich habe Erdogan zudem gesagt, schreibt Milliyet, wonach "wir Twitter ausrotten" werden. "Was die internationale Gemeinschaft jetzt sagt, interessiert mich alles nicht". Weiter soll er gesagt haben: "Mir geht es um die Sicherheit meines Landes." Außerdem sehe er rund um den Twitter-Fall auch eine "internationale Verschwörung in der Wirtschaft". Er, Erdogan, akzeptiere keinen "Staat im Staat, keine parallele Struktur".

Bereits seit Anfang Februar 2014 hatten sich diverse Gerichte mit der nach türkischem Recht illegalen Verbreitung angeblicher Telefonmitschnitte des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan auseinandergesetzt, welche vor einigen Wochen plötzlich im Internet aufgetaucht waren. Darin ging es um eine Korruptionsaffäre, in welche hohe Mitglieder der türkischen Regierung verwickelt sein sollen. Bis heute steht die US-Stasibehörde NSA im Verdacht, hier ihre Finger im Spiel gehabt zu haben.

Derweil bat die US-Regierung um Stellungnahme gegenüber der türkischen Regierung. So äußerte sich ein Sprecher des US-Außenministeriums, er bitte um Stellungnahme der Türkei, warum man das US-Portal Twitter in der Türkei abgeschaltet habe. Weiter nutzte die US-Regierung ihre übliche Floskel, der "großen Besorgnis" über die Vorgänge in der Türkei.

Die US-Regierung bezweifelt zudem indirekt die Unabhängigkeit des türkischen Gerichts an und sagte, man sehe "auch in der Türkei freie und unabhängige Medien für eine Demokratie" unabdingbar. Zudem sei "eine offene Gesellschaft ein wesentliches Element der Transparenz und der öffentlichen Rechenschaftspflicht".

Ein türkischer Vertreter der Organisation "Reporter ohne Grenzen", Halgand Delp, erklärte zudem, wonach "diese neueste Entwicklung" gefährlich sei "für die Pressefreiheit in der Türkei". Ähnliches ist von Gremien der Europäischen Union zu vernehmen. So sagte Neelie Kroes von der Europäischen Kommission, faktisch eine Art EU-Regierung, sie sehe das "Verbot von Twitter in der Türkei" als "unbegründet" an.

Wie in der EU beliebt, wird ohne Abstimmung in der UNO, auch im Fall der Abschaltung von Twitter in der Türkei, die Aussage bemüht, wonach die "internationalen Gemeinschaft das nun als Zensur ansehe". Dabei scheint die EU immer mehr dazu überzugehen, dass man die "internationale Gemeinschaft" ausschließlich als Spiegelbild der Meinungen der westlichen Staats- und Regierungschefs der EU und der USA ansieht. Meinungen von Regierungen aus Südamerika, Afrika oder Asien werden immer öfters komplett negiert. Denn von dort gibt es bislang überhaupt keine Stellungnahmen bezüglich Twitter in der Türkei. Das Thema spielt dort faktisch keine Rolle.

Aussagen von westlichen Regierungen, wonach der Gerichtsentscheid zur Abschaltung von Twitter in der Türkei eine Zensur darstelle, entgegnete das Presseamt des türkischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan mit den Worten:

"Die aktuelle Situation in der Republik Türkei, welche Auswirkungen auf einige Links haben, welche Bürger nutzen, beruht auf einer Anordnung des Gerichts. Ihre Entscheidungen über die Umsetzung bezüglich der Abschaltung von Twitter ist ohne Frage ein empfindlicher Prozess. Allerdings wird dieser Prozess als Entscheidung des Gerichts in Übereinstimmung mit den Telekommunikations-Gesetzen und dem Willen der Präsidentschaft als notwendige Maßnahme umgesetzt. Dem waren mehrere Versuche und Gerichtsentscheide vorausgegangen, Twitter zum Einlenken zu bewegen und die weitere Verbreitung der gerichtlich untersagten Links zu unterbinden. Fakt ist aber, dass Twitter hier apathisch blieb".

Derzeit heißt es von Seiten Twitters aus der US-Zentrale in San Francisco lediglich, wonach man dabei sei, "die Nachricht, dass die Dienstleistungen in der Türkei blockiert werden" zu untersuchen. Außerdem scheint Twitter weiterhin auf Konfrontation mit der türkischen Justiz und Regierung zu gehen. So ließ Twitter, schreibt die türkische Zeitung Milliyet, mitteilen, wonach Bürger der Türkei nach wie vor über ihr Mobiltelefon einen Tweet mit SMS-Funktionen abgeben könnten.

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