Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) ersetzt 2014 Fernabsatzrecht im Onlinehandel

Am 13. Juni 2014 tritt das neue EU-Recht für den Onlinehandel, die Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) in Kraft. Diese löst das in den vergangenen Jahren geltende Fernabsatzrecht in Deutschland ab. Dieses besteht vor allem aus der "Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht" sowie der "Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz". Ab dem 13. Juni 2014 müssen alle Onlinehändler dem neuen Recht entsprechend ihre Webseiten und AGBs (Allgemeine Geschäftsbedingungen) umgestellt haben.

Foto: netz-trends.de
Wer künftig in Holland Blumen online bestellt, soll die gleichen Rechte und Pflichten haben, wie in Deutschland oder Griechenland.

Zentral in der neuen Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) sind, wie der Name vermuten lässt, die Verbraucherrechte beim Onlineshoppen. Die Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) löst europaweit neben der "Fernabsatzrichtlinie" (97/7/EG aus dem Jahr 1997) auch die "Haustürgeschäfterichtlinie" (85/577/EWG aus dem Jahr 1985) ab.

Die neue VRRL vollzieht das, wofür die Europäische Union, welche ursprünglich Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) hieß, geschaffen worden ist: Nämlich die Harmonisierung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes der nun 27 Mitgliedsländer der EU. Die Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) wird erstmals eine Vollharmonisierung in allen 27 EU-Ländern gesetzlich festschreiben. Besonders für die Wirtschaft stellt dieses einen enormen Fortschritt dar.

Gerade Onlineunternehmen die innerhalb der EU expandieren, sehen sich bislang immer noch einer Vielzahl unterschiedlichster Rechte ausgesetzt. Das ist aufwendig, erschwert eine Expansion und ist teuer. Faktisch müssen Unternehmen in jedem Land teure Anwälte mit der Erstellung unterschiedlichster AGBs beauftragen. Die Kosten belaufen sich je nach Land auf bis zu 4.000 Euro oder mehr pro AGB. So entstehen in allen 27 EU-Ländern leicht Rechnungen für 27 unterschiedliche AGBs von bis zu 80.000 Euro. Das dürfte künftig erheblich billiger, da einfacher, werden.

In Frankreich ist ein Reiseportal schnell "illegal" unterwegs - Dank nicht-harmonisierter Rechtslage in der EU

Wie schwierig eine europaweite Expansion immer noch ist, zeigt netz-trends.de exemplarisch am Online-Reisemarkt: Beispielsweise erwarten die Franzosen, wonach ein Online-Flugportal, welches ein deutsches Unternehmen in Frankreich startet, dass sich dieses von einer sogenannte d'Atout France-Behörde ("Opérateurs de Voyages et de Séjour d'Atout France") genehmigt lässt und sich eine Registrierungsnummer geben lässt. Man spricht von "immatriculé", beziehungsweise von "registre des opérateurs de voyages et de séjours". Diese Genehmigung sei alle drei Jahre zu erneuern. Andernfalls sehen sich die Betreiber dem Vorwurf ausgesetzt, man sei in Frankreich gar "illegal" mit dem Reiseportal unterwegs.

Grund: Eine Online-Reisebuchungsseite sei nach französischer Gesetzgebung als "Reisebüro" einzustufen und müsse folglich behördlich registriert werden. Entsprechend dieser Regel müsse jedes Onlinereiseportal, also Onlinereisebüro, eine Registriernummer mit Rechtliche Hinweisen auf der Webseite platzieren.

Dass in Frankreich die Nerven bei vielen blank liegen, wenn ein Reiseveranstalter, ein Reisebüro und eben auch ein Onlinereisebuchungsportal, sich nicht behördlich registrieren lässt, liegt daran, dass es in Frankreich einige spektakuläre Reiseveranstalter- und Reisebüropleiten gab. In diesen Fällen gab es häufig weder eine Versicherung, die im Falle eines Konkurses für die Fluglinie oder den Reiseveranstalter eintrat, noch eine sonstige Sicherheitslösung für den Reisekunden. Das Resultat: Tausende Urlauber mussten auf eigene Kosten eine Rückreise nach Frankreich organisieren.

Doch ob solche länderspezifischen Sonderregelungen wie eine Registrierung bei d'Atout mit Inkrafttreten der neuen Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) künftig noch notwendig ist oder nicht, ist derzeit nicht bekannt. Allerdings dürfte auch in diesem Bereich eine Harmonisierung der Rechtslage in allen 27 EU-Ländern erfolgen. Denn in Deutschland ist eine solche behördliche Anmeldung für Reisebüros nicht notwendig. Es genügt, wenn die Reiseveranstalter ihre verkauften Reisen mit Versicherungen absichern für den Fall, dass ein Reiseveranstalter oder eine Fluglinie in Konkurs geht (wie im Falle des Türkeispezialisten GTI im Juni 2013).

"Keine abweichenden Vorschriften"

Eines steht jedoch schon fest, schreibt der Rechtsanwalt Carsten Föhlisch in der Internet World Business: So dürfe es ab dem 13. Juni 2014 in den 27 EU-Ländern "keine abweichenden Vorschriften" geben. Auch dürften die EU-Mitgliedsländer "keine zusätzlichen Pflichten" für die Onlinehändler einführen, welche "strenger oder milder sind". Eine Ausnahme gebe es lediglich "für Informationen im E-Commerce oder bezüglich Regelungen der Vertragssprache".

