Sunrise mit intransparenten Vertragsunterlagen zu Internet und Telefon

Kommentar - In der Schweiz ist Internet, Telefon, Fernsehen teuer. So bezahlt man beim staatlichen Telekommunikationskonzern Swisscom leicht 130 Franken monatlich nur um ins Internet gehen zu können, telefonieren oder die Glotze anschalten zu können. Wer in der Schweiz aber den Anbieter wechseln möchte, hat es nicht leicht.

Viele Zahlen und Positionen. Doch was zahlt der Kunde denn nun effektiv am Monatsende? Und was nach den 24 Monaten Vertragslaufzeit?

Ein in zahlreichen Gemeinden mit glitzernden Stores vertretener Konkurrent von Swisscom ist beispielsweise Sunrise, beziehungsweise die 2001 gegründete Sunrise Communications AG (CEO: Olaf Swantee).

Das Unternehmen Sunrise sagt von sich, man habe angeblich 3 Millionen Kunden, verfüge über einen angeblichen Umsatz von rund 1,6 Milliarden Franken (Stand: 2017), und beschäftige rund 1650 Mitarbeiter. Zumindest steht es so in Wikipedia Deutschland.[i]

So viel Größe wirkt auf Kunden immer erst einmal vertrauenswürdig. So ging es auch mir: Ich machte den Versuch über eine Filiale in Zürich vom teuren Anbieter Swisscom hin zu Sunrise zu wechseln.

Mein Ziel: Die hohen Kosten von 130 Franken monatlich (umgerechnet 117,37 Euro), beziehungsweise 1560 Franken jährlich (1408 Euro) auf um die 80 Franken monatlich zu senken. Ein netter Schweizer Kollege und Freund von mir sagte, das ginge durchaus, beispielsweise über Sunrise.

Erkundige mich

Also erkundige ich mich in einem Sunrise Store in Zürich, wie das denn laufe und was es mich koste: Der junge perfekt Schwyzerdütsch sprechende blonde Kundenberater aus dem Kosovo bestätigte, wonach ein Wechsel zu Sunrise gar kein Problem sei. Er trage in seinem Computer die entsprechenden Daten ein und dann laufe alles automatisch.

Eine Mail-Adresse der deutschen Telekom akzeptiere man aber nicht, da man die nicht auf Echtheit überprüfen könne. Ich frage erstaunt, wie er denn bei einem Neukunden die E-Mail-Adresse überprüfen könne?

Seine Antwort: Dies ginge, wenn man eine Schweizer E-Mail-Adresse habe, beispielsweise beim E-Mail-Anbieter der Swisscom, bei Bluewin, dann per automatischer Abfrage in einem Zentralregister. Mein Einwand: Also Datenschutz sei ja offensichtlich in der Schweiz kein großes Thema.

Als ich am nächsten Tag meine Mails bei Bluewin aufrufe, bin ich erstaunt: Gut vier Mails sind von Sunrise. Ich versuche, nachzuvollziehen, was ich denn jetzt effektiv im Monat künftig bei Sunrise bezahlen würde. Der Kundenberater hatte mir versprochen, es seien maximal 85 Franken, also 76 Euro. Dies wäre allerdings immer noch gut 30 bis 40 Prozent mehr als das, was ich üblicherweise in Deutschland für ein solches Telekommunikationspaket aus Internet, Telefon und Digital-Fernsehen bezahlen würde.

Das Ding mit der Sunrise Hotline

Aus der Aufstellung der Vertragsunterlagen (unser Bild) werde ich aber nicht schlau, also rufe ich die angegeben Schweizer Hotline an: 08007076062.

Es meldet sich ein etwas ausländisch klingender Herr, durchaus sympathisch, serviceorientiert und engagiert. Nachdem ich Kundennummer und Geburtsdatum angegeben habe, erklärt er, er könne gar nicht in meine Vertragsunterlagen reinschauen, da er da keinen Zugriff habe. Dies könne lediglich die Rechnungsabteilung von Sunrise.

