Auch ‚Google Hotels‘ macht Hotelportale platt: HRS-Tochter Hotel.de entlässt 130 Mitarbeiter

Kommentar - Nach einem Bericht der Internet World Business und von Nordbayern.de, dem Onlineportal der Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung, entlasse die HRS-Tochter Hotel.de 130 Mitarbeiter an seinem Standort in Nürnberg.

Bild: Screenshot Google Search
Das Google-Hotelvermittlungsportal "Google Hotels" (im unteren Teil des Bildes) setzt deutschen Hotelportal-Betreibern zu.

Die Krise einer solch guten Domain wie Hotel.de überrascht in der Branche viele. Gleichzeitig zeigt es aber, wie stark die HRS-Gruppe um Marktanteile angesichts zunehmenden Wettbewerbs durch Portalanbieter wie booking.com und dem Google-eigenen Hotelververmittlungsportal "Google Hotels" zu kämpfen hat. Insgesamt müssten nach den Berichten von Nordbayern.de und der Internet World Business 130 Mitarbeiter mit einer Betriebsbedingten Kündigung bis 31. Januar 2017 rechnen, wenn sie diese nicht bereits bekommen hätten. Das Hotelportal schließe dann in Nürnberg "seine Pforten", heißt es.

Angeblich liefen die Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite bereits seit längerem und hätten sich bis in den Oktober hineingezogen, schreibt Nordbayern.de unter Bezugnahme auf den Betriebsratsvorsitzende Marc Tutor, was in der Internet-Branche ein gewisses Novum darstellen dürfte:

Denn viele Betriebsräte gibt es nicht in der deutschen Internet-Branche, die traditionell einen hohen Durchlauf an Mitarbeitern hat. Grund: Viele Mitarbeiter sind nach wie vor recht jung, was dazu führt, dass diese nicht selten auch freiwillig durch Jobwechsel bei unterschiedlichsten Arbeitgebern sich ausprobieren möchten.

Wie es scheint, soll aber nicht Hotel.de komplett dicht machen: Laut Internet World Business arbeiten an der HRS-Zentrale in Köln weiterhin Mitarbeiter für das Portal:

"Man wolle die Funktionen nun in der HRS-Zentrale in Köln bündeln, mit Ausnahme von einem schon länger ausgegliederten Team von 15 Mitarbeitern sowie einer Vertriebsmannschaft von rund 20 Beschäftigten."

Des Weiteren wird berichtet, wonach es "zu viele Doppelfunktionen in Köln und Nürnberg" gebe. So verfüge man über zwei Mal Buchhaltung, Personalabteilung und Marketing. Das mache keinen Sinn.

hotel.de wurde 2011 von HRS übernommen

Nach Angaben der Internet World Business habe das Hotelbuchungsportal HRS im Jahr 2011 die Mehrheit an Hotel.de übernommen. Damals habe das Unternehmen noch 400 Mitarbeiter gehabt. Zwei Jahre später sei Hotel.de ganz von HRS geschluckt worden.

Beim Blick auf die deutsche Google-Sichtbarkeit von Hotel.de in Sistrix fällt auf, dass diese mit 35,84 gar nicht so schlecht ist.

Zum Vergleich: hrs.com bewegte sich jahrelang auf einem deutlich niedrigeren Level. Das Portal konnte dennoch zuletzt nach dem Google Phantom IV-Update einen deutlichen Sichtbarkeitssprung in der Google Suchmaschine machen. So ging es nach Sistrix allein in der vergangenen Woche um 12,7% auf jetzt 30 nach oben. Am 5. September lag die Sichtbarkeit von hrs.com in Google laut Sistrix noch bei 1,44.

Allerdings sank gleichzeitig die Google-Sichtbarkeit für hrs.de auf 12,5 zum 31. Oktober 2016. Noch am 16. Mai 2016 hatte hrs.de laut Sistrix eine Google-Sichtbarkeit von 46,7. Nur zwei Jahr zuvor – am 19. Mai 2014 - waren es sogar noch 72,65 gewesen.

Damit stellt sich aber auch die Frage: Liegt das nur am schlechten Seo von HRS oder nicht doch primär direkt an Google? Branchenexperten werfen seit Jahren Google vor, wonach der US-Superkonzern, der auf einen Umsatz von 100 Milliarden Euro im Jahr zusteuert, vorsätzlich die Sichtbarkeit in der Google-Internetsuchmaschine von Google-Konkurrenzportalen verschlechtere. Im Falle HRS würde dies also bedeuten: Dass Google vorsätzlich Konkurrenten in der so wichtigen Google-Sichtbarkeit schädige, um sein eigenes Hotelportal "Google Hotelfinder", beziehungsweise "Google Hotels" zu pushen.

Vorwurf: Google mache immer dreister Konkurrenten platt

Dieser Verdacht liegt nahe, und darauf deuten auch die Sistrix-Zahlen von HRS hin, dass Google hier durchaus nicht zufällig die Sichtbarkeit von HRS – über Jahre immerhin das wichtigste deutsche Hotelbuchungsportal - verschlechtert hat.