Das bringt sowohl für die Onlinehändler eine große Erleichterung, als auch für die Onlinekäufer, also die Verbraucher. So müssen die Onlineshopper innerhalb der EU nicht mehr in Sorge sein, dass in Italien oder Griechenland andere Gesetz für eine Onlinebestellung gelten, als in Deutschland oder in Frankreich.

Doch trotz der größeren Harmonisierung im Rahmen der neuen Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) würde es nach wie vor unterschiedliche Gesetze im Onlinehandel in den 27 EU-Ländern geben, schreibt Föhlisch in der Internet World Business weiter. So gebe es nach wie vor Unterschiede "beispielsweise beim Datenschutzrecht, beim Vertragsrecht oder beim Sanktionsrecht".

So ist zwar das Wettbewerbsrecht innerhalb der EU harmonisiert, doch nach wie herrschen Unterschiede in der Bestrafung, also der Sanktionierung, bei Verstößen. So gebe es, schreibt Rechtsanwalt Föhlisch, beispielsweise "in Deutschland die Abmahnung durch Konkurrenten, während in Polen oder in Frankreich die jeweils zuständigen Behörden Bußgelder verhängen können".

Onlinehändler müssen aber auch in Zukunft nicht nur auf die neue Verbraucherrechterichtlinie achten, sondern auch einen Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch werfen (§§ 312cff) sowie das Einführungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch (EGBGB, Art. 246a).

Zentrale Bedeutung wird künftig dem Artikel 246a § 4 EGBGB zukommen. Dieser regelt die "Formalen Anforderungen an die Erfüllungen der Informationspflicht". So müssen, schreibt die Internet World Business "die Händler dem Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärung die relevanten Informationen klar und verständlich und in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise zur Verfügung stellen".

Nur: Das ist eigentlich schon Usus bei seriösen Onlinehändlern in Deutschland oder auch in Österreich und der Schweiz. Zu beachten sei aber auch, schreibt die IWB zudem, dass sich "eine Besonderheit aus § 312i Abs. 1 BGB" ergebe und zwar für "Geschäfte im elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern". Demnach müsse der Händler künftig "spätestens mit Beginn des Bestellvorgangs - und somit früher als bislang - klar und deutlich angeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden."

Bestätigung eines abgeschlossenen Vertrages muss in angemessener Frist erfolgen

Neu ist zudem, dass "eine Bestätigung des abgeschlossenen Vertrages... innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen" müsse, "... spätestens aber bei Lieferung der Ware oder bevor die Dienstleistung ausgeführt wird" (§ 312f, Abs. 2 BGB).

Auch hier wird interessant werden, ob das beispielsweise für Onlinebuchungen eines Flugtickets oder einer sonstigen Reise, wie einer Pauschalreise, gilt. Denn: Bestätigungen zum Kauf eines Flugtickets können manchmal mehrere Stunden, im schlimmsten Fall auch einmal einige Tage in Anspruch nehmen und zwar für den Fall, dass die ausstellende Fluglinie sich etwas länger Zeit lässt, das Ticket dem Reisevermittler, also dem Onlinereiseportal, zur Verfügung zu stellen.

Eine Änderung wird es zudem im Bereich des Widerrufsrechts des Verbrauchers geben. Bislang galt, wonach ein Onlinehändler, der vergaß den Käufer oder Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu informieren, dieser sich auf ein "unendliches" Widerrufsrecht berufen konnte. Künftig wird das "unendlich" in eine 12-Monatsfrist umgewandelt. Das war eine zentrale Forderung der Wirtschaftsverbände an die EU. Wichtig für die Onlinehändler ist aber auch künftig, dass es bereits einen den Rechtsanforderungen entsprechend vorformulierten Widerrufsrechts-Text gibt, auf den der Verbraucher kostenlos zugreifen kann.

Das unendliche Widerrufsrecht wird auf 12 Monate befristet

Die neue Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) bietet bereits einen Textvorschlag an. Dieser lautet:

"Informationen zur Ausübung des Widerrufsrechts"; Widerrufsrecht: Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag 1. Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns ( 2 ) mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden."

Weiter heißt es: "Folgen des Widerrufs: Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. Für diese Rückzahlung verwenden wir dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde anderes vereinbart; in keinem Fall werden Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnet."

Neue Regelungen des VRRL betreffen zudem die Preisauszeichnung. So müssen beispielsweise Anbieter von Abopaketen den Gesamtpreis bei Verlängerung angeben und nicht nur den Monatspreis. Das könnte beispielsweise für Partnerportale eine Änderung mit sich bringen, aber auch für Anbieter von Reiserücktrittsversicherungen (die sich in einigen Fällen um ein Jahr erhöhen bei gleichzeitiger deutlicher Preiserhöhung) oder von Zeitungsabos und Zeitschriftenabos.

Zudem müssen die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen deutlich angegeben werden. Sollte es eine Ombudsmann-Regelung geben (ist bei Versicherungsvermittlungs-Portalen möglich), so sollte diese künftig ebenfalls deutlich auf der Homepage z.B. in den AGBs angegeben werden.

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