Also bitte ich den Callcenter-IT-Agenten um eine Verbindung in die Rechnungsabteilung. Auch dort geht ein netter mit einem leichten ausländischen Akzent redender Mann ans Telefon. Wieder muss ich das Geburtsdatum angeben und meinen Namen buchstabieren und die Kundennummer nennen.

Wieder frage ich ihn, ob er mir meine Vertragskonditionen, die ich als Zusammenfassung per E-Mail von Sunrise erhalten habe, erklären könne. Ich würde da einfach nicht durchblicken, was ich denn jetzt effektiv bezahlen müsse? Über 150 Franken, 105 Franken oder wirklich nur 85 Franken? Es fehle in der Aufstellung von Sunrise eine effektiv zu zahlende monatliche Gesamtsumme.

Zahle ich nun 85 Franken, 105 oder über 150 im Monat?

Doch auch seine Antwort lautet: Nein, das könne er mir nicht sagen, da er überhaupt keinen Zugriff auf Vertragsdetails von mir habe. Dies könne er erst dann, wenn ich die erste Rechnung von Sunrise erhalten habe.

Mein Einwand: Nein, genau dies wolle ich nicht, da ich kündigen würde, wenn hier plötzlich eine Rechnung von über 150 Franken monatlich bei mir aufschlage, denn so viel müsste ich bezahlen, wenn ich das in den zugesendeten Vertragsunterlagen richtig interpretiere. Er fragte sehr höflich, ob er mich kurz eine Minute „auf Musik stellen“ dürfe. Ich antworte mit ja.

Nach wenigen Sekunden ist er wieder am Telefon und sagt: Die erste Rechnung erhielte ich von Sunrise zum 1. August 2019. Ich erwidere: Wieso denn das? Abgemacht sei doch gewesen, dass ich erst zum 1. Oktober zu Sunrise wechsle, wegen der zweimonatigen Kündigungsfrist in der Schweiz bei Swisscom.

"Dann halt der 1. September oder 1. Oktober"

Er: Dann ist es halt der 1. September oder 1. Oktober. Zudem sagte er über seinen Hotline-Kollegen aus der technischen Abteilung:

„Der Typ hat das nicht gesehen. Sie haben das vor kurzem abgeschlossen. Wir brauchen ein paar Tage Bearbeitungszeit. Da muss man alles richtig schauen wer und wo und wie und was. Darum sage ich, wenn es steht 45 Franken Promotion. Dann wird das gutgeschrieben. Aber ich hab hier die Zahlung gesehen. Aber ich kann nicht sehen, was Sie konkret am Monatsende zahlen. Die Summe kann ich Ihnen nicht genau nennen.“

Ich werde ungeduldig, doch er bleibt, was sehr angenehm ist, trotz des beidseitigen Stresses, gelassen und höflich. Ich frage ihn schließlich: In welchem Land sitzen Sie denn? Ob sein Service-Center von Sunrise beispielsweise in Rumänien liege, sein Akzent deute da leicht darauf hin? Grund: Viele deutschsprachige Unternehmen haben mittlerweile kostengünstigere Servicecenter in Ländern wie Rumänien oder Bulgarien.

"Rechnung sollte in Deutschland sein oder Türkei"

Seine Antwort: Nein, man sitze im Kosovo. Hier sitze von Sunrise angeblich ein Teil der Mitarbieter, die für die Sunrise Vertragsabteilung zuständig seien. Zudem sagt er: „Die Rechnung sollte in Deutschland oder Türkei sein, sonst auch eventuell in Österreich“. Ein global agierendes Unternehmen wie es scheint.

Zudem sagt er dann sehr nett und durchaus gleichbleibend charmant: „Das liegt halt alles bei dem Typen in Zürich. Nicht hier.“ Dennoch versuche er mein Anliegen „per E-Mail zurückzuholen oder weiß der Kuckuck wie“.