Dem dürfte Google wiederum entgegnen, dass man ja beim stärksten deutschen HRS-Konkurrenten - dem weltweit aktiven Portal booking.com - die Sichtbarkeit in der Internetsuchmaschine Google nicht verschlechtert habe, sondern seit Monaten weiter aufwerte.

So verfügt booking.com mittlerweile im deutschen Google-Index über eine Sichtbarkeit von 89,95. Noch vor einem Jahr lag sie Ende Oktober 2015 bei rund 63. Eine steigende Sichtbarkeit in Google bedeutet mehr Umsatz, eine fallende entsprechend weniger Umsatz.

Da viele Hotelsucher direkt in Google nach einem billigen oder guten Hotel suchen, ist Google für Millionen Deutsche das Nadelöhr, über welches Traffic auf Hotelportale vermittelt wird. Wer dort nicht gefunden hat, verliert Stück für Stück Marktanteile und im schlimmsten Falle seine unternehmerische Existenz. Immerhin suchen über 95% der Deutschen Produkte und Dienstleister im Internet nur über Google. Ein einmalig mächtiges wie schauriges und bedenkliches Inernetmonopol.

Doch so oder so trifft zu: Das eigene Google-Geschäftsmodell mit dem Vermitteln von Hotelzimmern - "Google Hotels" (Screenshot) - wird prominent über allen redaktionellen Treffern in der Google-Suchmaschine eingeblendet.

Google pusht sein "Google Hotels" durch gut sichtbare Display-Anzeigen, während Konkurrenten teure Textteilanzeigen bezahlen müssen

Hingegen müssen die unabhängigen Hotelportale es hinnehmen, dass sie zwar über "Google Hotels" mit ihren Google-Textteilanzeigen platziert werden, dafür aber visuell deutlich schlechter von Google in Szene gesetzten werden.

Hinzu kommt: Für die visuell schlechter wahrnehmbaren Google Adwords-Textteilanzeigen über "Google Hotels" verlangt Google seit Jahren immer höhere Werbe-Gebühren. Viele sagen in der Reisebranche, es herrsche hier ein durch Google angetriebener ruinöser Wettbewerb, der zu einem schleichenden Tod vieler Hotelportale geführt habe und weiter führen werde. Die Lage sei also äußerst ernst.

Bislang hat sich die EU-Kommission zwar mit einem ähnlichen Problem bei "Google Shopping" befasst und untersucht hier eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten unabhängiger Preisvergleichsportale.

Gleichzeitig lässt sich für "Google Hotels" aber feststellen, dass auch auf Grund mangelnder Presse- und Lobbyarbeit der betroffenen Portale bislang das größer werdende Problem von "Google Hotels" nicht wirklich die politische Schiene und Öffentlichkeit erreicht hat. Dabei ist klar: Feiges Wegducken vor Google wird niemandem helfen.

Dass es Google ernst meint mit dem Plattmachen von Konkurrenzportalen lässt sich ebenfalls daran ablesen: Sukzessive hat Google auch sein eigenes Flugvermittlungsportal "Google Flights" immer stärker in den deutschen und europäischen Markt gepusht.

Wenn die EU will, kann sie nachweisen, dass Google mit "Google Hotels", "Google Flights" oder "Google Shopping" beim Umsatz wächst und Konkurrenten Umsatz verlieren

Ein Problem ist dabei, dass viele sich ebenso damit herausreden: Man könne ja Google nicht nachweisen, dass "Google Shopping" oder "Google Hotels" oder "Google Flights" tatsächlich zunehmend mehr Umsatz mache und dass andere Portale im gleichen Geschäftsfeld parallel an Umsatz verlieren würden.

Doch: Der Umsatzverlust von über Google vermittelten Traffic lässt sich für deutsche E-Commerceportale sicherlich recht einfach nachweisen. Und für Google, beziehungsweise die Holding Alphabet, gilt: Mangelnde Transparenz sollte die EU durch ein konsequentes Durchregieren gegen Google angreifen.

So gilt: Wenn die Politik Google endlich deutlich stärker als bislang unter Druck setzte, müsste Google erheblich offener und ehrlicher als bislang mit Umsatzzahlen für seine Spezial-Geschäftsfelder herausrücken. Dann wäre die Branche in ihrem Kampf gegen Windmühlen, was Google darstellt, erheblich weiter, ebenso die politische Debatte. Das heißt: Ohne klare strenge Regularien wird das gefräßige Google-Monster nicht zu zähmen sein.

Notwendig wäre dies dringend: Denn es geht um nichts anderes als um die Aufrechterhaltung einer freien sozialen Marktwirtschaft und eines gesunden Wettbewerbs im deutschen und europäischen E-Commerce. Es geht deshalb nicht um Peanuts, sondern regelrecht um die Wurst. Die Lösung darf in einer Demokratie keinesfalls lauten: Alles Google in der EU oder was!!!???

Mit der Beendigung des Hotel.de-Standorts Nürnberg gehe in Franken ein Stück Internetgeschichte zu Ende, schreibt Nordbayern.de: "Der Online-Bettenvermittler ging 2001 an den Start und erhielt 2004 den Gründerpreis der IHK."

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