Ich sage zum Abschluss des Gesprächs: Im Vertrag stehe aber, dass nach Abschluss des 24-monatigen Vertages und mit Beendigung des monatlichen Promotions-Rabatts in Höhe von 45 Franken der schnelle Internetanschluss dann 90 Franken monatlich kosten soll. Und dass ich genau deshalb vorsorglich schon mal zum Ende des Vertrages in zwei Jahren kündigen wolle.

"Dann gibt es andere Promotion"

Seine Antwort hierauf: Warum denn das? „Dann gibt es andere Promotion. Und das kann dann wieder billiger sein für Sie“. Ich bin zwar nicht überzeugt, stimme aber erstmal zu. Doch sicher bin ich mir nicht.

Zudem stelle ich fest: Kündigungen sind bei Sunrise nur telefonisch möglich, nicht schriftlich. So schreibt Sunrise auf seiner Homepage: „Wichtig: Beachten Sie, dass schriftliche Kündigungen nicht angenommen werden.“

Ich stelle mir die Frage: Dient das nun dem Kundenschutz oder eher dem Vertrags-Bestandsschutz von Sunrise. Denn wenn ich nichts Schriftliches in der Hand habe, wie kann ich hinterher meine Kündigung belegen? Zumal bei diesem Vertrags-Chaos und mangelnd ausgestatteter Sunrise-Callcenter im Ausland?

Sicher bin ich mir nur in einem: Auch wenn viele in der EU über die EU schimpfen. Beim Thema Datenschutz und Verbraucherrecht, auch beim Thema Preistransparent, bietet die Europäische Union mir offensichtlich weitaus mehr Schutz als in der Schweiz.

Er ruft aus dem Kosovo nett zurück

Nachdem ich das nette, wenn auch inhaltlich nicht sehr hilfreiche Gespräch mit dem gut deutsch sprechenden Kosovo-Albaner beendet habe, klingelt wenige Minuten danach das Telefon. Der nette Kundenberater aus dem Kosovo ist wieder dran und sagt:

«Sunrise hier. Ich rufe an, da ich gesagt habe, ich rufe zurück.» Ich sage: «Toll, dass Sie mich so schnell zurückrufen.»

Er erwidert: «Haben Sie nicht Rechnung oder Vertrag im Store in Zürich bekommen?» Vertragsunterlagen habe er leider immer noch nicht. Das dauere ein paar Tage bis er alles bekomme. Er könne immer noch lediglich in seinem Computer einsehen, dass ich den Vertrag im Store in Zürich am 15. Juli geschlossen habe:

«Sie haben das am 15. gemacht mit Vertrag? Richtig? Könnte unter Umständen noch ein paar Tage dauern, bis Post hier kommt. Schauen Sie nochmals in Mail. Da müsste alles stehen. Sie haben auf jeden Fall viele Sachen: TV, Glasfiber-Verbindung. Das ist ein riesen Vorteil. Geschwindigkeit und so. Das ist super Vorteil. Ich rufe Sie nur an, dass Sie nicht kündigen, bevor Sie das gesehen haben in Papier oder Mail. Kündigen können Sie immer noch. Sie haben ja zwei Monate Kündigungsfrist. Kann das abklären, wohin Sie mailen können. Ich habe selber aber keine Mail-Adresse. Nur die Privatadresse. Das nützt Ihnen aber nichts.»

Ich sage: Das fände ich überweis nett, dass er mich nochmals angerufen habe und dass ich jetzt alles verstanden hätte. Er: «Gern geschehen. Jedes Mal wieder. Schönen Tag wünsche ich Ihnen noch.»

Neben Swisscom oder Sunrise gibt es in der Schweiz einige andere Telekommunikations-Anbieter. Die sind zwar nicht immer günstiger, aber der Kundenservice soll auch nicht schlecht sein.

Einzelnachweise

[i] Sunrise Communications, in: Wikipedia Deutschland. Abgerufen am 19.7.2019.


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